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Archiv "Qualitätsmanagement ärztlichen Handelns" (04.02.1994)

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Academic year: 2022

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THEMEN DER ZEIT AUFSATZE

Klaus Uwe Josten

Z IN

A3

rztinnen und Ärzte müssen sich dieser Frage stellen und zu ihrer Beantwortung einen eitrag aus ihrer beruflichen Kompetenz leisten und dabei gute Anwälte unserer Patienten sein. Ärz- te sind zu einer wirtschaftlichen Dia- gnostik und Therapie verpflichtet.

Sie müssen aber auch aufzeigen, wenn eine humane und rationale Therapie nicht mehr durchzuführen ist und die Rationierung eintritt.

Das Rezept der Qualitätssiche- rung herkömmlicher Art läßt nur in begrenztem Rahmen Verbesserun- gen zu. Dies gilt für das Gesundheits- wesen ebenso wie für die Industrie.

Es werden Standards aufgestellt und Grenz- oder Schwellenwerte festge- setzt. Alle Ergebnisse, die diesen kri- tischen Wert nicht überwinden, un- terliegen — je nach Konzept — weiter- gehenden Untersuchungen und letzt- lich Sanktionen. Die auf diese Weise Ausgegrenzten suchen diesem Makel zu entgehen mit dem Hinweis auf die Grenzen der statistischen Methodik oder die Problematik der am Ergeb- nis orientierten, gutachterlichen Be- urteilung im Einzelfall.

Der Pädiater D. M. Berwick hat die Hoffnung auf diese Form der Qualitätssicherung als die Theorie des „Bad Apple — des schlechten Ap- fels" bezeichnet. Man könnte es auch als „Das Aschenputtel-Phänomen"

bezeichnen: „Die guten ins Töpf- chen, die schlechten ins Kröpfchen".

Im Gesundheitssystem der USA ist diesem Weg der Schwellenwert- Qualitätssicherung, den unter ande- rem die Health Care Financing Ad- ministration durch Veröffentlichung von Mortalitätsstatistiken beschritten hat, kein Erfolg beschieden gewesen.

Die Furcht vor Sanktionen moti- viert, den Schwellenwert mit allen Mitteln zu überwinden. Dabei wird nicht notwendigerweise die Qualität verbessert. Das Ziel der Betroffenen

ist es ja, nicht aufzufallen, um nicht diskriminiert zu werden. Dieses Ver- halten führt im besten Fall zu durch- schnittlichen Ergebnissen, aber nicht zu bestmöglichen. Dabei ist zu be- rücksichtigen, daß der Anteil derjeni- gen, die unschuldig, das heißt durch die statistische Methodik bedingt, als falsch positive „Bad Apples" in den Verdacht geraten sind, nicht ausrei- chend gut zu arbeiten, oft höher ist als der Anteil derjenigen, die zu Recht selektiert werden. Deshalb gilt es, „Sine ira et studio", also ohne Zorn und Eifer, die Ergebnisse zu analysieren, statt Vorurteile zu fäl- len.

Trügerische Berichte in Magazinen

Die Partner, die in den Quali- tätssicherungsprojekten zusammen- arbeiten, haben klugerweise auf sol- che Öffentlichkeitsarbeit verzichtet.

Berichte aber wie in dem Magazin

„Focus" über die Ärzte sind in der Qualität der Berichterstattung trüge- risch und berücksichtigen nicht die Grenzen der zugrunde gelegten Me- thodik. Denn die aufgezeigten stati- stischen Probleme gelten für beide Schenkel einer Verteilungskurve nach oben wie nach unten. Gleich- wohl artikulieren derartige Berichte die verständlichen Erwartungen der Menschen auf eine Transparenz, de- nen wir Rechnung zu tragen haben.

Mit dem Instrument des Quali- tätsmanagements wollen wir aber

über das bisher Erreichte hinausge- hen und die bestmögliche Versor- gung unserer Patienten erreichen.

Als Ärztinnen und Ärzte sind wir in der günstigen Situation, daß dieses Konzept weitgehend dem unserer ärztlichen Aus- und Weiterbildung entspricht. Wir lernen, bei einer Er- krankung das Instrumentarium von Diagnostik und Therapie einzusetzen und die Ergebnisse auf ihre Wertig- keit hin zu überprüfen und die Erfah- rungen weiteren Patienten zugute kommen zu lassen.

