• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Geriatrie/Rehabilitation: Qualifizierungskonzept in der geriatrischen Versorgung" (07.07.2000)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Geriatrie/Rehabilitation: Qualifizierungskonzept in der geriatrischen Versorgung" (07.07.2000)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

T H E M E N D E R Z E I T

A1882 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 27½½7. Juli 2000

D

ie Qualität und Effizienz der geriatrisch-rehabilitativen Arbeit hängt nicht nur von den rechtlich-organisatorischen Rahmenbedingungen ab. Zuneh- mend deutlicher wird, dass Hin- dernisse oder Lücken im konzep- tionell-fachlichen Zusammenwir- ken der beteiligten Berufsgrup- pen und Institutionen die Wirk- samkeit und Dauerhaftigkeit der Behandlungs- und Therapielei- stungen einschränken können.

Der Multiprofessionalität und der hohen fachlichen Qualität von ge- riatrischen Teams ist dabei ein großer Stellenwert beizumessen.

Den an die Fachkräfte gestellten Anforderungen kann ohne Maß- nahmen zur Qualifikationsförde- rung und Personalentwicklung nicht dauerhaft entsprochen wer- den.

Ein Charakteristikum der älte- ren Menschen, die Zielgruppe ge- riatrisch-rehabilitativer Behand- lungskonzepte sind, ist die Gleichzeitig- keit von akutem Krankheitsgeschehen, Multimorbidität und Chronizität. Ziel- und Handlungsbestimmungen in der geriatrischen Rehabilitation können demzufolge nicht allein dem medizini- schen Paradigma der (Akut-)Heilung unterliegen (2, 12, 5). Gegenstand eines geriatrischen Behandlungskonzeptes muss vielmehr die gesamte Lebenssi- tuation des älteren Menschen sein.

Allein durch Multimorbidität und Chronizität ergeben sich zahlreiche un- terschiedliche Gesichtspunkte in der Gesamtsituation und -beurteilung eines älteren Menschen, die erkannt und zu- sammen in Betracht gezogen werden

müssen (13). Von daher erfordert die geriatrische Rehabilitation die Heraus- arbeitung und Berücksichtigung spezi- eller, und auch fach-übergreifender Wissensbestände (2, 4).

Alter(n) und Krankheit

Bei Diagnose, Behandlung und Thera- pie müssen altersbedingte Veränderun- gen und Einflussfaktoren berücksich- tigt werden. Die Zusammenhänge zwi- schen Alter(n) und Krankheit sind nicht nur in medizinischen, sondern in allen fachlichen Wissensbeständen zu verankern. Dies stellt eine wesentliche

Voraussetzung für eine patienten- orientierte Versorgung dar (3).

Neben einer differenzierten Erfassung der Ursachen und Wechselwirkungen gesundheitli- cher Störungen sind die unter- schiedlichen Folgen dauerhafter Erkrankungen und Einschrän- kungen für die Lebensgestaltung und -perspektiven des älteren Menschen in den geriatrischen Behandlungsprozess einzubezie- hen.

Von Interesse ist nicht nur die fachliche Einschätzung der ver- schiedenen Professionen, son- dern auch die subjektive Sicht- weise der Patienten und seiner Angehörigen. Das bedeutet, dass geriatrische Arbeit spezifische Formen der Wahrnehmung und des Verstehens der Situation älte- rer und alter Patientinnen und Patienten bedingt. Für eine indi- viduell profilierte und differen- zierte Diagnostik (5) müssen da- her die vorhandenen geriatrischen As- sessmentverfahren weiter entwickelt werden, und zwar unter Beteiligung al- ler Berufsgruppen.

Geriatrische Rehabilitation folgt ei- nem kompetenzorientierten Ansatz, in dem sie die weitest mögliche Wieder- herstellung von Eigenständigkeit und Selbstbestimmung zum handlungslei- tenden Ziel erklärt. Die dafür erforder- liche komplexe Betrachtung des Patien- ten in seinem sozialen Umfeld macht es erforderlich, bereits bei der Erhebung von Problemen und Ressourcen unter- schiedliche Berufsgruppen zu beteili- gen. Aus den gesetzlich verankerten Vorgaben muss eine Zustands- oder

Geriatrie/Rehabilitation

Qualifizierungskonzept in der geriatrischen Versorgung

Um die Qualitätssicherung in der geriatrischen Behandlung zu gewährleisten, müssen Fortbildungskonzepte mit interdisziplinärem Ansatz realisiert werden.

