• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Blick hinter die Kulissen: Was so alles dazu gehört, Ihr Ärzteblatt zu machen" (04.05.1989)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Blick hinter die Kulissen: Was so alles dazu gehört, Ihr Ärzteblatt zu machen" (04.05.1989)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

T

heoretisch ist es ganz und gar unmöglich, mit den vor- handenen Ressourcen jede Woche eine Nummer des Deutschen Ärzteblattes mit einem Umfang von etwa 80 bis 120 Seiten und mit einer Auflage von mehr als 220 000 zu schreiben, zu setzen, zu umbrechen, zu drucken und den Be- ziehern zuzustellen. Warum es den- noch jede Woche so gut gelingt, wird wohl nie ganz geklärt werden. Ich will aber versuchen (vorausgesetzt, daß man mich nicht zu häufig unter- bricht), einige der wesentlichen Gründe einmal darzustellen.

Am Anfang jeder redaktionellen Arbeit an einer neuen Ausgabe steht scheinbar (manchmal aber auch:

wirklich) das erste Wort der Bibel:

Tohuwabohu; das Chaos. Ich will aber am Ende beginnen, damit hier gleich einer der 'wichtigsten Gründe für dieses Gelingen zur Sprache kommt Das ist die schon seit 1951 bestehende Zusammenarbeit mit der Druckerei L.N. Schaffrath in Gel- dern am Niederrhein. In der Regel gibt die Redaktion am Donnerstag-

nachmittag die „letzte" Seite (die be- findet sich „logischerweise" ganz vorne im Heft, nämlich im Inhalts- verzeichnis) zum Druck frei. Diese Aufgabe obliegt meistens mir. Nach dem entsprechenden Telefonat mit unserem Hersteller in Geldern ver- suche ich mich dann gern daran zu erinnern, was in Geldern noch folgt:

nicht nur, daß er jetzt noch zwei oder drei Stunden drangeben muß, bis er die Druckplatten „freigeben" kann;

sondern auch, daß nun in Geldern die L,ösung eines logistischen Pro- blems von inzwischen beachtlicher Größenordnung beginnt.

(Entschuldigung ein Anruf: „Wie soll ich denn die drei Heiligen Kühe be- schriften?" - Das war der Zeichner für die Titelseite, die Sie auf unserem Heft 1711989 betrachten konnten.)

Also: Sowohl der Umfang wie auch die Auflage haben sich nämlich vervierfacht, seit das Heft 1 der Ärzt- lichen Mitteilungen vom 15. Mai 1949 mit 32 Seiten und einer Auflage von 55 000 erschien. Was die Aufla- gensteigerung angeht: sie ist eine Folge dessen, was „Ärzteschwemme"

genannt wird (ein häßliches Wort, das wir im Deutschen Ärzteblatt nach Möglichkeit vermeiden).

Für die Druckerei Schaffrath in Geldern und den Deutschen Ärzte- Verlag in Köln bedeutet dies heute:

an die 40 Tonnen Papier, und die auch noch mit unterschiedlicher Qualität (Umschlag, Textteil, Ein- hefter, Kleinanzeigenteil, Beilagen), müssen jede Woche zur richtigen Zeit und am richtigen Ort zusam- mengeführt, bedruckt, gefalzt, be- schnitten, gebunden, eingeschossen, sortiert und ausgeliefert werden. - Manchmal habe ich den Eindruck, die Redaktion allein verarbeitet auch eine Tonne Papier pro Wo- che . . .

(Entschuldigung schon wieder ein Anruf „Wie regeln wir denn die Ver-

kürzung der Arbeitszeit für unsere Da- men, das heißt fiir alle Nicht-Redak- teure? Jeden Tag sechs Minuten mehr Mittagspause? Oder machen wir frei- tags eine halbe Stunde früher Schluß?"

- Moment mal: Wie soll denn eigent- lich unser Herr Keßeler in Zukunft am Freitag eingeschriebene Briefe auflie- fern, wenn seine Arbeitszeit schon be-

endet ist, bevor die Post nach der Mit- tagspause wieder aufmacht?)

