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Archiv "Gesundheitspolitik im Schatten des Wahlkampfs: Honorarreform bleibt eine Baustelle" (10.04.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 15⏐⏐10. April 2009 A691

P O L I T I K

E

s hätte nicht gut ausgesehen, wenn die CSU erst eine kra- chende Bauchlandung im Bundesrat hingelegt und Stunden später einen gesundheitspolitischen Neustart ge- fordert hätte. Vermutlich deshalb entschloss sich die Partei zu einem ungewöhnlichen Vorgehen: Die Christsozialen kassierten vor der Bundesratssitzung am 3. April einen eigenen Antrag ein, der die Rück- nahme der vertragsärztlichen Ho- norarreform vorsah – nur um eben dies noch am selben Tag in einem Positionspapier zu fordern.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre die bayerische Staatsregierung mit ihrer Initiative in der Länder- kammer gescheitert. Statt auf eine Niederlage wollte die CSU den Blick der Öffentlichkeit wohl eher auf das gesundheitspolitische Stra- tegiepapier lenken, das der Partei- vorstand am ersten Aprilwochenen- de im oberfränkischen Kloster Banz einstimmig beschlossen hatte. Darin fordert die CSU einen vollständigen gesundheitspolitischen Kurswech-

sel. An die Stelle „einer zentralis- tisch gesteuerten Staatsmedizin“

muss nach Meinung der Parteispitze ein „bürgerlich-föderales Gesund- heitsmodell“ treten. „Die geltende Honorarordnung ist gescheitert, weil ihre zentralistische Ausrich- tung die Interessen von Patienten und Ärzten missachtet. Die Vorgabe eines bundesweiten Einheitspreises nimmt keine Rücksicht auf die re- gionale Kostenstruktur und führt zu Qualitätsverlusten in der Patienten- versorgung“, heißt es in dem Papier.

KVen als Dienstleister, nicht mehr als Körperschaft

Der CSU-Vorsitzende und baye- rische Ministerpräsident Horst See- hofer sagte, beim Problem der Arzt- honorare müsse es bereits „in den nächsten Wochen“ eine Lösung ge- ben. Andernfalls würde der gesamte Gesundheitsfonds infrage gestellt.

Für die Ärzte schwebt der CSU vor, die Honorarordnung durch eine Ge- bührenordnung zu ersetzen, die sich an der heutigen privaten orientiert.

Dadurch hätten die Kassenärzt- lichen Vereinigungen (KVen) „die Chance, sich als Interessenvertreter für die Ärzteschaft neu zu etablie- ren“. Als Dienstleister könnten sie insbesondere Qualitätsstandards de- finieren, Ärzte qualifizieren und be- raten. „Die Zwangsmitgliedschaft und der Status als öffentlich-rechtli- che Körperschaft müssen daher auf den Prüfstand gestellt werden“, so die CSU.

Ob sich der neue Kurs der Christ- sozialen auch in einem gemeinsa- men Wahlprogramm von CDU und CSU wiederfindet, ist offen. CDU- Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, am Sonntag habe man „un- missverständliche Einigkeit er- zielt“, dass die Frage der Verteilung der Ärztehonorare gelöst werden müsse. Das gesamte Gesundheits- system infrage stellen will die CDU jedoch nicht.

Heftige Kritik an der neuen Honorarsystematik kommt jedoch auch von CDU-geführten Bundes- ländern. So brachten Baden-Würt-

GESUNDHEITSPOLITIK IM SCHATTEN DES WAHLKAMPFS

Honorarreform bleibt eine Baustelle

Die Bezahlung der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten war bei der CSU-Vorstandsklausur und der Bundesratsdebatte zur 15. Novelle des Arzneimittel- gesetzes Thema. Lösungen, die alle Länder zufriedenstellen, sind nicht in Sicht.

Foto:ddp [m]

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A692 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 15⏐⏐10. April 2009

P O L I T I K

temberg und Nordrhein-Westfalen im Zuge der Beratungen über die 15.

Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) am 3. April eine Initiative zur Neuregelung der Ärztehonorare in den Bundesrat ein, die jedoch scheiterte (siehe Kasten).

Beide Länder bezweckten Scha- densbegrenzung: Sie schlugen vor, per Gesetz festzugelegen, dass das Gesamthonorarvolumen 2008 einer KV in diesem und den folgenden Jahren nicht unterschritten werden darf. Zudem wollten sie im „Ho- norarartikel“ 87 a des SGB V einge- fügt haben, dass KVen 2009 und 2010 die Honorarverteilung eigen- ständig regeln können, abweichend von der gesetzlichen Vorgabe.

Das Länderduo verlangte auch, dass vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Dezember 2010 „der bundes- durchschnittliche Behandlungsbe- darf je Versicherten des ersten Halb- jahres 2009 als Behandlungsbedarf“

gilt. Zur Begründung hieß es, noch sei kein geeignetes Verfahren gefun- den, um die Morbidität in Deutsch- land zu messen. Deshalb solle man zunächst davon ausgehen, dass der morbiditätsbedingte Behandlungs-

bedarf überall weitgehend gleich hoch ist.

Von einem einheitlichen Behand- lungsbedarf hätten Baden-Württem- berg und Nordrhein-Westfalen pro- fitiert. Denn beide liegen beim Leis- tungsbedarf je Versicherten eher im unteren Bereich. In Baden-Würt- temberg und Nordrhein betrug er im Jahr 2007 rund 9 200 Punkte, in Westfalen-Lippe knapp 8 800 Punk- te. Hamburg und Bremen kamen auf circa 11 400 Punkte. Doch der Leis- tungsbedarf hat nicht allein etwas mit der Morbidität in der jeweiligen Region zu tun, sondern auch mit dem ärztlichen Angebot und der bis- herigen Mengensteuerung.