Regina Enders Elin Guski Wolfrid Schröer

In einem „alltagsweltlich gedachten Rahmenkonzept“ ist ein fachlich fundiertes Verständnis von Lebensweisen älterer Menschen erforderlich. Fotos: Third Eye Photo/Matthias Lindner

(2)

Leistungsbeschreibung abgeleitet wer- den (15).

Damit wird der Blick einerseits geöffnet für aktivierbare Kompetenzen (8, 7, 9), die aus der Plastizität von Al- terns- und Krankheitsvorgängen sowie aus Anpassungs- und alternstypischen Bewältigungsfähigkeiten (10) resultie- ren. Andererseits können alltags- und lebensweltorientierte Aspekte (4) als Entscheidungshilfe dienen. Neben den direkten Fördermaßnahmen werden Veränderungen in der Umgebung und im Umfeld der Patienten stärker berücksichtigt, wie zum Beispiel eine entsprechende Hilfsmittelversorgung oder eine altersgerechte Wohnrauman- passung (14).

In der Konsequenz bedeutet dies, dass sich die Berufsgruppen in der ge- riatrischen Rehabilitation und Versor- gung nicht nur mit der Behandlung, Pflege und Förderung im engeren Sinn auseinandersetzen müssen. Auf der Grundlage „eines alltagsweltlich ge- dachten Rahmenkonzeptes“ (5) ist ein fachlich fundiertes Verständnis von Alter, Altern und Lebensweisen älte- rer Menschen erforderlich (11). Dies setzt unter anderem die Kenntnisnah- me demografischer Entwicklungen ebenso voraus wie eine Auseinander- setzung mit den sich verändernden So- zialstrukturen; dies mit dem Ziel, die

verschiedenen Lebensstile älterer Menschen, aber auch die Situation von Angehörigen besser nachvollziehen zu können.

Qualifizierungskonzepte

Um die verschiedenen Einzelaspekte in einem Gesamtkonzept zu integrieren und im Arbeitsalltag in übergreifenden Handlungsweisen wirksam werden zu lassen, müssen alle Berufsgruppen ler- nen, in Zusammenhängen zu denken und zu handeln. Nicht selten bleibt es in der Praxis dagegen bei einem eher mul- tiprofessionellen Vorgehen, bei dem je- de Berufsgruppe unabhängig von den anderen Fachbereichen die eigenen Ziele und Arbeitsmethoden verfolgt.

Mit der zunehmenden Bedeutung

„einer möglichst frühzeitigen, umfas- senden, interdisziplinär angelegten und in vernetzten Strukturen organisierten geriatrischen Rehabilitation“ (5) und angesichts der Komplexität von Krank- sein im Alter, wachsen die Anforderun- gen an die Qualifikation aller in diesem Fach- und Arbeitsgebiet Tätigen. Ge- fordert sind neben einem fundierten Basiswissen aus den Bereichen der Ge- rontologie und Geriatrie mehr zusam- menschauende Handlungsfähigkeiten (1), um fachliche Wechselbezüge her- stellen und berufliche Interaktionen ge- stalten zu können.

Die interdisziplinäre Zusammenset- zung der Teilnehmergruppe ermöglicht es, die für die geriatrisch-rehabilitati- ven Arbeitsfelder wesentlichen profes- sionellen Selbstverständnisse und fach- lichen Fragestellungen aufzuarbeiten und verschiedene Theorieansätze eben- so wie neue Handlungskonzepte und -modelle zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund lassen sich Patientenpro- bleme gemeinsam aufarbeiten, berufs- und arbeitsfeldübergreifende Herange- hensweisen weiter entwickeln und deren Umsetzungsmöglichkeiten und -schwierigkeiten praxisbezogen reflek- tieren.

Einen integrativen Handlungsansatz für die Praxis zu verfolgen bedeutet aber nicht, dass sich die einzelnen Diszi- plinen in einem Gesamtkonzept auflö- sen. Ganz im Gegenteil: Gearbeitet wird an der Herausstellung des speziel-

len beruflichen Profils, um den eigenen fachlichen Beitrag im Arbeitsfeld und die professionelle Funktion im Team wirksamer wahrzunehmen.

Die ärztliche Tätigkeit in der Versor- gung geriatrischer Patientinnen und Patienten muss für andere Fachkräfte weitgehend transparent gemacht wer- den. Darüber hinaus ist es erforderlich, die Bedeutung und Stärken der ande-

ren Disziplinen zu verstehen und neue Formen der Kommunikation, Koope- ration und Koordination zu erlernen – und damit nicht zuletzt die Vergeudung von Ressourcen durch unzureichende Verständigung und Zusammenarbeit zu vermeiden.

