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Archiv "Interview mit Johannes Singhammer (CSU), stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Für den Arzt darf es nicht mehr Bürokratie geben“" (04.03.2011)

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„Für den Arzt darf es nicht mehr Bürokratie geben“

Vom Versorgungsgesetz sollen vor allem unterversorgte Regionen profitieren.

Johannes Singhammer erläutert, wie sich dafür die Bedarfsplanung ändern muss und wie junge Ärzte wieder den Weg aufs Land finden sollen.

Das geplante Versorgungsgesetz soll vor allem die flächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen helfen. Stehen die Zeichen dazu in der Koalition eher auf Konsens oder auf Konfrontation?

das wäre auch mit der Union nicht zu machen. Für eine bessere ärztli- che Versorgung in den ländlichen Strukturen brauchen wir natürlich auch mehr Anreize und Rahmen- vorgaben, die immer auch mit Ab- sprachen verbunden sind. Das kann aber nicht heißen, dass der einzelne Arzt jetzt noch stärker von Gre- mienentscheidungen und Verwal- tungsaufgaben betroffen ist, son- dern er soll davon befreit werden.

Beispielsweise durch eine erweiter- te Delegationsbefugnis des Arztes.

Er soll mehr Möglichkeiten be - kommen, Tätigkeiten an qualifizier- te Medizinische Fachangestellte, Pfleger und Krankenschwestern ab- zugeben. Es steht in seinem Ermes- sen, inwieweit er davon Gebrauch macht.

Kern des Versorgungsgesetzes soll die Reform der Bedarfsplanung sein. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) will die

Singhammer: Wir sind uns darüber einig, dass wir flexible Lösungen brauchen. Die Kernfrage ist: Wie können wir die Versorgung besser, zielgenauer sicherstellen? Wir haben einen sektorenübergreifenden Ver- sorgungsausschuss vorgeschlagen, in dem zusätzlich zu den Kassenärzt - lichen Vereinigungen (KVen) und Kran kenkassen auch die Landesärz- tekammern, die Landeskrankenhaus - gesellschaft, die Patienten sowie die Landesministerien und die betroffe- nen Kommunen vertreten sind. Sie alle sollen ihren Sachverstand ein- bringen können. Allerdings soll nie- mand zusätzlich ein Stimmrecht er-

INTERVIEW

mit Johannes Singhammer (CSU), stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Erfahrener Sozial- und Familienpolitiker:

Der Rechtsanwalt Johannes Singhammer aus München gehört schon in der fünften Wahl- periode dem Bundestag an. Als stellvertre- tender Fraktionsvorsitzender (seit 2009) ist er für Gesundheit, Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zuständig.

In jüngster Zeit trat Singhammer als Mitinitiator eines interfraktionellen Ge- setzentwurfs zum PID-Verbot hervor.

ZUR PERSON

Singhammer: Wir sind insgesamt auf einem guten Weg. Ich bin op - timistisch, dass wir im April ein gemeinsames Eckpunktepapier be- schließen und das Gesetz noch in diesem Jahr verabschieden können.

Für uns von der Union ist dabei das Bild vom ärztlichen Beruf ganz ent- scheidend. Wir stehen zur freiheitli- chen Ausübung des Arztberufs, zur Diagnose- und zur Therapiefreiheit.

Deshalb wollen wir, dass es durch ein Versorgungsgesetz nicht mehr Bürokratie für den Arzt gibt, sondern dass er entlastet wird und sich mehr dem Patienten zuwenden kann. Das muss sich als roter Faden durch das gesamte Konzept ziehen.

Weniger Bürokratie wurde den Ärzten schon oft versprochen und passiert ist meist das Gegenteil.

Singhammer: Das darf in diesem Fall nicht das Ergebnis sein. Und

bisherigen Landesausschüsse zur Bedarfsplanung beibehalten.

Warum wollen Sie noch mehr Akteure einbeziehen?

P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 9

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4. März 2011 A 431 halten. Wir wollen damit die Versor-

gungsplanung auf eine Basis stellen, die von einem größeren Konsens aller Betroffenen getragen wird.

Die Länder fordern für sich ein volles Stimmrecht in den Landesausschüssen, das BMG will ihnen ein Beanstandungs- recht zugestehen . . .

Singhammer: Ich denke, dass wir als Union einen guten Vorschlag gemacht haben: Beteiligung der Länder in diesem Gremium, aber keine staatliche und dirigistische Einflussnahme in die Belange der Selbstverwaltung. Wir möchten fle- xible Lösungen, die nicht noch mehr Bürokratie bringen. Es bleibt bei der Devise: „Vorfahrt für die Selbstverwaltung.“

Die Organisation der Landesausschüs- se ist das eine, Ärzte aufs Land zu bekommen das andere. Mit welchen Anreizen wollen Sie Mediziner in unter- versorgte Regionen locken?

