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Archiv "Aktive Krebstherapieforschung" (29.04.1976)

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stillbaren Schmerzzustände oder Angst und Verzweiflung durch die- sen Eingriff behoben werden und sekundär dann keine Notwendig- keit mehr für den Abusus besteht.

Neuere, tierexperimentell begrün- dete Erfahrungen mit stereotakti- scher bilateraler anteriorer Hypo- thalamotomie zeigen gewisse An- fangserfolge bei Alkohol-, Tablet- ten- und Opiatsucht Ihre Ergebnis- se sind noch zu ungeprüft, um die- sen Eingriff schon jetzt empfehlen zu können; es handelt sich auch um ein potentiell gefährliches Ver- fahren.

Schlußbemerkungen

Die Anwendung des stereotakti- schen Operationsverfahrens in der chirurgischen Behandlung psychia- trischer Krankheiten mit umschrie- benen, lokalisierten und definierten subkortikalen Ausschaltungen hat gezeigt, daß dadurch anhaltende und durchschlagende Erfolge the- rapeutisch erzielt werden können.

Die Wirkung solcher Eingriffe ist nicht unspezifisch und nicht nur durch das die Operation begleiten- de Psychosyndrom bedingt (Kali- nowski 1952, Mettier et al. 1954);

vielmehr ist der Operationserfolg in spezifischer Relation zum Aus- schaltungssubstraf korreliert, so daß das Prinzip der psychiatri- schen Chirurgie ein qualitatives und kein quantitatives ist. - Der gegenwärtige Stand der Kenntnis- se und der Technik der psychiatri- schen Chirurgie läßt im Gegensatz zu früher heute weitgehend Neben- wirkungen vermeiden. Bei rund 85 Prozent der jetzt operierten Patien- ten finden sich postoperativ keine bleibenden Störungen der Hirn- funktion; bei rund 10 Prozent be- stehen geringe und wechselnde Nebenwirkungen, während bei etwa 5 Prozent bleibende negative Folgen vorliegen. Hierbei handelt es sich meist um Störungen der Hirndurchblutung oder um Folgen des allgemeinen Operationsrisikos (Pneumonie, Zystepyelitis usw.).

Immer schon hat es Befürworter und Gegner der psychiatrischen

Chirurgie gegeben. ln früherer Zeit richteten sich die Einwände mehr gegen die chirurgisch bedingten . Nebenwirkungen und vor allem ge-

gen die oft behauptete Beeinträch- tigung der Persönlichkeit der Ope- rierten. Heute bewegt sich die Dis- kussion des Für und Wider weniger im medizinischen Bereich, sondern bezieht oft weltanschauliche und soziologische Gesichtspunkte ein.

Es ist daher ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die psychia- trisch-chirurgischen Eingriffe keine Verfahren sind, den Menschen zu manipulieren, und dies mutmaßlich auch, schon allein aus technischen Gründen, kaum sein werden. ln dieser Hinsicht haben die moderne Psychologie und die Chemie grö- ßere Möglichkeiten.

Die psychiatrische Chirurgie ist le- diglich ein Mittel, bei einzelnen Pa- tienten ein individuelles und ander- weitig unbeeinflußbares Leiden symptomatisch zu lindern. Sie wird angewandt, wenn konventionelle psychiatrische Methoden unwirk- sam waren. Dabei ist in gemeinsa- mer Indikationsstellung von psych- iatrischer und neurochirurgischer Seite abzuwägen zwischen dem Befinden des Patienten und seiner Einstellung, der Auswirkung einer Behandlungsverweigerung auf ihn und seine Umgebung und den zu erwartenden Heilungsaussichten.

Werden psychiatrisch-chirurgische Eingriffe maßvoll und kritisch an- gewandt, können sie einen Patien- ten von einem pathologischen Lei- den befreien, ihm und seiner Fami- lie ein Iebenswertes Leben er- möglichen und den Rest des noch gesunden Menschen zur "Selbst- verwirklichung" (Beringer 1949) bringen.

