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Archiv "Ulla Schmidt: Punktsieg für die Ministerin" (24.07.2009)

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A1516 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 30⏐⏐24. Juli 2009

B R I E F E

ULLA SCHMIDT

Die Unzufriedenheit vieler Ärzte liegt nach Ansicht der Mi- nisterin vor allem an schlechter Arbeits- organisation (DÄ 26/2009: „Interview mit Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD): ,Ärger über die Gesund- heitspolitik? Dafür gibt es keinen Grund!‘“ von Samir Rabbata, Sabine Rie- ser und Heinz Stüwe).

Ignoranz oder Arroganz?

Auch nach mehrmaliger Lektüre des Interviews bleibt mir unklar, ob es Ignoranz oder Arroganz ist, die Ge- sundheitsreform als gelungenes Machwerk mit einzelnen, von der Ärzteschaft natürlich selbst verschul- deten Fehlern zu bewerten. Es erin- nert mich fatal an das Ende der DDR, wo sich die Politik noch selbst gefeiert hat, während das Land schon bankrott und in Auflösung begriffen war. Andererseits: Weshalb sollte Frau Schmidt diesen Kurs nicht fort- führen, wo die Ärzteschaft sich aus- schließlich darauf beschränkt, coura- giert und engagiert in Jammerei und Selbstmitleid zu zerfließen?

Dr. med. Alexander Hölzle,Marktplatz 8, 86415 Mering

Nicht in Ordnung

Sehr geehrte Frau Schmidt! Ihr Inter- view habe ich mit Interesse gelesen, bin aber immer wieder erstaunt, wie Sie versuchen, uns Ärzten den

„Schwarzen Peter“ zuzuschieben . . . Es ist schlichtweg falsch, dass Sie behaupten, wir würden eine Zwei- klassenmedizin vorantreiben. Wir haben in Deutschland ein Zweiklas- senversicherungssystem (eigentlich

haben wir sogar drei Klassen, wenn man die Versorgung der Asylanten als die schlechteste Variante von al- len sieht). Dies ist unumstritten, und dem müssen sich alle beugen . . . Um Ihnen zu erklären, woran es hapert, möchte ich Ihnen eine Metapher bie- ten: Stellen Sie sich vor, Sie sind beim Autohändler und wollen sich ein Auto kaufen. Der kann Ihnen ei- nen Kleinwagen bieten (GKV) oder einen Porsche (PKV). Einen Porsche kann sich aber bekanntermaßen nicht jeder leisten. Will aber auch nicht je- der, und auch das ist gut so. Wollen Sie nun Porsche fahren, müssen Sie entweder den Preis bezahlen, oder Sie bleiben bei Ihrem Kleinwagen.

Natürlich kann man sich hin und wieder auch mal einen Porsche leis- ten (IGeL). Wichtig dabei bleibt aber die Aussage, dass Sie mit Ihrem Kleinwagen hinfahren können, wo- hin Sie wollen (die medizinische Versorgung bleibt gewährleistet), und darum geht es ja letztendlich nur.

Was Sie nun tun, und was ich nicht in Ordnung finde, ist, dass Sie, um in dem Bild zu bleiben, Ihren Kleinwa- gen als Porsche verkaufen und auf alle schimpfen, die das Problem rich- tigstellen und auf die Versicherungs- bedingungen hinweisen.

Auch greifen Sie uns ständig an, dass wir uns ja nicht einbringen. Liebe Frau Schmidt! Das kommt zum Teil daher, dass die allermeisten Ärzte den ganzen Tag mit der Versorgung der Patienten und vor allem mit zum Teil unnützen, aber von den Versi- cherungen und anderen Institutionen verlangten Dokumentationen be- schäftigt sind. Ihnen ist bekannt, dass jeder fünfte Hausarzt vom Burn-out betroffen ist? Und Sie prügeln weiter auf uns ein und sticheln frei nach dem Motto: „Wehrt euch doch!

Wenn ihr euch nicht wehrt, kann es

ja so schlimm nicht sein.“ Und „Wir müssen eine noch höhere Arbeits- dichte herstellen“. Wie dicht soll sie denn noch werden? Wundern Sie sich, dass als Antwort auf Ihre Ge- sundheitspolitik 70 Prozent aller Me- dizinstudenten vorgeben, nach dem Examen ins Ausland abwandern zu wollen? Diese Studenten wandern nicht aus, weil sie Deutschland und ihre Familien verlassen wollen. Sie wandern aus, weil die Arbeitsbedin- gungen in Deutschland miserabel sind und man zunehmend versucht, uns zu demontieren!

