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Peter Broucek: Der Schwedenfeldzug nach Niederösterreich 1645/46. H e f t 7 der Mili- tärhistorischen Schriftenreihe, hrsg. vom Heeresgesdiichtlichen Museum, Wien 1967, 40 Seiten.

Die Militärhistorische Schriftenreihe hat sidi das Ziel gesetzt, bestimmte abgrenzbare Vorgänge der österreichischen Militärgesdiichte in kurz- gefaßten Einzeluntersuchungen aus der Ab- geschlossenheit des Fachwissens herauszuheben und einem breiteren Publikum vorzulegen. Be- sonders zu begrüßen ist dabei das Bemühen, in jeder der kleinen Abhandlungen die Detail- forsdiung in das große historische Geschehen einzubeziehen und auf diese Weise dem Leser die engen Zusammenhänge zwischen der Heimat- geschichte und der allgemeinen Historie audi auf militärgeschiditlichem Gebiet verständlich zu machen.

Der Verfasser des vorliegenden Heftes lenkt ein- leitend den Blick auf die letzte Phase des Drei- ßigjährigen Krieges, charakterisiert Situation und Kriegstaktik der beiden Kontrahenten - der Schweden und der Kaiserlichen - und skizziert die Operationen und Gegenoperationen bis 1645.

Der Hauptteil befaßt sich mit dem Vorstoß des Schwedischen Generals Torstenson von Sachsen über Böhmen auf Wien 1645. Es gelang den bei Jankau geschlagenen Kaiserlichen nur mit Mühe, den Vormarsch kurz vor Wien abzufangen und die Donaulinie zu halten. In den folgenden Ver- teidigungskämpfen entfaltete sich die ganze Kunst der Manövriertaktik.

Als Anhang sind beigefügt: Kurzbiographien, volkskundliche Hinweise auf die Schwedenzeit, die mühevoll zusammengestellte Ordre de ba- taille der österreichischen (kaiserlichen) Truppen, ein bemerkenswert umfangreiches Literaturver- zeichnis und zwei Skizzen. Insbesondere dem militärgeschichtlich interessierten Offizier bietet die kleine Arbeit ein eindrucksvolles Beispiel für die Kriegführung der damaligen Zeit. G. P.

Maria Theresia. Beiträge zur Geschichte des Heerwesens ihrer Zeit. Hermann Böhlaus Nachf., Graz, Wien, Köln 1967, 265 Seiten = Schriften des Heeresge- schichtlichen Museums in Wien. Militär- wissensdiaftlidies Institut, Bd 3.

i p p Allmayer-Beck (Wandlungen im Heerwesen zur

Anzeigen

Zeit Maria Theresias) gibt eine anregende, die wirtschaftlichen, soziologischen und geistesge- schichtlichen Hintergründe einfangende Betrach- tung des maria-theresianischen Heerwesens, die dem Leser der übrigen Beiträge den historischen Rahmen meisterhaft abzustecken weiß. Hier wird in der militärgeschichtlichen Perspektive ein Stück Geschichte des 18. Jahrhunderts leben- dig, neben den österreichischen Besonderheiten werden europäische Dimensionen sichtbar. Einen besonderen Gewinn bringt die Lektüre dem von der preußisdien Militärgesdiichte herkommen- den Leser, dem Allmayer-Beck etwa am Beispiel des österreichischen Offizierkorps die inneren Zusammenhänge von Staat, Wehrwesen, Gesell- schaft und Wirtschaft in einem anders als Preu- ßen strukturierten Gemeinwesen auf knappem Raum darzustellen weiß.

Hans Bleckwenns Aufsatz »Die Regimenter der Kaiserin. - Gedanken zur >Albertina-Hand- schrift< 1762 des Heeresgeschichtlichen Museums Wien« vermittelt eine überraschend gute Vor- stellung von den Möglichkeiten und Methoden einer historischen Hilfswissenschaft. Die Uni- formkunde ist mehr als eine Liebhaberbeschäf- tigung. Ihre geschichtlichen Voraussetzungen, vor allem ihre wirtsdiafts- und kulturgeschichtlichen Aspekte sind Erkenntnismittel, die der selbst- sichere politische oder militärisdie Historiker ge- wöhnlich zu sehr unterschätzt. Man denke nur an den Ubergang von der Inhaberwirtschaft zum stehenden Heer, um zu verstehen, daß wichtige innenpolitische Entwicklungen sich im Uniform- wesen reflektieren. Gerade diese Zusammen- hänge werden in dem übrigens mit ausgezeich- neten Farbtafeln ausgestatteten Beitrag anschau- lich herausgearbeitet.

Günter Dirrheimer und Friedrich Fritz steuerten eine Studie über Graf Peter Sdiuwalows Bedeu- tung für das russische Artilleriewesen im 18. Jahr- hundert bei.

Kurt Peballs eindringende Analyse des Generals- reglements vom 1. September 1769 untersucht die wichtige Gesamtkodifikation der österreichischen Militärordnung unter rechtlichen, funktionellen und operativen Gesichtspunkten. Überlieferung, aktuelle Erfahrungen aus den österreichisdi- preußisdien Kriegen und der aufklärerische Ord- nungswille verbanden sich zu einem die Armee in all ihren Aufgaben, Funktionen und Bedürf- nissen erfassenden Instrument. Peball gelingt es, das Reglement als den Abschluß einer langen Entwicklung auf den Gebieten der militärischen Spitzengliederung, der operativen Führungs-

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methoden, der Logistik und des Dienstredits hi- storisch einzuordnen und dabei seine Mängel als entwicklungsbedingte Kompromisse und nicht als vermeidbare Konstruktionsfehler zu erken- nen. Feldmarsdiall Graf Lacy hatte andere Ge- gebenheiten, Traditionen und Empfindsamkeiten zu berücksichtigen als Friedrich II., der sein eige- ner Gesetzgeber war, in dessen Händen ganze Rechtsmaterien der nüchternen Raison zugäng- lich wurden, vor allem der umfassende Komplex des »Dienstes«, also Armee und Verwaltung. Ver- glichen mit diesem nidit in jeder Hinsicht vor- bildlichen Optimum an Ordnung und Regel stellte Lacys Entwurf immerhin ein Höchstmaß dessen dar, was in Österreich zu jener Zeit er- reichbar war.

Neben weiteren Aufsätzen über die Feldzeichen der Truppen Maria Theresias (Friedrich Haus- mann), über Soldatenfiguren aus der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur (Wilhelm Mrazek) und über das Andenken der Belgier an die Kaiserin:

prosp£rit£ dans la pais et gloire dans la guerre (Albert Duchesne), enthält der Band eine wert- volle, systematisch geordnete Bibliographie der österreichischen Militärgesdiiditssdireibung seit 1945. Sie soll in späteren Bänden der Sdiriften des Heeresgeschichtlichen Museums fortgeführt werden. Μ. M.

Hans Horstmann: Fahnen und Flaggen der Trierer Erzbischöfe im Mittelalter, in:

Kurtrierisches Jahrbudi, hrsg. von der Stadtbibliothek Trier und der Gesellschaft f ü r nützliche Forschungen, 8. Jg, Trier

1968, S. 108-111.

Das Banner mit dem Wappenbild des Erzbischofs von Trier ist seit der ersten Hälfte des 14. Jhs.

als Abzeidien von Truppen und Schiffen sowie als Schmuck von Gebäuden belegt. In der da- mals üblichen Form des hochstehenden Rechtecks wurde es dem Erzbisdiof von einem Ritter seines Gefolges vorangetragen. Horstmann verfolgt die Erwähnungen und Darstellungen von Trierer Fahnen bis zum Ende des 16. Jhs. H . legt dar, daß neben diesen heraldischen Truppenfahnen, die vorwiegend taktischen Zwecken dienten, im Mittelalter noch besondere Hauptheerfahnen mit dem Bild eines Heiligen nachzuweisen sind. Er meint, daß hier byzantinische und altgermani- sche Überlieferungen zusammentrafen. Damit

deutet er auf den Ursprung des für die euro- päische Wehrgeschichte bis in das 20. Jh. so wich- tigen metaphysischen Inhalts der Truppenfah- nen hin und blickt nun über die Trierer Ge- schichte hinaus. Schon unter Heinrich I. (919 bis 936) und Otto I. (936-973) zeigte das Haupt- banner des deutschen Heeres das Bild des heili- gen Michael. Im 13. Jh. führten vor allem Hauptheerfahnen der Bischofsstädte das Bild des Bistumsheiligen (Mainz - heiliger Martin, Mar- seille - heiliger Viktor, Parma-heiliger Prosper, Straßburg - Gottesmutter »mit zertanen Ar- men«, Würzburg - heiliger Kilian). Die Haupt- heerfahne des Deutschen Ordens in Preußen zeigte auf der Vorderseite das Bild des heiligen Mauritius und auf der Rückseite das Bild der Gottesmutter. H . erschließt aus dem Siegelbild der Weberzunft für Trier eine Hauptheerfahne mit dem heiligen Petrus. Das Straßburger Ban- ner hatte eine Höhe von fast 4,50 m und eine Breite von ungefähr 4 m, das Würzburger Ban- ner ist 4,93 m hoch und 3 m breit. Solche Fahnen wurden auf besonderen Fahnenwagen mit- geführt, die für Straßburg, Würzburg, Mainz, Metz und Worms nachgewiesen sind. Horstmann vermutet, daß bereits der »Streitwagen« der Köl- ner Truppen in der Schlacht bei Worringen 1288 wahrscheinlich eine Fahne mit dem Bild des hei- ligen Petrus trug. Im 14. Jh. wurden die über- mäßig großen Banner durch kleinere, sogenannte Sturm- oder Rennfahnen, ersetzt. Sie konnten von einem Reiter getragen werden. P. Heinsms

Yves-Henri Nouailhat: Un emprunt fran- fais aux Etats-Unis en juillet 1916: l'em- prunt de l'»American Foreign Securities Company«, in: Revue d'histoire moderne et contemporaine, Bd 14,1967, S. 356-374.

Frankreich war während des Ersten Weltkrieges in zunehmendem Maße von Einfuhren aus den USA abhängig. Mit dem deutschen Angriff bei Verdun und der alliierten Gegenoffensive vom Sommer 1916 verdoppelte sich der Wert der nach Amerika vergebenen Aufträge, für deren Bezah- lung die französisdien Dollarguthaben längst nidit mehr ausreichten.

