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Archiv "Heroin — Ein Blick hinter die Kulissen" (05.02.1981)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Opioid-Abhängigkeit

Heroin — Ein Blick hinter die Kulissen

Seit etwas über einem Jahr wird der Heroin-Markt mit hochrei- nem, billigem „Stoff" aus Iran, Pakistan und Afghanistan über- schwemmt. Die Bundesrepublik Deutschland hat das zuallererst zu spüren bekommen.

Der deutsche Markt wird über Südosteuropa, wahrscheinlich über die Türkei, gespeist. Welche Rolle dabei Gastarbeiter und/

oder „Flüchtlinge" spielen, ist noch nicht geklärt. Die Überflu- tung auch des amerikanischen Marktes — der neue „Stoff" könn- te dort das weniger reine Heroin aus dem Fernen Osten ablösen — wird für dieses und für das näch- ste Jahr erwartet. Vorerst wird — dank durchgreifender Maßnah- men der Exekutive — eine Ver- knappung des Marktes an Heroin in den USA beobachtet. Der han- delsübliche „Verschnitt" enthält im Mittel nur 2-5% Wirkstoff.

Die Erfahrung mit Drogensüchti- gen lehrt, daß der Therapiever- such ein mühsames Unterneh- men ist, das von den damit Be- trauten hohe persönliche Opfer fordert. Voraussetzung ist eine immense persönliche Zuwen- dung seitens des Pflegeperso- nals, wie sie heutzutage nur noch schwer zu erbringen ist. Wenn der Therapieversuch sinnvoll sein soll, bedarf es deshalb auch des Einsatzes integrer Freunde und der Angehörigen des Süchti- gen. Die Erfolgsaussichten eines Therapieversuchs sind — gemes- sen an der Rückfallquote — heute noch so gering, daß man das Wort Heilung in diesem Zusam- menhang besser gar nicht bemü- hen sollte. Man muß offen beken- nen, daß die Methoden einer durchgreifenden Therapie bei Drogensüchtigen erst noch erar- beitet werden müssen und das Experimentierstadium bisher noch gar nicht verlassen haben.

Es gibt das zunächst zynisch klin- gende Wort eines in der Therapie Drogensüchtiger Erfahrenen in den USA, daß ein Süchtiger gute Aussichten hat, von seiner Sucht befreit zu werden, wenn er acht Jahre übersteht, keine Hepatitis aufschnappt, nicht verhungert und noch nicht zu ausgebrannt ist, um wieder Zugang zu einer menschlichen Umwelt finden zu können. Der Satz hat seine Be- rechtigung, zieht man in Be- tracht, daß nach dieser Zeit das Potential, das die Sucht verur- sacht hat, aufgebraucht zu sein scheint, eine Beobachtung, die eher für eine psychische Ursache der Sucht spricht als für eine — gegenwärtig vielfach aber auf sehr schwacher theoretischer Basis diskutierte — biochemische Läsion. Sie soll die Sucht für den Betroffenen mehr oder weniger unausweichlich machen.

Nach Schätzungen muß ein ab- hängiger Fixer für seinen Eigen- bedarf monatlich zwischen 3000 und 4000 DM aufbringen. Dieser Betrag macht verständlich, war- um ein Süchtiger so leicht krimi- nell wird: Er ruiniert sich über kurz oder lang wirtschaftlich so sehr, daß er das Geld für seinen Bedarf auf normale Weise gar nicht mehr aufbringen kann, und zu oft wird er in seiner Not sogar zum Minidealer. Aus dieser Über- legung lassen sich Rückschlüsse auf Wege der Suchtbekämpfung ableiten, die, sollen sie präventiv erfolgreich sein, außerhalb des ärztlichen Wirkungskreises ange- siedelt sind.

Am wirkungsvollsten ist sicher- lich, dafür zu sorgen, daß vor al- lem Jugendliche erst gar nicht mit Drogen in Berührung kom- men. Das bedeutet, die admini- strativen und polizeilichen Maß- nahmen müssen so verstärkt wer- den, daß die Bundesrepublik

Deutschland nicht, wie bisher, als Tummelplatz für Dealer und als Markt für leicht zu verdienendes Geld betrachtet wird. Will man die Drogenszene wirklich unter Kontrolle bringen, dann wird man vor allem auch den Schulen grö- ßere Aufmerksamkeit schenken müssen, denn die Hinweise häu- fen sich, daß Minderjährige schon dort mit Drogen in Kontakt gebracht werden. Auch hier fragt man sich, wie dieses Problem an- gesichts des nahezu völligen Ver- zichts auf disziplinäre Einwir- kungsmöglichkeiten in den Schulen gemeistert werden soll.

Man darf sich nicht darüber hin- wegtäuschen, daß die Bereini- gung der Drogenszene zwar möglich ist, daß das aber nicht ohne Einschränkung jener soge- nannten persönlichen Freiheiten geht, bei denen die Gefahr des Mißbrauchs höher einzuschätzen ist als ihr Wert an sich, beobach- tet man ihn in Beziehung zur Ge- fährdung vor allem von Jugendli- chen. Es ist durchaus wahr- scheinlich, daß sich in der Bun- desrepublik angesichts des „Not- standes Drogengefahr" auch für unpopuläre Maßnahmen Mehr- heiten finden werden.

Diese Überlegungen dürfen na- türlich nicht darüber hinwegtäu- schen, daß auch die Mittel und Möglichkeiten zur Therapie be- reits Süchtiger erheblich verbes- sert werden müssen. Wenn zu Anfang darauf hingewiesen wur- de, daß die Therapie noch in den Kinderschuhen steckt, dann kann daraus eigentlich nur der Schluß gezogen werden, daß es hoch an der Zeit ist, zunächst einmal ein Konzept zur systematischen Er- forschung der Therapie Süchti- ger zu entwickeln. Therapieren statt strafen? Dazu ein uneinge- schränktes Ja; zunächst aller- dings geht es erst einmal um die Entwicklung von Methoden, die das anspruchsvolle Wort Thera- pie in diesem Zusammenhang rechtfertigen. W. Forth

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 6 vom 5. Februar 1981 227

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