Singhammer: An diesem Punkt decken sich die Vorstellungen un- serer Fraktion mit denen des Mi- nisteriums. Wir wollen beispiels- weise die Vertretungsmöglichkeit für Vertragsärztinnen im Erzie- hungsurlaub an die Regeln anglei- chen, die im Familienrecht schon längst üblich sind. Außerdem soll durch die schon erwähnte Dele - gation ärztlicher Leistungen die praktische Tätigkeit attraktiver werden. Um einen Anreiz zu schaf- fen, sich auch auf dem Land oder in unterversorgten Regionen nie- derzulassen, haben wir vorgeschla- gen, dass Ärztinnen und Ärzte das Recht erhalten, nach mindestens fünf Jahren in einen eigentlich ge- sperrten Bezirk wechseln zu kön- nen. So erleichtern wir den Schritt, in ein unterversorgtes Gebiet zu gehen. Denn viele haben Schwie- rigkeiten mit der Vorstellung, sich lebenslang mit einer Praxis auf dem Land zu binden.

Außerdem wollen Sie in unterversorgten Gebieten auf die Abstaffelung des Honorars bei Überschreiten der Regel- leistungsvolumina verzichten?

Singhammer: Ja, wir wollen so ei- nen Ausgleich schaffen. Viele Ärzte empfinden die Abstaffelung als un-

gerecht, da sie sich aufgrund der hohen Patientenzahlen vor allem in unterversorgten Bereichen nachtei- lig auswirkt. Deshalb soll dort die Mengensteuerung entfallen.

Nach Meinung der Krankenkassen haben wir genug Ärzte, nur an den falschen Stellen. Planen Sie auch Maßnahmen, um Überversorgung abzubauen?

Singhammer: Dabei geht es um die Frage, ob die KVen beispiels- weise Praxissitze in überversorgten Regionen zurückkaufen können.

Ich glaube, dass wir uns da einigen können. Es geht dabei nicht darum, den Eigentumsanspruch des Arztes an seiner Praxis infrage zu stellen.

Sie haben vor, eine einheitliche Honorierung einzuführen für Leistungen, die sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden können. Ist das zu schaffen?

Singhammer: Wir haben uns die- ses Ziel gesetzt. Wir wissen, dass das sehr ehrgeizig ist. Aber wir se- hen die Notwendigkeit, wenn wir die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung beibe- halten wollen. Die Krankenhäuser haben eben bessere Voraussetzun- gen bei den Investitionen und ganz andere Möglichkeiten als ein nie- dergelassener Arzt. Ich denke, hier eine Anpassung und Gleichbehand- lung anzustreben, ist ehrgeizig, aber richtig.

Singhammer: Wir sehen, dass MVZ in unterversorgten Regionen eine Rolle spielen können, aber wir wol- len unter keinen Umständen, dass der freie ärztliche Beruf damit in die De- fensive gerät. Deshalb muss sicherge- stellt werden, dass die Leitung eines MVZ rechtlich wie praktisch in ärzt- licher Hand liegt und die sich aus dem Berufsrecht ergebende Thera- pie- und Weisungsfreiheit gewähr- leistet ist. Das ist entscheidend.

Darüber hinaus wollen wir eine Beschränkung der Rechtsform des MVZ auf Personengesellschaften und GmbHs; alle anderen Rechtsfor- men wie Aktiengesellschaften wollen wir ausschließen. Da haben wir auch noch Gesprächsbedarf mit unserem Koalitionspartner.

Planen Sie neben dem Versorgungs - gesetz noch weitere Initiativen?

Singhammer: Wir wollen dieses Jahr zu einem Jahr der Vorsorge, der Prävention machen. Das haben wir in der Koalition für das zweite Halb- jahr verabredet. Dazu wollen wir eine Präventionsplattform schaffen.

Das soll keine neue Bürokratie sein, kein neues gesetzliches Instrumen - tarium, bei dem die Akteure Verein- barungen über neue Strukturen schließen müssen. Vielmehr sollen alle freiwillig zusammenwirken und ihre Anstrengungen bündeln. Wir stellen fest, dass es viele gute Initiati- ven gibt, von Krankenkassen und Ärzten, von Kindergärten und Schu- len. Aber es fehlt eine gleichgerichte- te Vernetzung. Erforderlich ist, dass alle Verantwortlichen in Gesund- heitspolitik und Gesundheitswesen ih - re Anstrengungen zu einem Schwer - punktthema bündeln, beispielsweise in einem Jahr zu Adipositas, in einem anderen Jahr zur Krebsvorsorge. Der Schwerpunkt soll jährlich wechseln.

Jeder soll mit dem vereinbarten Ziel in seinem Kompetenzbereich aktiv werden. Dann kann eine solche Kampagne Dynamik entfalten, vor allem, wenn wir auch die Medien da- für gewinnen können. ■ Das Interview führten Dr. rer. nat. Marc Meißner und Heinz Stüwe.

Wir wollen 2011 zu einem Jahr der Prävention machen.

Sie wollen, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, den Rechtsrahmen für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) ändern. Was planen Sie?

Fotos:

Georg J.

Lopa ta

P O L I T I K

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