In der gleichen Firma Schaffrath in Geldern wird auch der gesamte Inhalt des Deutschen Ärzteblattes gesetzt.

(Entschuldigung, ein Anruf. „Was kostet denn bei Ihnen eine Kleinanzei- ge?" - „Damit hat die Redaktion hier

in Köln-Lindenthal nichts zu tun. Sie müssen den Verlag anrufen; der sitzt in

Blick hinter die Kulissen:

Was.so alles dazu gehört, Ihr Arzteblatt zu machen

Günter Burkart

Drei Bildschirme für den Umbruch. Links der Grundtext, in der Mitte das Layout, rechts die fertig umbrochene Seite

Am Leuchttisch werden in die fertige Druckvorlage der umbroche- nen Seite noch die Abbildungen eingefügt

Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989 (81) A-1329

(2)

Der Maschinenleit- stand der Rotations- maschine. Hier er- folgt die präzise Ab- stimmung der Druck- bögen, die den ho- hen Qualitätsstan- dard des Druckpro- dukts sichert Fotos (4): Oliver Schwarz, Geldern Köln-Lövenich und hat die Rufnum-

mer 0 22 3417 01 11.")

Machen Sie sich nichts draus;

dieses Telefongespräch führen wir xmal am Tag. Es ist erstaunlich, wie viele Leute den Unterschied zwi- schen Redaktion und Verlag (mit seiner Anzeigenabteilung) nicht ken- nen!

Der Unterschied bedingt übri- gens einen Sonder-Boten, der täglich zwischen der Druckerei Geldern, dem Verlag in Köln-Lövenich und der Redaktion in Köln-Lindenthal hin- und herfährt und Manuskripte, Druckvorlagen und Satz-„Fahnen"

transportiert, für Textteil und Anzei- gen getrennt. Was eilig ist, muß täg- lich diesen Boten erreichen; was noch eiliger ist, geht per Telefax — al- lein in der Redaktion sind drei Fern- kopierer ständig in Betrieb.

Nun wird natürlich nicht jedes Heft komplett für sich von Woche zu Woche gesetzt, sondern viele Beiträ- ge werden „auf Vorrat" gesetzt. Und das bedeutet: Viele — fast immer zu viele — Aufsätze, besonders für den Fortbildungsteil, aber auch für ande- re „Themen der Zeit" befinden sich über Wochen hinweg im „Stehsatz".

Auch bei der Erstellung des Sat- zes für das Deutsche Ärzteblatt be- währt sich die schon erwähnte jahr- zehntelange Zusammenarbeit: Jeder Redakteur des Deutschen Ärzteblat- tes weiß zu schätzen, daß die Setzer und Korrektoren in Geldern die me- dizinische und die gesundheitspoliti- sehe Terminologie beherrschen. So

selbstverständlich ist das gar nicht.

Es ist aber einer von vielen Beweisen dafür, daß alle Beteiligten mit viel Goodwill und Teamgeist ihren Stolz darein legen, jede Woche ein attrak- tives Deutsches Ärzteblatt zu produ- zieren.

(Entschuldigung, ein Anruf „Hö- ren Sie mal: auf Seite 1217 haben Sie für den Autorennamen 14 Punkt halb- fett angegeben, aber auf Seite 1188 sind

es 14 Punkt normal. Stimmt das? Sind Sie sicher?" Verdammt nochmal: Die Jungs in Geldern passen aber wirklich gut auf!)

(Entschuldigung, ein interner An- ruf: „Wissen Sie, wo der Chefredakteur hingehen wollte?" — „Nein. Woher soll ich denn wissen, wo der Chefredakteur hingehen wollte?" — „Wo kann er denn sein? Wir suchen ihn die ganze Zeit." —

„Warum sagen Sie das nicht gleich? Er sitzt hier bei mir.")

(Entschuldigung noch ein Anruf

„Habt Ihr diese Woche etwas über AIDS im Heft?")

Ach ja, davon wollte ich gerade reden: von der Kommunikation, der gegenseitigen Verständigung und Unterrichtung. Böse Zungen be- haupten: sie klappt am besten mit denjenigen, die nicht im Hause sind, nämlich eben zum Beispiel mit Gel- dern, oder mit dem Verlag, oder auch mit den beiden Herausgebern in den benachbarten Gebäuden (Bundesärztekammer und Kassen- ärztliche Bundesvereinigung).

