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Archiv "Blick hinter die AOK-Kulissen" (23.12.1976)

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Blick hinter die AOK-Kulissen

Was gibt es Neu es im Daten-Skandal beim bayerischen Landesverband der Ortskrankenkassen? Diese Frage möchten wir heute von Oskar Hatz, dem Kolumnisten der "Pas- sauer Neuen Presse", beantworten lassen, der seinerzeit den Lindauer AOK-Daten-Skandal aufgedeckt und seither viel Unbill seitens des bayeri- schen Landesverbandes der Orts- krankenkassen zu erleiden hat.

Unter der Überschrift "BLICK hinter die Kulissen" notiert und kommen-

tiert Oskar Hatz in seinem Blatt wö-

chentlich die bayerische Landespo- litik - eine gefürchtete, vor allem auch in der bayerischen Landes- hauptstadt stark beachtete Ko- lumne. ln der Ausgabe der "Pas- sauer Neuen Presse" vom 11. De- zember berichtet er u. a. darüber, was ihm das Landgericht München weiterhin über den AOK-Landesver- band zu schreiben erlaubte; er zeigt außerdem Zusammenhänge zwi- schen dem Daten-Skandal und der AOK-Kampagne gegen Prof. Dr. Se- wering auf. Vielleicht hätte es auf die Leser ermüdend gewirkt, wenn wie- der einmal "einer vom DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT" in dieser Sache zur Feder gegriffen hätte; um so "erfri- schender" mag der erhellende Wort- laut von Bericht und Kommentar des an der Sache völlig unbeteiligten, in der Sache völlig unabhängigen Journalisten Oskar Hatz wirken:

"Am vergangeneo Mittwoch verkün-

dete die 9. Zivilkammer beim Land- gericht München I ihr Urteil über den Antrag des Landesverbandes der Ortskrankenkassen (LdO) in Bayern zu einer einstweiligen Verfü- gung gegen unsere Zeitung und mich. Mit ihr sollte uns verboten werden, weiter zu behaupten, ,es gebe bei der Ortskrankenkasse eine streng geheimgehaltene und gegen den Datenschutz verstoßende Aus- wertung von Krankenbelegen, .. . die Ortskrankenkassen in Bayern werten weiterhin unter völlig unzu- reichenden Voraussetzungen ge-

nauso falsch aus, wie sie es zum Jahresbeginn begonnen haben, ... die zuständigen Ortskrankenkas- sen-Manager hätten es zugelassen, daß für den Aufbau einer Datenbank aus Leistungsbelegen Arbeitslose vom Arbeitsamt Verwendung fan- den, die vom Tuten und Blasen keine Ahnung hatten', ... , daß Bay- erns Sozialminister als höchste Auf- sichtsinstanz von dieser Aktion nichts wußte und übergangen wurde und ausgerechnet die linksradikale Berliner Universität mit diesem For- schungsauftrag der Ortskranken- kassen befaßt sei. Weiter sollte mir verboten werden zu schreiben, daß diese Ortskrankenkassenaktion zu- mindest bis zum vergangeneo Okto- ber keinesfalls ,wissenschaftlich ge- leitet' war und die Ortskrankenkas- senvertreter dies am 21. Oktober ge- genüber dem Arbeitsminister Pirkl sogar ganz offen zugegeben haben.

Die 9. Zivilkammer des Landgerichts München I erfüllte aber mit ihrem Urteil am Mittwoch das Ziel der LdO nicht, sondern wies deren Antrag unter Auferlegung der Kosten zurück!

Auch wenn das Gericht die Begrün- dung, warum der Landesverband der Ortskrankenkassen abblitzte, schriftlich untermauert erst später zustellt, ist jetzt quasi gerichtlich un- ser Vorwurf gegen die skandalöse Datenerfassungs-Aktion an einigen bayerischen Ortskrankenkassen ge- prüft und unterstrichen worden.

Ortskrankenkassen abgeblitzt

~ Nicht geprüft mußten die Vorwür- fe werden, daß entgegen den Grund- sätzen des Datenschutzes, durch Genehmigung der Verantwortlichen der AOK Lindau, ein zeitlich be- grenzt beschäftigter Aushilfsange- stellter sogar Krankenbelege mit ärztlichen Angaben über Intimdaten der einzelnen Versicherten zu einer privaten Auswertung aus den Diensträumen mit nach Hause neh- men durfte - was bekanntlich be- reits zu einer parlamentarischen An- frage der CSU-Abgeordneten lngo Weiß und Hannes Spitzner führte.

