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Archiv "Telematik im Gesundheitswesen: Positionsbestimmung der Ärzte" (01.02.2008)

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A196 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 51. Februar 2008

P O L I T I K

D

er 110. Deutsche Ärztetag in Münster hat im Mai 2007 die Einrichtung eines Tagesordnungs- punkts „Auswirkungen der Tele- matik und elektronischen Kommu- nikation auf das Arzt-Patient-Ver- hältnis“ beim nächsten Ärztetag in Ulm gefordert. Die Einflüsse der Telematik auf die ärztliche Berufs- tätigkeit sollen behandelt werden.

Den Beschlüssen vorangegangen war eine engagiert geführte Debatte mit Redebeiträgen von rund 30 De- legierten. Die zum Themenkomplex verabschiedeten Anträge wie auch die Debatte spiegelten die Auffas- sung der Delegierten wider, dass es sich bei der Einführung von Telema- tik in das Gesundheitswesen um ein Thema handelt, mit dem sich die Ärzteschaft auch künftig intensiv beschäftigen muss.1

Ja zum Heilberufsausweis Die Delegierten vertraten mit großer Mehrheit die Position, dass

„die elektronische Kommunikation . . . auch im Gesundheitswesen in absehbarer Zeit zu einer selbstver- ständlichen Form der Kommunika- tion werden“ wird. Sie unterstützten

„das Engagement der Ärztekam- mern zum Angebot eines sicheren Heilberufsausweises durch die ärzt- liche Selbstverwaltung“, um „der Ärzteschaft die sichere Kommuni- kation untereinander und mit ande- ren Einrichtungen im Gesundheits- wesen zu ermöglichen“.

Die „Einführung einer elektroni- schen Gesundheitskarte in der bisher vorgestellten Form“ lehnten die De- legierten ab und forderten die Politik auf, das Projekt elektronische Ge-

sundheitskarte (eGK) „unter Beach- tung der Bedingungen der Ärzte- schaft völlig neu zu konzipieren“. Im Rahmen der Antragsdebatte wurde hierzu von einer Antragstellerin er- läutert, dass mit dem Signal, „dass wir uns eine andere Konzeption vor- stellen können . . . das Mitdenken und die Zukunftsorientierung“ zum Aus- druck gebracht werden sollen.

Basierend auf den Beschlüssen des 110. und in Vorbereitung des 111. Ärztetages haben sich der Aus- schuss Telematik und der Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK) in- tensiv mit Fragen der Telematik und dem politisch initiierten eGK-Pro- jekt auseinandergesetzt. Der Vorsit- zende des Ausschusses Telematik der BÄK und Präsident der Ärzte- kammer Schleswig-Holstein, Dr.

med. Franz-Joseph Bartmann, er- läuterte in einem Interview im Deut- schen Ärzteblatt im November 2007 auf die Frage, ob denn klar sei, was für eine andere „Gesundheitstele- matik“ die Ärzte wollen: „Es gibt noch keine gemeinsame Position, die man als Position der Ärzteschaft bezeichnen könnte.“ Er kündigte an, dass die BÄK zur Vorbereitung des Ulmer Ärztetages die Meinungen un- terschiedlicher Diskutanten und In- teressengruppen aus der Ärzteschaft zusammenführen und in Form eines Diskussionsentwurfs für ein gemein- sames Positionspapier zur Telematik veröffentlichen werde.2

Die Bundesärztekammer hat Ende Dezember 2007 den Entwurf zu „Po- sitionen zum Einsatz von Telematik im Gesundheitswesen“ den Lan- desärztekammern mit der Bitte um Beratung in ihren jeweiligen Gremi- en und die Übermittlung von Ände- rungs- und Ergänzungsvorschlägen zugesandt. Mit der Vorlage des Dis- kussionsentwurfs strebt der Vorstand der BÄK die Beförderung einer ausführlichen und qualifizierten in- nerärztlichen Meinungsbildung an.

Es erscheint ihm notwendig, inner- halb der Ärzteschaft einen Grund- konsens über die Bedingungen für den Einsatz neuer elektronischer In- formations- und Kommunikations- technologien zu erzielen und die in- nerhalb der Ärzteschaft teilweise sehr kontrovers und leidenschaftlich dis- kutierten Positionen im Sinne einer auch künftig am Patientenwohl aus- gerichteten Medizin zusammenzu- führen.