Die Verhandlungen über einen neuen Kredit, die Vertreter des französischen Finanzministeriums seit Anfang 1916 mit einem nordamerikanischen

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Bankenkonsortium führten, zogen sich unge- wöhnlich in die Länge. Erst durch einen Vertrag vom 18. Juli konnte Frankreich über weitere 100 Mill. Dollar verfügen, nachdem es den For- derungen nach einem relativ hohen Zinssatz und ausreichenden Sicherheiten hatte zustimmen müs- sen. Die Zurückhaltung der amerikanischen Ban- ken hatte finanz- und handelspolitische Gründe.

Doch bestanden in den maßgebenden Finanz- kreisen der USA in der ersten H ä l f t e des Jahres 1916 auch einige Zweifel an einem alliierten Sieg und vor allem an der Fähigkeit Frankreichs und Englands, nach dem Krieg ihren finanziellen Ver- pflichtungen noch nachkommen zu können. H. U.

Revue Historique de ΐArmee, Jg 23,1967, N r . 4.

Das H e f t ist im wesentlichen dem Kriegs- geschehen 1917 gewidmet.

Col. Constantini: La Mission Berthelot en Rou- manie, 1916-1918, S. 57-67.

Als sich der Erfolg der deutsch-österreichisch- ungarischen Offensive 1916 abzeichnete, wurde rumänischerseits eine französische Militärmission zur Beratung erbeten. An der Niederlage und dem Rückzug in die Moldau konnte sie nichts mehr ändern. Um so intensiver waren die Be- mühungen, die geschlagene rumänische Armee wiederaufzubauen, d. h. auszubilden und neu zu bewaffnen. Für diese Aufgabe setzte Frankreich fast 400 Offiziere und 1150 Unteroffiziere und Mannschaften ein. Chef der Mission war ein in den Verdun-Sdilachten bewährter Kommandie- render General. Im Februar 1917 begann die verstärkte Arbeit der Mission, die in Lehr- gängen bis zu den Regimentern fast das gesamte rumänische Heer erfaßte. Ein besonderes Pro- blem stellte der Mangel an Waffen, Gerät und Munition dar. Sie mußten zum größten Teil über Archangelsk zugeführt werden. Außerdem bekämpfte die französische Mission Epidemien und reorganisierte das Eisenbahnwesen in dem Rumänien noch verbliebenen Landesteil. Im Juli 1917 waren die rumänischen Armeen bereit, französisch ausgebildet, ausgestattet und teil- weise auch von französischen Generalstabsoffi- zieren operativ beraten, im Verein mit russischen Truppen eine Offensive zu beginnen. Zwei ru- mänische Armeen waren zwischen drei russische geschoben. Die Erfolge der Rumänen konnten

nicht ausgenutzt werden, da die Russen nicht mehr kampfwillig waren, so daß Rumänien den Friedensvertrag von Bukarest am 7. Mai 1918 unterzeichnen mußte. Trotz dieser Entwicklung hat Frankreich mit der Mission Berthelot die Grundlage für die enge militärische Zusammen- arbeit beider Länder geschaffen, die im Rahmen der Kleinen Entente die politische Ausrichtung Rumäniens in hohem Maße zwischen den beiden Weltkriegen bestimmte.

Drei weitere Artikel beschäftigen sich mit ande- ren Nebenkriegsschauplätzen.

Col. Jean Chabanter: La Campagne d'Albanie, 1917, S. 69-74; Col. ]. Ferry: Le Sahara dans la Guerre 1914-1918, S. 85-96; Lt. Col. Y. Jouin:

Hedjaz 1916-1918. Les Compagnons franjais de Lawrence, S. 107-121.

In dem f ü r die französische Armee wenig erfolg- reichen Kriegsjahr 1917 gelang es der Saloniki- Armee, gegenüber den Truppen der Mittel- mächte im Gebiet des Ochrida- und Prespa-Sees Erfolge zu erzielen. Die alliierte Front wurde verkürzt, dem Gegner beträchtlidie Verluste zu- gefügt. Allerdings verhinderte es die allgemeine Kriegslage, Verstärkungen zuzuführen, um diese Erfolge auszuweiten. Während britische Trup- pen zu den Kriegsschauplätzen und zum Nahen und Mittleren Osten verlegt wurden, war die Kampfmoral der Italiener, Serben und Russen aus verschiedenen Gründen erlahmt. Das Ver- hältnis der Alliierten zu den in Gruppen auf- gespaltenen Griechen und Albanern war ohnehin problematisch. Immerhin hat die französische Expeditionstruppe unter dem General Sarrail und ab Dezember 1917 unter General Guillau- mat Ausgangspositionen für die Offensive ge- wonnen, die 1918 den militärischen Zusammen- bruch der Mittelmächte einleitete.

Während des Ersten Weltkrieges kamen meh- rere hunderttausend französische Soldaten, meist Eingeborene, aus Nordafrika. Sie haben eine wichtige Rolle in den Kämpfen an der Westfront gespielt. Dieser Einsatz war u. a. deswegen mög- lich, weil Marschall Lyautey das kurz vor dem Kriege besetzte Protektorat Marokko mit schwa- chen Truppen unter Kontrolle hielt. Weniger bekannt sind die Schwierigkeiten, die an der Ostflanke Algeriens 1916 durch Einfälle von Touareg und Senussi entstanden. Letztere haben während des Ersten Weltkrieges mit türkischer und deutscher Unterstützung den größten Teil

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der benachbarten italienischen Kolonialgebiete beherrscht und nach häufigen Einfallen in fran- zösisches Gebiet sogar die Räumung französi- scher Grenzposten erzwungen. In der ersten Hälfte des Jahres 1917 gelang es kleinen fran- zösischen Truppenkontingenten, in aufopfe- rungsvollen Kämpfen das algerische Gebiet von den Eindringlingen zu säubern.

Neben dem in die Geschichte eingegangenen Wir- ken des englischen Obersten Τ. E. Lawrence in Arabien sind die französischen Maßnahmen zur Unterstützung der Araber gegen die Türkei weniger legendär. Ab Mitte des Jahres 1916 unterstützte Frankreich die Araber mit einer Militärmission von 12 Offmeren und 48 Unter- offizieren - alle mohammedanischen Glaubens - , mit Waffen und mit Geld. Die französisch aus- gebildeten arabischen Truppen haben an den Kämpfen um die Hedschas-Bahn teilgenom- men.

Uber die größte innere Krise des französischen Heeres unterrichtet

Guy Pedroncini: Une crise exceptionnelle: les refus collectifs d'obέissance en 1917, S. 75-84.

Jahrelang bewährte Fronttruppen, die in der erfolglosen, blutigen Nivelle-Offensive April 1917 ungewöhnlich schwere Verluste erlitten hatten, weigerten sich im Mai anzugreifen. Aus- schreitungen und Demonstrationen in mehreren Divisionsverbänden richteten sich vorzugsweise gegen die höheren Führer, kaum gegen Truppen- offiziere. Zentrum der Ausschreitung war der Raum Soissons. Von diesem Zusammenbruch der Disziplin wurden insgesamt fast 10 Prozent der Fronttruppen berührt. Es ist das Verdienst Ρέ- tains, als neuernannter Oberbefehlshaber diese Krise der französischen Armee mit glücklicher Hand und einer frontnahen Mischung von Strenge und Fürsorge abgefangen zu haben. »Ich sehe mich veranlaßt, die schweren Verstöße gegen die Disziplin zu ahnden; ich werde diese Maßnahmen unerbittlich durchführen, ohne zu vergessen, daß sie sich gegen Soldaten richten, die drei Jahre lang mit uns in den Schützen- gräben waren und die »unsere Soldaten< sind«, hieß es in einem Befehl Potains vom 18. Juni 1917. Es ist für diese Vorgänge besonders be- zeichnend, daß diese Soldaten durchweg sich nicht geweigert hatten zu verteidigen, sondern lediglich anzugreifen. Die wenig zweckmäßigen Angriffe wurden eingestellt; Urlaub und andere

Fürsorgemaßnahmen taten ein übriges. Entgegen landläufigen Vorstellungen sind nicht zahlreiche Truppenteile dezimiert worden. 3400 Urteile wurden in diesem Zusammenhang in der Zeit vom April 1917 bis zum Januar 1918 gefällt, 554mal die Todesstrafe verhängt, die in kaum mehr als 50 Fällen vollstreckt wurde. Damit sind die weit höheren Zahlen, wie sie zum Bei- spiel Haig in seinen Papers angibt, widerlegt.

Als die Erfolge der deutschen Frühjahrsoffensive 1918 eine operativ-kritische Lage schufen, ist es nicht mehr zu ähnlichen Vorgängen in der fran-

zösischen Armee gekommen. Ss.

Jacques Droz: Die politischen Kräfte in Frankreich während des Ersten Weltkrie- ges, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 17. Jg 1966, S. 159-168.

Der Verfasser gibt auf Grund neuerer Arbeiten einen Uberblick über das Verhältnis der politi- schen Gruppierungen zu der von Poincari am 4.8.1914 verkündeten »Union Sacrie«, die Ende August 1914 durch den Eintritt zweier Sozia- listen in das Kabinett Viviani besiegelt wurde.

Dabei konzentriert sich das Interesse vor allem auf die Radikalsozialisten, jene breitgefächerte Linkspartei, die den Kurs der französischen Politik vor und im Ersten Weltkrieg entschei- dend mitbestimmte. Wurde von den Parteien der Rechten und der »Action fran;aise« die Not- wendigkeit der »Union Sac^e« nie in Zweifel gezogen, da sie ihren Interessen dienlich war, so stand für die Radikalsozialisten neben dem gro- ßen nationalen Ziel doch auch die Sorge um die Erhaltung der republikanischen Errungenschaf- ten im Vordergrund. Sie waren es, die das par- lamentarische Leben während des Krieges wieder in Gang brachten und vor allem unablässig be- müht waren, die militärische Führung der zivilen Kontrolle zu unterwerfen. Auch in ihrer Hal- tung zur Friedensfrage unterschieden sie sich deutlich von den Rechtsparteien, obwohl sich Malvy und Caillaux innerhalb der Partei nicht durchsetzen konnten. - Ebenso wie in Deutsch- land wurden die Sozialisten von der nationalen Welle erfaßt, und nur allmählich regte sich die Opposition gegen die »Union Sacrie« in ihren Reihen. Droz stellt fest, daß trotz einer beträcht- lichen Aktivität einzelner Gruppen innerhalb der sozialistischen Partei und der Gewerkschaf-

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ten zu keinem Zeitpunkt die »Union Sacrie«

durch die Arbeiterschaft in Frage gestellt wurde.

