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Archiv "„Wer unternimmt denn endlich was?!„ Wie Kassen Kosten machen und dabei Kassenärzte desavouieren - Neue Folge" (13.02.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

"Wer unternimmt denn endlich was?!"

Wie Kassen Kosten machen und dabei Kassenärzte desavouieren • Neue Folge

D

er Zorn hat einen Kollegen aus München gepackt:

„Hoffentlich knallt mal einer diese Sammlung dem Verband der Ersatzkassen vor die Füße!"

Das als Reaktion auf die Doku- mentation „Wie Kassen Kosten machen und dabei kostenbe- wußte Ärzte desavouieren" (Heft 47/1984). Der Münchner Arzt steuert dann einen taufrischen Fall aus seiner Praxis zu der Do- kumentation bei. Auch dabei geht es wieder darum, daß die örtliche Geschäftsstelle einer Krankenkasse einem Patienten etwas genehmigt hatte, was der Arzt zuvor zu verschreiben ab- gelehnt hatte.

Der Redaktion wurde erneut, wenn auch nicht mit derart dra- stischen Kommentaren, eine Vielzahl von Beispielen ge- nannt, bei denen nach obigem Muster verfahren wurde. Sie alle zeigen, daß hier ein wunder Punkt berührt wurde, der die Kassenärzte schon seit langem schmerzt. Solche Beispiel- sammlungen sollten kontinuier- lich fortgesetzt werden, fordert ein Leser. Die Redaktion oder die Kassenärztliche Bundesver- einigung sollten eine Sammel- mappe anlegen. Nicht nur die Krankenkassen, nein, vor allem der Bundesarbeitsminister soll- te informiert werden. Veröffent- lichungen dieser Art in Tages- zeitungen werden angeregt („Ich bin sicher, daß es einen sehr großen Teil unserer Bevöl- kerung gibt, der mit diesem Vor- gehen der Krankenkassen nicht

Die letzte Reaktion auf

die Dokumentation des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES

„Wie Kassen Kosten ma- chen und dabei kostenbe- wußte Ärzte desavouieren"

ist im Mitteilungsblatt des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen zu fin- den: „Wer frivol ist, könnte behaupten, es sei eine Märchenerzählung." So versucht der Geschäftsfüh-

rer des Verbandes, fürs er- ste die Berichte aus dem

kassenärztlichen Alltag ab- zutun. Doch er setzt gleich

hinzu: „Das soll hier nicht geschehen, eben weil nicht ausgeschlossen wer- den soll, daß solche Fälle tatsächlich vorkommen."

Über weitere Reaktionen wird im folgenden berich- tet: Neue Beispiele, ge- schildert aus dem Kolle- genkreis, und Abwehrreak- tionen von solchen, die sich eigentlich dieser Pro- bleme annehmen müßten.

einverstanden ist."). Auch Auf- forderungen an die ärztliche Selbstverwaltung, sich dieses Problems anzunehmen, kamen.

Unter den Niedergelassenen herrsche erhebliche Unruhe, re- sümiert ein Leser. Auf ihnen werde seit Jahren herum- gehackt, weil sie die Kosten ver- ursachten. Es werde Zeit, „auch einmal andere Quellen der Ko- stensteigerung aufs Tapet" zu bringen. Solche Quellen schei- nen reichlich zu sprudeln — auch das belegen Leserzuschriften, in denen weitere kostentreiben- de Praktiken (über die Methode:

Arzt lehnt ab, Kasse genehmigt hinaus) geschildert werden.

