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Archiv "Telemedizin: Teil ärztlichen Handelns" (26.02.2010)

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A 314 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 8

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26. Februar 2010

TELEMEDIZIN

Teil ärztlichen Handelns

Telematik gewinnt an Bedeutung für die ärztliche Tätigkeit.

Die Bundesärztekammer will das Thema E-Health stärker mitgestalten und die Entwicklung telemedizinischer Anwendungen fördern.

W

ährend die Einführung der elektronischen Gesundheits- karte (eGK) nicht vom Fleck kommt, hat die Telemedizin in den letzten Jahren zunehmend Fahrt aufgenommen. Die Informations- und Kommunikationstechnologien durchdringen verstärkt den medizi- nischen Tätigkeitsbereich. Prozess- optimierung unter Kosten- und Ef- fizienzgesichtspunkten steht dabei jedoch häufig im Vordergrund – auch beim Aufbau der geplanten bundesweiten Telematikinfrastruk- tur (TI) für das Gesundheitswesen.

Diese einseitige Gewichtung soll sich nach dem Willen der Bundes- ärztekammer (BÄK) künftig än- dern: „Die medizinischen An - wendungen müssen stärker in den Fokus der Telematik rücken. Tele- medizin ist ein Teil ärztlichen Handelns“, betonte Prof. Dr. med.

Christoph Fuchs, Hauptgeschäfts- führer der BÄK, bei einem Teleme- dizin-Workshop der Bundesärzte- kammer in Berlin. Um die zu tech-

niklastige, industriegetriebene Dis- kussion wieder stärker auf die me- dizinischen Anwendungsaspekte zu lenken und „weil die ärztliche Pro- fession ihre Zukunft gestaltet, wenn sie sich diesem Thema widmet“, werde man die Aktivitäten im Be- reich Telematik intensivieren, kün- digte Fuchs an.

Eigenes Dezernat Telematik So hat die Bundesärztekammer die bisherige Stabsstelle in ein eigenes Dezernat für Telematik umgewan- delt und damit einen Beschluss des 112. Deutschen Ärztetags umge- setzt. Dies zeigt die wachsende Be- deutung, die das Thema für die Ärz- te neben anderen zentralen Aufga- ben wie Weiterbildung, Gebühren- ordnung oder Qualitätssicherung inzwischen gewonnen hat. Das neue Dezernat unter der Leitung von Norbert Butz wird sich vor al- lem mit der Herausgabe und Wei- terentwicklung des elektronischen Heilberufsausweises, dem Aufbau

der Telema tik infrastruktur (ein- schließlich der elektronischen Ge- sundheitskarte) und der Telemedi- zin beschäftigen.

Im Rahmen dieser Aufgaben will die Bundesärztekammer die Ent- wicklung der Telemedizin fördern und eine Informationsdrehscheibe zur Beratung von Einzelprojekten etablieren, um erfolgreiche Anwen- dungen in der Patientenversorgung zu verankern. Der Hintergrund: Un- abhängig vom Aufbau der Telema- tikinfrastruktur gibt es inzwischen eine Vielzahl von Telemedizinpro- jekten, viele davon entstanden aus ärztlicher Initiative. Und während das ungeliebte eGK-Projekt aus Sicht der Ärzte ein „vom Gesetzge- ber übergestülptes Top-down-Mo- dell“ (Fuchs) ist, haben sich die Te- lemedizinprojekte quasi „bottom- up“ entwickelt. „Dabei handelt es sich vorwiegend um regionale, teilweise hocheffiziente Insellösun- gen. Die meisten wissen aber nichts voneinander. Eine Vernetzung unter den Projekten ist nur gering ausge- prägt, obwohl alle vor ähnlichen Problemen stehen, was beispiels- weise die Finanzierung, die Technik oder organisatorische und juristi- sche Fragen betrifft“, erläuterte Dr.

med. Franz-Joseph Bartmann, Vor- sitzender des Ausschusses Telema- tik der BÄK.

Weil man relativ wenig über die Projekte weiß und ein Register hier- zu derzeit erst aufgebaut wird, hat die Bundesärztekammer im Oktober Telematik: Bezeichnung für eine Technologie, die

Telekommunikation und Informatik verbindet und den Austausch von Daten ermöglicht.