W. D.

Pierre Renouvin: Die Kriegsziele der fran- zösischen Regierung 1914-1918, in: Ge- schichte in Wissenschaft und Unterricht,

17. Jg 1966, S. 129-158.

Der Vortrag Renouvins anläßlich der 12. deutsch- französischen Historiker- und Geschichtslehrer- konferenz in Dijon im August 1965 wurde von K. D. Erdmann ein »Ereignis« der Forschungs- geschichte genannt, da erstmals, allerdings in einem beschränkten Maße, Akten der parla- mentarischen Gremien und einiger Behörden herangezogen werden konnten.

Renouvin unterscheidet drei Phasen der fran- zösischen Kriegszielpolitik, deren verbindendes Element die niemals umstrittene Forderung auf Rückgliederung von Elsaß-Lothringen war.

Kennzeichen der ersten Phase (bis Juli 1916) war die überaus vorsichtige Zurückhaltung der Regie- rung, die es vermied, zu den in der Öffentlich- keit erörterten Zielen (Saar, linkes Rheinufer) Stellung zu nehmen. Als jedoch im Sommer 1916 die Heere der Mittelmächte an allen Fronten in die Defensive gedrängt worden waren und sich ein militärisches Übergewicht der Entente abzu- zeichnen begann, änderte sich diese Haltung. Am 12. 8. 1916 forderte Poincari Joffre auf, die Bedingungen für einen Waffenstillstand vorzu- legen. Joffres Programm übertraf die in der Öffentlichkeit diskutierten Forderungen (Saar, drei bis vier linksrheinische, mit Frankreich durch eine Zollunion verbundene Staaten, Brücken- köpfe gegenüber Straßburg und Germersheim usw.). Innerhalb des Kabinetts wurde zwar über einzelne Punkte des Programms debattiert, zu einer Fixierung des Standpunktes der Regierung kam es jedoch nicht, wenn auch die entsprechen- den Zensurvorschriften gelockert wurden. Der Meinungsaustausch zwischen den Alliierten wurde gefördert durch die Befürchtungen vor einem russischen Zusammenbruch und führte zu den bekannten, in ihren Einzelheiten noch immer ungeklärten russisch-französischen Ab- machungen vom Februar/März 1917. Die fol- gende Phase der französischen Kriegszielpolitik wurde zunächst bestimmt von den militärischen Auswirkungen der russischen Februar-Revolu- tion. Frankreich geriet durdi die gesdieiterte

Nivelle-Offensive, die sich daran anschließenden Meutereien und die Auswirkungen des U-Boot- Krieges in eine außerordentlich bedrängte Lage.

Dieser Situation entsprach es, daß die Regierung in der Kriegszielfrage wiederum große Zurück- haltung übte; allerdings wandte sie sich mit Ent- schiedenheit gegen sozialistische Stimmen, die die Rückgliederung von Elsaß-Lothringen mit einer Volksabstimmung in diesem Gebiet verbinden wollten. Im Herbst und Winter 1917 bemühte sich die französische Diplomatie um die Aner- kennung dieses Kriegszieles durch die Alliierten.

Lloyd George lehnte jedoch noch im Frühjahr 1918 eine Festlegung auf die Rückgabe Elsaß- Lothringens ohne Volksabstimmung ab. Die Be- schränkung auf dieses eine territoriale Kriegsziel gegenüber Deutschland blieb bis in den Oktober 1918 hinein bestimmend für die offizielle Regie- rungspolitik. Das Programm des Frühjahrs 1917 wurde erst wieder im Zusammenhang mit den Versailler Verhandlungen aufgenommen.

Renouvins Beitrag gewinnt noch an Bedeutung durch den Umstand, daß er sich, wohl im Blick auf die in Deutschland entbrannte Diskussion, in sehr entschiedener Weise über die Ziele und den methodischen Ansatz künftiger Forschung ge- äußert hat (S. 157 f.). Dabei legt der Verfasser größtes Gewicht auf eine klare Differenzierung zwischen der offiziellen Politik der Regierung, den Absiduen und Zielen einzelner Parteien und Persönlichkeiten sowie den Äußerungen der öffentlichen Meinung, die alle u. a. gemessen werden müßten an der jeweiligen politischen und militärischen Lage. Diese an sich selbstverständ- lichen Forderungen werden allerdings dann pro- blematisch, wenn - wie ζ. B. im Deutschen Reich - das Zentrum politischer Entscheidungen nidit so scharf zu umreißen ist, wie das bei dem französischen Ministerrat und den verschiedenen parlamentarischen Gremien der Fall ist. W. D.

Francesco Cataluccio: Diplomazia di guer- ra e negoziati di pace sulla spartizione dell' Asia Ottomana (1915-1923), in: Ar- chivio Storico Italiano, 124. Jg, 1966.

Gegenstand der Studie sind Vereinbarungen der

Alliierten über die Türkei während des Ersten

Weltkrieges. Dabei stehen russische Meerengen-

interessen den Mittelmeerinteressen Englands,

Frankreichs und Italiens gegenüber. Anderer-

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seits werden die divergierenden Versprediungen der Alliierten gegenüber den Arabern und dem Zionismus kritisch dargestellt (Balfour-declara- tion). Neben dem - wieder aktuellen - Bezug interessiert vor allem das rege Spiel der Diplo- matie während des Krieges. R. Elble

Marwicks Aufsatz brillant skizziert, nicht vor- beigehen, wenn er den Zugang zu wichtigen Aspekten des Zweiten Weltkrieges finden will.

Μ. M.

Arthur Marwick: The Impact of the First World War on British Society, in: Jour- nal of Contemporary History, Bd 3, 1968, N r . 1, S. 51-63.

Mit sozial-und wirtschaftsgeschichtlichen Frage- stellungen sind seit dem Ausgang des Ersten Weltkrieges Versuche einer kategorialen Erfas- sung der Wirkung moderner Kriege auf Staat, Gesellschaft und Individuum unternommen wor- den. Die englische und amerikanische Wissenschaft hat hierbei Pionierarbeit geleistet. Mitteleuro- päische Definitionen des Krieges, oft zu einseitig Clausewitz verallgemeinernd und damit bei einer nur außen- und militärpolitischen Betrach- tungsweise stehenbleibend, bedürfen dringend der Überprüfung an den Ergebnissen dieser angelsächsischen Forschung.

Marwick bietet auf knappem Raum eine ein- dringliche Analyse von Problemstellungen und Ergebnissen einer umfangreichen Forschungs- arbeit. Der Krieg erscheint in seinen gewollten und ungewollten Dimensionen als motorisches und retardierendes Phänomen der Geschichte.

Eine »whiggistische« Richtung (Toynbee, Nef u. a.) betont seine zerstörerischen, kontinuitäts- auflösenden Kräfte im Gegensatz zu den »tories«

(Cyril Falls, N . H . Gibbs, C. Barnett u. a.), die vielleicht darin übereinstimmen, daß Trotzki recht haben könnte mit seiner Meinung, der Krieg sei die »Lokomotive der Geschichte«.

Wichtige Schritte in der kategorialen Erfassung des Gegenstandes brachten Stanislaw Andrze- jewskis »Military Organization and Society«

mit seiner Theorie der »Military Participation Ratio (MPR)«, ferner die wichtigen Arbeiten von R. M. Titmuss (War and Social Policy) und von Ph. Abrains (The Failure of Social Reform 1918-1920) und schließlich Marwick selbst mit seinen Arbeiten »British Society and the First World War« und »Britain in the Century of Total War: War, Peace and Social Change«.

Der deutsche Militärhistoriker kann an den Me- thoden, Fragestellungen und Ergebnissen, die

Lamar Cecil: Albert Ballin. Business and Politics in Imperial Germany 1888-1918.

Princeton University Press, Princeton N J 1967, 388 Seiten.

Mit dem deutschen Zusammenbruch im Ersten Weltkrieg jährt sich am 9. November zum 50. Male der Tod eines Mannes, dessen Leistun- gen und Mißerfolge Möglichkeiten und Grenzen aufzeigen, die einem erfolgreichen Wirtschafts- führer im wilhelminischen Deutschland gesetzt waren. Der weite Lebensbogen Albert Ballins (geb. 1857) verbindet viele, auch entgegengesetzte Aspekte seiner Zeit: Der kleine Auswanderer- agent machte im patrizischen Hamburg eine zeit- weise nicht sehr florierende Reederei zum größ- ten Schiffahrtsunternehmen seiner Zeit; den un- getauften Juden aus dem Mittelstand verband ein ungewöhnliches, viel beargwöhntes freund- schaftliches Verhältnis zum letzten deutschen Kaiser; der Repräsentant des deutschen An- spruchs auf wirtschaftliche und politische Welt- geltung setzte sich nachdrücklich, wenn auch ver- geblich, für eine deutsch-englische Verständigung ein und suchte später den Kriegseintritt der USA zu verhindern; der überlegene, verbindliche Ver- handler und fürsorgliche Vorgesetzte kam aber nicht über den altliberalen »Herr-im-Haus«- Standpunkt hinaus. - Ballin empfand den Kriegsausbruch 1914 als irreparablen Schlag gegen sein Lebenswerk, ja als Epochenscheide.

Seine Vision von Massendemonstrationen mit dem Eisernen Kreuz geschmückter Arbeiter so- wie die realistische Erkenntnis der Schwierig- keiten, denen die deutschen Juden nach dem Krieg entgegengehen würden, eilten seiner Zeit voraus.

Versuche, im Krieg zu raten, dem Kaiser in letz- ter Stunde ein ungeschminktes Bild der Lage zu geben, scheiterten an der noch in Illusionen be- fangenen Umgebung des Monarchen, ebenso wie vorher seine Warnungen vor dem uneingeschränk- ten U-Boot-Krieg keinen Erfolg hatten. Ballin hat es nicht mehr erlebt, wie der deutsche Rechts- extremismus diese Bemühungen um eine rea- listische Politik in antisemitische Propaganda ausmünzte.

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Um so mehr muß es erstaunen, daß diese bedeu- tende Persönlichkeit im Grenzbereich von Wirt- schaft und Politik erst jetzt Gegenstand einer wissenschaftlichen Biographie wurde. Behandel- ten die früheren Darstellungen von Hulder- mann und Stubmann in erster Linie den Men- schen und Wirtschaftsführer Ballin, so hat der amerikanische Autor darüber hinaus die politi- sche Seite ausführlich gewürdigt. Alle in Frage kommenden Quellen aus Archiven und Privat- besitz wurden herangezogen.

