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Archiv "Wie Kassen Kosten machen ... und dabei kostenbewußte Ärzte desavouieren" (22.11.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

Richtlinien und Mahnbriefe halten die Kassenärzte zur sparsamen Verordnung an. Ihre redlichen Bemühungen werden nicht selten von örtlichen Krankenkassen unterlaufen. Ein Beispiel dafür enthielt das Editorial in Heft 42, in dem beschrieben wurde, wie ein Patient innerhalb von einer Woche an drei Bifocalbrillen kam. Die Re- daktion hat zu diesem Editorial eine Fülle von Leserzuschriften bekommen. Sie wer- den auch der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als Unterlagen für Gespräche mit den Krankenkassen dienen. Hier eine — auszugsweise — Dokumentation:

A

ugenarzt Dr. Hans H. hält die Redaktion für ah- nungslos: „Verwundert hat mich an Ihrem Artikel nur die Tatsache, daß Ihnen das geschilderte, von Krankenkas- sen praktizierte Verfahren, of- fenbar neu ist". Gemeint ist das Editorial in Heft 42: „Aus der Praxis: Drei Brillen auf einen Schlag". Die dort beschriebene Methode und noch andere Mög- lichkeiten gehörten „zum Allge- meinwissen der Ophthalmolo- gen", teilt ein Kollege aus dem Raum München mit. „Ihr Erstau- nen", schreibt er an die Redak- tion, „daß ein Patient innerhalb von einer Woche drei Bifocal- brillen bekommen hat, ist sehr lieb und erinnert mich an meine Frau, die immer wieder aus allen Wolken fällt, wenn in Bonn ein Politiker in einen Skandal ver- wickelt wird."

Nicht nur Augenärzte haben, der Bitte der Redaktion folgend,

„aus der Praxis" berichtet. Der Redaktion gingen erstaunliche Erfahrungsberichte aus vielerlei Praxen, aus allen Teilen des Bundesgebietes, von Kranken- kassen aller Art zu. Beschrieben werden einzelne Fälle. Aber im- mer wieder wird betont, die Bei- spiele zeigten „nur die Spitze eines Eisbergs". Was nun den

„Auslöser", den Brillenbezug ohne ärztliche Verordnung und ohne medizinische Notwendig- keit angeht — bei der Redaktion

Wie Kassen Kosten machen ... kostenbewußte Ärzte und dabei desavouieren

sind so viele Bestätigungen ein- gegangen, daß tatsächlich von einer gängigen Praxis gespro- chen werden kann. Ein Zitat für viele aus Nürnberg: „Es ist mir bekannt, daß von allen [Kran- kenkassen] auf Anforderung durch den Patienten wahllos und ohne Nachprüfung näherer Umstände sogenannte Berechti- gungsscheine an die Patienten versandt werden. Mit einem sol- chen Berechtigungsschein kann der Patient sich unter Umge- hung des Augenarztes direkt vom Optiker mit Brillen versor- gen lassen." Der Nürnberger steht mit seiner Aussage, die Kassen würden wahllos Berech- tigungsscheine ausstellen, nicht

allein. Ein Brief aus Wiesbaden:

„Die Ursache ist darin zu sehen, daß die Krankenkassen seit vie- len Jahren sich ihre Verwal- tungsarbeit damit vereinfachen, daß Brillen keiner vorherigen Genehmigung mehr bedürfen.

Diese ,Bequemlichkeit' hat die Kassen und damit auch die Ver- sicherten seitdem Unsummen gekostet.

Aus der

augenärztlichen Praxis

Aus dem schönen Oberbayern verlautet: „Mindestens zwei Fäl- le kann ich belegen, bei denen die [Krankenkassen] Kosten für Kontaktlinsen ohne medizini- sche Indikation als ,beruflich in- diziert' übernommen haben, ob- wohl diese berufliche Indikation in den Heil- und Hilfsmittelricht- linien längst gestrichen ist. Re- gelmäßig kommen Patienten al- ler Kassen mit dem Verlangen nach getönten oder Sonnenbril- len. Die Kasse hätte gesagt: ,der Doktor müsse das nur aufs Re- zept schreiben'. Davon, daß es eine medizinische Indikation für solche Brillen gibt, sei ihnen nichts gesagt worden. Insbeson- dere bei ,Sportbrillen' für Jugendliche übernehmen die Ersatzkassen auf Drängen der Eltern oft die Kosten, ohne daß eine wirkliche Indikation vorliegt

— mindestens zwei Fälle kann ich dazu belegen."