Literatur bei den Verfassern

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Gert Dieckmann, Direktor der Abteilung für Stereotaktische Neurochirurgie Neurochirurgische Klinik der Universität des Saarlandes 6650 Homburg/Saar

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KONGRESS-NACHRICHTEN

Gleichstrom bei neurogener Blasenlähmung

Nach den Erfahrungen von Profes- sor Dr. H. J. Hofschmidt und Mitar- beiter Dr. Link (Neurochirurgische Universitätsklinik, Bonn) stimulier- ten speziell angeordnete Gleich- stromelektroden die glatte Muskel- faser. Das geht bei neurogener posttraumatischer Blasenlähmung über das Jumbosakrale Axon, falls es da noch ein paar funktionieren- de Faserbündel gibt. Problem: Hautbelastung. Gerät: "Myelotron". Die Besserung betrifft Inkontinenz und Retention. Sie hält nach mehr- maliger Stimulation mit dem Myo- tron sogar längere Zeit an (2 bis 19 Monate); funktioniert auch bei Ta- bes dorsalis. Wirkungsmechanis- mus: partielle Repolarisierung (teil-)geschädigter vegetativer und sensibler Nervenfasern. Weshalb der Effekt anhält, ist noch unklar.

Indikation: traumatische Läsion der unteren motorischen Neuronen, auch multiple Sklerose. Methode unterstützt vor allem die konserva- tiven urelogischen Bemühungen bei der Rehabilitation der Verletz-

ten. WP

(Internationales Symposium ,.Eiektrostimu- lation der Blase". März 1976, Frankfurt am Main)

Aktive

Krebstherapie- forschung

Im Mittelpunkt stehen derzeit Ziel- vorstellungen (Professor Dr. C. G.

Schmidt, Tumorklinik Universitäts- klinikum Essen):

~ Es kommt einmal darauf an, die optimalen Kombinationen der zy- tostatischen Polychemotherapie bei den verschiedenen Tumorarten und -Iokalisationen auszutesten.

~ Zum anderen müssen neue Che- motherapeutika ermittelt werden, die mehr Tumorspezifität besitzen und auch langsam proliferierende Malignome stärker beeinflussen. I>

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 18 vom 29.April1976 1223

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

KONGRESS-NACHRICHTEN

• Dritte Aufgabe ist schließlich die Entwicklung einer unterstützenden Immuntherapie, die die biologische Tumorabwehr stimuliert bezie- hungsweise provoziert (zum Bei- spiel Aktivierung von Makrophagen durch BCG).

Ziel: Eliminierung der letzten Zelt- nester, die auch nach wirksamer Polychemotherapie zurückbleiben und die von geschwächter Körper- abwehr nicht mehr bewältigt wer- den. Die wirksamen Substanzen solcher „Immunprovokatoren"

konnten in Freiburg bereits weitge- hend aufgeklärt werden (Professor Dr. H. Oettgen, MPI für Immunbio- logie, Freiburg im Breisgau). Beim Tier wurde damit die individuelle Tumorabwehr ganz erheblich ge- steigert. WP (Deutscher Krebskongreß, Februar 1976, Hamburg)

Stadien des chronischen Cor pulmonale

Wie bei Linksherz- beziehungswei- se Globalinsuffizienz unterscheidet man auch beim Cor pulmonale im Hinblick auf das rechte Herz (Pro- fessor Dr. H. Matthys, Zentrum in- nere Medizin, Medizinische Klinik, Universität Ulm):

O Latentes Cor pulmonale: Noch keine eindeutige oder geringe Hy- pertrophie; keine Insuffizienzsym- ptome.

O Manifestes Cor pulmonale: pul- monale Hypertonie; Rechtsherzhy- pertrophie; Insuffizienz nur bei Be- lastung; keine abnormale Stauung.

O Dekompensiertes Cor pulmona- le, das heißt Rechtsherzinsuffizienz in Ruhe; rechter Ventrikel und Vor- hof hypertroph und dilatiert; oft konsekutive Linksherzbeteiligung.

Man differenziert diese Formen am besten durch die direkte Messung des enddiastolischen Druckes im rechten Ventrikel. Die Rechtsherz- hypertrophie ist der integrale Sum- mationswert von mittlerem Pulmo- nalisdruck und Zeit. WP (Internationaler Kongreß „Cor pulmonale chronicum", März 1976, München)

Sympathikusdefizit als Kompressionsfolge

„Trockener warmer Fuß" (im Ver- gleich zur anderen Seite) plus Fe- moralisparese weisen nachdrück- lich auf maligne Tumoren im Retro- peritonealraum hin (Prof. Dr. H. R.