Und die Reaktion der Kranken- kassen auf die Dokumentation des DEUTSCHEN ÄRZTEBLAT- TES? Der Bundesverband der Ortskrankenkassen (BdO) hat die Redaktion gebeten, „die die Ortskrankenkassen betreffen- den Fälle" mitzuteilen. Die Re- daktion hat diesem Wunsch — er hätte bedeutet, auch sämtliche Namen zu nennen — nicht ent- sprechen können, dem Verband aber versichert, daß alle Zitate auf tatsächlich vorliegenden, vertrauenswürdig erscheinen- den Berichten beruhen. Ja, die Vielzahl der Zuschriften läßt dar- auf schließen, daß sehr häufig von örtlichen Krankenkassen, vielleicht auch nur von einzel- nen Sachbearbeitern, kosten- dämpfende Bemühungen der verschreibenden Ärzte unterlau- fen werden.

Der BdO wischte die Versiche- rung einfach beiseite; er fühlt sich nicht aufgerufen, von sich aus bei den Ortskrankenkassen Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 7 vom 13. Februar 1985 (21) 385

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Kostensteigerung

etwas zu unternehmen: „Bitte, nehmen Sie zur Kenntnis, daß Ihr Artikel mich", so schreibt BdO-Geschäftsführer Dr. Franz- Josef Oldiges, „in keiner Weise überzeugt und ich mich auch nicht angesprochen fühle, im Bereich der Ortskrankenkassen nur irgendetwas zu unterneh- men." Ein wenig später reagier- te auch der Vizepräsident des Bundesversicherungsamtes, Wilfried Gleitze. Auch er sieht sich, wenn ihm keine Namen ge- nannt werden, nicht in der Lage, gegen die kritisierte Methode anzugehen. Angesichts „der Be- deutung und Schwere der Vor- würfe" bitte er, Gleitze, um Ver- ständnis, „daß wir Zweifel an In- halt und Darstellung haben müß- ten, wenn hier nicht ein nachhal- tiger Beitrag zur Aufhellung ge- leistet wird". Auch Gleitze sieht sich mithin erst dann aufgefor- dert, etwas zu unternehmen, wenn ihm Details nachgewiesen werden. Ähnlich verhielt sich das Bundesarbeitsministerium:

„Nur anhand konkreter Anga- ben ist — ein tatsächliches Fehl- verhalten der Krankenkassen unterstellt — die jeweilige Auf- sichtsbehörde in der Lage, im Rahmen ihrer rechtlichen Mög- lichkeiten tätig zu werden."

Dem BdO, dem Bundesversiche- rungsamt, dem Bundesarbeits- ministerium sei nochmals versi- chert, daß bei der Dokumenta- tion nichts getürkt wurde, daß die kritisierte Methode offen- sichtlich gang und gäbe ist.

Bequeme Ausflucht?

Diese Versicherung dürfte nichts bewirken. Denn weder Gleitze noch der Geschäftsfüh- rer des Bd0 noch Blüms Exper- ten sind so blauäugig, daß sie nicht wüßten, was läuft. Wenn sie sich der Redaktion gegen- über darauf zurückziehen, nur dann etwas unternehmen zu wollen, wenn ihnen Namen mit- geteilt werden, dann mutet das wie eine Ausflucht an, um in ei- ner solch leidigen Sache nichts unternehmen zu müssen.

Ein Verwaltungsoberrat einer Krankenkasse hat Verständnis sowohl für die Kritik der Ärzte, aber auch für die Praxis der Krankenkassen: „Ärgerlich sind in der Tat viele der von Ihnen ge- schilderten Fälle. Die Ärzte ha- ben Recht, wenn sie uns Kran- kenkassen bei derartigen Vor- kommnissen unkorrektes Ver- halten vorwerfen. Und ganz si- cher ist der Hinweis am Schluß Ihres Artikels angebracht, daß wir Kassenleute unsere Mitglie- der doch auch — und nicht nur die Ärzte — zur Sparsamkeit, sprich Reduzierung des An- spruchsverhaltens, anhalten sol- len, ja müssen. Das tun wir je- doch. Ich kann für meine Kasse in Anspruch nehmen, den Versi- cherten offen die angesproche- nen Probleme darzulegen und auf die gebotene Sparsamkeit hinzuweisen. Doch nicht in allen Fällen, die Sie schildern, ist eine ablehnende Haltung der Kran- kenkasse angebracht. So sollte sich der Chirurg aus Kiel fragen, ob die verordnete Kompres- sionsstrumpfhose täglich getra- gen werden muß. Ist das der Fall, muß sie wohl aus nahelie- genden, hygienischen Gründen gewechselt werden. In derarti- gen Fällen haben sich die Spit- zenverbände der Krankenkas- sen im gemeinsamen Rund- schreiben vom 29. Oktober 1982 darauf geeinigt, daß eine Mehr- fachausstattung dann vorge- nommen werden sollte, wenn das Hilfsmittel aus hygienischen Gründen ständig oder häufiger gewechselt werden muß."

