Anteil der Drogenerfahrenen nach folgenden Kriterien
Drogen- erfahrene insgesamt
Aktuelle Drogen- Konsumenten
• Soziale Schicht
Unterschicht Untere Mittelschicht Mittelschicht Obere Mittelschicht Oberschicht
• Gemeindegröße
unter 2 000 Einwohner 2 000— 4 999 Einwohner 5 000— 19 999 Einwohner 20 000— 99 999 Einwohner 100 000— 499 999 Einwohner 500 000-1 499 999 Einwohner
in Prozent
10 3,5
9 3
8 3
12 4
13 5,5
in Prozent
7 3
6 2,5
9 3
9 3,5
11 4
15 5
1 500 000 und mehr Einwohner 20 8
Tabelle: Drogenerfahrene in der Bundesrepublik Deutschland (ohne Bremen, Hessen und West-Berlin)
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
KURZBERICHTE
Kinder aus der Oberschicht sind drogengefährdet
Die Rauschgiftkriminalität hat seit 1974 um rund 100 Prozent zuge- nommen. Das geht aus der Ant- wort der Bundesregierung auf ei- ne kleine Anfrage der Koalitions- fraktion hervor. Im Jahre 1982 wurden 63 002 Delikte registriert.
Beim Konsum ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen, zumin- dest bei Heroin. Kokain und Can- nabis haben eine Steigerung er- fahren, sowohl was den Ver- brauch als auch den Vertrieb an- geht.
Die Hälfte des auf den Markt ge- langten Heroins dürfte von Polizei und Zoll 1982 sichergestellt wor- den sein. Dabei ist jedoch zu be- rücksichtigen, daß das sicherge- stellte Heroin einen viel höheren Wirkstoffgehalt hat, da die Dealer im „Straßenverkauf" das Heroin strecken.
Die Zahl der Drogentoten ist von 29 1970 auf 472 Tote 1983 ange- stiegen. Im westeuropäischen Raum haben sich der Rauschgift- mißbrauch und die Kriminalität ähnlich entwickelt. Genaue Zah- len lassen auf Grund der unter- schiedlichen systematischen Er- fassung keine eindeutigen Rück- schlüsse zu. Differenzen ergeben sich auch aus dem unterschied- lichen Umgang mit der Rausch- giftproblematik, wie die Nieder- lande zeigen.
Da ausländische Dealer- und Schmuggelorganisationen vor- herrschen, strebt die Bundesre- gierung eine bessere Zusammen- arbeit bei der internationalen Fahndung an. Für die kriminalpo- lizeiliche Kooperation mit Her- kunfts- und Anbauländern stehen dem Bundeskriminalamt zwei Mil- lionen DM zur Verfügung.
Kinder der oberen Mittelschicht und der Oberschicht sind stärker
rauschgiftgefährdet als Kinder der Unterschicht (siehe Tabelle oben). Mit zunehmender Gemein- degröße steigen auch die Drogen- erfahrungen. Die Kriminalität in Verbindung mit Rauschgift kon- zentriert sich ebenfalls auf Großs- tädte. Die Anonymität biete dort größeren Schutz für die Abhängi- gen.
Der Drogenmißbrauch ist häufig an bestimmte Cliquen gebunden, die sich leichter in Ballungsräu- men zusammenfinden. Wo sich wie in Bayern ein geringer Rück- gang des Heroinkonsums gezeigt hat, betrifft er jedoch den groß- städtischen Raum. Das könnte aber auch daran liegen, daß die Bemühungen um Eindämmung des Mißbrauchs illegaler Drogen
auf städtische Verhältnisse zuge- schnitten sind.
Insgesamt beurteilt die Bundesre- gierung die Erfolge in der Drogen- therapie als positiv. Durch den Zu- gewinn, auch an wissenschaft- lichen Erkenntnissen der Thera- pieforschung, sei die stationäre Behandlung insgesamt erfolgrei- cher geworden.
Unter Einschluß von Wiederbe- handlungen liege die Heilungs- quote gegenwärtig bei 30 bis 50 Prozent. Stationäre und ambulan- te Hilfe müßten jedoch noch ver- bessert werden. Maßnahmen zur Früherkennung Drogengefährde- ter und zur Verhinderung von Therapieabbrüchen seien initiiert worden. CS Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 19 vom 11. Mai 1984 (21) 1521