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Archiv "Fortschreibung des Rheumaberichtes: Patientenversorgung steht im Mittelpunkt" (12.04.1996)

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ie Krankenkassenverbände haben im Januar sieben Kran- kenhäusern in Westfalen- Lippe die Versorgungsverträ- ge zum 31. 1. 1997 gekündigt. Die Be- stimmungen des Gesundheitsstruk- turgesetzes geben ihnen das Recht hierzu, und die Landesregierung muß nun entscheiden, ob sie die ausge- sprochenen Kündigungen genehmigt.

Verweigern darf das Land dies nur, wenn das gekündigte Haus für die Versorgung der Bevölkerung unver- zichtbar ist.

Wenn diese Kündigungen geneh- migt werden, verändert das eine wich- tige Grundlage unseres Gesundheits- systems. Dann ent-

scheidet nicht mehr nur die Landespla- nung, sondern auch Kassenkalkül über die flächendeckende, sta- tionäre Versorgung.

Diese Entwick- lung kommt nicht überraschend. West-

falen-Lippe ist offensichtlich von den Krankenkassen zum Experimentier- feld ausgewählt worden. In systemati- scher Weise wird hier getestet, wie weit sich die Landesregierung das Pla- nungsrecht für die stationäre Versor- gung aus den Händen nehmen läßt.

Im letzten Herbst versuchten die Krankenkassenverbände, bei den 79 Krankenhäusern des Ruhrbezirks im Zuge der Pflegesatzverhandlungen Leistungslenkungen vorzunehmen.

Unverzichtbare Leistungsangebote Etlichen Krankenhäusern wurde mit der Einführung von Fallpau- schalen und Sonderentgelten nach der neuen Vergütungssystematik der Bundespflegesatzverordnung 1995 die künftige Abrechenbarkeit bisher erbrachter Leistungen verweigert.

Bestimmte medizinische Leistungen, wie zum Beispiel die Hüftendopro- thetik, erbringen manche dieser Kli- niken oft schon seit vielen Jahren, um den bestehenden Versorgungsbedarf zu decken. Dieses Leistungsangebot ist, wie die Akzeptanz in der Bevölke- rung belegt, für die Patientenversor- gung unverzichtbar.

Künftig sollten diese Leistungen für diese Kliniken nicht mehr erlös- fähig sein, da sie angeblich nicht dem jeweiligen Versorgungsauftrag dieser Krankenhäuser entsprächen.

Im letzten Herbst hat das Mini- sterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-West- falen noch ein „Pflöckchen einge- schlagen“. Das Ministerium hat deut- lich gesagt, dies sei ein unzulässiger Eingriff in das Planungsrecht des Lan- des. Wird dieses „Pflöckchen“ jetzt wieder herausgezogen? Vieles spricht

dafür. Nach dem erklärten Willen der Landesregierung will sich das Land künftig auf die Krankenhaus-Rah- menplanung beschränken.

Mit den Kündigungen der Ver- sorgungsverträge wollen die Kran- kenkassenverbände in Westfalen-Lip- pe bereits heute neue Tatsachen schaffen: sie erheben Anspruch auf die „Feinsteuerung“, also die Ent- scheidung über die Bedarfsgerechtig- keit einzelner Abteilungen, Stationen und ganzer Häuser nach Versorgungs- gesichtspunkten. Hier wird einer ge- fährlichen Strukturveränderung das Feld bereitet. Was gegewärtig in Westfalen-Lippe geschieht, kann schon morgen in der gesamten Repu- blik Planungswirklichkeit werden.

Denn es geht nur vordergründig um Einzelfall-Entscheidungen und den Abbau punktueller „Überversor- gung“. Es geht um die Kompetenz, die flächendeckende, bürgernahe stationäre Versorgung zu definieren.

Krankenkassen, die in einen neu- en Wettbewerb untereinander gestellt sind, müssen in erster Linie nach öko- nomischen Kriterien entscheiden.

Wie lange könnten Krankenkassen

den Spagat zwischen Kostenkalkül und Verantwortung für eine flächen- deckende, bürgernahe stationäre Ver- sorgung aushalten? Eine unglückseli- ge Vermengung der Interessenlagen ist offenkundig.