Zur Abrundung der Dokumenta- tion einige, wenige, weitere typi- sche Beispiele. Ein Chirurg aus dem Hunsrück: „Eine Patientin erhielt einen Unterarmgipsver- band durch mich. Wie mir die Patientin mitteilte, suchte sie daraufhin die Geschäftsstelle (Krankenkasse) auf und bat um Bewilligung einer Haushaltshil- fe. Diese Frage wurde von seiten der zuständigen Kasse dahinge- hend beantwortet, daß sie selbstverständlich eine Haus-

haltshilfe wegen des liegenden Unterarmgipsverbandes in An- spruch nehmen könne. Die Pa- tientin besorgte sich daraufhin die angesprochene Haushalts- hilfe und kam erst später zu mir mit der Bitte um Bescheinigung der Haushaltshilfe. Ich habe mich zunächst dagegen ge- wehrt und habe dann der zu- ständigen Krankenkassen eine entsprechende Bescheinigung zugesandt, in der allerdings auch die Urteilsfähigkeit der Krankenkasse wegen des vorlie- genden Falles angesprochen wurde. Mit dieser Bescheini- gung war die Krankenkasse

nicht zufrieden, und ich habe dann notgedrungen im nachhin- ein eine erneute Bescheinigung wegen der Haushaltshilfe aus- gestellt."

„Ein Patient hatte sich Titalglä- ser (hochbrechende Gläser) ma- chen lassen bei höherer Myopie (ab. — 8 dptr.). Entsprechend HHR verordnete ich Kunststoff- gläser, da Tital o. ä. nicht vorge- sehen ist. Kurz darauf Anruf des Krankenkassenleiters — trotz meiner Hinweise auf Kosten- dämpfung sagte er, er wolle die- se Gläser bei seiner Hauptstelle durchsetzen, und ich solle ihm ein entsprechendes Rezept, zum Beispiel mit dem Zusatz ,Zur Genehmigung durch die Kasse', zusenden."

Aus vielen Briefen geht hervor, daß die Augenärzte ihren Kum- mer nicht allein mit Krankenkas- sen haben. Eine Ursache liegt im Zusammenspiel von Optiker und Kasse — am Arzt vorbei. „Ich habe es ständig erlebt", so schreibt ein Augenarzt aus Trier,

„daß Patienten zum Optiker gin- gen, der ihnen die Anforderung eines Berechtigungsscheines sogar abnahm. Der Optiker selbst meldete sich bei der Krankenkasse, nachdem er dem Patienten eine neue Brille, häu- fig unberechtigt, verkauft hatte.

Die Krankenkasse sendet dann diesem Optiker den Berechti- gungsschein zu, auf dem er wie-

386 (22) Heft 7 vom 13. Februar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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Kostensteigerung

der seine Abrechnung vor- nimmt. Dieses geschieht stän- dig. Schätzungen zufolge wer- den 40 bis 60 Prozent aller Bril- len nicht vom Augenarzt verord- net. Es ist kein Wunder, daß die Heil- und Hilfsmittel dann so in die Höhe schnellen." Das kom- plizierte Verhältnis Patient — Au- genarzt — Optiker — Kasse be- zeichnet ein Leser als „organi- satorische Babylonie". Und er fährt fort: „Manche Optiker ver- dienen ihr Geld bestimmt leich- ter als die Augenärzte; und dann stellen sie sich vor, daß sie wie die Augenärzte diagnostizieren, untersuchen und überprüfen können, ohne je eine medizini- sche Fakultät zu absolvieren."

