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Archiv "Telematik im Gesundheitswesen: Aufbruchstimmung im Kartenland" (31.10.2003)

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tatt der gewohnten Klagen über Stagnation und fehlende Koopera- tion so viel Optimismus und gegen- seitiges Schulterklopfen wie nie unter den Experten: Der Kongress „eHealth 2003 – Telematik im Gesundheitswesen – Vernetzte Versorgung“ setzte hoff- nungvolle Akzente in der gegenwärtig sonst eher trüben Reformstimmung.

„2003 war ein erfolgreiches Jahr für E- Health dank der Anstrengungen von Selbstverwaltung, Industrie, Politik, Da- tenschutz und der Kooperation der Länder“, sagte Dr. Klaus Theo Schrö- der, Staatssekretär im Bundesministeri- um für Gesundheit und Soziale Siche- rung (BMGS) in seiner Eröffnungsrede bei der Veranstaltung in Dresden. Die Rechtsgrundlagen für den Einstieg in die Gesundheitstelematik lägen mit dem Gesetz zur Modernisierung der Krankenversicherung (GMG) vor.

Wichtige Vorarbeiten

Zur erfolgreichen Zwischenbilanz ge- hört, dass das BMGS im Rahmen des

„Bit4Health“-Projekts einen Planungs- auftrag an ein Konsortium vergeben hat, der den Aufbau einer Rahmenar- chitektur und einer Sicherheitsinfra- struktur für die Einführung der elektro- nischen Gesundheitskarte zum 1. Janu- ar 2006 vorsieht. Mit einem Volumen von 5,3 Millionen Euro handele es sich um das größte IT-Vorhaben, das vom BMGS je in seiner Geschichte in Auf- trag gegeben worden sei, betonte Dr.

Gottfried Dietzel für das Ministerium.

Auch die Selbstverwaltung hat einen Planungsauftrag für den modularen Aufbau einer Telematikplattform – be-

ginnend mit „eRezept“ und „eArzt- brief“ sowie der Schnittstellenvorberei- tung für eine elektronische Patienten- akte – erteilt. Hier sollen die Ergebnisse im Dezember 2003 vorliegen. Bei der Ausschreibung der Projekte, die unter- schiedliche Schwerpunkte setzen, sei in enger Abstimmung darauf geachtet worden, dass keine Doppelarbeit gelei- stet oder einander ausschließende Kon- zepte unterstützt würden, betonte Dr.

jur. Manfred Zipperer,Vorsitzender des Aktionsforums Tele-

matik im Gesund- heitswesen (ATG).

Dennoch ist man im ATG davon über- zeugt, dass die Aus- stattung der Versi- cherten mit einer Ge- sundheitskarte erst dann sinnvoll ist, wenn die dafür erforderli- che Infrastruktur zu- mindest für das elek- tronische Rezept be- reits steht, weil dort die größten Ein- sparungen zu erwar- ten sind.

„Das Volumen von über 600 Millionen

Rezepten im Wert von 20 Milliarden Euro im Jahr rechtfertigt die notwendi- gen Investitionen zum Aufbau einer flächendeckenden Telematikinfrastruk- tur“, meinte Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bun- desverbandes. Ahrens weiter: „Die für die Einführung von eRezept und eArzt- brief zu erwartenden Investitionen amortisieren sich innerhalb von zwei bis drei Jahren.“

Weitere Schritte

auf dem Weg zu einer Telema- tikplattform sind die neue Spezifikation eines Heilberufsausweises, die Telema- tik-Expertise der Industrie, unterstüt- zende Aktionen der Initiative D21 und die Einigung über die Einführung der europäischen Krankenversicherungs- karte in der EU, die das bisherige For- mular E 111 ersetzt. Diese „European Health Insurance Card“

(EHIC), die auch zum 1. Januar 2006 europa- weit eingeführt wer- den soll, wird sich auf der Rückseite der deutschen elektroni- schen Gesundheitskar- te befinden. Der euro- päische Notfalldaten- satz der EHIC ist be- reits als Teil der deut- schen Kartenlösung vorgesehen.

