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Archiv "Ulla Schmidt: Pauschalargumente" (24.07.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 30⏐⏐24. Juli 2009 A1517

B R I E F E

barungen mit der Ärzteschaft nichts wert seien, da es kein einziges Bei- spiel gebe, wo sie eingehalten wor- den seien. Allein diese Aussage im DÄ zu tätigen, stellt einen Affront dar! Wie sieht es denn hier mit den Zusagen der Politik gegenüber den Ärzten aus?

Beispielsweise mit den Lügen der Politik bezüglich transparenter und fairer Bezahlung in Euro und Cent.

Bis Ende letzten Jahres wurde uns vorgegaukelt, dass genügend Mittel zur ambulanten Versorgung bereitge- stellt würden. Stattdessen wurde über die RLV eine noch rigidere und leis- tungsfeindlichere Pauschalierung der ambulanten Vergütung vorgenom- men, welche beabsichtigterweise viele niedergelassene Ärzte in den Ruin treiben soll. Wie kann es ange- hen, dass von den Beiträgen der Ver- sicherten nur ca. 15 Prozent in der ambulanten Versorgung ankommen, welche 90 Prozent der medizinischen Versorgung sicherstellt . . . Warum müssen die Beitragszahler in erhebli- chem Umfang versicherungsfremde Leistungen finanzieren, deren Be- reitstellung ureigenste Aufgabe des Sozialstaates wäre und ohne die der Krankenkassenbeitrag unter elf Pro- zent liegen würde? Was ist mit den perfiden Steuerungsmechanismen des EBM, mit denen die niedergelas- senen Ärzte gegängelt werden. Ei- nerseits Abgeltung einer fachlich hochstehenden Medizin mit pau- schalierten Taschengeldbeträgen.

Andererseits die vertragsärztliche Verpflichtung, alle erdenklichen Leistungen für diese Pauschale er- bringen zu müssen. Mit voller Ab- sicht wird die Mengenbegrenzung im Gesundheitssystem hier auf die Ärz- te abgeladen. Diese befinden sich zwischen Skylla und Charybdis, sind alleingelassen zwischen wirtschaftli- chen Zwängen und ärztlicher Ethik.

Das Funktionieren dieser Ethik stellt überhaupt noch die Aufrechterhal- tung einer menschlichen und hoch- wertigen medizinischen Versorgung sicher und ist im Kalkül der Gesund- heitspolitik voll eingepreist. Wie doppelzüngig agiert hier mit Vorlie- be die Bundesministerin der Gesund- heit, die suggeriert, es seien unbe- grenzt Mittel zur medizinischen Ver- sorgung vorhanden, während sehen-

den Auges Steuerungsmechanismen im EBM etabliert werden, die eine Rationierung zum Zweck haben! Mit Recht will Ärztekammerpräsident Hoppe hier die Politik in die Pflicht nehmen und den schwarzen Priori- sierungspeter nicht mehr den Ärzten angelastet sehen . . .

Keine Frage zum Selbstverständnis einer Politikerin, die mit 1,5 Millio- nen Euro Steuermitteln eine öffentli- che Antiärztekampagne startet, wel- che auf die Erhöhung der eigenen Wiederwahlchancen zielt, während Ärzte im BMG unter Korruptions- Generalverdacht stehen! . . . Fazit: Müheloser Zu-null-Punktsieg für Frau Minister, und so verdient sie auch das letzte Wort: „Es ist noch mehr Veränderungswille innerhalb der Ärzteschaft nötig.“

Dr. med. Günther Fuchs,Bahnhofstraße 8, 86150 Augsburg

Richtgrößenprüfungen leider unbeachtet

Leider ist in dem Interview mit Frau Schmidt ein besonders bedrückendes Kapitel gesundheitspolitischer Vor- gaben überhaupt nicht zur Sprache gekommen – die Arzneimittelricht- größenprüfungen. Von diesen Richt- größenprüfungen ist meine Fach- gruppe (Neurologie/Psychiatrie) be- sonders betroffen. Richtgrößen sind willkürlich gesetzte Ausgabenober- grenzen, die von Bundesland zu Bundesland erheblich variieren . . . Richtgrößenprüfungen bedeuten, dass der Arzt mit seinem Privatver- mögen für die dem Patienten verord- neten Medikamente haftet, unabhän- gig davon, ob die Behandlung medi- zinisch indiziert war oder nicht.

