• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU, CSU und F.D.P." (15.04.1983)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU, CSU und F.D.P." (15.04.1983)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Koalitionsvereinbarungen

zwischen CDU, CSU und F.D.P.

Aus den Koalitionsvereinba- rungen zwischen CDU, CSU und FDP berühren eini- ge Verhandlungsergebnisse unmittelbar das Gesund- heitswesen; aber auch ande- re sozial- oder rechtspoliti- sche Aussagen dürften für Ärzte interessant sein. Die entsprechenden Passagen werden im folgenden wört- lich wiedergegeben. WS

Haushalts- und Steuerpolitik Die Nettokreditaufnahme des Bun- des soll 1984 unter 40 Milliarden DM liegen. Dabei wird ein deutli- cher Rückgang des Bundesbank- gewinns unterstellt. Es besteht deshalb die Notwendigkeit von Kürzungen in der Größenordnung von mindestens 6,5 Milliarden DM.

Die Konsolidierung soll auf die- sem Weg erfolgen, nicht durch Ab- gaben- und Steuererhöhungen.

Ein Eckpunkt für die Rentenge- setzgebung ist, daß der in der gel- tenden Finanzplanung vorgesehe- ne Bundeszuschuß von 1984 bis 1987 bestätigt wird. Angestrebt wird mittelfristig eine Neuorientie- rung des Bundeszuschusses an den Rentenausgaben unter Be- rücksichtigung der Fremdlei- stung.

Einsparungen werden insbeson- dere vorgesehen in den Bereichen

—Bundesanstalt für Arbeit

— Personalausgaben im öffentli- chen Dienst

—Im Behindertenrecht Konzentra- tion der Förderung auf die wirklich Schwerbehinderten. Die Kriegsop- fer werden von den Sparmaßnah- men ausgenommen.

Wir werden parallel zur Entlastung der Betriebe Steuersubventionen abbauen. Besonders werden wir den geltenden Rahmen für Ab- schreibungsgeellschaften über- prüfen und einschränken. So soll es in Zukunft nicht mehr möglich sein, daß Bürger durch diese Be- teiligungsformen sich ihrer Steu- erpflicht ganz oder überwiegend entziehen.

Rentenpolitik

Es besteht Einigkeit, daß eine strukturelle Reform der Renten- versicherung notwendig ist.

Zur Sicherung der Liquidität und einer angemessenen Schwan- kungsreserve werden folgende Maßnahmen vereinbart:

a) Für die Berechnung der Sozial- versicherungsbeiträge werden die Sonderzahlungen gezwölftelt.

b) Die Anpassungssätze für die Rentenversicherung werden bei der nächsten Rentenanpassung nach 1983 aktualisiert.

c) Der sozialversicherungsfreie Anteil des Weihnachtsgeldes in Höhe von 100 DM wird sozialversi- cherungspflichtig.

d) Die Voraussetzungen für die In- anspruchnahme für die Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten werden enger gefaßt. Die Kinder- zuschüsse bei Neurenten werden durch das Kindergeld ersetzt.

e) Vom Krankengeld werden ab 1. 1. 1984 Beiträge zur Rentenver- sicherung geleistet (je zur Hälfte durch Krankenkassen und Kran- kengeldbezieher).

f) Im Jahre 1984 soll der Renten- anpassungstermin um zusätzliche sechs Monate verschoben wer- den. Danach beträgt der Anpas- sungszeitraum wieder zwölf Mo- nate. Bei der Verschiebung stehen

wahlweise Anpassungszeiträume von 18 und 12 bzw. von zweimal 15 Monaten zur Diskussion. Der Bun- desarbeitsminister behält sich — zur Vermöidung der Verschiebung

— vor, einen gleichwertigen Ein- sparungsvorschlag vorzuschla- gen, der keine Einnahmeerhö- hung beinhaltet und finaziell gleichwertige Wirkungen erzeugt.

Ist dieser Vorschlag nicht kon- sensfähig, dann bleibt es bei der Verschiebung. Der Bundesarbeits- minister prüft die Möglichkeit ei- ner Härteregelung für Kleinrenten, zum Beispiel durch einen sozial gestaffelten Krankenversiche- rungsbeitrag der Rentner. Kürzun- gen im Beitragsrecht müssen ihre Entsprechung im Leistungsrecht finden. Dies soll im Zusammen- hang mit der Gesamtbewertung der beitragsfreien und beitragsge- minderten Zeiten geschehen.