Daran ist auch etwas. Frühere Herausgeber-Verantwortliche hat-

ten es nämlich unternommen, die Redaktion ihres gemeinsamen Or- gans in die Hände von Berufsjourna- listen zu legen. Da diese voll und ganz im Konsens mit den Zielen der Herausgeber sind, ist längst ein so enges Vertrauensverhältnis entstan- den, daß zum Beispiel eine „Abstim- mung" zwischen Herausgebern und Redaktion über einzelne Beiträge so gut wie nie notwendig ist. Das Hauptproblem liegt auch ganz woan- ders: hier soll nämlich ein Blatt ge- macht werden, in dem die Interessen der Herausgeber, des Verlages und vor allem auch der Leser unter einen Hut gebracht werden.

(Entschuldigung, ein Anruf

„Wann bringen Sie endlich meinen Ar- tikel? Die Korrekturfahnen habe ich Ihnen schon vor vier Monaten zurück- geschickt!" — Die Gegenfrage kann man schon im Schlaf herunterbeten:

„Für welchen Heftteil war denn Ihre Arbeit bestimmt?")

Eine alte Erfahrung bestätigt sich immer wieder: je besser der Re- dakteur informiert ist, je mehr er un- ter Umständen auch über die inter- nen Prozesse der Entscheidungsfin- dung weiß, desto besser kann er sie, aber auch etwaige Gegenmeinungen, bewerten und in seiner redaktionel- len Arbeit berücksichtigen (in vielen Fällen — aber dies nur ganz vertrau- lich — ist der Redakteur sogar über- zeugt, daß er die Dinge viel besser erläutern kann als die sogenannten Sachverständigen).

Wir „lästern" manchmal: Mit das Schwierigste ist die „interne Kommunikation" innerhalb der zwei Stockwerke der Redaktion. Das ist aber nicht so zynisch gemeint, wie es sich hier liest. Da gibt es nämlich ei- nen ganz wesentlichen Gesichts- punkt: alle Redakteure des Deut- schen Ärzteblattes haben minde- stens 15 Dienstjahre „auf dem Buk- kel". Es mag noch so viele Regelun- gen der „Zuständigkeiten" geben — in Wirklichkeit kann jeder alles, und die Loyalität gegenüber den Heraus- gebern, die Fairneß gegenüber dem Leser sind jedem oberstes Gebot. Je- der kann jeden in jeder Beziehung jederzeit vertreten.

Dieses „Teamwork" erlaubt es auch, daß die Redaktionskonferenz zu einer Art „heiligen Kuh" wird.

A-1330 (82) Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989

(3)

Fertige Exemplare des klebegebundenen Arzteblattes (hier das Heft 16/1989) verlassen den sogenannten Normbinder und werden auf Paletten gestapelt

Wenn diese Konferenz tagt, werden sogar Ordinarien, Kammerpräsiden- ten, Abgeordnete, der Verlagsdirek- tor und sonstwer glatt abgewiesen, die am Telefon einen Redakteur zu sprechen wünschen. Bloß: Wann und wo diese „Konferenzen" jeweils stattfinden - das ist ein Geheimnis Sie entstehen oft spontan, irgendwo, irgendwann, und sei es auf dem Kor- ridor. Und selbst in diesem scheinba- ren Chaos steckt noch Methode: die besten Ideen werden häufig bei sol- chen Gelegenheiten „geboren"; die wichtigsten Entscheidungen in der Redaktion fallen dann, wenn es am wenigsten erwartet wird . .

Schon mancher Anrufer wird sich darüber geärgert haben, wie gut eine tüchtige Redaktionssekretärin ihren Redakteur „abschirmen" kann, trotz Durchwahl. Das ist dann nicht Selbstherrlichkeit irgendeiner

„Schreibtischhexe", sondern bittere Notwendigkeit: In zwei Stunden muß der Bogen in die Maschine; er muß also die Bildunterschrift jetzt „dich- ten"; und nur sie weiß, wie sie ihn da- zu bringt - vom lautstarken Zitieren der angeblichen goldenen Regel des Journalismus („es ist immer noch ei- ne Viertelstunde Zeit") läßt sich, wenn es drauf ankommt, eine ge- standene DÄ-Redaktionssekretärin glücklicherweise nicht beeindrucken.