Wenn man über diese Konstruktion zur Steuerung der Arzneimittelaus- gaben mit ausländischen Kollegen redet, erntet man zumeist fassungslo- se Ungläubigkeit. Meines Wissens gibt es ein solches Unding in keinem anderen Land. Was sind die Implika- tionen dieser politischen Vorgabe:

Der Arzt wird unter Androhung exis- tenzgefährdender Regressforderun- gen gezwungen, seine ärztlichen Ver- ordnungen nicht nach medizini- schen, sondern nach ökonomischen Gesichtspunkten auszurichten . . . Dahinter kann nur ein erschütterndes

Unwissen oder eine perfide Ignoranz stecken. Folgen von Richtgrößenprü- fungen sind erhebliche Verwerfun- gen: So werden z. B. Demenzpatien- ten in Deutschland nur äußerst unzu- reichend antidementiv behandelt, ebenso schwere Depressionen oder schizophrene Patienten. Viele psy- chiatrische Kliniken sind überbelegt, was zumindest zum Teil daran liegen mag, dass eine effektive ambulante Therapie der psychiatrischen Patien- ten bei den geschilderten Vorgaben kaum möglich ist. Die Richtgrößen- prüfungen konterkarieren auch die angestrebte Stellung der Hausärzte als zentrale Säulen des ambulanten Gesundheitssystems. Aus Angst da- vor, in das Schussfeld einer Prüfung zu geraten, „wimmeln“ die Hausärz- te alle Patienten ab, die auch nur ir- gendein neurologisch anmutendes Medikament erhalten . . . Daher mein Appell: Die Rückkehr zu einer modernen (und effektiven) Medizin in diesem Lande würde unter ande- rem die Abschaffung der Richt- größenprüfungen voraussetzen und ein Nachdenken über wirklich sinn- volle Steuerungsmechanismen im Bereich der Arzneimitteltherapie.

Dr. sc. med. Alexander Schulze,Beuthstraße 52, 13156 Berlin

Pauschalargumente

. . . Die Ausführungen der Ministerin sind leider nichts anderes als diffuse rechtfertigende Pauschalargumente.

Die Realität nimmt sie offenbar nicht wahr:

– Drehtürmedizin infolge DRG – Privatwirtschaftliche Förderung der Durchführung lukrativer Eingrif- fe: Rosinenpickermedizin!

– Patienten beklagen sich, zwar be- handelt zu werden, aber keinen Arzt mehr zu sehen

– Patienten, die ihren Tablettenplan wegen der ständig wechselnden Packungen nicht mehr verstehen, in- klusive bis zu bedrohlichen Ver- wechslungen. Folge unsinniger Bürokratiepolitik

– Groteske Honorarminderung zu- mindest in Süddeutschland für die tagtägliche normale Patientenversor- gung (minus 30 bis minus 45 Pro- zent, eindeutig belegbar in meinem Fachgebiet)

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NOTDIENST

Vertragsärzte sind zur Teilnahme ver- pflichtet (DÄ 22/

2009: „Vertragsärzt- licher Notdienst: Des einen Freud’, des anderen Leid“ von Beate Bahner).

Auch Niedergelassene schützen

Gibt es Ärzte erster und zweiter Klasse? In den Beschlüssen zum Deutschen Ärztetag lese ich, dass sich das Gremium gegen überlange Arbeitszeiten ausgesprochen hat, da durch diese Ärzte und Patienten ge- fährdet wären. Im Bericht über die Pflichten im Bereitschaftsdienst für den niedergelassenen Bereich steht dann korrekt, dass die Belastung in diesen Diensten immens sei. Kein Wort aber darüber, dass auch hier Ärzte und Patienten geschützt wer- den müssten. Ist der niedergelassene im Gegensatz zum angestellten Arzt ein anderer Mensch, vielleicht sogar

ein Übermensch, sodass das Ar- beitszeitgesetz bei ihm nicht gilt?

Zum Vergleich: Wenn ein selbst- ständiger Fuhrunternehmer seine Lenkzeiten überschreitet, kann er sich bei der Polizei nicht damit her- ausreden, dass für ihn andere Re- geln gelten als für angestellte Fah- rer. Im „Baden-Württembergischen Ärzteblatt“ war dieser Tage wieder eine Auflistung von Fehlern zu be- wundern, die allesamt im organisier- ten Notfalldienst geschehen sind.