Telemedizin: Teilbereich der Telematik im Ge- sundheitswesen; Bezeichnung für medizinische Anwendungen, bei denen die Überwindung einer räumlichen Trennung zwischen Arzt und Patient oder zwischen Ärzten unter einander durch Zuhilfenahme von Informations- und Kommunikationstechnologien im Vordergrund steht. Beispiele sind Telemonitoring, Telekonsil, Telediagnostik.

E-Health: Nicht klar definierter Begriff, häufig gleichgesetzt mit Gesundheitstelematik; im Unter- schied dazu sehen manche bei E-Health den Nut- zen für eine patientenorientierte gesundheitliche

Versorgung im Vordergrund. Nach Wikipedia hat die 58. World Health Assembly der Weltgesund- heitsorganisation 2005 erklärt, dass „E-Health den kostengünstigen und sicheren Einsatz von In- formations- und Kommunikationstechnologien beschreibt, um die allgemeine Gesundheit zu för- dern“ – das umfasst die Unterstützung des Ge- sundheitssystems und der Gesundheitsberichter- stattung, die Gesundheitsförderung sowie Wissen und Forschung.

Glossare zur Gesundheitstelematik:

Bundesärztekammer:

www.baek.de/page.asp?his=1.134.3418

Deutsche Gesellschaft für Telemedizin:

www.dgtelemed.de/de/telemedizin/glossar

BEGRIFFSERLÄUTERUNGEN

P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 8

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26. Februar 2010 A 315 2009 eine Umfrage zu den „Erfolgs-

faktoren und Umsetzungsbarrieren klinischer Telemedizinprojekte“ ge- startet. 34 Projekte wurden dabei in einem offenen Fragebogen befragt.

Die hohe Rücklaufquote von 79 Pro- zent weist Bartmann zufolge auf eine

„Beratungslücke“ und den bestehen- den Austauschbedarf hin. 82 Prozent der in die Umfrage einbezogenen Projekte berichten über technische oder personelle Probleme. Genannt wurden vor allem Akzeptanzproble- me der neuen Methode bei Ärzten oder anderen Gesundheitsberufen (57 Prozent), fehlende Standards für die Daten- und Austauschformate (43 Prozent) und der Mangel an ge- eignetem Fachpersonal (30 Pro- zent).* Bemerkenswert gering wa- ren mit vier Prozent hingegen Ak- zeptanzprobleme bei den Patienten.

Bei 54 Prozent der Projekte tra- ten Finanzierungsprobleme auf.

Gründe hierfür liegen vor allem an fehlenden Abrechnungsmöglichkei- ten. Für die meisten Projekte ist da- her der Übergang vom geförderten Pilot- in den Regelbetrieb proble- matisch. So sehen etwa 40 Prozent der Projekte nach der Anschubfi- nanzierung keine Möglichkeit, den Regelbetrieb zu finanzieren.

Ein Viertel der Projekte bestätig- te außerdem juristische Probleme.

Diese betrafen vor allem Haftungs- fragen bei der Fernbehandlung so- wie Datenschutzaspekte bei der Zugriffsprotokollierung und Daten- speicherung.

Telemedizin in das Gesundheits- wesen zu integrieren, ist somit kei- ne einfache Aufgabe. Einige sehr verschiedenartige Best-practice- Beispiele wurden beim Workshop vorgestellt und diskutiert.

Beispiel medizinische See- funkberatung „Telemedical Mari- time Assistance Service Germany“

am Krankenhaus Cuxhaven (www.

medico-cuxhaven.de): Das Kran- kenhaus betreibe seit 80 Jahren Telemedizin und stelle über eine Leitstelle die direkte kostenfreie funkärztliche Beratung der Seeleu- te auf allen Weltmeeren rund um die Uhr durch Fachärzte zur Verfü- gung, berichtete Dr. med. Christi- an W. Flesche. Seit 1978 ist etwa die UKW-Übertragung von 3-Ka- nal-EKGs möglich, seit 2000 wird die Übertragung digitaler Fotos zur Diagnosestellung praktiziert.

