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Archiv "CSU-Gesundheitskongreß fordert eigenständige Gesundheitspolitik" (31.07.1980)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 31 vom 31. Juli 1980

CSU-Gesundheitskongreß fordert eigenständige Gesundheitspolitik

Nach der Reihe der „Wahlpar- teitage" der Bundestagspar- teien (über die in den letzten Wochen an dieser Stelle be- richtet worden ist), bot ein ge- sonderter Kongreß des Ge- sundheitspolitischen Arbeits- kreises der CSU Gelegenheit, vor dem Bundestagswahl- kampf deren gesundheitspoli- tischen Forderungen vorzu- bringen. Ein grundlegendes Referat hielt der Vorsitzende des gesundheitspolitischen Gremiums der Schwesterpar- tei CDU, Professor Dr. med.

Fritz Beske, Kiel.

Ein starkes Bundesgesundheitsmi- nisterium hat der Vorsitzende des Bundesfachausschusses Gesund- heitspolitik der CDU, der Kieler Staatssekretär Professor Dr. med.

Fritz Beske, auf dem Gesundheits- politischen Kongreß der CSU An- fang Juli in München gefordert. Die Gesundheitspolitik von SPD und FDP sei durch eindeutige Fehler ge- kennzeichnet, die nach dem 5. Okto- ber unterbunden werden müßten, wie die Konzertierte Aktion mit der immer weitergehenden Aufhebung der Selbstverwaltung im Gesund- heitswesen und die problemati- schen Entwicklungstendenzen in Richtung auf ein sozialisiertes Ge- sundheitswesen. Dafür seien, so Beske, ideologische Aktivitäten ebenso maßgebend wie organisato- rische Fehlgriffe, etwa die Unterord- nung der Gesundheitspolitik unter die Sozialpolitik. In diesem Zusam- menhang warf Beske der FDP vor, sie versuche zu verbergen, daß sie lediglich verspreche, diejenigen Ge- fahren abzuwehren, die sie selbst durch ihren „Dauerpakt mit der SPD" mit hervorgerufen habe.

Die Probleme eines leistungsfähigen Gesundheitswesens und die wirt- schaftlichen Größenordnungen, um die es auch in Zukunft gehen werde, machten es zu einer der Grundvor- aussetzungen für eine sachbezoge- ne, am Patienten orientierte und fi- nanzierbare Gesundheitspolitik, daß sie als eigenständig betrachtet und nicht der Sozialpolitik untergeord- net wird. Eine solche eigenständige Gesundheitspolitik gebiete es, alle gesundheitspolitischen Zuständig- keiten in einem starken Bundesge- sundheitsministerium zusammenzu- fassen, dem wegen der zentralen Bedeutung der gesetzlichen Kran-

kenversicherung auch die Zustän- digkeit für diesen Bereich und dane- ben auch „selbstverständlich" wie- der die Zuständigkeit für das Kran- kenhauswesen zu übertragen sei.

Die Zielrichtung der Angriffe auf die Bonner Koalition hatte der gemein- same Kanzlerkandidat von CDU und CSU, der CSU-Vorsitzende Franz Jo- sef Strauß, schon in seinem Gruß- wort an den Münchener Kongreß des Gesundheitspolitischen Arbeits- kreises der CSU aufgezeigt: „Ver- nunft, Wirklichkeit, Freiheit und nicht ideologische Begriffsveren- gung und utopische Verblendung sind die Grundlagen für ein Gesund- heitswesen, das in diesem Kri- senjahrzehnt in ambulanter und klinischer Versorgung, in Ausbil- dung und Forschung nach Qualität und Quantität leistungsfähig sein muß.

Die SPD/FDP-Bundesregierung führ- te die Bundesrepublik Deutschland im letzten Jahrzehnt tief in einen Wohlfahrts- und Betreuungsstaat hinein. Sie verursachte im Bereich von Ehe, Familie, Jugenderziehung und Gesundheitswesen schwere ge- sellschaftliche Schäden und Ver- säumnisse, zu deren Reparatur sie dann mit erheblichem finanziellen Aufwand gezwungen ist."

Für die unionsgeführten Bundesre- gierungen nach 1945 nahm Beske das Verdienst in Anspruch, das Netz der sozialen Sicherheit stets auf das volkswirtschaftlich Mögliche und Tragbare abgestimmt zu haben.

Beske fuhr fort: „Wenn wir heute nach über zehn Jahren SPD/FDP- Koalition feststellen müssen, daß die Grenzen des Sozialstaates erreicht,

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Aufsätze • Notizen

CSU-Gesundheitskongreß

ja wahrscheinlich überschritten wor- den sind, muß es erlaubt sein, über die Problematik der sozialen Lei- stungen einschließlich des Gesund- heitswesens nachzudenken, ohne gleichzeitig mit dem Schlagwort von der ,sozialen Demontage' diffamiert zu werden." Gerade durch ihre Fi- nanzierbarkeit blieben die notwendi- gen Leistungen der sozialen Sicher- heit auch sicher, fügte Beske hinzu.

Im einzelnen lehnte Beske noch ein- mal das Krankenversicherungs-Ko- stendämpfungsgesetz ab: es sei an- gesichts der tatsächlichen Kosten- entwicklung unnötig und damit überflüssig; außerdem fördere es sy- stemverändernde Tendenzen und sei damit für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems im Rah- men unserer Gesellschaftsordnung schädlich und gefährlich.