Waren die wirtschaftliche Aktivität der H a m - burg-Amerika-Linie nach Westen, die Kämpfe mit Morgan, die zum Atlantikpool führten, das Interesse der Reederei an dem Ankauf der däni- schen Antilleninsel St. Thomas als Kohlenstation bekannt, hat nun Cecil neue Quellen über das Wirken der Linie im Orient, zum Beispiel für die enge Verbindung der deutschen Schiffahrt und der offiziellen Politik in Mesopotamien 1913, erschlossen.

Man wird es dabei dem amerikanischen Autor nachsehen können, wenn er dem hamburgischen Milieu vor dem Ersten Weltkrieg nidit ganz ge- recht wird und zum Beispiel den Antisemitismus der hamburgischen Oberschicht überzeichnet, wo es sich doch mehr um eine Reserve des patrizi- sdien Reedermilieus gegen den - schließlich domi- nierenden - Außenseiter handelte.

Militärgeschichtlich interessant ist die Tatsache, daß Ballin - wenn auch nicht intensiv - mit an- deren Vertretern der deutschen Schiffahrt zu- nächst die Tirpitzsdie Flottenpolitik unterstützte.

Ab 1908 setzen dann seine ernsten Bedenken gegen weiteres Flottenwettrüsten ein wegen der erschreckenden Verschlechterung des deutsch- englischen Verhältnisses. Aus dieser Einstellung entstand dann der von ihm angeregte und ein- geleitete Besuch des englischen Ministers Haidane in Berlin 1912. - Für den U-Boot-Krieg ist er im Anfang eingetreten, hat aber vor einer Ver- schärfung gewarnt und konstruktive Vorschläge gemacht, wie das Risiko eines amerikanischen Kriegseintritts zu vermindern wäre.

Im ganzen ein ebenso interessantes wie sachlich geschriebenes Werk, das in seiner Ausstattung und seinem kritischen bibliographischen Apparat

kaum Wünsche offenläßt. Ss.

Andreas Hillgrttber (Hrsg.): Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler. Vertrauliche Aufzeichnungen über Unterredungen mit Vertretern des Auslandes 1939 bis 1941, Bernard & Graefe, Verlag für Wehrwesen, Frankfurt a. M. 1967, 699 Seiten.

Der ehemalige Marburger, jetzt Freiburger H i - storiker Andreas Hillgruber legt mit der anzu- zeigenden Veröffentlichung den ersten Band einer auf zwei Bände projektierten Edition vor; er enthält 99 Aufzeichnungen des Auswärtigen Am- tes über Besprechungen Hitlers mit Politikern und Diplomaten des Auslandes aus der Zeit vom 26. 9.1939 bis zum 13.12.1941. Es waren Ge- spräche u. a. mit Vertretern neutraler Mächte wie Molotow, Welles und Franco, mit Besiegten wie Leopold III., Potain, Laval und Darlan; mit Bundesgenossen wie Mussolini, Antonescu und den Japanern Matsuoka und Oshima; dazu ka- men noch Satellitenvertreter wie Tiso, Pavelic, Tuka, Kvaternik. Die Unterredungen werden überwiegend nach den in den Handakten des Chefdolmetschers des Auswärtigen Amtes, Ge- sandten Dr. Paul Schmidt, befindlichen Aufzeich- nungen wiedergegeben, einige wenige auch nach den von Botschafter Hewel überlieferten Fas- sungen. Sie spiegeln nicht nur den allgemeinen politischen und strategischen Hintergrund wi- der, vor dem sie stattfanden; sie geben auch direkt oder indirekt Aufschluß über Hitlers wei- tere Pläne und Absichten. Sie zeigen die ganze breite Skala seiner Verhandlungsmethoden, nicht zuletzt beleuchten sie auch das sehr unterschied- liche Verhalten der Auslandsvertreter gegenüber dem »Führer des Großdeutschen Reiches«.

In einer Einführung und in Bemerkungen zum Inhalt der Dokumente macht der Herausgeber den interessanten Versuch, Hitler als Gesprächs- und Verhandlungspartner zu analysieren, wobei er eine Art »Grobgliederung der Gesprächshal- tung Hitlers« entwirft. Sodann weist er auf ver- schiedene bisher unbekannte oder weniger genau erkannte Tatsachen und Aspekte hin, die sich aus den Aufzeichnungen für die Forschung er- geben: so auf die Kontinuität von Hitlers sozial- darwinistischen Auffassungen, wie sie im Ge- spräch mit dem bulgarischen Gesandten Draga- noff sichtbar wird; dann auf des »Führers« radi- kale Gedanken über die deutsche Herrsdiafts- ordnung in Europa (Unterredung mit Marschall Kvaternik); weiter auf seine Zurückhaltung ge- genüber Mussolini hinsichtlich der beabsichtigten

»Endlösung«; schließlich auf die von Hitler arti-

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kulierte Idee eines europäisch-afrikanischen Großraumes unter deutsdier Führung; vor allem aber ist aufschlußreich, aus den Aufzeichnungen zu entnehmen, wie sich allmählich zwischen Som- mer 1940 und 1941 seine Wendung gegen die UdSSR und dann auch gegen die USA entwik- kelte. Hierher gehört jene Vision, die Hitler Mitte Juli 1941 gegenüber Botschafter Oshima in Umrissen skizzierte. Japan und Deutschland - so führte er aus - müßten zusammen gegen die UdSSR und die USA vorgehen und »sie gemein- sam vernichten«. Für eine kurze Zeitspanne im Spätsommer 1941, als er von einem raschen Triumph über die Sowjetunion überzeugt war, hat Hitler auch die Möglichkeit eines Sieges über die USA zu sehen vermeint.

Wenngleich audi (außer elf Dokumenten) der größte Teil der in diesem Bande abgedruckten Aufzeichnungen bereits anderweitig veröffent- licht worden ist, so ist dodi diese Publikation als erste handliche Zusammenstellung einer wichti- gen Quellengruppe zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges überaus nützlich. Nicht zuletzt wird sie durch die jeweils den einzelnen Dokumenten vorangestellten einführenden Bemerkungen, vor allem durch die knappen, aber inhaltsreichen Anmerkungen mit ihren vielfältigen Verweisen und Erläuterungen, zu einem wertvollen Arbeits- instrument. K. J. M.

Andreas Hillgruber (Hrsg.): Probleme des Zweiten Weltkrieges, Neue Wissenschaft- liche Bibliothek, Bd 20. Verlag Kiepen- heuer & Witsch, Köln 1967, 455 Seiten.

Die Schwierigkeiten umfassender Darstellungen der Geschichte des Zweiten Weltkrieges sind durch Entwürfe einschlägiger Konzeptionen (H.-A. Jacobsen, K.-J. Müller) besonders deut- lich geworden. Im Anhang zu seiner Habili- tationsschrift »Hitlers Strategie, Politik und Kriegführung 1940-1941«, Frankfurt a. M.

1965, hatte Hillgruber deshalb die Ansicht ver- treten, daß es vorerst sachdienlicher sei, bestimmte Zeitabschnitte bzw. Problemkomplexe und Sinn- zusammenhänge zusammenzufassen. Diese Linie der »Konzentration des Erkenntnisstrebens auf die in universalhistorischer Sicht zentralen Pro- bleme«, die der Zweite Weltkrieg aufgeworfen hat, versucht er als Herausgeber der »Probleme des Zweiten Weltkrieges« fortzusetzen. Dazu

hat er 21 Beiträge in fünf Hauptteile geordnet (Der Krieg in Europa 1939-1941; Weltkrieg und Kriegswende; Vernichtungskrieg, Widerstand und Kollaboration; Triumph und Tragödie der

»Anti-Hitler-Koalition«; das Kriegsende in Europa und Asien 1945).

Die schwierige Auswahl der - bis auf einen - be- reits anderweitig veröffentlichten Beiträge wurde vor allem von folgenden Gesichtspunkten be- stimmt: es sollte jeweils ein für den Gesamtkrieg wichtiges Sachproblem erörtert werden; die Bei- träge sollten - methodisch unterschiedlich ange- legt und unter wechselndem Blickwinkel - die heute mögliche Spannweite in der Distanz der historischen Betrachtung erkennen lassen und das jeweilige Thema sachgerecht, kritisch und kon- zentriert behandeln; schließlich sollten neben Standardthemen auch scheinbar weniger bedeut- same Fragen berücksichtigt werden. Diesem Prin- zip der Auswahl entsprechend stehen als Autoren neben Historikern auch »Mithandelnde und Mit- leidende«. Der zwangsläufig fragmentarische Charakter des Werkes kommt auch durch das Fehlen sowjetischer oder anderer »östlicher«

Autoren zum Ausdruck. Hervorgehoben seien ein Beitrag aus der Feder des japanischen Mili- tärhistorikers Takushiro Hattori über »Japans Weg aus dem Zweiten Weltkrieg«, der allgemein schwerer zugänglich sein dürfte, und - hinsicht- lich der Problemstellung - Theodor Schieders Untersuchung über »Die Vertreibung der Deut- schen aus dem Osten als wissenschaftliches Pro- blem«.

Wer sich im einzelnen umfassender orientieren möchte, findet entsprechende Hinweise in der Bibliographie, die in erster Linie die Mono- graphien und Detailstudien aufführt, die den gegenwärtigen Stand der Forschung spiegeln.

J.F.

Lothar Gruchmann: Der Zweite Welt- krieg, Kriegführung und Politik, dtv- Weltgesdiichte des 20. Jahrhunderts, hrsg.

von Martin Broszat und Helmut Heiber, Bd 10, München 1967, 526 Seiten.