Krankenhäuser unter zunehmendem Druck Wie lange könnte ein Kranken- haus, das dann – um zu überleben – vornehmlich nach Preis-Leistungs- Gesichtspunkten entscheiden muß, dem Druck widerstehen, Patientense- lektion nach Kostenaspekten vorzu- nehmen? Wie lange bliebe die Qualität der Versorgung er- halten? Was bliebe von dem in der ärzt- lichen Ethik fun- dierten Prinzip, je- dem Kranken alle notwendigen medi- zinischen Leistun- gen zuteil werden zu lassen – ohne Ansehen der Person und der finanzi- ellen Leistungskraft?

Die Argumente, die für eine Zu- sammenführung von Planung und Fi- nanzierung sprechen, sind bekannt. Es gibt gute Gründe für eine stärkere Ak- zentuierung der Wirtschaftlichkeits- komponente im Krankenhaussektor.

Es gibt auch gute Gründe für mehr Arbeitsteilung im Gesundheitswesen und eine noch effektivere Ausnutzung der kostenintensiven Hochleistungs- medizin. Planung ist deshalb unerläß- lich und wird künftig noch mehr als bisher an Bedeutung gewinnen.

Eine Krankenhausplanung allein durch Betriebswirte, Versicherungs- mathematiker und Statistiker kann je- doch für die Versorgungsqualität ver- heerende Folgen haben. Kostenge- sichtspunkte dürfen nicht ausschließ- lich im Vordergrund der Kranken- hausplanungen stehen. Der Gefahr der Fehlinterpretation gesundheits- ökonomischer Daten kann nur durch Einbeziehung ärztlichen Sachver- stands in die Strukturentscheidungen wirkungsvoll begegnet werden. Ein sich als notwendig erweisender Struk- turwandel im stationären Sektor soll- te deshalb nur im Einvernehmen mit der Ärzteschaft erfolgen.

A-946 (22) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 15, 12. April 1996

P O L I T I K KOMMENTAR

Kündigung von Krankenhäusern

Ohne Rücksicht auf die

Versorgungsqualität

(2)

Der Gesundheitssektor ist ein Wachstumsmarkt. In Zeiten allgemei- ner konjunktureller Schwäche darf ein positiver Wirtschaftsfaktor, wie der Dienstleistungsbereich Kranken- haus, in dem Arbeitsplätze mit Per- spektive bestehen und der auf eine hohe Nachfrage trifft, nicht leichtfer- tig beschädigt werden.

8 000 Krankenhausbetten sollen noch in diesem Jahr in Nordrhein- Westfalen abgebaut werden. Kommt es zu diesem Bettenabbau, sind 12 000 Krankenhaus-Mitarbeiter von der Kündigung bedroht. Begründet wird die geplante Reduzierung der Betten- zahl mit zu erwartenden Verweildau- erverkürzungen und sinkenden Aus- lastungsquoten. Der planerische Wert ermittelter Auslastungsquoten sinkt allerdings erheblich, wenn beispiels- weise wie im letzten Jahr durch eine Grippewelle die Krankenhauseinwei- sungen steigen. Im Dezember 1995 wies der zentrale Bettennachweis in Dortmund kein einziges freies Bett aus. Dennoch wird einer Dortmunder Klinik der Versorgungsvertrag gekün- digt! Statistik und Wirklichkeit klaf- fen oft weit auseinander. Auch diese Spitzenbelastungen müssen bei der Planung berücksichtigt werden.

Darüber hinaus scheint mir das Festhalten an der „Maßgröße Betten- zahl“ mit Blick auf die neue Vergü- tungssystematik durch die Bundes- pflegesatzverordnung 1995 zuneh- mend anachronistisch. Solange aller- dings die pauschale Investitionsförde- rung des Landes durch die Bettenzahl definiert wird, liegt der Verdacht na- he, daß mit dem geplanten Bettenab- bau in kurzer Zeit neue Fakten ge- schaffen werden sollen, um Kosten zu senken. Die Auswirkungen auf die Versorgungsqualität, auf den Arbeits- markt und auf die künftige Entwick- lung einer der wenigen Wachstums- branchen, die wir in der Bundesrepu- blik Deutschland mit unserem hoch- wertigen Gesundheitssystem haben, bleiben dabei unberücksichtigt. Ich fürchte, hier wird dem Prinzip der flächendeckenden, bürgernahen Ver- sorgung die Gültigkeit aufgekündigt und dem Standort Deutschland ein schlechter Dienst erwiesen.