Ein klassisches Beispiel für die Qualitätsverbesserung durch ent- sprechendes Management stellt die Bekämpfung des Kindbettfiebers durch Ignaz Semmelweis dar, der mit bescheidenen Mitteln die mütterli- che Sterblichkeit stark senkte. Er verhielt sich systemkonform, bis er seine Entdeckung machte, auch wenn die mütterliche Sterblichkeit in dieser Abteilung im Vergleich zu an- deren bereits einen üblen Ruf hatte.

Mit seinen damals noch primitiven antiseptischen Bestrebungen ver- mochte er gleichwohl die mütterliche Sterblichkeit von in der Spitze 31 Prozent auf ein Prozent zu senken.

Das Problem lag im Behandlungssy- stem und nicht außerhalb des Sy- stems begründet. Die Mitwirkung der Studenten bei Obduktionen war und ist sinnvoll. Nur die damals übliche Vorgehensweise verursachte die Ge- fahr. Eine Verbesserung der Situati- on war nur durch eine gründliche Analyse, die Aufstellung eines ver- besserten Behandlungsplanes, die

Qualitätsmanagement ärztlichen Handelns

Ein interdisziplinärer Ansatz

Heute wird die Frage gestellt, wie in einer Zeit geringeren wirtschaftlichen Wachstums und den sich daraus ergebenden Rahmenbedingungen für das Sy- stem der Gesundheitssicherung der bisherige Standard ärztlicher Versorgung sichergestellt werden kann und ob eine weitere Verbesserung der Qualität in diesem System bei dem zunehmenden Kostendruck noch möglich erscheint.

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 5, 4. Februar 1994 (23) A-259

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THEMEN DER ZEIT

Umsetzung desselben und die Über- prüfung der Veränderungen zu errei- chen.

Ähnliche Erfolge vermochte der Anästhesist und Epidemiologe John Snow bei der Bekämpfung der Cho- lera-Epidemie in London 1848/49 nachzuweisen.

Diese Erfolge konnten damals mit vergleichsweise bescheidenen materiellen Mitteln erreicht werden.

Die große Zahl heutiger diagnosti- scher und therapeutischer Möglich- keiten, die zugleich auch mit gewalti- gen Steigerungen der Kosten verbun- den sind, geben uns heute kaum die Möglichkeit, mit geringem Aufwand vergleichbare Sprünge in der Quali- tätsverbesserung zu erreichen. Und

Wer nach Jahren harter Arbeit endlich sein Medizinstudium abge- schlossen hat, dem fehlt oft nur noch der akademische Titel. Doch gerade der ist für viele Ärzte von besonderer Bedeutung. Er bringt nämlich vor al- lem einen Imagegewinn. Der Weg zur Promotion ist allerdings in den letzten Jahren immer länger gewor- den. Vielen Studenten fehlt es an Zeit oder Ausdauer für diese zusätz- liche Hürde.

Hilfe bei der Suche nach dem Doktorvater

Wem es hingegen nicht an Geld fehlt, der kann sich möglicherweise die begehrte Abkürzung käuflich er- werben. Das jedenfalls suggerieren zahlreiche Inserate im Kleinanzei- genteil der überregionalen Tageszei- tungen und der Fachpresse. Unter der Rubrik „Verschiedenes" werden

— in der Regel unter Chiffre-Num- mern — „ausführliche Beratung und fachlich kompetente Betreuung für wissenschaftliche Arbeiten" verspro- chen, darüber hinaus jedoch auch

„Ghostwriting" und „Ergebnisdoku- mentation". Außerdem kann „der si- chere Weg zum Dr. med. an renom-

AUFSÄTZE

wir haben heute auch nicht zwanzig Jahre Zeit, positive Erkenntnisse in die klinische Praxis umzusetzen. Wir müssen daher die Ergebnisse der bis- herigen Qualitätssicherungsprojekte auswerten und sie als Basis zur Ver- besserung auch des Behandlungspro- zesses nutzen.