G. folgt im wesentlichen H.-A. Jacobsens »Kon- zeption einer Geschichte des Zweiten Weltkriegs«

(Frankfurt a. M. 1964) und ordnet das Gesche- hen in die beiden Hauptteile »Hegemoniale Aggression in Europa und Ostasien« sowie »Nie-

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derwerfung der regionalen Hegemonialbestre- bungen und Ringen um eine universale Friedens- ordnung«. Dabei soll der Akzent auf der Erläu- terung der politischen Hintergründe und ihrem Einfluß auf das militärische Geschehen, nicht auf der Darstellung der Feldzüge liegen. Das ist nur in einigen Abschnitten gelungen, etwa bei der Vorgeschichte der amerikanisch-japanischen Aus- einandersetzungen oder dem Überblick über die Resistance in den besetzten europäischen Län- dern. Ihnen steht in den übrigen Kapiteln eine Vielzahl ζ. T. sehr vordergründiger Fakten ge- genüber, die eher aneinandergereiht wirken, als daß sie Zusammenhänge und Hintergründe deut- lich machten. Verschiedene neuere Arbeiten (Fa- bry, Hillgruber, Klink, Snell, Völker u. a.) schei- nen nicht berücksichtigt worden zu sein. Im Literaturverzeichnis vermißt man bei den Ge- samtdarstellungen audi die »Geschichte des Gro- ßen Vaterländischen Krieges der Sowjetunion«

und registriert allgemein den geringen Anteil von Arbeiten »östlicher« Provenienz. Die nicht immer befriedigende Darstellung des Geschehens bzw. der Maßnahmen der sowjetischen Seite mag ζ. T. hier ihren Grund haben. Im einzelnen fal- len unausgewogene Formulierungen auf, zuwei- len auch eine gewisse Tendenz, Hitlers alleinige Verantwortung für Entscheidungen überzubeto- nen und damit den Anteil seiner Ratgeber, auch der militärischen, zu bagatellisieren. Im ganzen bietet das Buch in handlicher Form die Möglich- keit zu einer ersten, umfassenden Information.

Sie würde durch Beigabe von ausgewählten tabel- larischen Übersichten, Organigrammen und Skiz- zen klarer und instruktiver werden. / . F.

Gerhart Hass: Der Charakter des Zweiten Weltkrieges und die internationale Be- deutung des Kriegseintritts der UdSSR, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Jg 14, 1966, N r . 5, S. 877-895.

In diesem Aufsatz, der aus einem Referat einer Konferenz der Deutschen Akademie der Wissen- schaften in Ost-Berlin entstanden ist, setzt sich der Verfasser vornehmlich mit zwei Problemen auseinander: einmal der Bewertung des deutsch- sowjetischen Paktes von 1939 und sodann der Bedeutung des Kriegseintritts der UdSSR für den Charakter des Zweiten Weltkrieges. Beide Probleme behandelt der Verfasser in scharfer

Auseinandersetzung mit bekannten westlichen Historikern wie Erdmann, Jacobsen, Hofer und Hillgruber, deren Thesen er von aktueller poli- tischer Zwecksetzung bestimmt glaubt. Zum deutsch-sowjetischen Pakt bemerkt der Verfasser, die Sowjetunion habe stets gewußt, daß die bei- den in ihren Augen imperialistischen Blöcke (also die westlichen Demokratien und die Achsen- mächte) immer danach strebten, ihre Streitig- keiten auf Kosten der UdSSR zu lösen. Daher

»entschloß sich die sowjetische Regierung auf dem Höhepunkt der politischen Vorkriegskrise, den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt ab- zuschließen, um ihrem Land eine Ruhepause zu sichern«. Denn Frieden für die UdSSR bedeutete die Chance zu weiterem »erfolgreichen Aufbau des Sozialismus«. Damit sei die Sowjetunion je- ner Zwangslage entgangen, in die die West- mächte sie hatten manövrieren wollen. Zum zweiten Problem führt der Verfasser aus: seit Beginn des Krieges habe die barbarische Krieg- führung Hitlerdeutschlands die Volksmassen in den im Kriege befindlichen Ländern und auch einige wenige Politiker, wie ζ. B. Churchill, ver- anlaßt, den antifaschistischen Kampf immer ent- schlossener aufzunehmen. Diese antifaschistische Tendenz mußte erst langsam gegenüber der imperialistischen Politik der jeweiligen verschie- denen bürgerlichen Regierungen an Boden ge- winnen. Dieser »Prozeß der Wandlung des Krie- ges zum antifaschistischen Befreiungskrieg zog sich eine längere Periode hin und fand erst nach Eintritt der Sowjetunion in den Krieg seinen Abschluß«. Vor allem änderte der Kriegseintritt der UdSSR insofern das Wesen dieses Krieges, als

»die Teilnahme des einzigen sozialistischen Staa- tes . . . ein qualitativer neuer, für die gesetz- mäßige Niederlage des deutschen Imperialismus und den Sieg der Antihitlerkoalition entschei- dender Faktor« war. Daß die bürgerliche Ge- schichtsschreibung dies nicht erkenne, liege teils an ihrer methodologischen Position, teils aber auch - wie der Verfasser mit großer Schärfe und vielen Zitaten aufzuweisen sich bemüht - an ihrer die UdSSR verleumdenden revanchisti- schen Grundhaltung. K. J. M.

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Eugeniusz Kozlowski: Charakter Wojny Obronnej Polski W 1939 r (Charakter des Verteidigungskrieges Polens im Jahre 1939), in: W Dwudziesta Rocznice Zwy- ciesrwa (»Zum 20. Jahrestag des Sieges«), hrsg. von der Polnisdien Akademie der Wissenschaften, Warsdiau 1966, S. 221 bis 233.

Kozlowski wirft England und Frankreich vor, in den letzten Jahren vor dem Zweiten Welt- krieg nicht nur eine Politik des Nichteingreifens betrieben, sondern sogar wesentlich zum Wieder- aufbau der wirtschaftlichen und militärischen Stärke Deutschlands beigetragen zu haben.

An anderer Stelle meint er, die Luftwaffe habe in Polen vornehmlich niditmilitärische Ziele an- gegriffen. Als Beweis hierfür ist der Kampf gegen das eingeschlossene Warsdiau allerdings wenig geeignet, da der Aufforderung zur Kapi- tulation erst nach elf Tagen Folge geleistet wurde.

Auch kriegsverbrecherische Tatbestände sollten exakt erforscht werden. Das hier angeführte und belastete 13. mot. Inf.-Rgt. hat es nicht ge- geben!

Das Thema, das sich der Verfasser gestellt hat, ist nicht erschöpfend behandelt worden. So feh- len Hinweise auf den Verteidigungskampf, der gegen die ab 17. 9.1939 in Ostpolen vordringen- den sowjetrussisdien Verbände geführt wurde und in dem - nach Angaben Molotows (31.10.

1939) - 757 Rotarmisten gefallen und über 1800 verwundet worden sind. Man könnte auch er- warten, daß die schwierige Lage Polens Ende August 1939 deutlich umrissen wird: zwischen zwei diktatorischen Systemen, die sich über die Teilung der Beute bereits geeinigt hatten. Der deutsche Historiker sieht keinen Grund, deutsche Verbrechen zu verschweigen. Er wird mißtrau- isch, wenn in deren Erwähnung von anderer Seite der Mangel an eindeutigem Quellen- material durch tendenziöse Diktion ersetzt wer- den soll. Er bedauert Kollegen des polnischen Volkes, die offensichtlich noch gezwungen sind, die Ermordung polnischer Offiziere durch die Sowjets (Katyn) zu verschweigen.

So bleibt nur die Hoffnung, daß zunehmende Liberalisierung in osteuropäischen Ländern künf- tig der gemeinsamen Wahrheitsfindung größere Dienste leisten darf. R. Elble

Major General H. Essame: A Controver- sial Campaign - Italy 1943-45: in: The Army Quarterly and Defence Journal, Bd 95, 1968, Nr. 2, S. 219-224.

Der Verfasser vertritt die Ansicht, daß der ita- lienische Kriegsschauplatz zu Unrecht bisher wenig Interesse bei Historikern und historisch orientierten Militärs gefunden habe. Er habe be- züglich der »Lehren der Geschichte für zukünf- tige Kriege mehr zu bieten als alle anderen Feld- züge des Zweiten Weltkrieges zusammen«. Zur Erläuterung dieser These weist der Verfasser nach einer Periodisierung des Feldzuges auf eine Fülle von offenen Fragen und ungelösten Pro- blemen hin, die sich dem Kriegshistoriker bei der eingehenden Beschäftigung mit den Ereignissen auf diesem Kriegsschauplatz aufdrängen, bei- spielsweise: Warum landete man bei Salerno und nidit näher an Neapel? Warum wurden im allgemeinen nicht die überlegenen alliierten See- streitkräfte zur Unterstützung der Landopera- tionen eingesetzt? War Churchills Kritik an dem Plan, bei Anzio zu landen, gerechtfertigt? Hätte man nicht durch energische Weiterführung des Italienfeldzuges eher eine Entscheidung in Süd- und Westeuropa erzielen können in Verbindung mit der Normandie-Invasion, anstatt Truppen aus Italien abzuziehen für die Landung in Süd- frankreich? K. ]. M.

Günther Hoy: Ausschnitte aus derSchluß- phase des Krieges 1945 auf österreichi- schem Boden (Der Kampf gegen die öst- lichen Alliierten). BMfLV R 1502; 2 Halb- bände. Wien 1962. 168 und 128 Seiten.

Die vorliegende Arbeit erschien als Dissertation mit Förderung durch das österreichische Bundes- ministerium für Landesverteidigung.

Der erste Halbband befaßt sich, nach einer Be- trachtung der Geländeverhältnisse in den Räu- men zwischen Drau - Plattensee - Donau und den Festungsabschnitten Steiermark und Nieder- donau, mit den wechselvollen Abwehrkämpfen der deutschen Heeresgruppe Süd in der Zeit vom Februar 1945 bis Mai 1945 sowie dem Ansatz und der Ausweitung der Offensive der östlichen Alliierten im März und April 1945.

Mit bestechender Akribie werden die entschei- denden Kämpfe und Gefechte und der perma-

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nente Wechsel der Unterstellungsverhältnisse, zu dem sidi die deutsche Führung in dieser letzten Phase des Krieges immer wieder gezwungen sah, wiedergegeben. Der Bearbeiter kommt bei seinen Schlußbetrachtungen zu Ergebnissen, die nicht erst eine spätere Forschung und Kriegsgesdiidits- schreibung berücksichtigen sollte.

Der zweite Halbband enthält die einschlägigen Dokumente, Weisungen, Befehle, Aufzeichnun- gen, Tagebuchnotizen aus dem Operationsraum der Heeresgruppe Süd sowie reichhaltiges Skiz- zen- und Kartenmaterial, deren Erschließung außerordentlich schwierig gewesen sein muß, aber als besonders geglückt bezeichnet werden kann.