Zur Abrundung des Themas schließlich noch einige Beispie- le weiterer kostentreibender Praktiken.

Werbung

für „Luxus"-Leistungen

Da ist etwa die Werbung mit be- sonders großzügig gewährten

Leistungen. „Ein Patient hat mir", schreibt ein Leser an die Redaktion, „einen Artikel aus der Mitgliederzeitschrift seiner Krankenkasse vorgelegt, um für seine Brillengläser Entspiege- lung und Tönung rezeptiert zu bekommen. In dem Aufsatz wird auf die berufliche Indikation von Entspiegelung und Tönung für einen Techniker hingewiesen, die es gar nicht mehr gibt, ganz abgesehen davon, daß für Ent- spiegelung meines Erachtens keine medizinische Indikation vorliegt."

Dazu paßt eine Zeitungsnotiz, die ein Arzt aus Bayern schickte.

Im Landsburger Tageblatt (ei- nem Kopfblatt der in hoher Auf- lage verbreiteten Augsburger Allgemeinen) steht auf der er- sten Seite der Tip zum Tage, der offensichtlich auf einer Presse- mitteilung einer Krankenkasse beruht: „Eine Sportbrille kann, wie die AOK mitteilt, auch auf

Rezept verordnet werden, wenn sie erforderlich ist, dem Schüler die Teilnahme am Sportunter- richt zu ermöglichen. Die anfal- lenden Kosten trägt dann die Krankenkasse, selbst wenn es sich um eine Zweitbrille han- delt."

... und zur Auslastung von Kurheimen

Da wären dann auch — nicht zu vergessen — die Kuren. Auch da- zu zwei Beispiele aus der täg- lichen Praxis: „Meine Erfah-

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Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich mich nicht angesprochen fühle, im Bereich der Ortskran- kenkassen irgendetwas zu unternehmen ...

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rung", schreibt ein Kinderarzt aus dem Westfälischen, „zirka fünfmal in den letzten drei Jah-

ren kamen Eltern zu mir mit der Bitte, eine Bescheinigung für ei- ne Kur auszustellen für die Kin- der. Die Eltern waren von ihrer Krankenkasse angerufen wor- den, die Kinder hätten doch noch nie eine Kur beantragt. Die Kasse meine, eine Kur täte doch gut. Es handelte sich jeweils um gesunde und normal entwickel- te Kinder, so daß die Notwendig- keit einer Kur ärztlicherseits nicht begründet war." Und ein Frauenarzt aus München: „Die Krankenkasse unterhält Erho- lungsheime ... Je nachdem, ob diese gerade leer oder gut ge- füllt sind, passiert folgendes:

Patientinnen, die von uns ope- riert sind, erhalten kurz danach

— mit dem Hinweis, daß die Kas- se dazu veranlaßt sei, auf früh- zeitige Rehabilitation hinzuwir-

ken — von der Kasse einen Hin- weis, doch eine Genesungskur zu beantragen. Wir erhalten die Formulare auch. Natürlich ist man in Zugzwang und bejaht auf den Vordrucken die Kurnotwen- digkeit — zumal es den Leuten ja meist ganz gut tut. Aber das ei- gentliche Motiv ist die gleichmä- ßige Auslastung der Häuser, da- mit das Geld in der Kasse bleibt.

Sind die Häuser voll, flattern die- se Zettel nicht herein."