Prüfsteine für Telematik Der Diskussionsentwurf formuliert ausgehend vom Status quo des Ein- satzes von Informations- und Kom- munikationstechnologien in der Me- dizin und auf Grundlage der ärztli- chen Sicht Anforderungen der Ärzte- schaft an den Einsatz von Telematik.

In einem eigenen Kapitel werden dar- aus Prüfsteine für die Einführung der eGK abgeleitet und auch mögli- che Elemente einer Neukonzeption des Projekts aufgezeigt. Das Papier setzt sich inhaltlich mit Anwendungs- gebieten der Telematik wie dem elek- tronischen Arztbrief, elektronischen Patientenakten und auch der Rolle des Telemonitorings auseinander. Be- tont wird die Notwendigkeit, Rah- menbedingungen zu schaffen, die ei- ne Absicherung der elektronischen Kommunikation im Gesundheitswe- sen ermöglichen. Hierzu zählen die TELEMATIK IM GESUNDHEITSWESEN

Positionsbestimmung der Ärzte

Der Deutsche Ärztetag wird sich im Mai 2008 erneut mit der Telematik im Gesundheitswesen und der elektronischen Gesundheitskarte befassen.

Die Bundesärztekammer legt hierzu jetzt einen Diskussionsentwurf vor.

1Dokumentation des 110. Deutschen Ärztetages unter: www.baek.de/page.asp?his=0.2.20.4640

2 Krüger-Brand H: Neue Karte, neuer Schlitz – sonst passiert nichts. Dtsch Arztebl 2007; 104:

A 3067–70

FORUM IN INTERNET

Das Deutsche Ärzteblatt hat zum Thema „Telematik und elektroni- sche Gesundheitskarte“ ein Inter- netforum eingerichtet.

Dieses finden Sie unter der Adresse www.aerzteblatt.de/foren.

TELEMATIK

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 51. Februar 2008 A197

P O L I T I K

Möglichkeit der Anwender zur si- cheren Netzanbindung sowie deren Ausstattung mit sogenannten Signa- turkarten wie dem elektronischen Arztausweis.

Hinsichtlich der Auswirkungen der Telematik auf die Patient-Arzt- Beziehung wird festgestellt, dass zur Wahrung von Patientenautono- mie und ärztlicher Therapiefreiheit die Entscheidung über Einführung und Einsatz von Telematik freiwil- lig für Patienten wie auch für Ärz- tinnen und Ärzte erfolgen muss. Es wird betont, dass das Gespräch zwi- schen Patient und Arzt auch künftig Mittelpunkt der Kommunikation im Gesundheitswesen bleiben muss und dabei den Ausgangspunkt für die Heranziehung weiterer – gege- benenfalls auch telematisch bereit- gestellter – Informationen darstellt.

Kritisch wird dabei angemerkt, dass die von vielen Ärztinnen und Ärzten befürchtete „Informationsflut“ kei- neswegs zu einem Mehr an Wissen oder gar automatisch zur Verbesse-

rung der Entscheidungsgrundlagen für Patient und Arzt führt.

In Bezug auf die Schaffung von in- ternetbasierten Patientenakten durch weltweit tätige IT-Unternehmen wie Google und Microsoft sowie auch nationale Anbieter wird festgestellt, dass der Aufbau dieser Datensamm- lungen häufig unter nicht klar erkenn- baren datenschutzrechtlichen Bedin- gungen und zum Teil mit dem erklär- ten Ziel, die Daten der Patienten kom- merziell verwerten zu wollen, erfolgt.

Dabei wird auf die Chancen einer auf gesetzlicher Grundlage eingeführten und durch rechtliche Vorgaben abge- sicherten Telematikinfrastruktur im Gegensatz zu einer drohenden Domi- nanz ausschließlich kommerzieller Anbieter in einem künftigen „Markt für elektronische medizinische Da- ten“ hingewiesen. Gleichzeitig wer- den aber auch die Risiken des von staatlicher Seite vorangetriebenen eGK-Projekts aufgezeigt, da dieses fortwährend durch unrealistische Zeitvorgaben belastet wird, die am

Interesse der Politik an einer nachhal- tigen Entwicklung zweifeln lassen.

Ziel des BÄK-Vorstands ist es, dem 111. Deutschen Ärztetag durch den Beschluss von „Positionen zum Einsatz von Telematik im Gesund- heitswesen“ eine umfassende und breit konsentierte Positionsbestim- mung der Ärzteschaft zu ermögli- chen. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass technologi- sche wie gesellschaftliche Entwick- lungen eine prozesshafte Betrachtung des Geschehens erfordern.

