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A922 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 14⏐⏐7. April 2006
B R I E F E
Arzneimittel
Zu der Meldung „Kostenanstieg“ in Heft 6/2006:
Mein Vorschlag
Ich verstehe die Aufregung um die Arzneikosten nicht!
Wir brauchen doch nur einen
„floatenden Punktwert“ für Medikamente.
Dr. med. Godeke von Appen, Gnarrenburger Straße 24, 27432 Bremervörde
Diabetesversorgung
Zu dem Beitrag „Deutliche regionale Unterschiede“ von Dr. med. Heinz Na- gel et al. in Heft 7/2006:
Evaluierung in einer Pilotstudie fehlte
Ich hoffe nicht, dass die Da- tenerfassung „qualitätsgesi- cherter Daten“ auf der Basis
des DMP Diabetes mellitus Typ 2 erfolgt oder erfolgen soll. Eine Längs- oder Quer- schnittsstudie mit einer ir- gendwie gearteten Aussa- gemöglichkeit stellen diese Programme sicher nicht dar (der Einschluss von Ärzten und Patienten erfolgte teilwei- se, aber nicht überwiegend freiwillig, ein Teil der Daten wurde auf Müllhalden in Süd- ostasien „ausgewertet“, die
„wachsende Akzeptanz bei
Patienten“ mit dem Verspre- chen auf Befreiung von Geld- leistungen erkauft). Die offen- sichtlich bestehenden Rekru- tierungsdifferenzen (der Be- griff Rekruten ist außeror- dentlich zutreffend, sowohl für die beteiligten Patienten als auch die Ärzte), die innerhalb dieser Republik bestehen, dürften weniger mit der Ver- sorgungsqualität zu tun haben, als vielmehr auf Gegenden hinweisen, in denen Kas- senärztliche Vereinigungen, die gar nicht schnell genug ei- gene DMP-Unterabteilungen mit neuen Posten bilden konn- ten, zusätzlichen Druck auf die Vertragsärzteschaft zur Teil- nahme mit dem Versprechen zusätzlichen Honorars aus- geübt haben. Dass vor der flächendeckenden Einführung des DMP Diabetes mellitus Typ 2 keine Evaluierung in ei- ner Pilotstudie erfolgte oder deren Ergebnisse, aus welchen Gründen auch immer, nicht
publiziert wurden, ist für mich das eigentliche Problem. Jetzt auf Daten der AOK zurückzu- greifen („soweit möglich“), die schon vor der eigentlichen Evaluierung der Programme diese aus verständlichen Gründen (RSA) als großen Erfolg bezeichnen, ist für mich befremdlich . . . Man kann Diabetiker in einer Hausarzt- praxis leitliniengerecht auch ohne DMP-Teilnahme behan- deln. Dass dies einen breiten
Rücken und langen Atem so- wie gemeinsames Handeln al- ler Praktiker einer Region be- deutet, werden alle Hausärzte bestätigen können, egal, ob es sich um ,,DMP-Ärzte“, welche Qualifikation dies auch immer darstellen soll, oder um Ärzte handelt, die für sich die Schluss- folgerung gezogen haben, end- lich einmal Nein zur Bürokra- tie zu sagen und Ja zu mehr Zeit für die wirkliche Betreu- ung ihrer Patienten . . . Literatur bei dem Verfasser Dr. med. Uwe Krischker, Reherweg 11, 31855 Aerzen
Ulla Schmidt
Zu der Meldung „Ärger um einen offenen Brief“ in Heft 11/2006:
Prima
Wie immer es sich nun erge- ben hat, dass die Anzeige, der offene Brief oder die zu veröf- fentlichende Meinung der Frau Gesundheitsministerin in Ihrem werten Blatt nicht zum Abdruck gekommen ist. Ich finde es prima, dass das nicht geklappt hat. Nicht, dass man sich dem Gespräch verschlie- ße, aber das DÄ sollte kein weisungsgebundenes Hohlor- gan der Bundesregierung sein . . . Ich glaube, man muss jetzt nicht gleich den Begriff der Pressefreiheit bemühen, aber die Pressemitteilung aus dem Munde von Herrn Spre- cher Vater lässt einmal mehr erahnen, wie empfindlich die von uns gewählten Profis der classe politique reagieren, wenn man sie nicht ausrei- chend hofiert. Ich bin der Mei- nung, dass auch „ein Brief ei- ner Vertreterin des Verfas- sungsorgans Bundesregie- rung“ von einer Redaktion ausgiebig geprüft werden darf, wahrscheinlich sogar beson- ders innig geprüft werden muss, angesichts der besonde- ren Gewichtigkeit unserer Ver- fassung und der relativen Un- wichtigkeit der jederzeit er- setzlichen Sachwalterin an der Spitze eines Ministeriums . . . Dr. med. Michael Delcker, Birkenstraße 56, 14943 Luckenwalde
Was Frau Schmidt verschweigt
Frau Ministerin Schmidt hat sich durch Ihren Mitarbeiter Herrn Vater, aus anderen Sachverhalten („Abwande- rung von Ärzten nicht so schlimm“ etc.) bereits be- kannt, beklagt, das DÄ habe ihren offenen Brief an die Vertragsärzte, der zur Veröf- fentlichung am 17. März 2006 gedacht war, „aus vorder- gründigen Erwägungen“
nicht angenommen. Sehr ge- ehrte Kollegen vom DÄ, ge- ben Sie zu, es war nicht vor- dergründig, sondern hinter- gründig . . . Ministerin Schmidt reduziert das Pro- blem darauf, dass ja nur der Preis pro Einheit (DDD) in dem neuen Gesetz festgelegt würde, an dem wir uns dann orientieren könnten. Kein Wort zu dem Konflikt Bonus – Malus und der ethischen Di- mension im Arzt-Patient-Ver- hältnis. Kein Wort dazu, dass es vielleicht auch andere Gründe geben kann, warum die Kosten angestiegen sind.
Kein Wort dazu, dass es viel- leicht Morbiditätsgründe gibt, die ein Grund für niedri- ge Arzneikosten in Schles- wig-Holstein und Bayern sind . . . Kein Wort zu der Frage, dass es sich neben Zu- fälligkeitsprüfung, Prüfung nach Durchschnittswerten und Richtgrößenprüfung nun um das vierte Prüfverfahren handelt, mit welchem wir be- droht werden. Die anderen Verfahren fallen ja nicht weg, die Regresse von Malus-Bo- nus-Verfahren müssen dann z. B. bei Richtgrößenprüfun- gen abgezogen werden . . . Wir verordnen bereits Gene- rika in Größenordnungen.
Wir müssen das auch tun, da- mit wir uns für Innovationen offen halten können. Aber mit dieser Brachialgewalt, wie das Gesetz uns jetzt zum Verordnen des Billigsten zwingen will, können wir uns nicht einverstanden erklä- ren . . .
Dr. Werner Hessel, Vorsitzender der Ärzte-Union Brandenburg,
Markt 5–6,15848 Beeskow
Foto:KEYSTONE