In der Öffentlichkeit wenig be- kannt, aber von großer Bedeu- tung im ärztlichen Alltag, ist die Honorierung besonderer Heil- methoden. Eine Klinik aus dem Hessischen stellt das folgende Problem zur Diskussion: „Wie schon 1957 der wissenschaft- liche Beirat der Bundesärzte- kammer feststellte und die Arz- neimittelkommission der Deut- schen Ärzteschaft am 20. De- zember 1976 beschloß, wird die Zelltherapie nicht nur als unge- eignet, sondern sogar als ge- fährlich angesehen. Auch eine eigens dafür gegründete Kom- mission der Deutschen Gesell- schaft für Kinderheilkunde hat die Wirksamkeit dieser Therapie in Frage gestellt. Ungeachtet dessen zahlen zunehmend auch RVO-Kassen die zum Teil sehr kostspielige Behandlung."

Wie die Rheuma-Liga die Ärzte unter Druck setzt Ein Fall besonderer Art betrifft die Rheuma-Liga. In Tübingen schrieb eine Beraterin der Liga Rheuma-Patienten an, wies auf eine Vereinbarung mit verschie- denen Krankenkassen hin, nach der die Kassen Zuschüsse für Gruppen-Gymnastik bezahlen, und forderte die Patienten auf:

„Dafür benötigen wir aber eine ärztliche Verordnung von Ihnen, die vor Beginn der Behandlung durch Ihre Krankenkasse geneh- migt werden sollte. Die Gene- mehmigung durch die Kasse entfällt für AOK-Mitglieder. Was die ärztliche Verordnung alles Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 7 vom 13. Februar 1985 (23) 387

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kostensteigerung DIE GLOSSE

beinhalten sollte, entnehmen Sie bitte dem beiliegenden In- formationsblatt, das Sie auch Ih- rem Arzt geben können. Wenn Sie also in nächster Zeit bei Ih- rem Arzt sind, dann bitten Sie ihn doch um diese Verordnung, die Sie dann mir zukommen las- sen sollten. Auch wer schon lau- fend an den Gymnastikangebo- ten teilnimmt und Mitglied der

Rheuma-Liga ist, aber aus be- kannten Gründen von seinem Arzt keine solche Verordnung bekommt, soll sich bitte an mich wenden."

Dazu gehört eine Interpretation der Kreisärzteschaft Tübingen:

„Der Witz dabei ist der, daß alle diejenigen Patienten, die bisher Funktionstraining durch Rheu- ma-Liga-Gruppen erhalten ha- ben, von Ihrem Hausarzt ein Re- zept für ,maximal 6 Monate' ver- langen können schon deshalb, weil ihre bisherige Teilnahme an der Trocken- und Warmbade- Gymnastik bewiesen hat, daß diese zumindest nicht schädlich ist. Diese auf die Dauer von ma- ximal sechs Monaten auszustel- lende Rezeptur wird jedenfalls ab sofort den von Ärzten verord- neten ,Heil- und Hilfsmitteln' zu- gerechnet, wohingegen bisher die Kosten direkt von den RVO- Kassen bzw. der Deutschen Rheuma-Liga übernommen wurden."

Der Vorsitzende der Kreisärzte- schaft resümiert, „daß hier die niedergelassenen Ärzte nicht mehr als Ärzte mit selbständiger Entscheidungsbefugnis angese- hen werden, sondern qua Re- zept nur noch ihren Sachver- stand zur Feststellung benutzen dürfen, daß die angebotenen Maßnahmen nicht schädlich sind. Dies sind Denk- und Be- fehlsstrukturen, wie sie die Kassen schon immer gegen- über den von ihnen angestellten Vertrauensärzten gehabt haben, die aber gegenüber ‚Vertrags- partnern' einigermaßen unge- wöhnlich genannt werden müs- sen." DÄ

Machtpotential

„Durch die Zwangsmitgliedschaft in den Ärztekammern gibt es ei- nen vergleichbaren Organisa- tionsgrad nur noch im Militärwe- sen." Für diese Aussage über die Verhältnisse in der Bundesrepu- blik gibt es eine Entschuldigung:

Die hat nämlich ein DDR-Autor für seine dortigen Leser geschrieben.

