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Archiv "Immer mehr Heroin-Tote" (30.08.1979)

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Academic year: 2022

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Immer mehr Heroin-Tote

Anteil der Selbstmörder: 60 Prozent

1970

104 Tote

106 Tote

139 Tote

189 Tote

325 Tote

390 Tote

400 Tote

C

1 )

Seit Beginn der Heroinwelle ster- ben in der Bundesrepublik Jahr ,

für Jahr mehr junge Menschen durch das weiße Gift. 1969 hatten die Statistiker Herointote noch gar nicht registriert — es waren zuwenig. 1978 gab es schon 400 Tote, in diesem Jahr werden es wahrscheinlich schon über 500 sein. Der Anteil der Selbstmörder unter den Toten beträgt etwa 60 Prozent. Die übrigen sterben, weil ein Dealer ihnen Stoff verkauft, der stärker ist als sie annehmen, oder sie haben eine Entziehungs- kur hinter sich, erleiden einen Rückfall und greifen zu einem He- roinkonzentrat von 15 bis 20 Pro- zent. Ein Heroinsüchtiger braucht jeden Tag einen Schuß, der in der Regel zwischen 200 und 300 DM kostet, das sind runde 6000 DM im Monat WZ Spektrum der Woche

Aufsätze Notizen

„Teufelskreis" Drogen

fenen wirken kann. Deshalb bedarf sowohl der Betroffene als oft auch die Familie verstärkter Sozialmaß- nahmen.

Angesichts der verheerenden Fol- gen der Drogenabhängigkeit ist Keup nur zuzustimmen, wenn er von der öffentlichen Hand außerge- wöhnliche und mutige Gegenmaß- nahmen verlangt, die allerdings nur mit dem erheblichen Einsatz von fi- nanziellen und personellen Mitteln bewältigt werden können. Sie soll- ten möglichst schnell und unbüro- kratisch von allen politischen Partei- en ohne Politisierung des Problems aufgegriffen werden.

Maßnahmenkatalog

Keup fordert im einzelnen folgende Maßnahmen:

Steigerung der „Abfangquote" auf der Angebotsseite durch erhebliche Vermehrung des Fahndungsperso- nals bei Kriminalpolizei und Zoll- fahndung;

Intensivierung der präventiven Maß- nahmen;

Verbesserung der Motivation zur Therapie bei Drogenabhängigen durch einen breiteren Ansatz von

„Streetworkern" und die Anwen- dung „unorthodoxer Verfahren";

Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von regional aufzustellenden

„Entgiftungsbetten" zur Ausschal- tung von „Überbrückungshilfe";

Einrichtung von Suchtfachambulan- zen mit ausreichender Ausstattung;

menschenwürdige Unterbringung von untherapierbaren Drogenab- hängigen;

Heranbildung von Fachkräften (Ärz- te, Psychologen, Sozialarbeiter);

eine klare offizielle Stellungnahme gegen sogenannte Erhaltungspro- gramme;

großzügiger Einsatz von For- schungsmitteln, um Forschungspro- gramme durchführen zu können;

Errichtung eines deutschen zentra- len Koordinierungs- und For- schungsinstitutes für Suchtfragen;

Gründung eines Lehrstuhls für Suchtfragen im Zusammenhang mit diesem Forschungsinstitut.

Professor Dr. med. Wolfgang Pitt- rich, kommissarischer Leiter der Ab- teilung für klinische Psychiatrie II des Zentrums für Psychiatrie der Universität Frankfurt, referierte über die „Behandlung der Drogenabhän- gigkeit" und zeigte die „klinischen Aspekte der Diagnostik und Thera- pie einschließlich Notfalltherapie

und Beratung der Angehörigen" auf.

Er führte zur Frankfurter Drogensze- ne aus, daß die jährliche Zuwachsra- te Drogenabhängiger allein in Frankfurt 1977/78 40 Prozent be- trug und daß dort gegenwärtig 1700 Fixer polizeilich registriert sind, wo- von 85 Prozent heroinabhängig sind.

Frankfurter Fixer-Szene

Insgesamt dürfte die Zahl jedoch bei 3000 liegen, wobei etwa 50 Prozent suchterzeugende Schlafmittel neh- men, die zu 90 Prozent aus ärztli- chen Verschreibungen stammen.

Ein Fixer benötigt in Frankfurt 4000 bis 5000 DM zur Deckung seines Drogenbedarfs. Diese Mittel be- schafft er sich durch Drogenhandel, Diebstahl und Prostitution. Dauer- hafte Maßnahmen zur „Entfernung der Fixer von der Straße" werden durch zu starke Zurückhaltung der Gesundheitsaufsicht bei der Einwei- sung polizeilich vorgeführter Hero- inabhängiger, zu schnelle Haftent- lassung oder zu wenig Gebrauch von Einweisungen in stationäre Be- handlung, eine hohe Entweichungs- quote bei den psychiatrischen Lan- deskrankenhäusern und zu schnelle Entlassung aus diesen Kliniken so- wie besonders zu schnelle Entlas- sung von Drogennotfällen aus inter- nistischen Kliniken und Intensivsta- tionen verhindert. Alarmierend ist vor allem die Tatsache, daß sich mehr als die Hälfte der Drogentoten bereits in „staatlicher Hand" be- fand (Zwangseinweisung, Therapie, Strafvollzug).

Pittrich berichtete, daß die schweren lebensbedrohlichen Fälle zugenom- men hätten und zunehmend die Ver- sorgung in internistischen Intensiv- stationen erfordern. Außerdem sind Diagnostik und Therapie aufgrund der vorwiegenden Mehrfachab- hängigkeiten schwieriger geworden.

Gerade hieraus wird deutlich, wie wichtig die Tätigkeit von Drogenbe- ratungsstellen im Hinblick auf einen Behandlungserfolg ist.

Bernhard Menzemer, Leiter einer solchen Drogenberatungsstelle, be-

2206 Heft 35 vom 30. August 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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