Damit seien wichti- ge Vorarbeiten unter Berücksichtigung in- ternationaler Entwick- lungen zur Moderni- sierung und Weiterent- wicklung des Gesundheitswesens gelei- stet, so Schröder. Gesundheitstelematik und E-Health seien dabei Schlüsselbe- griffe für den notwendigen Paradig- menwechsel im Gesundheitswesen:

„Die Karte steht für eine wirtschaftli- chere, bessere und transparentere Ge- sundheitsversorgung in Deutschland.“

Mit der elektronischen Gesundheits- karte sollen der Aufbau einer abge- stimmten Telematikinfrastruktur und P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4431. Oktober 2003 AA2829

„Durch die Nutzung der Gesundheitskarte kommen wir unserem Ziel, der Modernisie- rung unseres Gesund- heitswesens, ein riesi-

ges Stück näher.“

Dr. Klaus Theo Schröder

Die gesetzlichen Grundlagen für die breite Einführung von Gesundheitstelematik sind geschaffen, der Zeitplan steht. Die

Erleichterung, dass sich endlich etwas bewegt, über- wiegt die Skepsis angesichts der überaus ehrgeizigen Ziele.

Telematik im Gesundheitswesen

Aufbruchstimmung im Kartenland

Foto:Dresden-Foto.de

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der Ausbau der Vernetzung und sektor- übergreifenden Kooperation im Ge- sundheitswesen wesentlich vorange- trieben werden. Die Gesundheitskarte ist als Speicher- und Schlüsselkarte ge- plant. Gesundheitsdaten können ent- weder direkt auf der Karte oder auf Servern gespeichert werden. Der medi- zinische Teil der Karte soll ausschließ- lich auf freiwilliger Basis genutzt wer- den und hat grundsätzlich nur eine un- terstützende Funktion, die unabhängig von den Dokumentationspflichten der Behandler ist. Das Datenschutz- und Si- cherheitskonzept für die Gesundheits- karte umfasst unter anderem die Ent- scheidungshoheit der Patienten, ob und welche Gesundheitsdaten aufgenom- men oder gelöscht und wem die Daten zugänglich gemacht werden, das Recht der Patienten auf Einsichtnahme und die Protokollierung von Zugriffen. Dar- über hinaus enthält das GMG Begleit- regelungen zum Schutz der Daten, wie die Ausweitung des Beschlagnahmever- bots außerhalb der Praxis und die Straf- androhung bei unberechtigtem Verlan- gen des Zugriffs auf Gesundheitsdaten.

Allenfalls der extrem knappe, von einigen Teilnehmern

des Kongresses als unhaltbar eingeschätz- te Realisierungszeit- plan könnte das Bild trüben: Schließlich geht es um die Perso- nalisierung und Aus- gabe von mehr als 70 Millionen Krypto- chipkarten, die nicht nur technisch, son- dern auch logistisch und organisatorisch zu bewältigen sind.

Nach den Plänen des BMGS sollen die konzeptionellen Vor- arbeiten zur Ein-

führung der Gesundheitskarte bereits im ersten Quartal 2004 abgeschlossen werden. In die darauf folgende Testpha- se unter Realbedingungen sollen so- wohl prioritäre Anwendungen als auch ausgewählte Vernetzungen von Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken, Reha- Einrichtungen und Krankenkassen ein- bezogen werden. 2005 soll mit der Eva- luation der Projekte und der Implemen-

tierung begonnen werden. Schröder:

„Wir hoffen, dass alle notwendigen Funktionalitäten – wenn auch regional begrenzt – erprobt und evaluiert wer- den, damit die Karte Anfang 2006 flächendeckend zur Verfügung steht.“

Zum Vergleich: In Taiwan dauerten der Aufbau eines Kartensystems und die Ausgabe einer elektronischen Ge- sundheitskarte an 24 Millionen Teilneh- mer 28 Monate. Jürgen Sembritzki, Zentrum für Telematik im Gesund- heitswesen, Krefeld, warnte deshalb da- vor, auf eine „Quick and dirty“-Lösung zu setzen, falls der Zeitplan nicht zu schaffen sei, sondern diesen angesichts der vielen noch offenen Fragen gegebe- nenfalls zu korrigieren.