Dr. med. Ingo Flenker Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe

Da rheumatische Erkrankungen in der Bevölkerung stark zunähmen, bedürfe es dringend der Fortschrei- bung des Rheumaberichts. In einem gemeinsamen Antrag forderten daher die Bonner Bundestagsfraktionen aus CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP die Bundesregie- rung auf, den Rheumabericht aus dem Jahr 1987 fortzuschreiben. Der Antrag sieht vor, die Effektivität bis- heriger gesundheitspolitischer Maß- nahmen zu überprüfen und die Daten rheumatischer Erkrankungen auf den neuesten Stand zu bringen. Auch neue Themenschwerpunkte sollen berücksichtigt werden.

Reformkonzepte in der Ausbildung

Auf dem Gebiet der Aus- und Weiterbildung sieht der Antrag fol- gende Maßnahmen vor: Der Stellen- wert der Rheumatologie in der Hoch- schullehre und der ärztlichen und nichtärztlichen Ausbildung soll hin- terfragt werden. Anhand der Anzahl planmäßiger Lehrstühle könne man überprüfen, ob die Rheumatologie in der akademischen Lehre inzwischen angemessen beachtet worden sei.

Außerdem soll der Bericht darüber Aufschluß geben, inwieweit die Ak- tualisierung der Ärztlichen Approba- tionsordnung (7. Änderungsverord- nung vom 21. 12. 1989) „zu einer aus- reichenden Würdigung rheumatolo- gischer Fragestellungen geführt hat und welche Verbesserungen in den aktuellen Reformkonzepten der Ärz- teausbildung zu erwarten sind“. Fer- ner sei es notwendig, die 1987 ange- strebte stärkere Gewichtung rheuma- tischer Erkrankungen in der Ausbil- dung nichtärztlicher Heilberufe (Masseure, Krankengymnasten) neu zu bewerten. Eine Einschätzung der rheumatologischen Fortbildung hal- ten die Politiker für ebenso notwen-

dig. Dazu gehörten die von den Re- gionalen Rheumazentren ausgehen- den Fortbildungsansätze sowie die Fortbildungskonzepte der Berufsver- bände.

Die Parlamentarier fordern eine differenzierte Darstellung der Versor- gungslage von Rheumapatienten so- wie der Ergebnisse des 1987 formu- lierten Vorhabens der Bundesregie- rung, die medizinische Versorgung der Rheumakranken durch die Bun- desmodellförderung von 21 Regiona- len Rheumazentren zu verbessern.

Erstmals soll der Rheumabericht auch die soziale Rehabilitation und Integration von rheumakranken Menschen berücksichtigen. Dazu zählten die Entwicklung der ambu- lanten Pflege sowie des „barrierefrei- en Wohnens“. Weiterhin sollen beste- hende „Arbeitsförderungsinstrumen- te“ auf ihre Wirksamkeit hin analy- siert und konzeptionelle Perspektiven zur Steigerung des Beschäftigungsni- veaus aufgezeigt werden. Benachteili- gungen und Gefährdungen von rheu- makranken Menschen im privaten Lebensbereich seien zudem festzu- halten. Die Neufassung des Rheuma- berichtes biete ferner Gelegenheit, ei- ne „gebündelte und zukunftsgerichte- te gesundheitspolitische Standortbe- stimmung“ in der Kinderrheumatolo- gie vorzunehmen.

Da „eine zunehmend größere Zahl von Rheumapatienten auf alter- native Heilverfahren vertraut“, seien Forschungsprojekte nötig, die über- prüfen, inwieweit unkonventionelle, alternative Behandlungsmethoden wirksam sind, heißt es weiter. Zudem sollen Fortschritte in der Grundlagen- forschung rheumatischer Erkrankun- gen dargelegt und bewertet werden.

Auch das derzeitige Standardisie- rungsniveau der klinischen Doku- mentation sei von Interesse sowie de- ren Verwertbarkeit für Forschungs- projekte und Qualitätsverbesserun- gen in der klinischen Routine. SG A-947

P O L I T I K KOMMENTAR/AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 15, 12. April 1996 (23)

Fortschreibung des Rheumaberichtes

Patientenversorgung

steht im Mittelpunkt

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