Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 5|
4. Februar 2011 A 191RANDNOTIZ
Nicola Siegmund-Schultze
„Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“ Der Slogan der Friedens- bewegung lässt sich auf jegliche Art der Menschenrechtsverletzung über- tragen. Als solche gilt dem Weltärz- tebund die Todesstrafe: Ärzte sollten sich nicht an der Vorbereitung oder Ausführung von Hinrichtungen betei- ligen. Im Mai 2010 kündigte das American Board of Anaesthesiology an, Anästhesisten, die sich an Hin-
richtungen beteiligten, die für ihre Arbeit an größeren Kliniken notwen- dige fachärztliche Zertifizierung ab- zuerkennen. Wohl auch deshalb assistiert bei Hinrichtungen selten ein Arzt. Nun könnten deutsche Pharmahersteller und -händler sich dem Boykott anschließen: In den USA wird der Wirkstoff Thiopental- Natrium knapp, mit dem die Todes- kandidaten vor der Injektion anderer tödlicher Substanzen narkotisiert oder auch direkt getötet werden sol- len. Da der einzige amerikanische Hersteller die Produktion einstellen möchte, gab es Anfragen in Europa.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler hat an die deutschen Herstel- ler und Großhändler appelliert, die Anfragen aus den USA zu ignorieren.
„Die Pharmaindustrie hat Gele- genheit, öffentlich darzulegen, dass sie sich den Menschen und nicht den Absatzmärkten verpflichtet fühlt“, sagt Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Vizepräsident der Bun- desärztekammer. Die drei Firmen in Deutschland, die das Medikament vertreiben – zwei von drei der Präpa - rate haben keine FDA-Zulassung –, ließen auf Anfrage wissen, sie liefer- ten nicht in die USA und unterstütz- ten den Aufruf des Ministers.
Mehrere Hinrichtungen in den USA wurden inzwischen mangels Medikamenten und Kooperationsbe- reitschaft des Personals ausgesetzt.
Das ist immerhin ein Anfang.
Boykott der Todesstrafe
Die Kassenärztliche Bundesverei- nigung (KBV) und die Krankenkas- sen haben sich im gemeinsamen Bewertungsausschuss darauf geei- nigt, dass vom 1. April 2011 an Haus- und Heimbesuche deutlich besser vergütet werden. Außerdem werden diese Leistungen aus den Regelleis- tungsvolumen herausgenommen und zum vollen Preis der Euro-Gebüh- renordnung vergütet.
„Hiermit unterstützen wir vor allem die Hausärzte, die in der überwiegenden Zahl solche Besu- che absolvieren – aber auch die betroffenen Fachärzte gewinnen“, sagte dazu KBV-Vorstand Dr.
med. Carl-Heinz Müller. Er be- zeichnete die Einigung als „zu- kunftsweisende Verbesserung für die Versorgung, da im Zuge der demografischen Entwicklung im- mer mehr alte und multimorbide BEWERTUNGSAUSSCHUSS
Mehr Honorar für Haus- und Heimbesuche
Menschen zu Hause und in ent- sprechenden Einrichtungen ver- sorgt werden müssen“.
KBV und Kassen vereinbarten außerdem, bestimmte Arztgruppen bei überproportionalen Honorarver- lusten zu stützen. Dazu gehören unter anderem Orthopäden, Augen- ärzte, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Pädaudiologen. Für diese Arztgrup- pen können die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Kranken- kassen auf Landesebene Vorwegab- züge aus dem Honorarzuwachs für 2011 beschließen. „Dies bedeutet eine Besserstellung der in der Grundversorgung tätigen Fachärz- te, ohne dass andere Arztgruppen verlieren“, erklärte der KBV-Vor- standsvorsitzende, Dr. med. Andreas Köhler. Sein Fazit: „Wir sind zu- frieden mit den Ergebnissen dieses Bewertungsausschusses.“ hil
Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria hat Berichten der Nachrichtenagen- tur AP widersprochen, wonach bis
zu zwei Drittel der Hilfsgelder des Globalen Fonds von Korruption in den Empfängerländern aufgezehrt werden. Bundesentwicklungshilfe- minister Dirk Niebel (FDP) hatte daraufhin die Zahlungen Deutsch- lands an den Fonds eingestellt.
AP hatte sich in seiner Meldung offenbar auf einen internen Prüfbe- GLOBALER FONDS
Vorwürfe wegen Korruption haltlos
richt des Globalen Fonds gestützt, der bereits seit Mitte Dezember 2010 vorliegt und auch im Internet abge- rufen werden kann. In diesem Be- richt ist die Prüfungskom- mission des Fonds in vier von 145 Ländern auf schwere Fälle der Verun- treuung von Hilfsgeldern gestoßen. „Als Folge da- von haben wir in Dschi- buti, Mali, Mauretanien und Sambia die entspre- chenden Mittel zurückge- fordert und Schritte ein- geleitet, um die miss- bräuchliche Verwendung von Hilfsgeldern künftig zu verhindern“, heißt es in einer Stellungnahme des Fonds.
Alles in allem geht es um 34 Mil- lionen US-Dollar, die in dunklen Kanälen versickert sind. Bei ei- nem Gesamtbudget von 13 Milli- arden Dollar entspricht das 0,3 Pro - zent. Weitere Informationen: www.
theglobalfund.org/en/oig/reports/
?lang=en HK
Der Globale Fonds versorgt Menschen in Entwicklungs- ländern mit Me- dikamenten.
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