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Archiv "Gesetz gegen Korruption: Erste Reaktionen auf den Entwurf" (13.02.2015)

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A 258 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

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Heft 7

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13. Februar 2015

W

ir begrüßen, dass das Bun- desjustizministerium einen Referentenentwurf zur Bekämp- fung von Korruption im Gesund- heitswesen vorgelegt hat. Wir woll- ten ein Anti-Korruptionsgesetz, das für alle im Gesundheitswesen gilt, unter anderem für Pflegediens- te, Apotheken, Heilmittelerbringer, Krankenkassen, Ärzte und auch für die Pharmaindustrie und die Medi- zinproduktehersteller – keine lex specialis nur für Ärzte.“ Mit diesen Worten hat der Präsident der Bun- desärztekammer (BÄK), Prof. Dr.

med. Frank Ulrich Montgomery, das jüngste Gesetzesvorhaben der schwarz-roten Koalition mit Wir- kung auf die Heilberufe bewertet (siehe auch DÄ, Heft 6/2015).

„Es ist auch gut, dass die Anti- Korruptionsregelungen im Strafge- setzbuch verankert werden und nicht, wie bei früheren Vorhaben, im Sozialrecht. Besonders wichtig bei einer strafrechtlichen Regelung sind jedoch klare und präzise Vor- gaben, die strafwürdiges Verhalten eindeutig von zulässigen Koopera- tionen im Gesundheitswesen ab- grenzen“, ergänzte Montgomery.

Die Bundesregierung setzt mit dem Entwurf von Bundesjustiz mi - nister Heiko Maas (SPD) ihr Vorha- ben aus dem Koalitionsvertrag um, neue Straftatbestände der Bestech-

lichkeit und Bestechung im Ge- sundheitswesen für alle Heilberufe im Straf gesetzbuch zu verankern.

Die Strafan drohungen will Maas nicht auf Tatbestände innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt sehen. Darüber hinaus ist eine Antragspflicht als Voraus- setzung für die Strafverfolgung vor- gesehen.

Montgomery: Diffamierungen endlich per Gesetz beenden

„Korruption im Gesundheitswesen beeinträchtigt den Wettbewerb, ver- teuert medizinische Leistungen und untergräbt das Vertrauen von Pa- tienten in die Integrität heilberufli- cher Entscheidungen“, heißt es zur Begründung für die Vorlage. „We- gen der erheb lichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Ge- sundheitswesens ist korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entge genzutreten. Dies ist nach ge- genwärtiger Rechtslage nur unzu- reichend möglich.“

Die Bundesärztekammer kündig- te an, die Schwachstellen des Ent- wurfs zu analysieren und der Politik Verbesserungsvorschläge zu unter- breiten. „Das ändert aber nichts da- ran, dass eine Anti-Korruptionsge- setzgebung grundsätzlich richtig ist“, stellte der BÄK-Präsident klar.

„Wir wollen die fortwährende Skandalisierung unseres Berufs- standes und die andauernden Dif - famierungskampagnen der Kran- kenkassen endlich beendet wis- sen.“ Nur wenige wüssten, ergänzte Montgomery, „dass Ärzte bei wei- tem nicht an der Spitze derjenigen stehen, gegen die wegen Korrupti- onsverdacht ermittelt wurde“. Nach einer Analyse der Krankenkasse DAK-Gesundheit seien Auffällig- keiten in allen Leistungsbereichen festzustellen. Nur in zwölf Prozent der Fälle beträfen die Vorwürfe demnach Ärzte. Gleichwohl stün- den sie im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung.

In ähnlichem Tenor bewertete Dr. med. Andreas Gassen den Ent- wurf. Er könne „klare Verhältnisse für alle Beteiligten schaffen – so- wohl für diejenigen, die unerlaubte Vorteile gewähren, als auch für die- jenigen, die sie annehmen“, urteilte der Vorstandsvorsitzende der Kas- senärztlichen Bundes vereinigung (KBV). Dass Strafverfahren nur auf Antrag zum Beispiel einer Ärzte- kammer oder eines Berufsverbands eingeleitet werden dürften, verhin- dere diffuse Verdächtigungen und pauschale Vorverurteilungen. Auch Gassen verlangte aber, „dass eine klare Abgrenzung stattfindet von sinnvoller Kooperation gegenüber GESETZ GEGEN KORRUPTION

Erste Reaktionen auf den Entwurf

Ein Anti-Korruptionsgesetz, das für alle Heilberufe gilt – dieser Ansatz findet Zustimmung. Doch noch mangelt es nach Ansicht von Fachleuten an klaren und präzisen Vorgaben, um Korruption und Kooperation sauber zu unterscheiden.

P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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13. Februar 2015 A 259 solcher, die einen Straftatbestand

erfüllt“.

Die Erläuterungen im Begrün- dungsteil zum Entwurf legen nahe, dass dies schwierig werden wird.

Anwendungsbeobachtungen, Prä- sente von Patienten, Kongressrei- sen – diverse mögliche Auswirkun- gen der neuen Regelungen werden darin erläutert. Bei „geringfügigen und allgemein üblichen Werbege- schenken“ wie auch bei „kleineren Geschenken von Patienten“ sei nicht von korruptiven Absichten auszugehen, so der Tenor. In diesen Fällen fehle es schließlich an der Absicht, „konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen“.

Als unzulässige Vorteilsnahme können aber Einladungen zu Kon- gressen, Kostenübernahmen von Fortbildungsveranstaltungen oder eingeräumte Vermögens- oder Ge- winnbeteiligungen infrage kom- men. Erwähnt werden auch ver - gütete Anwendungsbeobachtungen.

