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Archiv "Einseitige Berechnung" (15.02.2013)

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116 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 7

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15. Februar 2013

M E D I Z I N

DISKUSSION

Verbesserungspotenzial

Die Publikation (1) zeigt, dass das Mortalitätsrisiko für Frühgeborene mit Geburtsgewicht < 1 250 g in Häusern mit ≥ 30 Fällen/Jahr deutlich und signifikant geringer ist als in Häusern mit < 30 Fällen/Jahr. Würden also al- le Frühgeborenen in diesen Häusern behandelt worden sein, wäre die Mortalität geringer ausgefallen.

Die Heterogenität der Häuser mit ≥ 30 Fällen/Jahr ist beträchtlich. Wären die Qualitätsergebnisse bekannt, wäre – bei Verfügbarkeit zeitnaher Daten und zeitlicher Konstanz der Qualitätsergebnisse – im zweiten Schritt anzunehmen, dass, bei weiterer Konzentration, die Mortalität insgesamt nochmals geringer ausfiele.

Würden die Qualitätsergebnisse, bezogen auf Morta- lität und Morbidität, zielgenauer darstellbar sein (ver- besserte Risikoadjustierung, wie zum Beispiel im Arti- kel von Vogtmann et al. [2] vorgeschlagen) könnte mit einer abermaligen Ergebnisverbesserung (dritter Schritt) zu rechnen sein, wenn es zu einer Konzentration in den Häusern mit besserer Qualität käme.

Das zentrale Ergebnis, dass Häuser mit ≥ 30 Fällen/

Jahr im Mittel bessere Resultate erzielen, hat für die Steuerung des Leistungsgeschehens gegenüber den un- ter Punkt zwei und Punkt drei genannten Verbesse- rungspotenzialen den Vorteil, dass es generalisiert an- wendbar ist, wohingegen Ergebnisse einzeln benannter Häuser der Unsicherheit einer Veränderung im Zeit - verlauf unterliegen. Andere generalisiert anwendbare Merkmale wären gegebenenfalls zu ermitteln (zum Beispiel Merkmale der Strukturqualität wie Vorhaltung bestimmter Eingriffsmöglichkeiten, qualifiziertes Per- sonal et cetera). Es kann schwierig sein, zu zeigen, dass solche Merkmale mit adäquat risikoadjustierten Qualitätsergebnissen zuverlässig assoziiert sind, und somit auf Kausalität geschlossen werden könnte. Solan- ge es an solchen Merkmalen fehlt, zeigen Kutschmann et al. (1), dass die Fallzahl immerhin ein Kriterium dar- stellt.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) war gut beraten, eine die Zentralisierung und damit die Überle- benswahrscheinlichkeit sichernde Mindestmenge fest- zulegen. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0116a

LITERATUR

1. Kutschmann M, Bungard S, Kötting J, Trümner A, Fusch C, Veit C:

The care of preterm infants with birth weight below 1 250 g: risk-ad- justed quality benchmarking as part of validating a caseload-based management system. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(31–32): 519–26.

Einseitige Berechnung

Die Studie von Kutschmann et al. (1) zeigt, dass für kleine Frühgeborene das Sterberisiko in kleineren Kli- niken um 34 % höher ist als in großen. Da die risikoad- justierte Mortalität in zahlreichen kleinen Kliniken un- terdurchschnittlich und in einigen Perinatalzentren überdurchschnittlich war, folgern die Autoren, dass die Fallzahl ein ungeeigneter Indikator für die Qualität der Frühgeborenenversorgung sei. Die starke Streuung der Mortalität in kleinen Kliniken kann jedoch nach den Regeln der Stochastik auch alleine aufgrund der gerin- gen Fallzahl pro Klinik zustande kommen. Die niedri- gere Mortalitätsrate über einen Zeitraum von drei Jah- ren bei einigen kleinen Kliniken ist somit möglicher- weise nur ein Effekt kleiner Fallzahlen und kein Argu- ment gegen eine auch unter anderen Gesichtspunkten sinnvolle Regionalisieung der Versorgung sehr unreifer Frühgeborener.

Trotz Risikoadjusterung wurde die Mortalität syste- matisch zuungunsten der Perinatalzentren berechnet:

Durch die Nicht-Berücksichtigung der weiter- und zuverlegten Frühgeborenen (17,5 % der Kohorte) kommt es zu einer scheinbaren Reduktion der Mortali- tät in kleinen Kliniken (Frühgeborene, die von dort in große Kliniken verlegt werden, haben meist schwere Komplikationen) und zu einer scheinbaren Erhöhung der Mortalität in großen Kliniken (da Verlegungen von dort in kleine Kliniken meist bei gesundheitlich stabi- len Kindern stattfinden).