Beide Halbbände sind im Buchhandel nicht er- hältlich, da sich die Masse des benutzten Quellen- materials entweder noch in privatem Besitz be- findet oder unter Archivsperre steht. Im Hin- blick darauf ist die Dissertation nur beschränkt zugänglich.

Eine Zeittafel für März bis Mai 1945 und der Nachweis ungedruckter, gedruckter Quellen und Literatur sowie persönliche Befragungsergeb- nisse eines qualifizierten Personenkreises bilden eine wertvolle weitere Fundgrube. H. S.

Sturm Kenigsberga (Die Erstürmung Kö- nigsbergs), Kaliningradskoe Kniznoe Iz- datel'stvo, Königsberg 1966, 254 Seiten, 53. Abb.

Ein Buch, das der Glorifizierung vergangener Siege dienen will, wird dem Historiker meist nur geringe Aufschlüsse geben können. Das gilt audi für weite Partien der 1959 erstmals erschienenen und nun in erweiterter Form veröffentlichten Sammlung sowjetischer Erinnerungsberichte an die Kämpfe um Königsberg im Jahre 1945.

Gleidiwohl erfordert diese Publikation eine ge- wisse Aufmerksamkeit, da führende Offiziere der in Ostpreußen eingesetzten sowjetischen Truppen Artikel beigesteuert haben, die auf manche Frage ein neues Lidit werfen. Aus der Reihe der Verfasser seien hervorgehoben: Mar- schall der SU Α. M. Vasilevskij, Nachfolger des am 18. Februar gefallenen Oberbefehlshabers der 3. Weißrussischen Front, Armeegeneral I. D.

Cernjachovskij, und beauftragt mit der Gesamt- leitung der Operationen gegen die deutschen Kräftegruppierungen um Heilsberg, in Königs-

berg und im Samland, Marschall der SU I. Ch.

Bagramjan, Oberbefehlshaber der 1. Baltischen Front und Stellvertreter Vasilevskijs, nachdem seine Verbände als »Armeegruppe Samland«

mit der 3. Weißrussischen Front verschmolzen worden waren, ferner die Oberbefehlshaber der an der Einnahme von Königsberg unmittelbar beteiligten Armeen, Generaloberst 1.1. Ljudni- kov (39. Armee), Armeegeneral Κ. N. Galickij (11. Gardearmee), Generalleutnant F. P. Ozerov (50. Armee), Armeegeneral Α. P. Beloborodov (43. Armee), Generaloberst Τ. T. Chrjukin (1. Luftarmee) sowie Vizeadmiral V. F. Tribuc (Baltische Flotte) und andere, nicht zu vergessen auch der erste sowjetische Stadtkommandant, Generalmajor M. Smirnov.

Von besonderem Interesse sind naturgemäß die Ausführungen Marschall Vasilevkijs, dessen Be- rufung von der Stelle eines militärischen Be- raters Stalins auf ein Truppenkommando nach Ostpreußen die Bedeutung der Operationen unterstreicht, die darauf abzielten, eine Flanken- bedrohung für den in Richtung Warschau - Ber- lin geführten Hauptangriffsstoß auszuschalten.

Wir erhalten aus erster Hand Kenntnis von den strategischen Erwägungen des sowjetischen Ober- kommandos, von Einzelheiten der Offensivvor- bereitung und finden genaue Angaben für die er- drückende Überlegenheit der sowjetischen An- griffsverbände an Menschen und Material. Be- merkenswert allerdings ist eine Überbewertung der bereits im Ersten Weltkrieg veralteten und nur behelfsmäßig in Verteidigungszustand ver- setzten Fortifikationen um Königsberg wie auch eine Überschätzung der Stärke der deutschen Garnison, die Marschall Bagramjan geradezu die Bemerkung abnötigt, daß wohl zum ersten Male in der neuzeitlichen Kriegsgeschichte die Erstür- mung einer »so mächtigen Festung fast mit glei- chen Kräften durchgeführt wurde« (S. 67). Schon eine einfache Zahlenanalyse, wie sie ja F. Engels auch in die marxistische Kriegsgeschichtsschrei- bung eingeführt hat, läßt erkennen, daß die vier schwachen deutschen Divisionen und einige Son- der- und Volkssturmverbände der Festungs- besatzung unmöglich auf 130 000 Mann (S. 15.

67, 84) zu veranschlagen sind. Sie dürften maximal 40 000 Mann nicht überschritten haben. Dem sowjetischen Operationsplan zu- folge war zunächst an eine Besetzung des Sam- landes mit dem Hafen Pillau gedacht, doch der für den 20.-27. Februar geplanten Offensive der 1. Baltischen Front kam am 19. Februar ein deut- scher Gegenangriff zuvor, der die unterbrochene

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Landverbindung nach Königsberg wiederher- stellte und eine Umstellung der weiteren Pla- nungen notwendig machte: nicht das Samland, sondern Königsberg sollte jetzt vorrangig ein- genommen werden. In dem Budi wird die Teil- nahme des französisdien Jagdgeschwaders »Nor- mandie-Niimen« an den Kämpfen um Königs- berg erwähnt (S. 8), und es fehlt nicht der H i n - weis, daß die anglo-amerikanische Luftwaffe (ge- nauer die Bombergruppe N r . 5 der RAF), an- statt den im Baltikum kämpfenden Sowjettrup- pen reale Hilfe zu leisten, im August 1944 die Innenstadt von Königsberg, wo sidi keine mili- tärischen Ziele befanden, in Schutt und Asdie legte (S. 174).

Ungeachtet sachlicher Mängel, wie sie besonders in der von M. Bragin entworfenen Skizze der geschichtlichen Vergangenheit Ostpreußens zu- tage treten, enthält der vorliegende Sammelband kriegshistorische Einzelheiten, die es verdienten, beaditet zu werden. Beigefügt sind einige Doku- mente und ein Bildmaterial, dessen agitatorische Tendenz freilich nicht zu verkennen ist. So zeigt beispielsweise Bild N r . 1 nicht etwa das »kriege- rische preußische Wappen«, das »viele Jahr- hunderte die Eroberer zu Raub, Gewalttat und Plünderung inspirierte«, sondern ganz schlicht nur das Königsberger Stadtwappen mit den Wappenbildern von Altstadt, Löbenicht und Kneiphof. }. H .

Caspar Schrenck-Notzing: Charakter- wäsche - Die amerikanische Besetzung in Deutschland und ihre Folgen, Seewald- Verlag, Stuttgart 1965, 294 Seiten.

In dem flüssig geschriebenen Buch wird der Leser an eine Zeit erinnert, in der viele Deutsche von den amerikanischen Siegern mehr Gutes erwar- teten als je zuvor von einer eigenen Regierung.

Man weiß, daß die Amerikaner sich weder auf einen Krieg nodi auf die Aufgabe, als Besat- zungsmacht in Europa aufzutreten, vorbereitet hatten. Meisterte man schließlich den Krieg in selbstgefälligem Sendungsbewußtsein (»Kreuz- zug«) durch Organisation und Einsatz eines un- geheuren Wehrpotentials, so waren für die aus dem Siege erwachsenen Ordnungsaufgaben die Vorstellungen von europäischer Geographie, Kultur und Geschichte sowie von deutscher Men-

talität und Lebensart lückenhaft und einseitig.

Es dürfte kaum möglich sein, jemals klar abzu- grenzen, wie weit Unwissenheit bzw. Unver- ständnis und wie weit böser Wille, Rachsucht und Voreingenommenheit dazu beigetragen haben, daß die amerikanische Besatzungszeit in Teilen von Deutschland schließlich so manche negative Erscheinung zur Folge hatte. Unter diesem Ge- sichtspunkt wäre auch das Phänomen zu unter- suchen, das der Autor unter »Charakterwäsche«

verstehen will. Vielleicht kommen, bei allem Be- mühen um Sachlichkeit, manche positive Seiten der GIs zu kurz. - Einzelne Ungenauigkeiten hätten sich bei weiterer Durchsicht vermeiden lassen, z.B. Sir Ivone (nicht Yvonne) Kirkpatrick (S. 163 und 137), Admiral (nicht General) Dar- lan (S. 73) usw.

Der Historiker wäre für detaillierte Quellen- angaben dankbar gewesen. R. Elble

Aerospace Historian, Bd 14, 1967, N r . 2.

Dieses H e f t des Aerospace Historian ist der United States Air Force Academy, der erst seit 1954 bestehenden jüngsten Militärakademie der USA gewidmet. Die Aufsätze wurden zu- meist von Mitgliedern ihres Lehrkörpers ver- faßt. Die biographischen Notizen über die Autoren sind ein eindrucksvoller Beleg für die enge Verbindung zwischen Historikern und Militärs an dieser Hochschule. Jeder von ihnen hat eine abgeschlossene akademische Ausbil- dung.

»Education«, Wissenschaft und militärisch-fliege- rische Praxis ist denn auch das in vielen Varia- tionen wiederkehrende Thema dieser Ausgabe.

Uber 3450 junge Männer haben die Akademie, deren Stärke sich 1967 auf 4417 Kadetten belief, seit Aufnahme des Lehrbetriebes 1955 mit Er- folg absolviert, davon allein 528 im Jahre 1967.

Viele von ihnen besuchen weiterhin Universi- täten, um noch den Magister- oder Doktorgrad zu erlangen, wobei sie von der Luftwaffe finan- ziell nach Kräften unterstützt werden. Das an- geführte Beispiel eines jungen Dr. phil. und Phi- Beta-Kappa-Mitgliedes, der nach glänzenden wissenschaftlichen Examina Luftwaffenoffizier wird, dürfte jedoch nicht der Norm entsprechen.

(Anm. d. Verf.: Phi Beta Kappa ist eine Honours Fraternity, d. h. eine Verbindung, die nur Aka-

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demikern mit sehr guten wissenschaftlichen Lei- stungen offensteht.)