Dass einem Arzt oder einer Ärztin ein Vorteil entsteht, soll allerdings dem Entwurf zufolge nicht ausrei- chen, um Bestechlichkeit zu unter- stellen. Dafür müsse „eine zumin- dest intendierte unlautere Bevor - zugung im Wettbewerb oder eine Verletzung von Berufsausübungs- pflichten“ vorliegen.

Für Anwendungsbeobachtungen wäre das möglicherweise dann der Fall, wenn ein Arzt eine Vergütung dafür nicht für seinen Arbeitsauf- wand erhalten hat, sondern „als Be- stechungsgeld für die unlautere Be- vorzugung bestimmter Präparate“.

Als ein weiteres Beispiel für mögli- ches unrechtmäßiges Verhalten wer- den Berufsausübungs gemein schaften erwähnt, sofern mit ihnen das Ver- bot der Zuweisung gegen Entgelt umgangen werden soll.

Angesprochen werden im Ent- wurf auch Bonuszahlungen im Rah- men von Richtgrößenvereinbarun- gen, die Vertragsärzte dazu bewe- gen sollen, „unter mehreren Arznei- mitteln, die im Einzelfall für den Patienten in ähnlicher Weise geeig- net sind, nach Möglichkeit das preisgünstigste Präparat“ zu ver- ordnen. Daraus soll sich auch künf- tig kein korruptives Verhalten ablei- ten lassen. Denn so werde „eine

wirtschaftliche Verordnungsweise und eine sinnvolle Mittelallokati- on“ gesichert.

„Die reichlich unspezifischen Formulierungen im Gesetzentwurf öffnen Tür und Tor für Denunziati- on und ambitionierte, aber uninfor- mierte Staatsanwaltschaften mit Profi lierungs bedürfnissen“, warnte der Geschäftsführer des Spitzenver- bands der Fachärzte Deutschlands, Lars F. Lindemann. Er forderte er- hebliche Nachbesserungen, insbe- sondere einen exakten Katalog, was konkret korruptes Verhalten sei.

Auch der Vorsitzende des Hart- mannbundes, Dr. med. Klaus Rein- hardt, verlangte Rechtssicherheit.

Unbestimmte Begriffe wie etwa ei- ne Bevorzugung „in unlauterer Weise“ seien geeignet, Verunsiche- rung statt Klarheit zu schaffen, warnte Reinhardt.

Grundsätzlich ist dem Entwurf zufolge vorgesehen, einen neuen Paragrafen 299a ins Strafgesetz- buch einzufügen, der Bestechung oder Bestechlichkeit im Gesund- heitswesen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit ei- ner Geldstrafe ahndet. Unter Strafe gestellt werden soll damit korrupti- ves Verhalten bei „dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln

oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial“.

Die Strafandrohung gilt für Heil- berufler wie für all jene, die ihnen unzulässige Vorteile versprechen.

§ 300 sieht vor, dass besonders schwere Fälle mit Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren geahndet werden. Damit sind Vergehen gemeint, die sich

„auf einen Vorteil großen Ausma- ßes“ beziehen oder auf Täter, die

„gewerbsmäßig handeln oder als Mitglied einer Bande“.

Kammern und Verbände können Strafantrag stellen

Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§ 299 a) sollen grundsätzlich nur auf Antrag ver- folgt werden. Das Recht hierzu wird im Entwurf (§ 301) der berufs - ständischen Kammer zugestanden,

„in der der Täter zum Zeitpunkt der Tat Mitglied war“, sowie jedem

„rechtsfähigen Berufsverband, der die Interessen von Verletzten im Wettbewerb vertritt“. Einen Straf- antrag wegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Ver- kehr (§ 299) können weiterhin zahl- reiche „Gewerbetreibende, Verbän- de und Kammern“ stellen.

Sabine Rieser

Der Referentenentwurf gegen Korruption im Ge- sundheitswesen ist die indirekte Folge eines Ur- teils des Bundesgerichtshofs vom Juni 2012. Die- ser urteilte damals, dass niedergelassene Ärzte nicht wegen Korruption oder Bestechlichkeit straf rechtlich zu belangen seien. Zur Begründung verwies das Gericht auf die Frei beruflichkeit der Vertragsärzte, die weder Angestellte noch Funkti- onsträger der Kranken kassen seien.

Bereits 2010 hatte die SPD-Fraktion den An- trag „Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen“ in den Bundestag eingebracht und darin mehrere Forderungen erhoben. Dazu zählte, Korruption im Gesundheitswesen als Tatbestand im Strafgesetzbuch zu fixieren. Darüber debattier- ten Fachleute im Frühjahr 2012 im Gesundheits- ausschuss.

Der damalige Bundesgesundheitsminister Da- niel Bahr (FDP) hatte es 2013 befürwortet, einen

eigenen Straftatbestand in das Sozialgesetzbuch V aufzunehmen und so korruptives Verhalten von Vertragsärzten und anderen Gesundheitsberufen unter Strafe zu stellen. Eine entsprechende Rege- lung, angehängt an das damalige Präven tions - gesetz, war im Herbst 2013 mit diesem im Bun- desrat gescheitert. Fachleute hatten damals zu bedenken gegeben, mit einer Regelung allein im Sozialgesetz buch könne unlauteres Verhalten von Privatärzten weiterhin nicht geahndet werden.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD- Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, und der Vor- sitzende des Gesundheitsausschusses des Bun- destages, Edgar Franke (SPD), begrüßen den ak- tuellen Entwurf. „Unser Ziel ist auch, die ehrlichen Leistungserbringer vor den korrupten zu schützen und zu verhindern, dass ein ganzer Berufsstand verunglimpft wird wegen weniger schwarzer Schafe“, sagte Franke.

DAS BGH-URTEIL UND SEINE FOLGEN

P O L I T I K

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