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 47 vom 22. November 1984 (17) 3481

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kassen desavouieren Ärzte

Aus Frankfurt: „Patient A. Sch.

hatte bisher Gleitsichtgläser ge- tragen. Bei der neuverordneten Brille wünschte er wieder Gleit- sichtgläser verordnet zu bekom- men. Auf meine Einwände, daß Gleitsichtgläser zu Lasten der Krankenkasse nicht mehr ver- ordnet werden dürfen, erwiderte er, sein Sachbearbeiter hätte ihm die Auskunft erteilt, der Arzt müsse ihm nur die Gleitsichtglä- ser verordnen, dann würde es die Kasse auch bezahlen. In An- betracht der gesetzlichen Be- stimmungen habe ich ihm je- doch nur Bifocalgläser rezep- tiert. Vier Wochen später kommt der Patient wieder in meine Pra- xis, mit leicht getönten und ent- spiegelten Gleitsichtgläsern, die ihm von der Krankenkasse voll bezahlt worden sind."

Das alles geht in die Kosten; die Methode kann aber auch medi- zinisch gefährlich werden. Ein Augenarzt aus Oberbayern schildert einen, wie er schreibt,

„heißen Anlaß" für einen Pro- testbrief: „Eine 79jährige Pa- tientin erschien bei mir in der Praxis mit einem solchen Be- rechtigungsschein der [Kran- kenkasse], den die Tochter tele- fonisch für die Mutter angefor- dert hatte. Die Patientin selbst war seit neun Jahren nicht mehr beim Augenarzt, hatte eine Ca- taract, eine beginnende Macula- degeneration und eine Fundus- gefäßsklerose."

Protest der Kasse

— nicht beim Versicherten, sondern beim Arzt

Ein anderer heißer Fall aus Ber- lin: „Hier in Berlin passierte es sogar einem Kollegen, der ei- nem Patienten mit dem Hinweis auf die Dreijahresregel ein neu- es Brillenrezept verweigert, daß dem bei der [Krankenkasse] be- schwerdeführenden Patienten ein neuer Krankenschein in die Hand gedrückt wurde, mit der Bemerkung, er möge einen an- deren Augenarzt aufsuchen! Ich

habe mir für die Fälle, wo Pa- tienten vor Ablauf der Dreijah- resfrist eine neue unveränderte Brille haben wollen, einen roten Stempel ,Nur nach vorheriger Genehmigung durch die Kasse' machen lassen und mußte es er- leben, daß sich eine Kasse bei mir beschwerte, ich solle die Pa- tienten nicht unnötigen bürokra- tischen Behinderungen ausset- zen."

Die Schlußfolgerung zieht ein Leser so: „Bei diesem Geschäft gibt es also stets drei Gewinner und einen Verlierer. Es gewinnt die Kasse, die ihr Mitglied nicht verärgert, wobei Kosten keine Rolle spielen. Ferner gewinnen natürlich der Optiker und sein zufriedener Kunde, Verlierer ist der Augenarzt, der erstens dumm dasteht, zweitens seinen Patienten verloren hat und drit- tens vom Bundesarbeitsminister weiterhin als einer der Verur- sacher der Kostentreiberei im Gesundheitswesen hingestellt wird."

Was Kassen

so alles bewilligen ...

Das ist zwar mit Blick auf die Au- genärzte gesagt, aber die ärger- liche Methode trifft für andere genauso zu. Das belegt die fol- gende Dokumentation.

Ein Internist aus Köln berichtet, er habe einem Patienten ein preisgünstiges Mittel verordnet.

Und nun wörtlich: „Der Patient wünschte jedoch unbedingt das teure Präparat. Aus Kostengrün- den habe ich ihm diese Rezep- tur auf Kassenrezept verweigert und wiederum das preisgünsti- ge empfohlen. Da er jedoch un- bedingt auf dem teuren Präparat beharrte, erhielt er die Rezeptur auf einem Privatrezept. Zu mei- ner Überraschung erfuhr ich von dem Patienten unter Vorlage des Erstattungsbeleges, daß ihm oben genannte Privatrezep- te von seiner Krankenkasse er- stattet worden sind."