Die systemverändernde Tendenz des Kran kenversicherungs-Kosten- dämpfungsgesetzes liege in der Ab- kehr vom Versicherungsprinzip in der gesetzlichen Krankenversiche- rung; sein entscheidender Konstruk- tionsfehler liege darin, daß es den Leistungserbringern im Gesund- heitswesen eine Steuerungsfunktion zuweise. die sie gar nicht erfüllen könnten. Denn die steigenden Ko- sten des medizinischen Fortschritts und eines weiterhin wachsenden Leistungsangebotes bei unverän- dertem Leistungsanspruch der Ver- sicherten seien allein durch das Ver- halten der Leistungserbringer nicht zu steuern. In seiner Konsequenz führe das Gesetz damit zur Überfor- derung der Leistungserbringer und zum Zusammenbruch des Systems.

Es sei, fuhr Beske fort, nicht von der Hand zu weisen, „daß dieser Zusam- menbruch von bestimmten Kräften als Chance gesehen wird, ein ande- res, ein zentralisiertes, ein kollekti- viertes Gesundheitswesen zu errich- ten, ein Gesundheitswesen, das nicht das unsere ist".

Was die ärztliche Versorgung be- trifft, so bezeichnete es Professor Beske als unumgänglich, innerhalb einer überschaubaren Zeitspanne drei Problembereiche befriedigend zu lösen, wenn Strukturveränderun-

gen im Gesundheitswesen vermie- den werden sollen: die Entwicklung der Arztzahlen; die Qualität der Aus- bildung zum Arzt; die Stärkung der Rolle des Allgemeinarztes als Mittel- punkt der ambulanten Versorgung der Bevölkerung. Gerade hier sei ein Umdenken erforderlich.

In Übereinstimmung damit, daß die Familienpolitik einen der Schwer- punkte im gemeinsamen Wahlpro- gramm von CDU und CSU bildet (vgl. DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 28/1980, Seite 1781), erhob der Vorsitzende des Gesundheitspoliti- schen Arbeitskreises der CSU, der Münchener Arzt Dr. med. Hartwig Holzgartner, schwere Vorwürfe ge- gen die Bundesregierung. Holzgart- ner sprach von einer „sinnlosen Li- beralisierung", die zum Beispiel da- zu geführt habe, daß die Erziehung an den öffentlichen Schulen bereits von „familienzerstörerischen Ten- denzen" gekennzeichnet sei. Die Se- xualerziehung gehöre in erster Linie in die Familie; wenn sie in der Schu- le „zu brutal" angegangen werde, entstehe die Gefahr schwerer psy- chologischer Störungen bei Kin- dern.

Kategorisch lehnte Holzgartner For- derungen ab, sogenannte weiche Drogen zu erlauben. Der Staat erfül- le seinen Verfassungsauftrag nicht.

erklärte Holzgartner, wenn er seine Macht nicht dazu verwende, den Rauschgiftdealern das Handwerk zu legen, indem er sie mit lebenslanger Haftstrafe bedroht.

Zur Reform des § 218 StGB warf Holzgartner der Bundesregierung vor, ihre Politik habe dazu geführt.

daß der Schutz des ungeborenen Lebens, der ausdrücklich im Grund- gesetz verankert ist, überhaupt nicht mehr gegeben sei. In diesem Zusam- menhang verteidigte Holzgartner auch seinen früheren, in der Öffent- lichkeit umstrittenen Vergleich der heutigen Handhabung des refor- mierten Paragraphen 218 mit den Judenverfolgungen im Dritten Reich. Es sei eine Bankrotterklärung für einen Sozialstaat, sagte Holz- gartner, wenn er „töten läßt, weil er sozial sein will". yn/gb

TAGUNGSBERICHT

69. DEUTSCHER FÜRSORGETAG:

Aufgaben, Probleme und Perspektiven sozialer Arbeit

Experten aus den Sachgebieten Ju- gend-, Sozial- und Gesundheitshilfe boten den Teilnehmern des Deut- schen Fürsorgetages vom 23. bis zum 25. April ein breites Informa- tionsangebot aus dem Feld sozialer Theorie und Praxis. Anläßlich seines hundertjährigen Bestehens veran- staltete der Deutsche Verein für öf- fentliche und private Fürsorge seine Tagung in diesem Jahr in Frankfurt, dem Vereinssitz. Insgesamt nahmen etwa 2600 Besucher an Ausstel- lungsangeboten, Informationsfahr- ten und Arbeitsgruppen zu neun ver- schiedenen Themenbereichen teil.

Für das Thema „Ambulante soziale Dienste" und den Problemkreis „In- tegration psychisch Kranker" inter- essierten sich eine besonders große Anzahl von Tagungsteilnehmern.

Im Arbeitskreis „Ambulante soziale Dienste" kamen neben aktuellen Problemen in erster Linie Fragen nach dem Aufgabenbereich und der gesellschaftlichen Bedeutung der betreffenden Einrichtungen zur Sprache. Die Teilnehmer begrüßten ambulante Hilfe und die Einfüh- rung integrierter sozialpflegerischer Dienste in Form von Sozialstationen als erfolgversprechende Schritte auf dem Weg zu neuen Formen der So- zialarbeit: Diese Einrichtungen trü- gen Hilfeleistungen direkt in den Le- bensbereich von alten und kranken Menschen hinein. Die Arbeit von So- zialstationen, so betonte August Rüggenberg, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Integrationsförde- rung, könne daher gesellschaftliche Integration von Hilfsbedürftigen för- dern und dazu beitragen, ihre Selb- ständigkeit weitestgehend zu er- halten.

Die Arten der Hilfeleistungen, so zeigten Beiträge verschiedener Re-

1910 Heft 31 vom 31. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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