Gesundheits-

und Krankenhauspolitik

Grundsätze: Ambulante Versor- gung hat Vorrang vor stationärer Versorgung, personale Dienste haben Vorrang vor kollektiver Lei- stung. Ziel ist ein Bettenabbau bei Wahrung gleichwertiger Chancen der freien und gemeinnützigen Träger. Die Selbstverwaltung der Krankenkassen ist zu stärken. Die Förderung der häuslichen Pflege ist auszuweiten und zu unterstütz- ten. Die Finanzierung der Kosten der Pflegefälle muß neu geregelt werden. Beim Abbau der Mischfi- nanzierung muß mit der Kranken- hausfinanzierung begonnen werden.

Rechts- und Innenpolitik

Der Bundesinnenminister beab- sichtigt, das Datenschutzgesetz zu novellieren. Diese Absicht wird in die Regierungserklärung aufge- nommen. Der Datenschutz im In- timbereich (Gesundheitswesen) soll verbessert werden.

Die Datenschutzinteressen und Si- cherheitsinteressen haben glei- Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 15 vom 15. April 1983 19

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung Regierungspolitik

ches Gewicht. Es gibt begründete Interessen von Sicherheitsbehör- den, Einblick in gespeicherte Da- ten nicht zu gewähren. Es besteht Übereinstimmung darüber, daß sich die Institution des Daten- schutzbeauftragten im wesentli- chen bewährt hat.

Eine Veränderung der Reichsver- sicherungsordnung im Hinblick auf Paragraph 218 StGB soll bera- ten werden, sobald das diesbezüg- liche Urteil des Bundesverfas- sungsgerichts vorliegt.

Es wird ein Programm zum Schut- ze des ungeborenen Lebens als notwendig angesehen, das beson- ders eine Verbesserung der Bera- tungshilfen, das Adoptionsrechts und des Familienlastenausgleichs enthalten muß.

Familienpolitik

Der Familienlastenausgleich ist zu verbessern. Diesem Ziel dient auch die familienfreundliche Aus- gestaltung des Steuerrechts durch ein Familiensplitting: Wer Kinder hat, soll weniger Steuern zahlen als derjenige, der keine Kinder hat.

Das gilt auch für Alleinerziehende.

Das Zusammenleben mehrerer Generationen in familiengerech- ten Wohnungen ist zu fördern.

Erziehungsgeld bzw. Kindergeld- zuschlag in den ersten drei Jahren der Kindererziehung für alle Müt- ter und die Anrechnung von Erzie- hungsjahren sind Ziele unserer Politik. Sie können erst realisiert werden, wenn die finanzpoliti- schen Voraussetzungen dafür ge- schaffen sind.

Die Benachteiligungen für Frauen in der Arbeitswelt müssen abge- baut werden durch gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine gerechtere Arbeitsplatzbewertung, bessere Aufstiegschancen und den Abbau überholter arbeitsrechtlicher Be- stimmungen, die die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt un- nötig einengen.

NACHRICHTEN

Drei Aufgaben, die eng miteinan- der verknüpft sind, hat die neue Bundesregierung in den nächsten vier Jahren vor allem zu lösen: Die hohen Defizite in den Staatshaus- halten sind abzubauen; die Ar- beitslosigkeit ist zu verringern; die Rentenversicherung muß auf eine stabilere Finanzgrundlage gestellt werden. In den Koalitionsverein- barungen sind diese drei Ziele deutlich angesprochen worden.

Dazu gehört freilich die Erkennt- nis, daß sie nicht erreichbar sein werden, wenn es nicht gelingt, die Wirtschaft aus der Rezession und Stagnation herauszuführen und eine Phase wirtschaftlichen Wachstums einzuleiten.

Deshalb hat sich die Koalition dar- auf festgelegt, weder Steuern noch Abgaben zu erhöhen. Dieser Grundsatz wird freilich nicht kon- sequent durchgehalten, wie die Beschlüsse über die Verschärfung der Investitionshilfe-Anleihe und die Einbeziehung von Sonderzah- lungen in die Beitragspflicht zur Sozialversicherung zeigen. Den- noch ist aus den Grundsatzbe- schlüssen der Koalition die Schlußfolgerung abzuleiten, daß die Rentenversicherung in erster Linie durch Eingriffe in das Lei- stungsrecht saniert werden muß.

Die Koalitionsvereinbarung hat darüber freilich keine letzte Klar- heit geschaffen.