Akzeptanz schaffen

Telematikanwendungen werden nur dann von Patienten und Leistungser- bringern akzeptiert, wenn sie sicher sind und den hohen Anforderungen des Datenschutzes genügen. Der Bundes- beautragte für den Datenschutz Dr. Joa- chim Jacob lobte, die Zusammenarbeit mit dem Gesundheits- ministerium sei hierbei

„exzellent“. Er beton- te, der Patient sei grundsätzlich offen für Telematik, aber es müs- se eine Atmosphäre ge- schaffen werden, da- mit er die weitere Ent- wicklung akzeptieren könne. Der Bürger brauche mehr Transpa- renz, er müsse bei- spielsweise über die Si- cherungsmaßnahmen, durch die seine sensi- blen Gesundheitsdaten geschützt werden, Be- scheid wissen. Hier sei noch Überzeugungs- und Aufklärungs- arbeit zu leisten, ebenso wie beispiels- weise bei den Ärzten, die für das Pro- jekt noch zu gewinnen seien.

Dies sehen Politik und Selbstver- waltung ähnlich: Die Vorteile der Ge- sundheitstelematik erschließen sich den Betroffenen nicht von selbst, son- dern sie müssen in einer umfassenden Akzeptanzkampagne vermittelt wer-

den. Zipperer: „Finanzielle Anreize für die Leistungserbringer werden nicht ausreichen, um die Telematik zum Be- standteil der Regelversorgung zu ma- chen.“ Darüber hinaus wird der Erfolg der Gesundheitskarte wesentlich von der Bereitschaft der Versicherten ab- hängen, den freiwilligen medizinischen Teil der Karte zu nutzen, weil sich ge- rade hieraus die Möglichkeiten zu ei- ner Qualitätsverbesserung der Versor- gung und der Arzneimittelsicherheit ergeben. Der Planungsauftrag des BMGS sieht deshalb auch zwei Arbeits- pakete vor: Das eine beschäftigt sich mit der Definition der Telematik-Rah- menarchitektur und der Sicherheitsin- frastruktur, verzahnt mit der europäi- schen Krankenversicherungskarte, das zweite Arbeitspaket umfasst die Themen Akzeptanzbildung, Projekt- management/Strategieentwicklung und Qualitätssicherung. Beim Deutschen Institut für Dokumentation und Infor- mation, Köln, soll begleitend eine öf- fentliche Online-Plattform eingerich- tet werden, auf der sämtliche Vorha- ben zum Projekt abrufbar sind, um alle Schritte so transparent wie möglich ab- zuwickeln.

Die Rolle des Arztes

„Verändert Telematik das ärztliche Be- rufsbild?“ fragte Prof. Dr. med. Chri- stoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer. Neben einem Plädoyer für die Wertebeständigkeit in der Ausübung des ärztlichen Berufs mahnte er die Notwendigkeit zum Ordnungswandel an: „Das Paradigma gesellschaftlicher Organisation des 21.

Jahrhunderts ist das Netz. Nicht das In- dividuum, sondern seine Zusammen- arbeit, sein Zusammenwirken mit an- deren in seiner Umgebung wird aus- schlaggebend sein für den Erfolg. Das gilt für Ärzte wie für Patienten.“ Da- her unterstützt die Bundesärztekam- mer sowohl die Entwicklung und die kommunikative Verknüpfung von In- formationsnetzwerken als auch die Förderung von Strukturen und Werk- zeugen – Beispiel „Health Professional Card“ –, die das Arbeiten in einem bes- ser vernetzten Gesundheitswesen er- möglichen. Heike E. Krüger-Brand P O L I T I K

A

A2830 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4431. Oktober 2003

„Finanzielle Anreize für die Leistungserbrin-

ger werden nicht aus- reichen, um die Tele- matik zum Bestandteil

der Regelversorgung zu machen.“

Dr. Manfred Zipperer

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