Schiffter, Neurologische Klinik der Freien Universität Berlin). Anhidro- se und Vasoparalyse des Fußes ge- hen auf Kompression des Plexus dorsalis zurück (inkomplette Sym- pathikusunterbrechung), nicht auf klassische Wurzelsyndrome. Das- selbe gilt für pelvine Ischiadikusläh- mungen. Sympathikusfasern verlas- sen die Wirbelsäule nur zwischen C8 und L2. — Fazit: Wenn ein Pa- tient einseitig trockene, eventuell heiße Füße und eine Femoralispa- rese hat, dann handelt es sich ent- weder um eine Grenzstrang- oder um eine extrapelvine Ischiadikuslä- sion, nicht jedoch um Bandschei- benvorfall oder um ein Wurzelsyn- drom (Schiffter). Einseitige akute Sympathikusstörungen findet man auch bei retroperitonealer Blutung (zum Beispiel unkontrollierte The- rapie mit Antikoagulantien). — Das Sympathikusdefizit im Bereich der oberen Körperquadranten: Horner- syndrom, Schweißdefizit: ergo Pan- coast-Tumor. WP (10. Fortbildungssymposium der Medizini- schen Hochschule Hannover, Februar 1976)

Balint-Gruppen:

Multiplikatoren für kleine Psychotherapie

Die Weiterbildung der Ärzte in klei- ner Psychotherapie durch soge- nannte Balint-Gruppen wird immer mehr zu einer Hauptaufgabe der psychoanalytischen Psychothera- pie (Dr. med. Melitta Mitscherlich, Düsseldorf). In diesem Rahmen kann auch differenziertes psycho- therapeutisches Wissen weitergege- ben werden, ohne das auch der Fachmann nicht mehr auskommt.

— Erst die Selbsterfahrung in der Balint-Gruppe ermöglicht sowohl eine weitere psychotherapeutische Fortbildung durch Literatur als auch die dringend notwendige

Kooperation zwischen somatischer (innerer) Medizin und Psychothe-

rapie. WP

(4. Arbeitstagung des Deutschen Kollo- quiums für psychosomatische Medizin, März 1976, Ulm)

Perinatale

hypothalamische Funktionsstörung

Sauerstoffmangel unter der Geburt, der eine Hirnschädigung verur- sacht, läßt offenbar auch die Bil- dungsstätten der hypothalamischen Releasinghormone nicht aus. So- bald der Sauerstoffmangel schwer genug war, spastische Lähmungen zu verursachen, ist auch der gona- dotropinabhängige Descensus te- stis gestört (Dr. K. Rager, Universi- täts-Kinderklinik, Tübingen). Bei te- traplegischen Kindern findet man praktisch immer einen Kryptorchis- mus. Diese Form spricht im allge- meinen recht gut auf frühzeitige (!) Hormonbehandlung an. WP (Kolloquium „Maldescensus testis", Febru- ar 1976, Tübingen)

Elektromyographie bei Gutachten

Das Elektromyogramm (EMG) ist zur Objektivierung neurolo- gischer Ausfallserscheinungen un- entbehrlich geworden, und zwar speziell im Hinblick auf folgende Fragestellungen (Privatdozent Dr.

E. Lorenzoni, Neurologische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover): Liegt überhaupt eine neurogene Läsion vor? Ausmaß und Lokalisation? Neurogener An- teil bei multiplen Schädigungen?

Funktionell-psychogene Lähmung?

— Absolut allein verwertbare Be- weise liefert das EMG jedoch nicht.

Auch hier ist unbedingt zu beach- ten (ansonsten Urteil leicht an- fechtbar): Technische Methoden und klinischen Befund stets sauber trennen und mit den richtigen Be- griffen benennen. Sprachschlude- rei hat schon manchen vermeidba- ren Rentenkampf ausgelöst. WP (10. Fortbildungssymposium der Medizini- schen Hochschule Hannover, Februar 1976)

1224 Heft 18 vom 29. April 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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