Die Information:

Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

~ Nicht geprüft werden mußte auch der Vorwurf, daß maßgebliche Per- sönlichkeiten der AOK Lindau bei Beginn der Geheim-Aktion gegen den Ärzte-Präsidenten Sewering sinngemäß sagten: ,Das wäre die Spitze; wenn wir den erwischen, wäre alles gewonnen - den müssen

wir unbedingt erwischen, dann wäre

die ganze Sache schon gelaufen.'

~Gerade diese beiden ungeheuerli- chen Vorwürfe, die jetzt schon seit über einem Monat im Raum stehen, versucht der Landesverband der Ortskrankenkassen nämlich totzu- schweigen. Hierzu· wurde weder eine einstweilige Verfügung beantragt, auch keine ·Gegendarstellung ver- langt und nicht einmal eine demen- tierende Presseerklärung herausge- geben. Sogar in dem Ende Novem- ber erschienenen Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Ortskran- kenkassen, in dem sich deren Ge- schäftsführer Hans Sitzmann gegen unsere Zeitung und mich in geifern- den Beschimpfungen ergeht, wird mit keiner Silbe auf diese Vorwürfe eingegangen.

~ Aber während Sitzmann bisher versuchte, seine systemändernden Bemühungen zu kaschieren, ließ er als Drahtzieher jetzt die Maske fal- len. ln seinem Artikel im AOK-Mittei- lungsblatt verkündet er, der LdO werde das hier auf so anrüchige Weise durchgeführte Projekt ,mit al- ler Energie weiterverfolgen, selbst wenn einige unserer Partner auch künftig versuchen sollten, unsere Abneigung gegen ihre unbegründe- ten Vorrechte und die Beschnei- dung ihres unverdienten Freiraums pauschal als einen allgemeinen Ver- lust an Freiheit zu beklagen'.

~ Damit hat Han.s Sitzmann als Ge- schäftsführer des Landesverbandes der Ortskrankenkassen in Bayern of- fen gesagt, was er will: Nämlich das bestehende und bewährte System und damit die bisherige Gleichbe- rechtigung von Ärzten und Kranken- kassen grundlegend zugunsten ei- nes Übergewichts der Krankenkas- sen zu ändern. Dabei scheint es ihm völlig gleichgültig zu sein, daß mit seinen Zielen die Versozialisierung

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 52 vom 23. Dezember 1976 3353

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Die Information:

Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

der ärztlichen Versorgung in unse- rem Lande käme, die nicht bürger- näher, sondern schlechter würde.

Das gestörte Verhältnis zwischen Ärzten und Krankenkassen scheint Sitzmann bewußt hinzunehmen, auch wenn es sich nachteilig auf die Versicherten auswirkt.

Um aber in der Öffentlichkeit von diesen Links-Zielen abzulenken, wurde der FallSewering konstruiert, in dem nachweislich von seiten der Ortskrankenkassen die Schweige- pflicht mehrmals gebrochen wurde. Bereits im vergangenen Frühjahr, ehe das Verwaltungsprüfverfahren gegen Sewering an die Öffentlich- keit getragen wurde, äußerte Hans Sitzmann, daß diese Angelegenheit bis in den Vorstand des DGB und andernorts bekannt geworden sei und diskutiert würde. Als das von einem Vertreter der Kassenärztli- chen Vereinigung Bayerns dann Sitzmann vorgehalten wurde, wollte er es mit der Bemerkung, das sei nach einigen Schoppen Wein gesagt worden, herunterspielen, wobei er allerdings nicht bestritt, diese Äuße- rung gemacht zu haben. Einer wei- teren Person gegenüber äußerte sich Sitzmann noch vor Erscheinen des einschlägigen ,stern'-Artikels im April dieses Jahres, daß Sewering in Kürze in einer größeren Illustrierten

,aufs Kreuz gelegt' würde.

Wer will da den Verdacht bestreiten, daß von den Führungskräften der Ortskrankenkassen, unter Bruch der Schweigepflicht, in der Öffentlich- keit Neid-Komplexe gezüchtet wer- den sollen, damit vom Marsch zur Versozialisierung unseres Gesund- heitswesens abgelenkt wird?