Ziel ist es hierbei, diesen Prozeß durch Konsens und Einsicht von ei- ner zu großen Variabilität zu befrei- en, die weder von der Ergebnisquali- tät noch von den Kosten her zu ver- treten ist.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Klaus Uwe Josten Johanniter-Krankenhaus Johanniter-Straße 3-5 53113 Bonn

mierter Universität in Deutschland"

eingeschlagen werden.

Eine „seriöse Promotionsmög- lichkeit in Deutschland", wie er in seinem Inserat schreibt, offeriert re- gelmäßig Dr. Frank Grätz aus Ber- gisch Gladbach. Er hilft nach eigenen Angaben beim „Finden eines opti- mierten Dissertationsthemas". Wer promovieren will, brauche außer ei- nem guten Thema jedoch vor allem einen Doktorvater. Er kenne diejeni- gen Doktorväter, die Doktoranden verantwortungsvoll betreuen. Grätz bietet außerdem Hilfe an bei der Ma- terialbeschaffung, den Datenbankre- cherchen und bei der „Organisation der notwendigen Schreib- oder Re- chenarbeiten" sowie schließlich beim Veröffentlichen und Vermarkten der Dissertation.

Diesen Service müssen sich die Doktoranden allerdings auch etwas kosten lassen. Der Preis für ein einfa- ches Beratungsgespräch beträgt 300 DM. Die gesamte Promotionsbetreu- ung kann bei großem Aufwand bis zu 100 000 DM kosten. Im Schnitt zah- len seine Kunden etwa 30 000 DM, sagt Grätz.

„Mit Ghostwriting oder Titel- handel habe ich nichts zu tun. Bei mir kann man auch keine fertigen

Doktorarbeiten kaufen", betonte er gegenüber dem Deutschen Ärzte- blatt. Titelverkauf sei schließlich auch strafbar. „Es kommt fast immer raus. Und dann muß man mit einem Verfahren vor der Ärztekammer und der Staatsanwaltschaft rechnen." Ti- tel würden meistens von dubiosen Unternehmen aus der Schweiz oder Guatemala angeboten.

„Ghostwriting ist ethisch unvertretbar"

„Ghostwriting" bietet im Klein- anzeigenteil des Deutschen Ärzte- blattes die „BIT-Brokinghaus für In- formation und Text GmbH" an. „Wir erstellen überwiegend für Ärzte Lite- raturverzeichnisse, Pressemitteilun- gen und Aufsätze," erläuterte Ge- schäftsführer Andreas Henschel die Arbeit seines Instituts. Für Disserta- tionen würden er und seine Mitarbei- ter beispielsweise Textteile oder Sta- tistiken erstellen. „Wir lassen unsere Kunden unterschreiben, daß wir als Hilfsmittel auszuweisen sind. Wenn jemand dagegen verstößt, ist das sein Problem", sagte Henschel. Die Ko- sten des Instituts, das nach eigenen Angaben auf Themen zur minimalin- vasiven Chirurgie und In-vitro-Ferti- lisation spezialisiert ist, berechnen sich nach Aufwand. Ein 30minütiger Vortrag koste, laut Geschäftsführer, beispielsweise 3 000 bis 5 000 DM.

Der Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität zu Lübeck, Prof. Dr. med. Peter Schmucker, be- tont in einem Schreiben an die Re- daktion des Deutschen Ärzteblattes, daß „Ghostwriting für wissenschaftli- che Vorträge und Publikationen wis- senschaftlichem Verhalten kontra- diktorisch entgegengesetzt und ethisch vollkommen unvertretbar ist". Die Publikation entsprechender Anzeigen sei allerdings geeignet, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, „es handele sich hier um eine gängige und häufig geübte Pra- xis beim Zustandekommen wissen- schaftlicher Vorträge und Publikatio- nen bis hin zu Dissertations- und Ha- bilitationsschriften im medizinischen Bereich".

Die in der Schweiz ansässige

„Hermes Treuhand Aktiengesell-

Promotionsberatung, Ghostwriting und Titelhandel

„Doktortitel zu verkaufen"

A-260 (24) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 5, 4. Februar 1994

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