Bei der Risikoadjustierung wurden Parameter be- rücksichtigt, die eine schlechte Grundversorgung der Frühgeborenen (Basendefizit, maximale FiO2) als risi- koerhöhendes Moment einberechnen. Diese Größen sind jedoch beeinflussbar und spiegeln die Kompetenz des geburtshilflichen und neonatologischen Teams wi- der; ihre Einbeziehung in die Risikoadjustierung ver- wischt Unterschiede der Behandlungsqualität verschie- dener Kliniken.

Leider wurden die Mortalitätsunterschiede nicht nach dem Gestationsalter stratifiziert, obwohl die Un- terschiede zwischen großen und kleinen Kliniken mit fallendem Gestationsalter stark zunehmen (2–4). Da- durch hätten Anhaltspunkte für die Frage gewonnen werden können, unterhalb welchem Gestationsalter ei- ne stärkere Regionalisierung der Frühgeborenenversor- gung effektiv wäre. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0116b zu dem Beitrag

Versorgung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1 250 g

von Dr. rer. medic. Marcus Kutschmann, Dr. med. Sven Bungard, Joachim Kötting, Andrea Trümner, Prof. Dr. med. Christoph Fusch und Dr. med. Christof Veit in Heft 31–32/2012

2.Vogtmann C, Koch R, Gmyrek D, Kaiser A, Friedrich A: Risk-adjusted intraventricular hemorrhage rates in very premature infants – to- wards quality assurance between neonatal units. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(31–32): 527–33.

Dipl.-Med. Hans-Werner Pfeifer, Leiter Referat Qualitätssicherung GKV-Spitzenverband, Berlin, Hans-Werner.Pfeifer@gkv-spitzenverband.de Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 7

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15. Februar 2013 117

M E D I Z I N

Offene Fragen

Die Untersuchungen von Kutschmann und Kollegen (1) zur Diskriminationsfähigkeit einer Mindestmengen- regelung von 30 Fällen pro Jahr zeigen, dass diese die unterschiedliche Versorgungsqualität der Krankenhäu- ser nur unzureichend abbildet.

Trotzdem weist die Studie methodische Schwächen auf. Bei der Berechnung des logistischen Regressions- modells wurden nicht die unterschiedlichen Ebenen der Daten (Individualebene und Krankenhausebene) be- rücksichtigt und es wurde nicht für Clustereffekte kor- rigiert. Hierdurch kann eine Überschätzung des Zusam- menhangs zwischen Fallzahl und Mortalität entstehen, ein Mehrebenenmodell wäre daher besser geeignet ge- wesen (2).

Weiterhin bleiben nach der Lektüre des Artikels noch einige Fragen offen. Neben dem Einfluss der Fall- zahl auf die Mortalität Frühgeborener wäre es äußerst interessant gewesen zu untersuchen, inwieweit die Fall- zahl für die Erklärung der unterschiedlichen Mortali- tätsraten an den Häusern überhaupt relevant ist. Hierfür müsste berechnet werden, welcher Anteil der Gesamt- mortalität durch klinikspezifische Faktoren und nicht durch individuelle Faktoren erklärt wird, und wie viel von dem Anteil der klinikspezifischen Faktoren durch die Fallzahl < 30 erklärt wird. Auch dies lässt sich in ei- nem Mehrebenenmodell zeigen (3). Die Relevanz wei- terer in dem Artikel angesprochener Qualitätsindikato- ren wie Ausstattungsmerkmale oder personelle Res- sourcen ließe sich ebenfalls in diesem Modell erfassen.

Darüber hinaus wäre es aufschlussreich gewesen, nicht nur die Diskriminationsfähigkeit einer Mindest- mengenregelung von 30 Fällen pro Jahr zu untersu- chen, sondern auch, inwieweit überhaupt ein sinnvoller Schwellenwert ableitbar ist. Als Modell hierfür könnte eine Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Be- rechnung von Schwellenwerten für Knie-Totalendopro- thesen dienen (4). DOI: 10.3238/arztebl.2013.0117a

Qualitätsanalyse überfällig

Kutschmann et al. (1) analysierten Neonataldaten von cir- ca 7 400 Frühgeborenen aus den Jahren 2007–2009 aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und fanden, dass das risikoadjustier- te Sterberisiko in kleineren Krankenhäusern mit einer ge- ringeren Fallzahl von < 30 Frühgeborenen mit einem Ge- burtsgewicht < 1 500 g pro Jahr signifikant höher war, als in Häusern mit einer höheren Fallzahl (Odds Ratio: 1,34).