Telefondiagnosen beispielsweise.

Wie mühsam und quälend es ist nach einem arbeitsreichen Tag mit- ten in der Nacht zum Patientenbe- such aufzustehen, kann wohl nur nachvollziehen, wer dies schon ein-

A1518 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 30⏐⏐24. Juli 2009

B R I E F E

– Akupunkturen werden unbegrenzt bezahlt, kardiologische Patientenver- sorgung, wie oben genannt, herunter- geregelt

– Die in ihrer Ausbildung engagier- ten Haus- wie Fachärzte werden ab- gestraft, jene, die eher „auf lau“ ge- macht haben hingegen gefördert.

Eine Bilanz, die sich nicht wirklich sehen lassen kann. Diese Missstände werden auch von Ärzten gesehen und festgestellt, die nicht nach Neu- seeland auswandern!

Es wäre wirklich ein Gewinn, wenn Gesundheitspolitik in leitender Stel- lung von jemandem betrieben würde, der von Gesundheit und Krankheit etwas versteht . . .

Dr. med. Ralf Eisenhut,Anheggerstraße 4 B, 88131 Lindau

Einseitig gefragt

Kritische Fragestellungen sind für ei- nen Journalisten unabdingbar, einsei- tige Fragestellungen eher zweifelhaft.

Bei allen Fragen im Interview mit

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt schimmert die Antistim- mung gegen Hausärzte und Hausarzt- verträge durch, z. B., ob es überhaupt sinnvoll ist, einem privaten Verband plötzlich eine Monopolstellung vom Gesetzgeber zu geben? . . .

Die Kassen wären unter Druck ge- setzt gewesen, mit dem Hausärzte- verband Verträge zu schließen, welche gut für den Verband, aber nicht gut für den Patienten seien.

Dies ist eine glatte Unterstellung!

Wir, als langjährige Hausärzte in ländlicher Region, sind froh über ei- nen Verband, der unsere Interessen und die der Patienten vertritt und for- dern als KV- und Hausärztever- bandsmitglieder von den DÄ-Redak- teuren mehr Neutralität!

Apropos: Wir als Hausärzte sind durchaus veränderungswillig, viel- leicht steigen wir sogar aus der KV aus!

Dr. med. Rudolf Sprich, Dr. med. Sabine Sprich,

Kirchenstraße 1 A, 87640 Biessenhofen

mal exerziert hat. Mit überlangen Diensten werden Fehler nicht nur billigend in Kauf genommen, son- dern regelrecht provoziert. Die Ärz- teschaft sollte sich der schizophre- nen Situation bewusst werden, wenn sie einerseits besseres Fehlermanage- ment und keine überlangen Arbeits- zeiten anmahnt, andererseits von niedergelassenen Kollegen Dienst- zeiten abverlangt, die deutlich über den arbeitsmedizinisch sinnvollen Arbeitszeiten liegen.

Dr. Ulrike Riedinger-Riebl,Neuköllner Weg 5, 78056 Villingen-Schwenningen

DIABETES MELLITUS

Studien zeigen, dass die aggressive Sen- kung der Blutgluco- se mindestens ebenso problema- tisch ist wie die Hy- perglykämie (DÄ 27/2009: „Diabetes mellitus Typ II: Ist Hy- perglykämie oder Hypoglykämie risiko- reicher?“ von Bert Ehgartner).

Verkürztes Zitat

In oben genanntem Artikel werde ich wie folgt zitiert: „Seit nunmehr 40 Jahren zeigt Studie um Studie, dass die medikamentöse Diabetestherapie keinen positiven Langzeiteffekt hat.“

Ich weise darauf hin, dass dieses Zi- tat verkürzt wiedergegeben wurde und die Aussage keinesfalls allge- mein, sondern ausschließlich im Kontext des Artikels – bezogen auf die aggressive Blutzuckersenkung bei Diabetes Typ II – gilt. Es muss daher heißen: „Der Langzeitnutzen der aggressiven Blutzuckersenkung auf das Niveau von Gesunden ist nicht belegt.“

Prof. Dr. med. Peter T. Sawicki,Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits- wesen (IQWiG), Dillenburger Straße 27, 51105 Köln

Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie kön- nen jedoch nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeich- net sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E-Mail- Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu kürzen.

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