Zum Erfahrungsschatz des „Tele- arztes“ zählt die Einsicht: „Je technisierter ein Beratungssystem ist, desto routinierter muss man es beherrschen, damit es im Alltag funktioniert.“ Angelernte Laien reichten für den Betrieb nicht aus.

Vielmehr müsse der beratende Arzt die Rahmenbedingungen, wie etwa die Wetterverhältnisse vor Ort, kennen, um die medizinischen Interventionsmöglichkeiten auf See realistisch einschätzen zu können, so Flesche.

Beispiel „Partnership for the Heart“ (www.partnership-for-the- heart.de). In dem Forschungspro- jekt wird ein Telemonitoringsystem einschließlich elektronischer Pa- tientenakte für die Betreuung von Herzinsuffizienzpatienten erprobt und evaluiert. In der noch bis April 2010 laufenden Langzeitstudie TIM-HF („Telemedical Interventio- nal Monitoring in Heart Failure“) werde die medizinische und ökono- mische Überlegenheit des Verfahrens gegenüber der Standardtherapie bei chronischer Herzinsuffizienz über- prüft, erläuterte der Studienleiter Dr. med. Friedrich Köhler, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Bei erfolgreichem Abschluss der rando- misierten kontrollierten multizen- trischen Studie sollen die Ergebnis- se dem Gemeinsamen Bundesaus- schuss als Grundlage dienen, um

über die Übernahme in die Regel- versorgung zu entscheiden.

Generell sind Dauer, Intensität und Patientenprofile des Telemoni- torings Köhler zufolge noch zu klä- ren. Herausforderungen sieht er vor allem in der Definition telemedi - zinischer Struktur- und Prozessqua- lität und in der Weiter- und Fortbil- dung des erforderlichen Fachperso- nals. Hier sind auch die Fachgesell- schaften gefordert. Seiner Ansicht nach werden neue Arbeitsfelder innerhalb der Krankenhäuser ent- stehen: „Das Telemedizinzentrum wird genauso wichtig wie das Echolabor.“

Im Teleradiologieprojekt Rhein- Neckar-Dreieck wird in einem meh- rere Bundesländer (Baden-Würt - temberg, Rheinland-Pfalz, Hessen) übergreifenden Netzwerk eine Infra- struktur aufgebaut, die eine schnelle und zuverlässige teleradiologische Anbindung von unfallchirurgischen und neurochirurgischen Zentren so- wie der regionalen Schlaganfallsta- tionen ermöglicht. Konsultation und Befundung (Teleradiologie nach der Röntgenverordnung) seien die we- sentlichen Anwendungsfelder, be- richtete Priv.-Doz. Dr. med. Gerald Weisser, Universitätsmedizin Mann- heim. Der Radiologe verwies darauf, dass regelmäßige Vor-Ort-Besuche der Teleradiologiepartner und auf- wendige Schulungen erforderlich sei- en, da 95 Prozent der Fehler auf orga- nisatorische Probleme und Bedie- nungsfehler zurückzuführen seien.

Eigenständige Entwicklung Erfolgreiche Telemedizinprojekte, so ein Fazit des Workshops, sind häufig an vorhandene regionale Versorgungsstrukturen gebunden („nicht alles funktioniert überall“).

„Telemedizin ist eine eigenständi- ge, sehr dynamische Entwicklung, unabhängig vom Aufbau der Tele- matikinfrastruktur“, befand Fuchs abschließend. Auch wenn die flä- chendeckende TI nicht die Voraus- setzung für eine funktionierende Telemedizin ist, könnte sie gleich- wohl die Effizienz in den Projekt - inseln erhöhen. Mittel- bis langfris- tig wäre sogar eine Kongruenz bei- der Prozesse möglich. ■

Heike E. Krüger-Brand Neue Arbeitsfel-

der für Ärzte im Krankenhaus:

„Das Telemedizin- zentrum wird ge- nauso wichtig wie ein Echolabor.“

Foto: BMWi/next generation media 2008

P O L I T I K

*Mehrfachnennungen waren möglich.

Referenzen

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