Das Bremer Projekt

Der Gedanke der Interdisziplinarität bestimmt nicht nur die gesamte Kon- zeption der Lernprozesse und -inhalte, sondern prägt auch seit Beginn der ersten Bestandserhebungen und Vor- überlegungen den Planungsprozess.

Über die wesentlichen Eckpunkte der Qualifizierungsmaßnahme verständig- te sich eine fachliche Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern der verschiede- nen Berufsverbände, der geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen und Fach- leuten aus dem Aus- und Fortbildungs- bereich zusammensetzt.

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 27½½7. Juli 2000 AA1883

Eckpunkte eines interdisziplinären Qualifizierungsprofils

Zielbestimmend für die Fortbildungs- maßnahme ist ein interdisziplinäres Qualifikationsprofil, das durch folgen- de Handlungskompetenzen markiert wird:

• Verbesserung einer fachlich fundier- ten und systematischen Patienten- orientierung

• Förderung beruflicher Kommunika- tions- und Kooperationsfähigkeit

• Kompetenz für die Qualitätssiche- rung professioneller Versorgung

• Aufbau und Erweiterung systemi- schen und arbeitsfeldbezogenen Be- rufswissens

• Stärkung beruflicher Integrations- und Innovationskompetenz

Themen der Fortbildung

Die Rahmenplanung sieht eine teil- nehmer- und sachbezogene Bearbei- tung folgender Themen vor:

• Multiprofessionelles Tätigkeitsfeld

„geriatrische Behandlung“

• Alltag und Lebenswelt älterer Men- schen

• Gesundheitsstörungen/Gesundheits- einschränkungen im Alter

• Interdisziplinarität: Anspruch – Handlungsmodelle – Arbeitsweisen

• Geriatrisch-rehabilitative Interven- tionen: Planen – Organisieren – Do- kumentieren – Sichern

• Sozialpolitische, fachliche und ethi- sche Anforderungen der Arbeit mit alten Patienten

Kasten 1

Kasten 2

(3)

Neben der konzeptionellen Entwick- lung dieses Modellprojektes zählt es zur Aufgabe der fachlichen Arbeitsgruppe, die Umsetzung des Curriculums zu überprüfen und den Austausch zwi- schen Fachtheorie und Fachpraxis zu fördern. Auch werden die Fragestellun- gen für die wissenschaftliche Beglei- tungforschung dieses bislang umfang- reichsten, interdisziplinären Qualifizie- rungsmodells zu prüfen sein.

Wie hoch die Bedeutung und Zu- kunftsfähigkeit eines interdisziplinären Qualifizierungsansatzes eingeschätzt wird, verdeutlichen auch die hierfür zur Verfügung gestellten Fördermittel. Ini- tiiert durch das Norddeutsche Zentrum zur Weiterentwicklung der Pflege in Kiel und damit unterstützt durch Bre- men, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein tragen auch die Mittel des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in Bremen sowie des Europäischen Sozi- alfonds zur Realisierung der Fortbil- dungsmaßnahme bei.

Umsetzungserfordernisse und -bedingungen

Soll gemeinsam an Fragestellungen der Praxis gearbeitet werden, muss das In- teresse vorrangig auf solche Aspekte gerichtet sein, die für alle Berufsgrup- pen relevant sind. Hierfür bildet das Fach- und Arbeitsgebiet geriatrischer Behandlung den übergreifenden Orien- tierungsrahmen.

Markiert wird dieses Handlungsfeld einerseits durch die Lebens- und Pro- blemlagen älterer, insbeson- dere chronisch kranker be- ziehungsweise gesundheit- lich eingeschränkter Men- schen und die in diesem Zu- sammenhang bedeutsamen gesellschaftlichen, gesund- heitspolitischen und sozial- rechtlichen Rahmenbedin- gungen. Andererseits sind die Fachlichkeit und Per- sönlichkeit der in diesem Arbeitsfeld tätigen Berufs- gruppen ebenso maßge- bend wie versorgungsstruk- turelle und institutionelle Gegebenheiten. Vor diesem Hintergrund lassen sich Eckpunkte eines interdiszi- plinären Qualifikationspro- fils (Kasten 1) skizzieren und übergreifende The- menschwerpunkte darstel- len (Kasten 2).