(Und hinterher sind wir ihr rückhalt- los dankbar für ihre Hartnäckigkeit, die mal wieder den „Termin" geret- tet hat . . .)

Was übrigens auch Ausdruck dafür ist, daß die gesamte Redaktion am gleichen Strang zieht. Es sind im ganzen - einschließlich Grafik, Lay- out, Archiv, Stehsatz- und Termin- verwaltung, Auskünfte, Rezensio- nen, Bote und hoffentlichhabichkei- nenvergessen - etwa dreißig Men- schen, die das pünktliche Erscheinen des Ärzteblattes von höchstmög- licher Qualität zu ihrer beruflichen Lebensaufgabe gemacht haben.

Und die grundlegenden Schwie- rigkeiten seiner Redaktion kennt je- der zur Genüge: Da ist zum einen das wohl ewige Problem der Abgren- zung von redaktionellen Beiträgen zwischen „Medizin" und „Politik" - . gemeint sind damit das medizinisch- wissenschaftliche und das gesund- heits- und sozialpolitische Ressort.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: es gibt keine überzeu- gende Definition dieser Abgren- zung! Man kann ja auch die Ärzte, die Leser, nicht in zwei Teile spal- ten . . .

Zum anderen müssen einmal aufgestellte Grundsätze und Regeln immer wieder umgestoßen werden.

Denn größtmögliche Vielseitigkeit und Abwechslung sind gewollt. Das Deutsche Ärzteblatt will ja weder ei- ne rein medizinische noch eine rein gesundheitspolitische Zeitschrift sein, sondern ein Magazin für alle Berufs- und Lebensbereiche aller Ärztinnen und Ärzte in Deutsch- land; daher auch die Rubriken, die neben „Politik" und „Medizin" den dritten großen Teil des Ärzteblattes bilden, den „Leserdienst". Dazu kommt noch der dem Kernteil voran- gehende „Vorschaltteil", der die Le- serbriefe und die Ankündigungen der Fortbildungskongresse der Bun- desärztekammer enthält.

(Entschuldigung, ein Anruf - na, es wurde ja auch höchste Zeit: -:

„Können Sie noch eine wichtige Be- kanntgabe der Arzneimittelkommission bringen, wenn das Manuskript erst morgen früh fertig ist?")

Eben - das kommt noch hinzu:

Als „Sprachrohr" der Herausgeber müssen wir natürlich deren offizielle Bekanntmachungen bringen; es gibt nun einmal keine schnellere und zu- verlässigere Möglicheit, allen Ärzten

und Ärztinnen, die Mitglieder einer Arztekammer sind, wichtige Infor- mationen ins Haus zu bringen.

Wenn all das Woche für Woche immer wieder glückt, so finden die Redakteure und alle anderen Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter der Re- daktion darin ihre höchste berufliche Befriedigung.

Warum dies alles den Mitarbei- terinnen und Mitarbeitern der Re- daktion auch noch Spaß macht, soll hier nicht näher untersucht werden (womit ich der Feststellung eines Le- serbriefschreibers folge: „Bei einer Sektion kommt sowieso nicht viel heraus."). Es hat sicher auch etwas damit zu tun, daß Journalisten und Ärzte in vieler Beziehung mehr ge- meinsam haben, als ihnen oft bewußt ist.

Beide sind Freiberufler. Beide können mit Berufsgeheimnissen um- gehen (Journalisten ..mindestens ebenso gut wie Ärzte). Ärzte gehen mit Menschen um, mit dem Leben;

Journalisten mit Lebendigem, der Sprache.

Daß übrigens die Verderbtheit der Sprache gerade bei den Medizi- nern so rasant zunimmt, gehört zu den bösen Seiten der journalisti- schen Tätigkeit im Dienst der Ärzte.