... Mentholtabletten

Ein Internist aus Wuppertal be- schreibt, wie ein Patient an Lutschtabletten kommt: „Be- such eines Patienten, Mitte 40, Kettenraucher in unserer Praxis.

Nachdem er noch schnell auf der Toilette der Praxis eineliga- rette geraucht hatte, trug er vor, er habe einen hartnäckigen Hu- sten, und er hatte auch bereits genaue Vorstellung über Abhilfe in Form von Lutschtabletten mit Menthol. Nach eingehender Be- sprechung über meine Vorstel- lung der Behandlung mittels Einschränkung seines Zigaret- tenkonsums verordnete ich dann dennoch die gewünschten Tabletten auf Privatrezept. Die- ses führte zu energischem Wi- derspruch seitens des Patienten mit Hinweisen auf seine finan- zielle Lage. Ich schlug ihm da- her vor, dieses Problem mit sei- ner Krankenkasse zu bespre- chen. Wenige Minuten später te- lefonischer Rückruf eines Sach- bearbeiters der [Krankenkasse];

dieser teilte mir mit, daß der Pa- tient doch wohl eine chronische Bronchitis habe und das ge- wünschte Medikament seiner Ansicht nach zu vertreten wäre gegenüber der Kasse. Der Pa- tient hat uns nie wieder aufge- sucht."

... Abführmittel und Hustensaft

Ein Internist aus Braunschweig berichtet gleich von drei merk- würdigen Begebenheiten:

„85jähriger Patient aus dem Al- tersheim mit schwerer Cere- bralsklerose. Die prinzipiell nicht mehr statthafte Verord- nung von Abführmitteln wird auf Privatrezept erbeten. Es erfolgt dann volle Erstattung durch die [Krankenkasse]."

„60jähriger Rentner, chronische Emphysembronchitis geringen Ausmaßes. Laut KV grundsätz- lich Verordnung von Säften nur an Kinder. Nachdem der Patient 3482 (18) Heft 47 vom 22. November 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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alVr J.

„... das kommt noch soweit, daß ich überall, wohin ich gehe, meine Brille mit-

schleppen muß!" Zeichnung: Wolter

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kassen desavouieren Ärzte

sich bei der Krankenkasse be- schwert hat, schriftliche Mittei- lung der [Krankenkasse]: ,Nach unserer Erkenntnis gibt es das Medikament Expectorans Solu- campher nur in Form von Säf- ten. Weil der Patient dieses Me- dikament jedoch benötigt, möchten wir Sie bitten, die Ver- ordnung künftig zu unseren La- sten auf einem Kassenrezept vorzunehmen'."

... Massagen

„Beim selben Patienten im Sep- tember 1984 wurde von mir nach einer Serie von sechs Paraffin- packungen und Teilmassagen wegen Spondylose der LWS ei- ne weitere Verordnung von Mas- sagen im unmittelbarem An- schluß verweigert. Eine Besse- rung der Spondylose ist durch Massagen nicht zu erwarten.

Auskunft der Krankenkasse an den Patienten auf seine Be- schwerde: ,Wenn es erforderlich ist, können selbstverständlich weitere Serien von Massagen verordnet werden.' Erst nach te- lefonischer Klärung der Angele- genheit mit der Direktion der Krankenkasse war ein Konsens zu erreichen."

Ein Radiologe aus dem Raum Hamburg: „1982 hatte der Prü- fungsausschuß entschieden, daß das Präparat Survimed zur Vorbereitung einer Colonunter- suchung nicht verordnet werden darf. Es wurde dabei ... darauf verwiesen, daß Lebensmittel von besonderer Beschaffenheit, die vom Versicherten anstelle von gewöhnlichen Nahrungsmit- teln verwendet würden, weder Arznei- noch Heilmittel im Sinne des § 182 Abs. 1 Nr. 1b RVO sei- en. ... Seit der Mitteilung über diesen Beschluß halte ich mich daran und verordne Survimed nicht mehr. Es ist jetzt leider vorgekommen, daß bei der [Krankenkasse] einer Patientin mitgeteilt wurde, sie solle sich das Survimed ruhig von mir ver-

ordnen lassen. Die Krankenkas- se würde ihr das zahlen."