Wenn Ihnen die Gesundheit der Bun- desbürger am Herzen liegt, dann fan- gen Sie endlich an, in diese Richtung zu denken! Für ausgezeichnete Leis- tung haben wir hoch qualifizierten Ärzte und alle anderen Heilberufe es verdient, zumindest angemessen nach Leistung bezahlt zu werden.

Für 39 Euro pro Patient und Quartal bekommen Sie das auf Dauer selbst für die notwendige Versorgung nicht mehr hin! . . .

Patricia Jung,Bismarckallee 11, 23795 Bad Segeberg

Punktsieg für die Ministerin

. . . In einer Wohlfühl-Schmuseat- mosphäre werden nette Fragen ge- stellt, die Interviewführung agiert als braver Stichwortgeber und das DÄ als bequeme Plattform für bekannte Berliner Positionen.

Zunächst darf die Ministerin routi- niert und mit beneidenswerter Selbstzufriedenheit die angeblichen Erfolge ihrer Politik feiern. Haben die Disease-Management-Program- me wirklich eine Verbesserung ge- bracht? . . . Wo ist „überall“? Gibt es hier aussagekräftige Statistiken?

Kein Widerspruch auch, dass Verein-

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich

die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

Das Leser-Forum

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 30⏐⏐24. Juli 2009 A1517

B R I E F E

barungen mit der Ärzteschaft nichts wert seien, da es kein einziges Bei- spiel gebe, wo sie eingehalten wor- den seien. Allein diese Aussage im DÄ zu tätigen, stellt einen Affront dar! Wie sieht es denn hier mit den Zusagen der Politik gegenüber den Ärzten aus?

Beispielsweise mit den Lügen der Politik bezüglich transparenter und fairer Bezahlung in Euro und Cent.

Bis Ende letzten Jahres wurde uns vorgegaukelt, dass genügend Mittel zur ambulanten Versorgung bereitge- stellt würden. Stattdessen wurde über die RLV eine noch rigidere und leis- tungsfeindlichere Pauschalierung der ambulanten Vergütung vorgenom- men, welche beabsichtigterweise viele niedergelassene Ärzte in den Ruin treiben soll. Wie kann es ange- hen, dass von den Beiträgen der Ver- sicherten nur ca. 15 Prozent in der ambulanten Versorgung ankommen, welche 90 Prozent der medizinischen Versorgung sicherstellt . . . Warum müssen die Beitragszahler in erhebli- chem Umfang versicherungsfremde Leistungen finanzieren, deren Be- reitstellung ureigenste Aufgabe des Sozialstaates wäre und ohne die der Krankenkassenbeitrag unter elf Pro- zent liegen würde? Was ist mit den perfiden Steuerungsmechanismen des EBM, mit denen die niedergelas- senen Ärzte gegängelt werden. Ei- nerseits Abgeltung einer fachlich hochstehenden Medizin mit pau- schalierten Taschengeldbeträgen.

Andererseits die vertragsärztliche Verpflichtung, alle erdenklichen Leistungen für diese Pauschale er- bringen zu müssen. Mit voller Ab- sicht wird die Mengenbegrenzung im Gesundheitssystem hier auf die Ärz- te abgeladen. Diese befinden sich zwischen Skylla und Charybdis, sind alleingelassen zwischen wirtschaftli- chen Zwängen und ärztlicher Ethik.

Das Funktionieren dieser Ethik stellt überhaupt noch die Aufrechterhal- tung einer menschlichen und hoch- wertigen medizinischen Versorgung sicher und ist im Kalkül der Gesund- heitspolitik voll eingepreist. Wie doppelzüngig agiert hier mit Vorlie- be die Bundesministerin der Gesund- heit, die suggeriert, es seien unbe- grenzt Mittel zur medizinischen Ver- sorgung vorhanden, während sehen-

den Auges Steuerungsmechanismen im EBM etabliert werden, die eine Rationierung zum Zweck haben! Mit Recht will Ärztekammerpräsident Hoppe hier die Politik in die Pflicht nehmen und den schwarzen Priori- sierungspeter nicht mehr den Ärzten angelastet sehen . . .