Da es in der DDR ja keine Ärzte- kammern gibt, muß er nämlich er- läutern, was er mit „staatlicher Or- ganisation des gesamten Ärztepo- tentials" meint. Er will damit sa- gen: Das Gesetz schreibt vor, alle westdeutschen Ärzte müssen Kammermitglieder sein — dadurch seien die Kammern auch Werk- zeuge des Staates, will er sugge- rieren. Oder er glaubt es gar selbst, weil dies in der DDR so wä- re, wenn ...

Aus dieser DDR-Sicht kommt er dann zu folgendem: „Über den Mechanismus der Bildung, Um- verteilung und Absicherung des Sozialfonds, über den staatlichen Sektor der Gesundheitsversor- gung, über die staatliche Organi- sation des gesamten Ärztepoten- tials ist der Staat entscheidendes

Macht- und Gestaltungspotential auch im Bereich des Gesundheits- schutzes."

Der Staat ist „entscheidendes Machtpotential" ... Mensch, hof- fentlich kriegt der Blüm das bei uns nicht zu lesen! gb

Kurlaub aufwärts

„Die Talsohle ist durchschritten.

Wir beginnen uns derzeit in einer

— wie ich meine — vernünftigen Größenordnung zu stabilisieren", erklärte der Präsident der Bun- desversicherungsanstalt für Ange- stellte, Klaus Hoffmann, zum der- zeit lebhaften Anstieg an Anträ- gen auf Heilbehandlung, im Volksmund als „Kurlaub" be- zeichnet. Dieser erstaunliche Stoßseufzer zum kostenträchti- gen Wiederanstieg der Morbidez-

za bei den anspruchsberechtigten Versicherten gilt offenbar der Tat- sache, daß damit nunmehr die Bettenkapazität der BfA-eigenen Kurkliniken wieder ausgelastet ist und es insbesondere in der Ortho- pädie zu längeren Wartezeiten kommt.

Die Traumzahl von 380 000 Anträ- gen im Jahr 1980 ist jedoch gewiß auch 1984 noch nicht wieder er- reicht worden. KP

Neu im Blätterwald

Erstmals konnte in einer der letz- ten Wochenendausgaben einer Lokalzeitung auf den Anzeigen- seiten eine eigene Rubrik mit der Überschrift „Freie Berufe" beob- achtet werden. Das darf als Zeichen gewertet werden, daß dieser Sammelbegriff sich im Bewußtsein der Öffentlichkeit durchsetzt.

Zusammengefaßt waren Anzeigen von Angehörigen der Heilberufe sowie der rechts- und steuerbera- tenden Berufe. Konkret: vier Ärz- te, ein Zahnarzt, zwei Heilprakti- ker, zwei Rechtsanwälte und ein Steuerberater.

Die Anliegen: Zwei Praxiseröff- nungen, eine Praxisübernahme, zwei Praxisverlegungen, drei Rückmeldungen nach Reisen, ei- ne Mitteilung über die Errichtung einer Sozietät bzw. Praxisgemein- schaft und eine Suchmeldung für die Bürogemeinschaft mit dem Angehörigen eines benachbarten Freien Berufsstandes.

Ausgesprochen werberische Tex- te fallen nur bei den veröffent- lichen Rückmeldungen der Heil- praktiker auf wie: „alle Privaten Krankenkassen" oder „Akupunk- tur, Ozon-Therapie, Zelltherapie nach Prof. Niehans" oder „Chi- ropraktik-Neuraltherapie-Homö- opathie-THX-Thymus".

Die Zeitung gibt auch hier ein recht getreues Abbild der sozia- len Wirklichkeit. FM 388 (24) Heft 7 vom 13. Februar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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