Dieses Ergebnis unterstützt frühere Ergebnisse aus Nie- dersachsen. Bartels et al. (2) untersuchten die Mortalität aller Lebendgeborener. In der Arbeit von Kutschmann et al. (1) hingegen wurden nur von den Krankenhäusern ein- gereichte Behandlungsdaten (an die Neonatalerhebung gemeldete Aufnahmen in die Kinderklinik) analysiert. Die Autoren verweisen in ihrer Diskussion darauf, dass im Vergleich zur amtlichen Geburtenstatistik circa 33 % der Todesfälle von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht

< 1 000 g in der Neonatalerhebung fehlen (3), und dass die Erfassungslücke seit 2010 geschlossen sei. Diese Annah- me erweist sich derzeit als falsch, zumal zum Beispiel in Baden-Württemberg von den 99 laut amtlicher Statistik im Jahr 2010 lebend gemeldeten Frühgeborenen mit ei- nem Geburtsgewicht < 500 g nur 56 an die Neonatalerhe- bung gemeldet wurden. Laut amtlicher Statistik sind da- von 28 Kinder gestorben, in der Neonatalerhebung wur- den aber nur 13 Todesfälle registriert. In Bayern wurden im Jahr 2010 von 69 amtlich registrierten Frühgeborenen

< 500 g nur 34 an die Neonatalerhebung gemeldet, von den 39 amtlich registrierten Todesfällen wurden nur 15 in der Neonatalerhebung erfasst. Eine an das Geburtenregis- ter gekoppelte Qualitätsanalyse ist überfällig. Ein Blick in skandinavische Länder zeigt, dass eine solche Erfassung möglich ist, die Datenqualität verbessert und wichtige Er- kenntnisse liefern kann (4). DOI: 10.3238/arztebl.2013.0117b LITERATUR

1. Kutschmann M, Bungard S, Kötting J, Trümner A, Fusch C, Veit C:

The care of preterm infants with birth weight below 1 250 g: risk-ad- justed quality benchmarking as part of validating a caseload-based management system. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(31–32): 519–26.

2. Bartels DB, Wypij D, Wenzlaff P, Damann O, Poets CF: Hospital volu- me and neonatal mortality among very low birth weight infants. Pe- diatrics 2006; 117: 2206–14.

3. Teig N, Wolf HG, Bücker-Nott HJ: Mortalität bei Frühgeborenen < 32 Schwangerschaftswochen in Abhängigkeit von Versorgungsstufe und Patientenvolumen in Nordrhein-Westfalen. Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211: 118–22.

4. Trotter A, Pohlandt F: Aktuelle Ergebnisqualität der Versorgung von Frühgeborenen < 1 500 g Geburtsgewicht als Grundlage für eine Regionalisierung der Risikogeburten. Z Geburtshilfe Neonatol 2010;

214: 55–61.

Dr. med. Norbert Teig, Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Universitätskinderklinik und Perinatalzentrum Bochum norbert.teig@ruhr-uni-bochum.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

LITERATUR

1. Kutschmann M, Bungard S, Kötting J, Trümner A, Fusch C, Veit C:

The care of preterm infants with birth weight below 1 250 g: risk-ad- justed quality benchmarking as part of validating a caseload-based management system. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(31–32): 519–26.

2. Hox JJ: Why do we need special multilevel analysis techniques. Mul- tilevel Analysis: Techniques and Applications. New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates 2002.

3. Snijders TAB, Bosker RJ: Discrete dependent variables: In: Multilevel analysis. An introduction to basic and advanced multilevel modeling.

2nd edition. London: Sage Publications 2012; 289–322.

4. IQWiG: Entwicklung und Anwendung von Modellen zur Berechnung von Schwellenwerten bei Mindestmengen für die Knie-Totalendopro- these. Abschlußbericht B05/01a. Köln: Institut für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 2005.

Dr. med. Melanie Eßer, MPH

Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung, München

Prof. Dr. med. Rüdiger von Kries, Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München

Prof. Dr. rer. nat. Ulrich Mansmann

Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie, Ludwig-Maximilians-Universität München Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Referenzen

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