Unsere Zeitung hat schon von An- fang an ebenfalls die Meinung ver- treten, daß gegen die Kostenexplo- sion im Gesundheitswesen etwas unternommen werden muß. Was aber ein Hans Sitzmann und einige seiner ,Genossen' planen und zur Erreichung dieses Planungszieles jetzt schon treiben, wird von uns weiter genau beobachtet und immer wieder aufgedeckt werden ... "

(Hervorhebungen durch die DA-Re- daktion)

Zum Beispiel

Rentenprognosen:

Wem nützt die Sozis/datenbank?

Um Rentenprognosen wurde im Wahlkampf gerungen. Die Versiche- rungsträger hatten Düsteres zu ver- melden: die Regierung machte in Optimismus.

Nach den jüngst bekanntgeworde- nen Beschlüssen der Regierungs- koalition zur Rentensanierung und angesichtsder Liquiditätsschwierig- keiten der Rentenversicheru ngsträ- ger schon im ersten Vierteljahr 1977 läßt sich, jenseits von parteipoliti- schem Hader, sachlich und kühl konstatieren: Die Regierungspro- gnosen waren nicht sonderlich zu- treffend. Über die Folgen für die Rentner und die Rentnerkranken- versicherung- das heißt letzten En- des auch für das Gesundheitswesen - wird in den nächsten Monaten noch viel zu sagen sein.

..,.. Doch sollte heute schon die Frage gestellt werden: Wer hat wann was und wie genau gewußt?

Hier standen im Sommer 1976 die alarmierenden Meldungen der Ren- tenversicherungsträger den optimi- stischen Gegenrechnungen der Bundesregierung gegenüber. Diese war ja mittlerweile durch ihre beim Bundesarbeitsministerium installier- te Sozialdatenbank in die Lage ver- setzt, eigene Berechnungen durch- zuführen. Bekanntlich waren zu die- sem Zeitpunkt bereits- mit Amtshil- fe der Deutschen Bundespost - die Individualdatensätze sämtlicher Rentenversicherungsempfänger der Bundesrepublik Deutschland ein- schließlich der dazugehörigen Aus-

zahlungsbeträge eingespeichert!

Für die Sozialdatenbank eine erste große Bewährungsprobe: Denn es war möglich und politisch ja auch sehr opportun, sich von den unken- den Rentenversicherungen durch eigene und vertiefte Erkenntnismög- lichkeiten zu distanzieren. Das bloße

3354 Heft 52 vom 23. Dezember 1976 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Vorhandensein eines solchen "Su- per-Computers" ist an sich schon eine hervorragende politische Rechtfertigung der Behauptung, man wisse es letzten Endes "besser als andere".

Für den einfachen Staatsbürger und Steuerzahler stellen sich allerdings heute angesichts des nunmehr von niemandem mehr bestrittenen Fi- nanzdesasters der Rentenversiche- rung zwei Fragen:

..,.. Hat die Sozialdatenbank etwa versagt?

..,.. Oder wurde sie bewußt als Mittel der politischen Informationsbeein- flussung genutzt?

Im ersten Falle sollte sie schleunigst den Sparmaßnahmen der Bundesre- gierung zum Opfer fallen; im zwei- ten Falle natürlich auch- und zwar zusätzlich aus verfassungspoliti- schen Erwägungen heraus: Denn die höchst einseitige Nutzung eines derartigen, riesenhaften, bei der staatlichen Exekutive aufgebauten Informationsmonopols ist offen- sichtlich in der Lage, sowohl die Selbstverwaltung der Rentenversi- cherung wie auch eine wirkungsvol- le parlamentarische Kontrolle durch eine Opposition politisch matt zu setzen.

Das Bedrückende für die Gesund- heitspolitik: Sie wird zukünftig nicht nur über die weiterhin defizitäre Rentnerkrankenversicherung unter den finanziellen Folgen solcher Rentenfehlberechnungen zu leiden haben, sondern wohl ebensosehr unter der Tatsache, daß das Arbeits- ministerium nunmehr auch die Da- ten der Krankenversicherung bis hin zu den einzelnen Datensätzen ihrer Mitglieder (Versichertenausweis!) in diese Sozialdatenbank auzunehmen gedenkt, zumindest aber einen ent- sprechenden Informationsverbund anstrebt.

Auf die Folgen für zukünftige regie- rungsamtliche Prognosen und Ein- griffe in die Krankenversicherung kann man nur mit gespannter Sorge

blicken... DA

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