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Archiv "Familiäre Hypercholesterinämie" (04.08.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 31–32

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4. August 2014 521

M E D I Z I N

EDITORIAL

Familiäre Hypercholesterinämie:

Screening als Chance auf eine frühe Prävention

Klaus G. Parhofer

Editorial zum Beitrag:

„Familiäre Hyper - cholesterin ämie:

Entwicklungen in Diagnostik und

Behandlung“

von Klose et al.

auf den folgenden Seiten

tisch reduziert werden kann. Die insbesondere aus den Niederlanden und Südafrika hierzu vorgelegten Daten sind überzeugend – eine frühzeitige konse- quente Behandlung führt zu einer nahezu normalen Lebenserwartung (6, 7). Umso wichtiger ist eine frühzeitige Diagnose, wenn möglich vor Manifestati- on einer Atheroskleroseerkrankung.

Bedeutung des Kaskadenscreenings

In diesem Zusammenhang ist das Screening von Ver- wandten betroffener Personen von überragender Be- deutung. Aufgrund des autosomal-dominanten Erb- gangs sind im Schnitt 50 % der erstgradig Verwand- ten eines Index-Patienten ebenfalls von der familiä- ren Hypercholesterinämie betroffen. Dieses als Kaskaden screening bezeichnete Vorgehen bietet die Chance, im Umfeld eines betroffenen Patienten früh- zeitig präventiv einzugreifen. Während die Statin- therapie bei kardiologisch betroffenen Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie heute Standard ist, wird das Potenzial des Screenings weiter vernachläs- sigt (8). Allzu oft wird versäumt, im Umfeld eines einmal identifizierten Patienten nach weiteren Be- troffenen zu suchen und diese dann konsequent zu behandeln. Hier ist Handlungsbedarf gegeben, um nicht Chancen für eine frühe Prävention zu verge- ben.

Stellenwert der

molekulargenetischen Diagnostik

Zu Recht wird in der Übersichtsarbeit von Klose und Mitautoren der Stellenwert der molekulargenetischen Diagnostik diskutiert (9). Während die molekularge- netische Diagnostik in manchen europäischen Län- dern (Niederlande) Standard ist, ist sie in den meisten Ländern (so auch in Deutschland) die Ausnahme. So unumstritten der Stellenwert der genetischen Diag- nostik aus wissenschaftlicher Sicht ist, so offen ist der klinische Wert dieser immer noch teuren Diagnos- tik. Der Nachweis der Mutation kann sinnvoll sein, um die Akzeptanz der Erkrankung bei den Betroffe- nen zu erhöhen, welches dann zu einer besseren The- rapieadhärenz führt. Eine bessere Adhärenz ist wie- derum mit einer niedrigeren Herzinfarktrate ver- knüpft (10). Das direkte klinische Vorgehen wird

D

ie Tatsache, dass Patienten mit familiärer Hy- percholesterinämie ein vom LDL-Cholesterin- spiegel abhängiges massiv erhöhtes kardiovaskulä- res Risiko haben und dass dieses erhöhte Risiko durch eine konsequente LDL-Senkung fast eliminiert werden kann, ist bis heute der stichhaltigste Beweis für den engen kausalen Zusammenhang zwischen LDL-Cholesterinerhöhung und Atherosklerose. Dies erklärt, warum diese Erkrankung bis heute Wissen- schaftler wie Kliniker fasziniert und Anstoß für Neu- entwicklungen in Diagnostik und Therapie ist, wie Klose und Koautoren in ihrem den aktuellen Kennt- nisstand zusammenfassenden Beitrag ausführen.

Atherogenes Potenzial

Bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde von Anitschkow postuliert, dass erhöhten Choleste- rinwerten in der Entstehung der Atherosklerose eine entscheidende Bedeutung zukommt (1). Die For- schung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass prak- tisch jeder LDL-Cholesterinerhöhung ein atheroge- nes Potenzial innewohnt und dass das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch eine insbeson- dere statininduzierte LDL-Cholesterinsenkung um etwa 30 % reduziert werden kann (2). In die Beurtei- lung, welcher LDL-Cholesterinwert behandlungsbe- dürftig ist, fließt entscheidend das Absolutrisiko für ein kardiovaskuläres Ereignis ein. Bei Personen mit nachgewiesener Atherosklerose erkrankung oder zu- sätzlichen Risikofaktoren ist dieses Risiko höher, weshalb dann auch ein niedrigerer LDL-Cholesterin- zielwert angestrebt wird (zum Beispiel < 70 mg/dL bei Patienten mit nachgewiesener koronarer Herz- krankheit [KHK]) beziehungsweise eine intensivere Statintherapie indiziert ist (3, 4).