Learning, Leadership, Pride of Service and Nation (Bildung, Führerqualitäten, Korpsgeist und Nationalstolz) klingen in den Begleittexten zu den Illustrationen über das Leben an der großzügig am Fuße der Rocky Mountains an- gelegten Akademie als Grundwerte der Kadet- ten an. In General James E. Fechet, von 1928 bis 1932 Chef der damals noch der Armee unter- stellten amerikanischen Luftstreitkräfte, dem General Eaker den ersten Aufsatz des Heftes widmet, sieht man diese Werte und vor allem die angestrebte enge Verbindung von Praxis und Lehre verkörpert. Der geradlinige selfmade-man und Tatmensdi Fechet, dessen Jugenderinnerun- gen noch in die Zeit der Indian Frontier zurück- reichen, der seinen praktisch begabten, aber gei- stig unbedarften, langjährig-treuen Fahrer wider alle Vorschriften die theoretische Prüfung für die Beförderung zum Stabsfeldwebel bestehen läßt und von dem Eaker wegen seiner zupacken- den Art und schlagfertigen Kürze sagt, er habe sämtliche Harvard-Klassiker so in seiner Westen- tasche verstauen können, daß dort nodi ge- nügend Platz für die Zigaretten übrigblieb, die- ser alte Haudegen hatte genug Verständnis für die bildungs- und ausbildungsmäßigen Anforde- rungen wie auch für die Härte der Auslese, die die Zukunft in einem technischen Zeitalter für Luftwaffenoffiziere bereithielt. Er wußte auch, daß man die Leiter des Aufstiegs offenhalten müsse, um befähigte Offiziere an den richtigen Platz gelangen zu lassen, und ließ sich daher schon zehn Jahre vor der gesetzlich festgelegten Zeit pensionieren.

Zwei Grundtypen von »Helden« werden in einem »The Survivors* betitelten und die mensch- lichen Qualitäten des Soldatenberufs apostro- phierenden Artikel vorgestellt: der Draufgänger aus Mut, Angst oder Rücksichtslosigkeit und der Kamerad, der stille »Idealist«, der meist nicht in den Vordergrund tritt, aber beständig und mit großer moralischer K r a f t seine Pflicht zu erfül- len bemüht ist, audi wenn er dabei aus Gründen jenseits seiner Kontrolle versagt. Die Sympa- thien liegen offensichtlich bei dem zweiten Typ, der an H a n d der Verhaltensweisen und Lebens- schicksale einiger amerikanischer Freiwilliger der berühmten Lafayette Escadrille aus dem Ersten Weltkrieg illustriert wird.

Wegen ihrer für europäische Verhältnisse unge- wohnten Offenheit erfrischend sind die Artikel 2 1 1 »This Dreamboat Can Fly« und »The Impossible

Has Happened«, in denen unumwunden die un- mittelbar nach den beiden Weltkriegen wegen des allgemeinen Abbaus der Streitkräfte für die amerikanische Luftwaffe bestehende Notwendig- keit beleuchtet wird, zu ihrer Selbsterhaltung und Weiterentwicklung »Reklame« von sich zu machen. Auf diese Weise kam es - nach vielen vergeblichen Versuchen - im Mai 1923 zum ersten Nonstop-Transkontinentalflug von Kelly und Macready mit einer Fokker F-IV, die man wegen ihrer deutschen Herkunft vorher in T-2 umbenannt hatte, und zu den Nonstop-Flügen einer B-29 von Guam nadi Washington D. C.

und von Honolulu via Nordpol nadi London und weiter nach Kairo in den Jahren 1945/46, Flüge, die ihren Zweck voll erfüllten und wert- volle Ergebnisse für die Wissenschaft, den zivilen Luftverkehr und die Landesverteidigung er- brachten, vor allem aber die amerikanische Ö f - fentlichkeit von der Verwundbarkeit ihres Lan- des und damit von der Notwendigkeit einer eigenen, starken Luftwaffe überzeugten.

Der Aufsatz »The Meaning of Strategy« von Oberst Dr. Posvar und das ausführlich bespro- chene Budi von Generalmajor Dale Ο. Smith über das Verhältnis zwischen Zivil und Militär (The Eagle's Talons. Α Military View of Civil Control of the Military) dürften das besondere Interesse des deutschen Lesers finden. Von Clause- witz ausgehend, für den die Strategie nodi Be- standteil der Politik war, sieht Posvar das We- sen der Strategie nodi am ehesten in den Lehren von Lenin und Mao verkörpert und bemängelt das vornehmlich taktische Vorgehen etwa Chur- chills oder Feldmarschall Wavells wie audi die politisch und gesellschaftlich, d. h. strategisch falsche Forderung der bedingungslosen Kapitu- lation Deutschlands durch die Alliierten. Da die Amerikaner Clausewitz vernachlässigten, seien sie den Kommunisten unterlegen, schreibt Posvar speziell im Hinblick auf Vietnam. Dieser viel- versprechende Aufsatz wird in der nächsten Nummer des Aerospace Historian fortgesetzt.

Den Grundsatz anerkennend, daß das Militär der zivilen Kontrolle unterstehen sollte - außer in Fällen offensichtlicher Unmoral der zivilen Führung - , meint General Smith, daß das Mili- tär vom Volke getragene Regierungen ebenso häufig gestürzt wie geschützt habe, und räumt mit dem Vorurteil auf, Militärs seien der Gewalt mehr zugetan als Zivilisten. Insbesondere spricht er den vielgeschmähten preußischen bzw. deut- schen Generalstab frei von den Anschuldigungen der jüngsten Vergangenheit und bedauert, daß

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diese Voreingenommenheit die Entwicklung der militärischen Führungsorganisation Amerikas oft behindert habe. Er hebt den Widerstand gegen Hitler in deutsdien Generalstabskreisen hervor und betont die zivile Herkunft der Diktatoren Lenin, Mussolini und Hitler, während etwa Ke- mal Atatürk und Ismet Inönü, die Gründer der modernen Türkei, oder Kaiser Meiji und seine Helfer, die Erneuerer Japans im 19. Jh., Mili- tärs gewesen seien. Der Beruf des Soldaten sei ebenso honorig wie ζ. B. der des Arztes. Ob Smiths hieraus erhellende Forderung nach stär- kerer Durchdringung der öffentlichen Schulen mit militärischem Denken und militärischer Er- ziehung berechtigt ist, dürfte eine nicht überall gleich zu beantwortende Frage sein. Η. B.

John Killen: The Luftwaffe. A History.

Frederick Muller Ltd., London 1967, X u.

310 Seiten.

Es handelt sich bei dieser Neuerscheinung nicht um ein wissenschaftliches Werk über die Luft- waffe, sondern, wie die sehr lückenhafte Biblio- graphie und der Untertitel zeigen, um eine Ge- schichte der Luftwaffe. Sie beruht vornehmlich auf Sekundärliteratur, wie sie seit 1945 zum Thema Zweiter Weltkrieg, Luftwaffe und Luft- krieg besonders von deutscher und anglo-ameri- kanischer Seite in der Form von Erinnerungs- und Sachbüchern veröffentlicht worden ist.

Feuchter und Völker werden nicht genannt.

Quellenangaben fehlen grundsätzlich trotz häu- figen Anführens wörtlicher Zitate. Insgesamt hat man jedoch den Eindruck, daß der Autor über die angegebene Literatur hinaus eine intime Kenntnis der Materie, besonders der wirtschaft- lich-technischen Rüstungsprobleme, aus noch an- deren Quellen besitzt.

Das Buch soll den historisch interessierten Laien ansprechen, zu welchem Zweck Killens auch die alten Luftstreitkräfte umfassende Geschichte der Luftwaffe in den historisch-politischen Ablauf eingegliedert, in einem sehr lebendigen, flüssigen Stil dargestellt und durch viele Bilder illustriert wird. Dabei besticht die Fähigkeit, allerhöchste Entscheidungen mit ihren praktischen Auswir- kungen zu konfrontieren und die bisherigen Er- kenntnisse zu einem eindrucksvollen und in den Grundzügen wohl zutreffenden Bild der Luft- waffe zu verdichten. Gewisse Einzelheiten be-

dürfen jedoch der Berichtigung, der Klärung oder der Diskussion, so etwa Killens Urteil über den deutschen Luftangriff auf Rotterdam vom 14. 5.

1940 (110); die Darstellung der Mitwirkung der deutschen Luftwaffenführung an dem Zustande- kommen der verhängnisvollen Entscheidung Hitlers, die eingeschlossene 6. Armee in Stalin- grad durch die Luft zu versorgen und damit zum Ausharren zu zwingen (210 f.); das zu Recht erwähnte Ränkespiel zwischen den im wesent- lichen richtig charakterisierten führenden Män- ner der Luftwaffe, nämlich Göring, Milch, Udet und Jesdionnek; die Frage, ob Milch als Udets Vorgesetzter das Problem der Rüstungszersplit- terung und zu großen Vielfalt der Flugzeug- typen wirklich nicht rechtzeitig hätte lösen kön- nen, wenn er es gewollt hätte (158); die Feststel- lungen, die Tragödie des Strahlers Me 262 sei die Tragödie der Luftwaffe (261) und der Miß- erfolg der Luftwaffe in der Luftschlacht um England sei die Wende in Görings Karriere (121) gewesen u.a.m. Man vermißt auch eine adäquate Erörterung der Bedeutung des Radars und des Ausfallens der deutschen Treibstofferzeugung 1944 für den Zusammenbruch der Luftwaffe so- wie der allerdings nicht nachhaltig genug ver- tretenen Einwände Görings gegen den Rußland- feldzug. Wenn RAF-Marschall Sir John Slessor im Vorwort des Buches die Fehler Hitlers und Görings in der Luftwaffenführung als die »Ge- heimwaffe« (IX) der Alliierten im Kampf gegen die Luftwaffe bezeichnet, so ist das sicher zu pointiert, weist aber auf einen wahren Sachver- halt hin.

Etwas mehr Aufmerksamkeit hätte gewissen Details gewidmet werden müssen. So wird Ge- neralfeldmarschall Hugo Sperrle durchweg als

»General Hugo von Sperrle« bezeichnet, General Felmy heißt »Felmay« (u. a. 103), GFM Paulus wird zu »von Paulus« (209), Generalmajor Ploch zu »General Floch« (178). Wolfram von Richt- hofen war nicht Kommandierender General des VII. Fliegerkorps (112), sondern des VIII. Nicht immer stimmen Oberschriften und Inhalt der Kapitel überein. So findet man den mit Unter- stützung der Luftwaffe durchgeführten Kanal- durdibrudi eines Teiles der deutschen Flotte im Februar 1942 in dem mit »Malta« bezeichneten und den Einsatz der Luftwaffe in Nordafrika

1942/43 im »Stalingrad«-Kapitel beschrieben.