Alle interessierten Ärztinnen und Ärzte sind aufgefordert, sich über ihre Landesärztekammern in die Diskussion eines Themas einzubrin- gen, das in den kommenden Jahren tief greifende Veränderungen der Kommunikation im Gesundheits- wesen erwarten lässt. I Dr. med. Philipp Stachwitz, BÄK

3 FRAGEN AN…

Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer

Foto:ÄK Nordrhein

Positionen zum Einsatz von Telematik im Gesundheitswesen (Diskussionsentwurf) im Internet:

www.aerzteblatt.de/plus0508

@

Ein zentrales Thema beim nächsten Ärztetag in Ulm ist das Projekt elektronische Gesund- heitskarte. Warum wird die Diskussion dar- über unter den Ärzten so emotional geführt?

Hoppe:Auf dem nächsten Ärztetag werden wir über Telematik, also generell über den Einsatz elektronischer Informations- und Kommunikati- onstechnologien im Gesundheitswesen diskutie- ren. Das eGK-Projekt wird dabei selbstverständ- lich eine wichtige Rolle spielen. Die von manchen Kolleginnen und Kollegen mitunter sehr engagiert geführte Diskussion ist durchaus verständlich.

Schließlich wird hier der Kern ärztlichen Han- delns berührt: die Vertrauensbeziehung zwischen Patient und Arzt und eine ihrer wichtigsten Vor- aussetzungen, die ärztliche Schweigepflicht. Auf der anderen Seite ist den meisten Kolleginnen und Kollegen ebenso bewusst, dass wir mithilfe der elektronischen Kommunikation die Chance haben, die Behandlung von Patienten zu verbes- sern und organisatorische Prozesse zu optimie- ren. Viele setzen diese Techniken ja längst ein und sehen darin auch Vorteile. Dem staatlichen Gesundheitskartenprojekt begegnen viele Ärzte

aber mit Skepsis, weil sie eine Gefährdung der Vertraulichkeit der Patient-Arzt-Beziehung be- fürchten; entsprechend sensibel sind dann die Reaktionen. Der Staat hat sich gerade an anderer Stelle – ich meine das Thema Vorratsdatenspei- cherung – über die Bedenken der Ärzteschaft wie auch anderer Berufsgruppen hinweggesetzt.

Dass da einiges an Vertrauen in staatliches Han- deln verloren gegangen ist, ist nur zu verständ- lich. Ich denke allerdings, dass wir uns in der De- batte nicht von Emotionen leiten lassen sollten.

Wir haben einfach die besseren Argumente.

Inwiefern ist eine gemeinsame Position der Ärzteschaft in der Telematikfrage über- haupt möglich und erforderlich?

Hoppe:In einer so wichtigen Frage sollte die Ärzteschaft grundsätzliche Positionen formulie- ren. Und dies erscheint mir auch möglich. Der Vorstand der Bundesärztekammer hat den Ärz- tekammern jetzt eine Diskussionsgrundlage in Form eines Entwurfs für ein Positionspapier übermittelt. Hierüber kann und sollte jetzt in der Ärzteschaft beraten werden. Die Ärztekammer

Nordrhein wird beispielsweise am 9. Februar dazu eine ganztägige Veranstaltung im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf durchführen.

Aber das Thema wird sich weiterentwickeln und muss von uns als Prozess begriffen wer- den, den wir kritisch und konstruktiv begleiten und, wo notwendig, auch mitsteuern sollten.

Wie könnten Akzeptanz und Mitarbeit der Ärzte bei der Einführung von Telematik im Gesundheitswesen erreicht werden?

Hoppe:Telematik gibt es ja längst, und wir wen- den sie schon lange mit Erfolg an. Wir sind für ei- nen Ausbau der Telematik, wenn dadurch Vorteile für die Patienten entstehen und die Grundlagen ärztlicher Tätigkeit – ich betone noch einmal den uneingeschränkten Schutz der ärztlichen Schweigepflicht – nicht infrage gestellt werden.

Es ist vor allem Aufgabe des Staates, für vernünf- tige Rahmenbedingungen zu sorgen. Vorschnelle Ankündigungen und administrative Querschüsse untergraben das Vertrauen in die neue Technik.

Das sollten vor allem die Verantwortlichen im Bundesgesundheitsministerium bedenken. KBr

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