Keine Frage zum Selbstverständnis einer Politikerin, die mit 1,5 Millio- nen Euro Steuermitteln eine öffentli- che Antiärztekampagne startet, wel- che auf die Erhöhung der eigenen Wiederwahlchancen zielt, während Ärzte im BMG unter Korruptions- Generalverdacht stehen! . . . Fazit: Müheloser Zu-null-Punktsieg für Frau Minister, und so verdient sie auch das letzte Wort: „Es ist noch mehr Veränderungswille innerhalb der Ärzteschaft nötig.“

Dr. med. Günther Fuchs,Bahnhofstraße 8, 86150 Augsburg

Richtgrößenprüfungen leider unbeachtet

Leider ist in dem Interview mit Frau Schmidt ein besonders bedrückendes Kapitel gesundheitspolitischer Vor- gaben überhaupt nicht zur Sprache gekommen – die Arzneimittelricht- größenprüfungen. Von diesen Richt- größenprüfungen ist meine Fach- gruppe (Neurologie/Psychiatrie) be- sonders betroffen. Richtgrößen sind willkürlich gesetzte Ausgabenober- grenzen, die von Bundesland zu Bundesland erheblich variieren . . . Richtgrößenprüfungen bedeuten, dass der Arzt mit seinem Privatver- mögen für die dem Patienten verord- neten Medikamente haftet, unabhän- gig davon, ob die Behandlung medi- zinisch indiziert war oder nicht.

Wenn man über diese Konstruktion zur Steuerung der Arzneimittelaus- gaben mit ausländischen Kollegen redet, erntet man zumeist fassungslo- se Ungläubigkeit. Meines Wissens gibt es ein solches Unding in keinem anderen Land. Was sind die Implika- tionen dieser politischen Vorgabe:

Der Arzt wird unter Androhung exis- tenzgefährdender Regressforderun- gen gezwungen, seine ärztlichen Ver- ordnungen nicht nach medizini- schen, sondern nach ökonomischen Gesichtspunkten auszurichten . . . Dahinter kann nur ein erschütterndes

Unwissen oder eine perfide Ignoranz stecken. Folgen von Richtgrößenprü- fungen sind erhebliche Verwerfun- gen: So werden z. B. Demenzpatien- ten in Deutschland nur äußerst unzu- reichend antidementiv behandelt, ebenso schwere Depressionen oder schizophrene Patienten. Viele psy- chiatrische Kliniken sind überbelegt, was zumindest zum Teil daran liegen mag, dass eine effektive ambulante Therapie der psychiatrischen Patien- ten bei den geschilderten Vorgaben kaum möglich ist. Die Richtgrößen- prüfungen konterkarieren auch die angestrebte Stellung der Hausärzte als zentrale Säulen des ambulanten Gesundheitssystems. Aus Angst da- vor, in das Schussfeld einer Prüfung zu geraten, „wimmeln“ die Hausärz- te alle Patienten ab, die auch nur ir- gendein neurologisch anmutendes Medikament erhalten . . . Daher mein Appell: Die Rückkehr zu einer modernen (und effektiven) Medizin in diesem Lande würde unter ande- rem die Abschaffung der Richt- größenprüfungen voraussetzen und ein Nachdenken über wirklich sinn- volle Steuerungsmechanismen im Bereich der Arzneimitteltherapie.

Dr. sc. med. Alexander Schulze,Beuthstraße 52, 13156 Berlin

Pauschalargumente

. . . Die Ausführungen der Ministerin sind leider nichts anderes als diffuse rechtfertigende Pauschalargumente.

Die Realität nimmt sie offenbar nicht wahr:

– Drehtürmedizin infolge DRG – Privatwirtschaftliche Förderung der Durchführung lukrativer Eingrif- fe: Rosinenpickermedizin!

– Patienten beklagen sich, zwar be- handelt zu werden, aber keinen Arzt mehr zu sehen

– Patienten, die ihren Tablettenplan wegen der ständig wechselnden Packungen nicht mehr verstehen, in- klusive bis zu bedrohlichen Ver- wechslungen. Folge unsinniger Bürokratiepolitik

– Groteske Honorarminderung zu- mindest in Süddeutschland für die tagtägliche normale Patientenversor- gung (minus 30 bis minus 45 Pro- zent, eindeutig belegbar in meinem Fachgebiet)

Referenzen

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