Trotz dieser - vergleichsweise wenigen - Irrtü- mer und obwohl neue Erkenntnisse nicht geboten werden und wohl auch nicht beabsichtigt sind, verdient dieses Buch unsere Aufmerksamkeit,

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weil es der englisch sprechenden Welt ein erfreu- lich ausgewogenes und faires Bild von der Luft- waffe vermittelt und den Leistungen und Leiden der Soldaten und der vom Luftkrieg betroffenen Zivilbevölkerung auf beiden Seiten gerecht zu werden sucht. Η. B.

Alfred Thayer Mahan: Der Einfluß der Seemacht auf die Geschichte 1660-1812, überarbeitet und herausgegeben von Gustav-Wolf Wolter. Koehlers Verlags- anstalt, Herford 1967, 246 Seiten.

Alfred Thayer Mahan wurde von seinen Bewun- derern vielleicht etwas voreilig und großzügig zum »Clausewitz der See« erhoben. Zu einem Clausewitz fehlen dem amerikanischen Pragma- tiker das weit ausholende Denken und der Ehr- geiz gleichsam philosophischer Durchdringung des Stoffes. Nichtsdestoweniger wird Mahan in der Theorie des Seekriegs als Autorität am häu- figsten zitiert. Ihm bleibt das Verdienst, den Ein- fluß der Seemacht auf Strategie und Politik der großen Mächte am eingehendsten an der histo- rischen Entwicklung, insbesondere an der Rivali- tät Englands und Frankreichs, untersucht und die Bedeutung der Ausübung von Seemacht für säkulare Entscheidungen (Trafalgar) am nach- drücklichsten betont zu haben.

Seit 1885 Leiter des amerikanischen Naval War College studierte Mahan die Strategie von Jo- mini, Napoleon und Nelson. Dabei kam er zu der Überzeugung, daß die See als entscheidender geschichtlicher Faktor bisher nicht richtig gewür- digt worden sei. So machte er sich daran, die Ele- mente der Seemacht nach allen Richtungen zu analysieren: politisch, geographisch, militärisch, wirtschaftlich. Die Kreuzerkriegserfahrungen aus dem amerikanischen Sezessionskrieg bekräftigten seine Auffassung, daß zum Erringen der See- herrschaft die Vernichtung der feindlichen Flotte in der rangierten Seeschlacht notwendig sei. Die- ser Gedanke hat sich im 20. Jahrhundert gegen- über den Vorstellungen der »jeune icole« durch- gesetzt. Er dominierte selbst dann noch, als neue Seekriegsmittel dem strategischen Handelskrieg ungeahnte Möglichkeiten eröffneten, nämlich die wirtschaftliche Vernichtung des Gegners ohne Entscheidungsschlacht mit seiner Schlachtschiff- Armada. Für die geschichtlichen Epochen jedoch, die Mahan zum Gegenstand seiner Studien

machte, wie für seine Zeit waren seine Theorien stichhaltig. Fragwürdig war der Versuch, Ma- hans Prinzipien für das Tirpitzsche Konzept der Schlacht in der Nordsee zu bemühen: für eine Macht, die nur über das »nasse Dreieck« als Aus- gangsbasis verfügte, trafen sie nicht zu.

Die von Gustav-Adolf Wolter vorgelegte ge- kürzte Fassung und Zusammenfassung der bei- den Mahanschen Werke »The Influence of Sea Power upon History, 1660-1783« (erschienen 1890) und »The Influence of Sea Power upon the French Revolution and Empire, 1783-1812«

(erschienen 1892), bereits 1898/99 auf Weisung Wilhelms II. einmal in voller Breite übersetzt, ist ein sehr dankenswertes Unternehmen. Durch die Beschränkung auf den zum Verständnis des Ganzen notwendigen Stoff wird die Lesbarkeit Mahans wesentlich gefördert. Dabei bleibt wohl das Hauptverdienst nach wie vor dem Autor, dessen auch noch in der Übersetzung durchschei- nende lebendige Persönlichkeit die Lektüre an- regend und teilweise spannend macht.

Von Mahan ist weniger bekannt, daß er ein außerordentlich produktiver Schriftsteller war, dessen Werke insgesamt 20 Bände füllen. Seine Liebe zu seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Lehrer war so groß, daß sie ihn mit seiner Offi- zierkarriere in Konflikt brachte; als er im Jahre 1892 der Anciennität nach zu einem Bordkom- mando heranstand, bat er, davon dispensiert zu werden. Die Antwort seiner Personalstelle reflek- tiert eine Haltung, die selbst in unserer Gegen- wart, die den wissenschaftlich gebildeten Offizier propagiert, nicht überwunden erscheint. Sie lau- tete: »It is not the business of a naval officer to write books.« Die Nachwelt darf dankbar sein,

daß Mahan dennoch schrieb. Fo

Helmut Göpfert / Bertold Josten: Zur Kriegskunst der republikanischen Streit- kräfte im national-revolutionären Krieg des spanischen Volkes, in: Zeitschrift für Militärgeschichte, Jg 5 (1966), S. 407-417.

Der Aufsatz faßt die Diskussionsbeiträge der Autoren auf einer wissenschaftlichen Konferenz der Militärakademie »Friedrich Engels« zusam- men und gibt einen instruktiven Überblick über Ausgangslage, Entwicklung und Besonderheiten der Kampfführung der spanischen Volksarmee in den einzelnen Phasen des Krieges.

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Die Überlegenheit der Francotruppen, deren Sieg ausschließlich durch die Intervention Deutsch- lands und Italiens herbeigeführt worden sei, habe bewirkt, daß die Volksarmee vielfach nicht nach modernen Einsatzgrundsätzen, wie sie kurze Zeit später im Zweiten Weltkrieg an- gewendet wurden, kämpfen konnte. Die wich- tigste Rolle habe in allen Kämpfen die Infante- rie gespielt. Panzer seien überwiegend als Hilfs- waffe der Infanterie zur Lösung taktischer Auf- gaben verwendet worden. Audi der Einsatz der Luftstreitkräfte habe im wesentlichen der un- mittelbaren Unterstützung der Landstreitkräfte gedient, wobei die Flieger häufig die Aufgaben der Artillerie übernehmen mußten. Der Über- gang vom anfänglichen Bewegungskrieg zum Stellungskrieg sei in erster Linie durch den Man- gel an Kräften bei der Volksarmee verursacht worden. Besondere Bedeutung für deren Ent- wicklung hätten die sowjetischen Militärberater erlangt. Der Kampf der republikanischen Streit- kräfte in Spanien lehre, daß die politisch-mo- ralische Überlegenheit allein nicht genüge, um in einem Kriege den Sieg zu erringen. J. F.

Brigadier Peter Young, D. S. O., M. C : The Arab/Israeli War: June 1967-1;

Charles Douglas-Home: The Arab/Israeli War: June 1967-11, in: The Royal United Service Institution Journal, London, Bd 112, 1967, S. 324-339.

Im Rahmen ihrer Absicht, Wissenschaft und Li- teratur in den drei britischen Teilstreitkräften zu fördern, hat das R.U.S. I. unmittelbar nach dem arabisch-israelischen Feldzug zwei Sitzungen mit Vorträgen und Diskussionen über dieses Thema abgehalten.

Young, der Referent der ersten Sitzung, hatte drei Jahre hindurch ein Regiment der Arabischen Legion kommandiert, aber auch Israel besucht.

Nach kurzem Überblick über die israelische Grenzsituation, die zahlreichen Grenzverletzun- gen und die relativ hohe Verletzlichkeit israeli- scher Städte durch Luftangriffe verglich Y. die Lage Israels mit der Preußens unter Friedrich dem Großen. Er meint, daß die führenden Israelis überhaupt von deutschem militärischen Denken beeinflußt seien, von Friedrich dem Gro- ßen, Clausewitz usw. bis zum »Blitzkrieg«. Nach seiner Auffassung garantiert materielle Über-

legenheit keineswegs den Erfolg. So habe bei den Israelis eine der wesentlichen Stärken darin be- standen, daß sie sich durch Zahlen nicht beein- drucken ließen. Young hebt als entscheidende Gründe für die Überlegenheit der Israelis die ausgezeichnete Organisation der Mobilmachung und den glänzend informierten Nachrichten- dienst hervor. Letzterer erhalte zusätzlich Wert dadurch, daß der Gegner nichts Gleichwertiges entgegenstellen konnte. Die Ägypter hätten außerdem ihre eigenen Kräfte überschätzt.

Eine vergleichende Kritik der Offizierkorps zeigt eine überdurchschnittliche Qualität bei den Israe- lis. Den Jordaniern fehlten tüchtige Stabsoffi- ziere. Die Ägypter kümmerten sich eher um ihre Privilegien als um ihre Soldaten. Überhaupt klebten die arabischen Offiziere zu sehr am Buch- staben der Vorschrift - im Gegensatz zu den Israelis.

Schließlich versucht der Referent, Lehren aus die- sem Kampf zu ziehen, etwa die, daß Gewalt immer noch als wirksames Mittel zur Durchset- zung politischer Ziele angesehen werden muß.

Diese Folgerung ist eher politischer als strategi- scher oder gar operativer Art. Young sah offen- bar im Falle einer israelischen Niederlage das Eingreifen der USA als sicher an, meint anderer- seits aber, daß die UdSSR mit dem Ausgang des Feldzuges zufrieden sein könnte, da ihr weiter- hin an Unruhe im nahöstlichen Raum gelegen sei.

Abschließend hob der Chairman drei wesentliche Erkenntnisse hervor:

- Die Bedeutung der Imponderabilien im Kriege.

Imponderabilien könne man nicht durch Com- puter ausschalten. Immer noch hänge die Ent- scheidung von der Persönlichkeit des Führen- den ab.

- Die Schlüsselrolle der Luftüberlegenheit.

- Die Bedeutung der enormen Bereitschaft zum Militärdienst in Israel (hohe Kampfmoral).

Mr. Charles Douglas-Home, der Referent der zweiten Sitzung, beschäftigt sich mit der ein- drucksvollen Organisation der Mobilmachung in Israel. Die reguläre israelische Armee sei vorwie- gend eine Kadertruppe, die rasdi vervollkomm- net werden könne. Eine andere Voraussetzung für den Erfolg sei die strikte Geheimhaltung ge- wesen, die von der gesamten Bevölkerung beach- tet wurde. Infolge hervorragender Tarnung seien Stellungen und Gefechtsstände nicht zu erkennen gewesen. Zwei Eigenschaften der Israelis: die Fähigkeit der Truppe, ohne Unterbrechung min- destens 72 Stunden im Kampf zu stehen, und die

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