Schröder warnt vor rund einer Milliarde Euro Zusatzkosten

Der Behauptung, die Morbidität sei überall im Land ähnlich, wider- sprach die Gesundheitsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), im Bun- desrat vehement. Dort, wo die Be- völkerung älter sei, steige auch der medizinische Versorgungsbedarf:

„Die Morbidität ist eben nicht gleich verteilt.“ Deshalb müsse das

Geld dorthin umgeleitet werden, wo versorgt werde: „Nichts anderes tut diese Reform.“

„Wir brauchen dringend Korrek- turen“, forderte hingegen die baden- württembergische Gesundheitsmi- nisterin Monika Stolz (CDU).

„Selbstverständlich wollen auch un- sere Ärzte an den Mehrerlösen teil- haben.“ Im Namen der Bundes- regierung erteilte Staatssekretär Klaus-Theo Schröder den Ände- rungswünschen von Nordrhein- Westfalen und Baden-Württemberg eine Absage: Sie seien „unangemes- sen und führen zu keinem konstruk- tiveren Ergebnis“.

Insgesamt steige das Honorar- volumen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten den jüngs- ten Berechnungen zufolge in die- sem Jahr um rund 3,8 Milliarden Euro. Würden die Vorschläge der beiden Länder umgesetzt, müssten nach Schröders Worten noch 340 Millionen Euro zusätzlich durch Beiträge aufgebracht werden. Zu- dem bekämen die Ärzte in Nieder- sachsen und Bayern dann weniger Honorar. Würde dies ebenfalls aus- geglichen, müssten sogar 940 Mil- lionen Euro mehr fließen.

Staatssekretär Schröder nahm zu- gleich Stellung zu zwei Anträgen, den § 73 b im SGB V erneut zu än- dern und so die starke Position des Deutschen Hausärzteverbands beim Abschluss von Hausarztverträgen zu schwächen. Er mahnte, die hausärztliche Versorgung werde nicht verbessert, wenn man den § 73 b jetzt schon wieder neu formuliere.

Die beiden Anträge fanden aller- dings auch keine Mehrheit in der Länderkammer. Damit bleibt es zunächst bei der umstrittenen Ver- pflichtung der Krankenkassen, mit Verbänden bis zum 30. Juni 2009 Hausarztverträge abschließen zu müssen. Auch der Versuch, die Neu- regelung rückgängig zu machen, wonach Hausarztverträge nur noch mit Gemeinschaften abzuschließen sind, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte eines Bezirks der Kassenärztlichen Ver- einigung vertreten, ist erst einmal

vom Tisch. I

Samir Rabbata, Sabine Rieser

EIN OMNIBUS IM BUNDESRAT

Mit der 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) will die Koalition vor allem Nachbesserungen bei arzneimittelrechtlichen Vorschriften vornehmen.

Allenfalls Pläne der Regierung, Pharmaunternehmen zur Belieferung der Arzneimittelgroßhändler zu verpflichten und diesen den Sicherstellungsauftrag für die Arzneimittelversorgung zuzuweisen, wurden in Fachkreisen intensiv diskutiert.

Für breitere Aufmerksamkeit dürften dagegen Einzelregelungen sorgen, die inhaltlich nichts oder nur wenig mit dem eigentlichen Gesetzes- vorhaben zu tun haben. Das Sammelsurium soll mit der AMG-Novelle – die deshalb als „Omnibus- gesetz“ bezeichnet wird – noch vor der Bundes- tagswahl umgesetzt werden.

Von Bedeutung für alle, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind, ist die vorgesehene Kor- rektur der Krankengeldregelung. Zum 1. Januar 2009 entfiel für betroffene Selbstständige und Freiberufler der Anspruch auf Krankengeld. Nun ist geplant, ihnen einzuräumen, sich für ein „ge- setzliches Krankengeld“ zu entscheiden, wofür aber statt eines ermäßigten der allgemeine Bei- tragssatz fällig wird.

Ein Antrag, diese Korrektur zu kippen, schei- terte Anfang April bei den Beratungen der AMG- Novelle im Bundesrat. Mehrheitlich stimmten die Ländervertreter hingegen dafür, die vor fünf Jah- ren eingeschränkte Kostenbeteiligung der Kassen bei der künstlichen Befruchtung wieder aufzuhe- ben. Seit Inkrafttreten der Regelung sei die Zahl der nach künstlicher Befruchtung geborenen Kin- der deutlich gesunken, heißt es in der Antragsbe- gründung.

Nicht durchsetzen konnten sich bei den Bera- tungen die Gegner des Arzneimittelversandhan- dels. So wurden Anträge der Länder Bayern und Sachsen abgelehnt, die ein Verbot des Versand- handels mit rezeptpflichtigen Medikamenten vor- sahen.

Das im Bundesrat nicht zustimmungspflichtige Gesetz wird nun weiter im Bundestag beraten. Ob das Parlament dem Votum des Bundesrates folgt, wird sich zeigen. Zunächst veranstaltet der Ge- sundheitsausschuss am 6. Mai eine Anhörung, bevor der Gesetzentwurf am 17. Juni im Plenum verabschiedet werden soll. Zum 1. August soll die

AMG-Novelle in Kraft treten. SR

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