Denn - das ist nur ein Beispiel - da lesen wir aus der Feder eines Arztes:

Schwangerschaftsabbrüche können weiter eingeschränkt werden unter anderem durch „Verbesserung der Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989 (85) A-1333

(4)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

1949 1989

Vierzig Jahre

in Praxis und Haus

Walter Burkart

Hilfe des Arztes bei der Entschei- dungsfindung der Frau im Rahmen der menschlichen Reproduktion" - und daraus sollen wir nun „etwas machen"!

(Jetzt wäre eigentlich noch der Anruf fällig, mit dem jeder Redak- teur mindestens einmal in der Wo- che zu tun hat: Ein Leser hat sich über etwas geärgert, und der stellt dann die Frage: „Sind Sie eigentlich Kollege?" - Wobei man immer ver- sucht ist zu sagen: „Nein; sind Sie denn etwa Kollege?" - nämlich im journalistischen Beruf. - Man darf es ja eigentlich nicht öffentlich schrei- ben: Nicht nur sind die Eigenheiten des Arztberufes unser „täglich Brot";

sondern wir haben alle auch schon einmal ein ICrankenhaus „gerochen";

wir haben alle schon mal einen Kittel angehabt und bei einer Operation daneben gestanden; wir haben alle schon eimnal in einem Sprechzim- mer „Hand angelegt" . . . denen, die uns das ermöglicht haben, sei hier einmal gedankt. Wir werden es nie verraten, wie sie zu diesem Zweck et- wa gegen die Berufsordnung versto- ßen haben.)

Um so schmerzlicher ist für uns das Auseinanderklaffen des ärzt- lichen Handelns und der täglichen Sprache. Jeder Ärzteblatt-Redak- teur wäre froh, wenn sich mehr Au- toren der Feststellung Saint-Exup6- rys erinnern würden: „Die Sprache ist die Quelle der Mißverständnisse."

Oder soll ich noch Karl Kraus zitie- ren?: „Wenn immer alle Kommas richtig gesetzt würden, gäbe es keine Kriege!"

Und im übrigen, das muß auch einmal gesagt werden - vor allem denjenigen, denen nach ihrem gera- de gehaltenen Referat so geschmei- chelt wird, daß es „unbedingt im vol- len Wortlaut im DÄ erscheinen muß" -: Auch für das Deutsche Ärzteblatt gilt die Definition, die einmal für eine der international re- nommiertesten Medizinzeitschriften gefunden wurde: „. . wo alles, was überhaupt wert ist, gesagt zu werden, auf nicht mehr Fläche untergebracht werden muß, als dem T-Shirt eines Flohs entspricht."

Eben deswegen muß nun auch dieser (viel zu lange) Artikel hier en- den . . .

Es

ist in diesem unseren Lande immer gut, wenn man den „Spiegel" zitieren kann. Dessen Schlagzeile war, als ich zehn Jahre nach der Wie- derbegründung bei den ÄRZT- LICHEN MITTEILUNGEN anfing, diese: Opas Praxis ist tot. Opas Pra- xis war die: Sprechzimmer, Stetho- skop, Blutdruckmesser, der „klini- sche Blick" und der Rezeptblock.

Daß eine solche Art des Arztens im Zeitalter der damals beginnenden Technikgläubigkeit nicht mehr aus- reichte, war fester Bestandteil des Denkens jedes der damaligen „Spie- ger-Journalisten - und auch von uns allen. Da mußten chromblitzende Geräte her, solche zur Diagnostik wie zum Beispiel ein umfangreiches Labor mit einer ganzen Helferin da- zu, natürlich ein tolles Röntgengerät, Mikrowellen oder Reizströme, alle möglichen diagnostischen oder the- rapeutischen Apparate, und es kam mancher Unsinn hinzu - jedenfalls:

Eine Praxis, in der nicht in allen Ecken und allen Räumen die mo- dernste Technik stand, war - auch und gerade in den Augen der Patien- ten - einfach nicht auf der Höhe der Zeit. Daß die Gebührenordnungen solches Investieren honorierten, ist eine Frage für sich.

