Inhaftierungsraten pro 100.000 Einwohner 1990
USA Südafrika Malaysia Hongkong Nord-Irland Großbritannien Luxemburg Spanien Portugal Türkei Frankreich Osterreich Schweiz Australien Dänemark Italien Japan Niederlande Philippinen
50 100 150 200 250 300 350 400 .10
Quelle: International Journal of hüh Services, 4/1994 THEMEN DER ZEIT
Der „Krieg gegen Drogen", den die US-Regierung im eigenen Land mit unnachgiebiger Härte führt, gilt nicht in erster Linie dem Elend der Drogenabhängigen. Er sollte viel- mehr die Gewaltkriminalität zurück- drängen und den Bürgern das verlore- ne Sicherheitsgefühl zurückgeben.
Der bei diesem „Krieg" mobilisierte Einsatz an politischer Rhetorik, an
Die Inhaftierungsrate in Deutschland am 31. März 1990 betrug 62 je 100 000 Einwohner. Sie lag somit etwas niedriger als in Dänemark (66) und etws höher als in Italien (60).
Zeichnung:
Uli Neitzel, Köln
moralischem Anspruch sowie an Ak- tivitäten der Strafverfolgungsbehör- den ist seit dem amerikanischen Al- koholverbot Anfang des Jahrhun- derts ohne Beispiel.
Infolge dieser Maßnahmen sind die Gefängnisse des Landes heute überfüllt. Bezogen auf die Bevölke- rung, ist die Zahl von Inhaftierten in den USA weltweit relativ am höch- sten.
BLICK INS AUSLAND
Mehr als die Hälfte aller Insassen von US-Bundesgefängnissen und 30 Prozent der Insassen der Staatsge- fängnisse in den USA wurden wegen Drogendelikten verurteilt. 1992 wa- ren Drogendelikte die dritthäufigste Ursache aller Haftstrafen, gefolgt von Eigentumsdelikten und Alkohol am Steuer. Mehr als zwei Drittel der we- gen Drogen Inhaftierten waren we-
gen Besitzes von Drogen eingesperrt, weniger als ein Drittel wegen Drogen- handels und -herstellung. Nach Anga- ben des US-Departments für Justiz sind 36 Prozent aller Häftlinge, die aufgrund von Drogendelikten verur- teilt wurden, „Personen, die wegen nicht schwerwiegender Gesetzes- übertretung straffällig wurden, ohne aktuell oder früher Gewaltkrimina- lität begangen zu haben, und die kei-
ne vorherigen Haftstrafen aufwei- sen". Die Drogendelinquenten wer- den in den USA im Durchschnitt zu 81,5 Monaten Haft verurteilt.
Überraschend ist, daß ein rela- tiv hoher Anteil von Haftstrafen für Personen verhängt wird, die sich le- diglich wegen des Besitzes und Han- dels mit Marihuana strafbar gemacht haben. 32 Prozent aller Fälle entfal- len auf diesen Personenkreis, 53 Pro- zent entfallen auf Heroin oder Ko- kain und der Rest auf synthetische und „andere gefährliche" Drogen.
Dieses Vorgehen auf Bundesebene steht im Gegensatz zur Politik von gegenwärtig elf amerikanischen Bundesstaaten, die den Besitz klei- nerer Mengen von Marihuana längst legalisiert haben: Ohio, North Caro- lina, Kalifornien, New York, Missis- sippi, Alaska, Minnesota, Colorado, Maine, Utah und Oregon. Nach über- einstimmenden Erkenntnissen vieler Studien gibt es kaum Konsumenten von Marihuana, die Probleme damit hätten, ihren Konsum wieder aufzu- geben.
Weniger
Drogenkonsumenten
Einen bescheidenen Erfolg kön- nen die US-Maßnahmen immerhin verzeichnen: Bis 1990 hat in den USA die Zahl von Drogenkonsu- menten kontinuierlich abgenommen.
Dabei handelt es sich allerdings um die Fortsetzung eines Trends, der vor Beginn dieser Maßnahmen bereits einsetzte. Die Importmenge illegaler Drogen konnte dagegen nicht beein- flußt werden, lediglich die Menge si- chergestellter Drogen ist kontinuier- lich weiter angestiegen. Das Preisni- veau für illegale Drogen ist entgegen allen Erwartungen gesunken. Ent- scheidend aber ist, daß die Zahl von Tötungsdelikten, die man in erster Linie bekämpfen wollte, weiter zuge- nommen hat.
Bezüglich Gewaltkriminalität ist sogar eine Trendwende festzustellen, nachdem vor Beginn dieser Maßnah- men ein Rückgang zu verzeichnen war. Eine konservativ unnachgiebige Drogenpolitik birgt offenbar ihre ei- genen Risiken.
Dr. phil. Ingbert Weber, Köln
USA: Drogenpolitik führt zu mehr Gewalt
Der „Krieg gegen Drogen", den die amerikanische Bundesregierung vor zehn Jah- ren im eigenen Land erklärte, um die Gewaltkriminalität zurückzudrängen, ist ge- scheitert. Die unnachsichtige Verfolgung von Drogendelikten hatte zur Folge, daß die Zahl der Inhaftierten landesweit auf mehr als das Doppelte gestiegen ist. Die Zahl von Tötungsdelikten, die man bekämpfen wollte, hat weiter zugenommen.
Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995 (39) A-1509