Damit eröffnet sich für die Teilneh- mer und Teilnehmerinnen nicht nur die Chance, unterschiedliche Wissensbe- stände und Tätigkeitsgebiete kennen- zulernen und nach konkreten Ansatz- punkten zu suchen, diese in der alltägli- chen Arbeit besser miteinander zu ver- knüpfen (Fortbildung im Überblick sie- he Kasten 3). Über das Verständnis der jeweils anderen Fachgebiete und -be- griffe hinaus, werden die Voraussetzun- gen geschaffen, einheitlichere Sprach-

regelungen, Verfahrensweisen und In- strumente zu entwickeln. Eine solche Qualifizierungsmaßnahme trägt dazu bei, dass sich neue Fragestellungen, Herangehensweisen und Methoden herauskristallisieren. Dies sind unab- dingbare Voraussetzungen und Not- wendigkeiten für die Entwicklung eines integrativen Gesamtkonzeptes in der zukünftigen geriatrischen Versorgungs- praxis.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-1882–1886 [Heft 27]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Dr. Elin Guski, Fachschule für Altenpflege, Bremer Heimstiftung

Dr. med. Wolfrid Schröer,Oberarzt, Geriatrie, Zentral- krankenhaus Bremen-Nord

Fachliche Arbeitsgruppe „Interdisziplinäre Qualifizie- rung der Berufsgruppen in der geriatrischen Rehabilitati- on und Versorgung“

Anschrift für die Verfasser:

Regina Enders, Seminarleitung, Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Bremen/Nord- deutsches Zentrum zur Weiterentwicklung der Pflege, Kiel

Referat 62, Große Weidestraße 4-16, 28195 Bremen T H E M E N D E R Z E I T

A1886 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 27½½7. Juli 2000

Fortbildung im Überblick

Organisation, zeitlicher Ablauf und Kosten der Fortbildung

Oktober 2000 bis Oktober 2001 Gesamtstundenzahl: 400 Unterrichts- stunden, davon: 280 Unterrichtsstun- den: Seminararbeit; 120 Unterrichts- stunden: fachpraktische Projekte, Su- pervision, Eigenstudium

Insgesamt: Sechs Seminare, Einfüh- rungsblock und Abschlusskolloquium Kosten:3 950 DM

Projektförderung erfolgt durch Mittel des Norddeutschen Zentrums zur Wei-

terentwicklung der Pflege, Kiel, Eu- ropäischen Sozialfonds, Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Bremen

Lernort: Bremen, Qualifizierungszen- trum des Zentralkrankenhauses Bre- men-Nord

Hammersbecker Straße 228 28755 Bremen

Telefon: 04 21/66 06-14 80 oder Fax: 04 21/66 06-17 67

Nähere Informationen:

Regina Enders, Seminarleitung (frei- tags), Telefon: 04 21/3 61-91 68 oder Fax: 04 21/3 61-1 18 14

In der geriatrischen Versorgung ist es unter anderem notwendig, neue Formen der Kommunukation zu erlernen.

Kasten 3

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die  ARL  versteht  sich  als  ein  interdisziplinäres  Forum  für  Wissenschaft  und  Praxis,  in 

 Die Züge dieser Linie werden zwischen Wrist und Kiel Hbf durch Busse ersetzt.. Die Busse kommen

Zugausfall Hamburg Hbf   Neumünster, kein Halt in Pinneberg und Hamburg Dammtor (Ersatz durch Busse und S-Bahnen) sowie spätere Fahrzeiten Hamburg Hbf   Kiel Hbf..

Seit dem Jahr 2000 wird für die Pflanzen die Gattung als Untergruppe gewählt; für toxikologisch wichtige Noxen wurde der deutsche Gattungsname in eckige Klammern zugefügt.. Für

Mitglied kann jede na- türliche Person, Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Zuchtgemeinschaft) oder juristische Person werden. Für die Mitgliedschaft von juristischen Personen,

Andreas Tromm, Hattingen Prof.. Bernhard Wörmann, Berlin Kongressort: Congress

Damit das auch in Zukunft so sein wird, werden wir nicht müde, eine aufgabengerechte Personalausstattung für den gesamten öffentlichen Dienst zu fordern.“.. Grundsätzlich sei

Sofern Sie Ihre Einwilligung in den Erhalt von Ver- lagsinformationen erteilt haben, verarbeitet die Stark Verlag GmbH diese personenbezogenen Daten zum Zwecke der