... Rollstuhl

Ein Orthopäde aus der Gegend von Köln beschreibt, wie eine rüstige Patientin an einen Roll- stuhl kam: „Am 9. März 1984 er- schien eine 84jährige gut gehfä- hige Patientin (zu Fuß) in meiner Praxis und wünschte neben an- deren Rezepten die Verordnung eines Rollstuhles. Dieses wurde von mir abgelehnt! Bei einer Wiedervorstellung im Septem- ber 1984 — nach einer Heilmaß- nahme im Mai 1984 in Bad- gastein, die die Patientin ohne Rollstuhl problemlos durchführ- te — erklärte sie mir, daß ihr der Rollstuhl inzwischen auch ohne mein Rezept von der Kranken- kasse bewilligt worden sei."

... Orthopädische Schuhe

Ein Orthopäde aus Hannover:

.. diese Versorgung wurde von mir abgelehnt und der Pa- tient darauf hingewiesen, daß eine Versorgung mit orthopädi-

schen Schuhzurichtungen mit Fußbettung, Ballenrollen und Vorfußentlastung sowie Fersen-

kappenveränderung wahr- scheinlich eine genügende Be- schwerdeminderung oder gar beschwerdefreies Gehen erbrin- gen würde. Vor diesem Thera- pieversuch hielt ich die Verord- nung von orthopädischen Schu- hen für zu teuer und voreilig.

Gegebenenfalls müßte man dar- auf zurückkommen.

In diesem Sinn wurde folgendes Rezept ausgestellt: Orthopädi- sche Schuhzurichtung mit Fuß- bettung, Ballenrollen, Vorfuß- entlastung und entlastender Fersenkappenveränderung für ein Paar Schuhe. Am 1. Oktober 1984 stellt sich der Patient dann wieder bei mir vor, wegen beste- hender Rückenschmerzen. An- läßlich dieser Untersuchung wird er nach dem Gelingen der orthopädischdn Schuhzurich- tung gefragt, und er antwortet darauf, daß er auf dieses Rezept neue orthopädische Schuhe nach Maß bekommen hätte, nachdem er Rücksprache mit der [Krankenkasse] gehalten hat."

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 47 vom 22. November 1984 (19) 3483

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Kassen desavouieren Ärzte

... gleich zwei

Kompressionshosen

Ein Chirurg aus Kiel: „Die Ver- ordnung von Zweizugkompres- sionsstrümpfen wegen Varicosis halte ich für indiziert. Eine der- artige Kompressionshose kostet etwa 200 DM. Zwei derartige Ho- sen pro Jahr halte ich für vertret- bar. Von den Patientinnen ange- sprochen, doch gleich zwei Ho- sen zum Wechseln zu verschrei- ben, vermag ich mich mit dem Hinweis auf Kosteneinsparung nicht durchzusetzen. Ein länge- rer Schriftwechsel mit der Kasse führte jeweils dazu, daß die Pa- tientin von der Geschäftsstelle der Krankenkasse sofort den Hinweis bekam, der Arzt möge dieses verordnen."

... Anstaltspackung

Von der Aufforderung einer Kas- se, der Patient möge zu einer Apotheke gehen, die „keinen Wind" macht, berichtet ein HNO-Arzt aus dem Raum Bre- men: „Ein Patient wurde von mir wegen eines Tinnitus behan- delt; ich verordnete nur (XY).

Den Wunsch nach einer An- staltspackung mit 500 Tabletten kam ich nicht nach mit der Be- gründung, man müsse zunächst abwarten , wie das Medikament wirke und weil es zweitens mir mit großer Wahrscheinlichkeit einen Arzneimittelregreß ein- bringe. Der Patient setzte sich daraufhin mit der Kasse in Ver- bindung und kam zwei Tage später mit der Bitte um ein Pri- vatrezept für eine Anstaltspak- kung in meine Praxis. Ich gab daraufhin ein Privatrezept für (XY) Anstaltspackung und einen Zusatz ,auf Wunsch des Patien- ten' heraus. Der Patient war in- formiert worden, daß er zu einer Apotheke gehen sollte, die ,kei- nen Wind macht; das abgestem- pelte und quittierte Rezept sollte dann der Kasse direkt vorgelegt werden. Die Rechnung wurde von der Kasse dem Patienten ge- genüber sofort beglichen."