Fest steht zunächst, daß einmalige Sonderzahlungen in die Beitrags- bemessung zur Sozialversiche- rung einbezogen werden. Das gilt für dreizehnte oder vierzehnte Ge- hälter und Löhne ebenso wie für Urlaubsgelder, Tantiemen und Gratifikationen. Der Beitrags- pflicht sollen dagegen keine Zu- schläge bei Sonn- und Feiertags- arbeit sowie bei Schichtarbeit un- terworfen werden. Entfallen soll auch der Freibetrag von 100 Mark für das Weihnachtsgeld.

Hinter diesem Plan steckt folgen- des Problem: Die Beitragspflicht wird durch die Beitragsbemes- sungsgrenze beschränkt, die im laufenden Jahr in der Renten- und in der Arbeitslosenversicherung 5000 Mark und in der Krankenver- sicherung 3750 Mark beträgt. Be- zieht ein Angestellter zum Beispiel ein Gehalt von 4500 Mark, so wer- den nach geltendem Recht wegen der Beitragsbemessungsgrenze und des 100-Mark-Freibetrages bei der Gewährung eines 13. Ge- halts zum Jahresende nur 400 Mark zusätzlich beitragspflichtig.

Bei einem Angestellten mit einem Gehalt von 2500 Mark wird dage- gen die Sonderzahlung voll erfaßt.

Das bezeichnen die Sozialpolitiker als ungerecht. Tatsächlich ist die Versuchung der Tarifparteien ge- wachsen, zur Entschärfung von Tarifkonflikten Sonderzahlungen zu vereinbaren.

Nunmehr sollen solche Sonder- zahlungen gezwölftelt und gleich- mäßig auf alle Monate des Jahres verteilt werden. Damit steigt die Beitragsbelastung der Versicher- ten mit Einkommen zwischen 2500 und 5000 Mark. Ohne die Beitrags- sätze zu verändern, bringt dies zu- sätzlich 3 Milliarden Mark in die Rentenkasse, 750 Millionen Mark in die Kasse der Arbeitslosenversi- cherung und 1,25 Milliarden Mark in die Kassen der Krankenversi- cherung. Dieses Geld haben Ar- beitgeber und Arbeitnehmer auf- zubringen. Die ebenfalls diskutier- te Erhöhung des Rentenversiche- rungsbeitrags von 18,5 auf 19 Pro- zent hätte eine geringere Bela- stung gebracht.

Allerdings führt die verdeckte Er- höhung der Beitragsbelastung auch zu höheren Ansprüchen, zum Beispiel in der Rentenversi- cherung. Die Politiker versäumen nicht, darauf hinzuweisen, um den betroffenen Versicherten diese

Für die Rentenpolitik

gibt es noch kein Konzept

20 Heft 15 vom 15. April 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wie wollen Sie die Selbstbestimmung von trans* & inter* Menschen rechtlich sicherstellen (hinsichtlich Abschaffung des Transsexuellengesetzes, Voraussetzungen und Altersgrenze

Mit Blick auf die „Gesundheits- reform 2000“ vertritt die Union un- verändert ihre Standpunkte: sie ist gegen eine generelle Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante

Immer wieder geht und ging es dabei auch persönliche Fehden – so wie heute Horst Seehofer und Ange- la Merkel auf Kollisionskurs sind, waren es früher zum Beispiel Franz-Josef

Für Merkel und Stoiber ist das Uni- ons-Konzept dennoch eine klare Ant- wort auf die von Rot-Grün favorisierte Bürgerversicherung.Auch weil erstmals mit konkreten Zahlen geplant

Ohne zu belegen, dass das Geld in IV-Projekte fließt, hatte die BKK ihre Abschlagszahlungen an die KV für die Monate Januar bis Mai 2004 um insgesamt 58 122 Euro gekürzt, wogegen die

Die Juristen argumentie- ren: Eine freie Entscheidung des Bür- gers für oder gegen eine bestimmte Form der Altersversorgung ist umso risikoloser, als der Staat verpflichtet ist,

Die Union setzt stattdessen auf ein „Entfesselungspro- gramm“ für Unternehmen und eine Entlastung von Haushalten mit hohen Einkommen: Die Unternehmens- steuern sollen auf

3. die einmalige Gewährung eines Bonus von 300 Euro je kindergeldberechtigtem Kind, 4. den steuerlichen Verlustrücktrag für das Jahr 2020 auf 5 Mio. Euro bei