Früh und konsequent therapieren

Bei Personen mit familiärer Hypercholesterinämie liegt von Geburt an ein deutlich erhöhter LDL-Cho- lesterinspiegel vor, so dass das Absolutrisiko gegen- über Personen mit normalem Lipidstoffwechsel in Abhängigkeit vom LDL-Cholesterinwert um den Faktor 8–10 erhöht ist (5). Unabhängig von anderen Risikofaktoren muss daher früh und konsequent the- rapiert werden, wodurch die Herzinfarktrate drama-

Medizinische Klinik II – Großhadern, Klinikum der Ludwig-Maximilians Universität, München: Prof. Dr.

med. Parhofer

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durch den Nachweis einer Mutation allerdings nicht beeinflusst. Behandelt wird primär der Phänotyp (LDL-Cholesterinerhöhung), nicht der Genotyp (Nachweis einer Mutation). Unklar ist auch, wie bei Personen vorgegangen werden soll, die zwar phäno- typisch eine familiäre Hypercholesterin ämie haben, aber keine identifizierbare Mutation. Sollen solche Patienten anders behandelt werden als diejenigen, die bei ansonsten gleicher Konstellation eine nachweis- bare Mutation haben? Am Ende muss der Kliniker entscheiden – und der wird sich zu Recht am LDL- Wert orientieren. Bei der Entscheidung, ob eine mole- kulargenetische Diagnostik durchgeführt werden soll, muss auch berücksichtigt werden, dass die genetisch nachgewiesene Störung sozialrechtliche Nachwirkun- gen haben kann wie beispielsweise bei der Berufs- wahl, Verbeamtung oder für Lebensversicherungen.

Hypercholesterinämie als Modellerkrankung

In ihrer Übersichtsarbeit gehen Klose und Mitauto- ren auch auf vielversprechende Neuentwicklungen im Bereich der pharmakologischen Therapie ein.

Schon bei der Entwicklung der Statine war das Krankheitsbild der familiären Hypercholesterinämie die Modellerkrankung für den Einsatz dieser poten- ten Lipidsenker. Nun werden neue Medikamente ent- wickelt, die bei Patienten mit heterozygoter familiä- rer Hypercholesterinämie über Statine hinaus zu ei- ner deutlichen LDL-Senkung führen können (PCSK9-Antikörper) (11). Auch diese zeigen ihr Po- tenzial in besonderem Maße bei Patienten mit schweren LDL-Hypercholesterinämien, also bei Pa- tienten mit familiärer Hypercholesterinämie.

5. Umans-Eckenhausen MA, Sijbrands EJ, Kastelein JJ, Defesche JC:

Low-density lipoprotein receptor gene mutations and cardiovascular risk in a large genetic cascade screening population. Circulation 2002; 106: 3031–6.

6. Raal FJ, Pilcher GJ, Panz VR, et al.: Reduction in mortality in sub- jects with homozygous familial hypercholesterolemia associated with advances in lipid-lowering therapy. Circulation 2011; 124:

2202–7.

7. Versmissen J, Oosterveer DM, Yazdanpanah M, et al.: Efficacy of statins in familial hypercholesterolaemia: a long term cohort study.

BMJ 2008; 337: a2423.

8. Watts GF, Gidding S, Wierzbicki AS, et al.: Integrated guidance on the care of familial hypercholesterolaemia from the International FH Foundation. Int J Cardiol 2014; 171: 309–25.

9. Klose G, Laufs U, März W, Windler E: Familial hypercholesterolemia:

developments in diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2014;

111: 523–9.

10. Wei L, MacDonald TM, Watson AD, Murphy MJ: Effectiveness of two statin prescribing strategies with respect to adherence and cardio- vascular outcomes: observational study. Pharmacoepidemiol Drug Saf 2007; 16: 385–92.

11. Raal F, Scott R, Somaratne R, et al.: Low-density lipoprotein choles- terol-lowering effects of AMG 145, a monoclonal antibody to pro- protein convertase subtilisin/kexin type 9 serine protease in patients with heterozygous familial hypercholesterolemia: the Reduction of LDL-C with PCSK9 Inhibition in Heterozygous Familial Hypercholes- terolemia Disorder (RUTHERFORD) randomized trial. Circulation 2012; 126: 2408–17.

Anschrift des Verfassers Prof. Dr. med. Klaus G. Parhofer Klinikum der Universität München Medizinische Klinik II, Grosshadern Marchioninistraße 15

81366 München

klaus.parhofer@med.uni-muenchen.de

Zitierweise

Parhofer KG: Familial hypercholesterolemia—screening to facilitate early prevention. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 521–2.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0521

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de Interessenkonflikt

Prof. Parhofer erhielt Honorare für Advisory Board Tätigkeit vom Amgen, Aegerion, Chiesi, Isis, Regeneron und Sanofi.

Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen wurde er honoriert von Abbott, Amgen, Fresenius, Genzyme, Kaneka, MSD und Sanofi.

Erstattung von Teilnahmegebühren von Kongressen sowie Reise- und Übernachtungskosten bekam er von MSD.

Für ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben erhielt er Gelder auf ein Drittmittelkonto von Genzyme, MSD und Novartis.

LITERATUR

1. Anitschkow N, Chalatow S: Über experimentelle Cholesterinsteatose und ihre Bedeutung für die Entstehung einiger pathologischer Pro- zesse. Centralbl Allg Pathol Pathol Anatomie 1913; 14: 1–9.

2. Baigent C, Blackwell L, Emberson J, et al.: Efficacy and safety of more intensive lowering of LDL cholesterol: a meta-analysis of data from 170,000 participants in 26 randomised trials. Lancet 2010;

376: 1670–81.

3. Catapano AL, Reiner Z, De Backer G, et al.: ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias The Task Force for the manage- ment of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Atherosclerosis Society (EAS). Atherosclerosis 2011; 217: 3–46.

4. Stone NJ, Robinson J, Lichtenstein AH, et al.: ACC/AHA guideline on the treatment of blood cholesterol to reduce atherosclerotic cardio- vascular risk in adults: A report of the American college of cardiolo- gy/American heart association task force on practice guidelines.

Circulation 2014 (in press).

Referenzen

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