Der Arzt ergänzt seinen Bericht mit dem Hinweis, er sei davon informiert, daß diese Kasse

„auch Heilpraktikerkosten ein- schließlich der Taxenfahrt zum Heilpraktiker sowie privat ver- auslagte Kernspinuntersuchun- gen nachträglich bar ausgegli- chen habe."

... Taxifahrten

Unnötige Taxenfahrten scheint es häufiger zu geben. Dazu zwei Beispiele: Das erste von einer Kölner Kinderärztin: „Eine Mut- ter möchte einen Taxischein zu einer Routinekontrolluntersu- chung, da sich ihr Auto in der Reparatur befinde. Dieser wird abgelehnt, da diese Untersu- chung zeitlich ebenso verscho- ben werden kann. Daraufhin ruft die Mutter die [Krankenkasse] an, es wird ihr ein Taxischein zuge- standen.... Hin- und Zurückko- sten mindestens 80 bis 100 DM.

... In Hinblick auf die Kosten- dämpfung habe ich daraufhin den Leiter der [Krankenkasse]

angerufen, ... und habe ihn ge- fragt, wie die Krankenkasse der- artige Anfragen beantwortet.

Antwort: ,Ja, nach § ... steht Ih- nen eine Taxifahrt zu, wenn Ihr behandelnder Arzt diese für er- forderlich hält'. Ich habe ihm er- klärt, wenn ich die betroffene Mutter wäre, würde ich aus die- ser Bemerkung das Gewünschte heraushören und beim Rest ab- schalten. Solange die Kranken- kasse gibt, werden wir niederge- lassenen Ärzte immer wieder von Patienten erpreßt, da sie der Meinung sind, eine ihnen zuste- hende Leistung nicht zu erhal- ten."

Und nochmals zum Thema Taxi- fahrt ein Aachener Röntgenolo- ge: „Ein bei der [Krankenkasse]

versicherter Patient, dem in mei- ner Praxis sechs Arthrosebe- strahlungen des Schultergelen- kes verabreicht wurden, forder- te mich nach Beendigung der Strahlentherapie auf, ihm einen Taxischein für die sechs Be-

handlungstage auszustellen.

Dies wurde von mir verweigert, mit dem Hinweis auf die Unzu- lässigkeit eines solchen Verfah- rens.

Dem Patienten wurde das ent- sprechende gemeinsame Rund- schreiben aller Kassen und der KV-Nordrhein gezeigt. Noch am gleichen Morgen wurde ich von der Versicherung des Patienten angerufen und von deren Ange- stellte im erboßten Ton zur Rede gestellt, wieso ich diesem Pa- tienten keinen Taxischein aus- gestellt hätte. Ich antwortete der Versicherungsangestellten, daß der Patient schließlich nicht auf der Schulter zur Praxis laufe, sondern auf seinen Beinen und sich somit entweder zu Fuß oder mit einem Bus fortbewegen könnte. Nachmittags rief ich bei der Versicherung nochmals an, um mich wegen des rüden To- nes der Versicherungsangestell- ten zu beschweren. Mir wurde mitgeteilt, daß sich eine weitere Diskussion zu diesem Fall erüb- rigen würde, da die Versiche- rungsassistentin bereits den Ta- xischein ausgestellt hätte."

Die Redaktion hat sich bewußt auf die Dokumentation der Bei- spiele beschränkt. Sie sprechen für sich. Kommentierend sei ab- schließend ein Leser zitiert:

„Es muß endlich den Versicher- ten deutlich gesagt werden, daß der Arzt nur Verwalter der Kran- kenkassenbeiträge ist. Wenn diese nach dem Gießkannen- prinzip verschleudert werden, muß es zu einer Anhebung der Beiträge kommen. Die Kassen nun wiederum müssen auch die unangenehme Aufgabe erfüllen und ihren Versicherten mittei- len, wie der wahre Sachverhalt ist. In Wirklichkeit sieht es aber so aus, daß die einzelnen Kas- sen im Konkurrenzverhalten sich gegenüber den Versicher- ten großzügig erweisen und im Rückgriff diese Politik dann bei den Arzten wieder kompensie- ren wollen." DÄ

3484 (20) Heft 47 vom 22. November 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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