Und heute? Wir hören ununter- brochen den Ruf, ja den Schrei nach dem „guten alten Hausarzt", der sich quasi „handgreiflich" um seinen Pa- tienten kümmert, seine „Ganzheit"

erfaßt (was das auch immer sei); und die Gebührenordnungsziffern für die technischen Leistungen werden re- duziert, bis es sich fast nicht mehr lohnt, solche Geräte überhaupt an- zuschaffen . . ."

Diese Sätze waren etwa der An- fang eines Vortrages, den der Be- treuer der Rubrik „Praxis und Haus"

des Deutschen Ärzteblattes vor ei- nem halben Jahr in einer Akademie für politische Bildung vor einem Pu-

blikum zwischen 17 und 70 Alters- jahren gehalten hat. Er umfaßt nur drei Viertel der heute zu betrachten- den Zeit. Was war in dem davor lie- genden ersten Viertel alles gesche- hen!

1949 - das war das erste Jahr des Wirtschaftswunders. Noch wohl kaum ein Arzt - vor allem: kein Kas- senarzt - war in der Lage, von der

„Scheinpauschale" große Investitio- nen zu tätigen. Aber es war immer- hin möglich, die Praxis und die Woh- nung allmählich zu verbessern, weil es nicht mehr über Behörden oder Beziehungen - letzteres häufiger - ging, sondern ein Markt entstand, auf dem es mehr und mehr zuhauf reelle Angebote gab. Nach einem halben Jahrzehnt lief der Bauboom an - aus familiärer Erfahrung kann ich sagen, daß Beamte (wegen groß- zügiger Zuschüsse der Dienstherren an eine bestimmte Bausparkasse) mindestens ebensogut dran waren wie Arzte.

Rund zehn Jahre später: Der Redakteur, der heute unter anderem

„Praxis und Haus" betreut, machte eine Reise der Hans-Neuffer-Stif- tung zum Studium des britischen Staatlichen Gesundheitsdienstes mit.

Die Überschrift seines Berichtes im Deutschen Ärzteblatt: „Mit Blut- druckmesser und Stethoskop". Mit

„Opas Praxis" im Hinterkopf hatte er zu seinem größten Erstaunen fest- gestellt, daß die „General Practitio- ners" im britischen Gesundheits- dienst genau nichts anderes betrie- ben als eben - Opas alte Praxis.

Und der Redakteur wies haar- scharf nach, daß dieses natürlich ei- ne Systemfrage ist: Britanniens All- gemeinpraktiker sind wegen der

„Seelenpauschale" (heute sagen wir:

„Kopfpauschale", aber damals war es noch etwas dramatischer) über- A-1334 (86) Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In Gesprächen unter an- derem mit dem Direktor, dem Generalintendanten und dem Staatsminister für Wis- senschaft und Kunst geht es natürlich auch um die Recht- fertigung der

Oh Herr, bitte gib mir meine Sprache zurück (Wise Guys).. Die

Dabei geht es um Wünsche, die kein Ver- sandhauskatalog erfüllen kann („Das wünsch’ ich sehr …“).. Im Gespräch über ihre Herzenswünsche erfahren die Schüler, dass auch

Beim Öffnen der Schatzkiste Religion holen die Kinder neben Bibel, Kerze, Lieder- buch, … auch einen Spiegel heraus?. Warum ist ein Spiegel in

(…) Es wird prognosti- ziert, dass die Nachfrage an Palmöl weiter steigen wird. Nicht nur in den Industrienationen, sondern vor allem auch in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Freitag: Nach dem Früh- stück unternehmen Sie einen Tagesausflug nach Mariafred mit Besichtigung von Schloß Gripsholm.. Die Fahrt führt Sie von Stockholm nach Ma- riafred,

Dieser Betrag macht verständlich, war- um ein Süchtiger so leicht krimi- nell wird: Er ruiniert sich über kurz oder lang wirtschaftlich so sehr, daß er das Geld für seinen

Die nach Transmission entstehenden statis tischen Interferenzmuster (Speckle) sind korreliert, wenn die Beleuchtungsrichtung über einen kleinen Winkelbereich verändert