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Archiv "Projekte zur Verbesserung der „Durchimpfungsrate“" (02.04.1987)

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I

n der Bundesrepublik Deutsch- land bietet sich zur Zeit die Ver- stärkung der Aktivitäten zur Er- höhung der „Durchimpfungsra- ten" an, da in diesem Jahr die Vor- sorgeinitiative der Aktion Sorgen- kind in bewährter Weise die Öffent- lichkeit und auch spezielle Zielgrup- pen über Impfungen umfassend auf- klären wird. Flankierende Maßnah- men mit relativ geringem Aufwand und regional beschränkt können den Erfolg der Aktion Sorgenkind-Kam- pagne wirkungsvoll unterstützen, wie beispielsweise bereits in Hamburg und Niedersachsen.

Seit 1983 wird in Niedersachsen über die Gesundheitsämter ein Pro- gramm für Mädchen im 6. Schuljahr angeboten, das eine Untersuchung auf Röteln-Antikörper, die entspre- chende Impfung bei fehlendem Schutz sowie eine Untersuchung des Impferfolges umfaßt. Zur Aufklä- rung von Schülern dieser Alters- und Zielgruppe wurde eine Broschüre erstellt, deren Akzeptanz außerge- wöhnlich hoch sein dürfte.

Gesundheitsämter könnten im Rahmen der Amtshilfe durch das Einwohnermeldeamt gezielt über die anstehenden Impfungen aufklä- ren, dabei den Nutzen hervorheben und das Angebot des Gesundheits- amtes und der niedergelassenen Ärzte bekanntmachen. Zum Bei- spiel werden von der Stadtverwal- tung Leverkusen unter Zuhilfenah- me der Einwohnermeldeamtskartei altersbezogen vorgefertigte Eltern-

briefe verschickt. EDV-gestützt mit geringem Mehraufwand könnten diese Sendungen um ein individuel- les Schreiben, das zur Impfung des Kindes einlädt, ergänzt werden.

Dieses Vorgehen würde dem geziel- ten Einladungs- und Informations- modell zur Kinderfrüherkennung in Koblenz ähneln (D Ä Heft 6/1986, S.

303-305).

Auch sogenanntes „Incidental- Immunization-Konzept" scheint er- folgversprechend zu sein. Gemeint ist damit die Nutzung von Arztkon- takten jeder Art für eine Impfung beziehungsweise für die Feststellung des Impfstatus. Bei Röteln ist etwa die Antikörperbestimmung unab- hängig von einer Schwangerschaft Kassenleistung, so daß keine ab- rechnungstechnischen Probleme auftauchen werden.

Fehlender Leidensdruck erschwert Prävention

Derartige Impfaktivitäten sind Bestandteil einer gezielten Gesund- heitsaufklärung und Beratung und somit als primäre Prävention zu wer- ten. Entsprechend treffen die übli- chen Probleme aller präventiven Programme, die vor allem durch fehlenden Leidensdruck, durch feh- lende persönliche Betroffenheit be- dingt sind, auch hier zu. Es treten Akzeptanzprobleme auf, da einer- seits die jüngere Generation von El- tern und Ärzten unkontrollierte Epi-

demien nie selbst kennengelernt hat, andererseits stehen mögliche Ne- benwirkungen, Impfschäden eher im Blickpunkt als mögliche Folgen der mit den Impfungen zu verhütenden Infektionskrankheiten.

Deshalb ist gezielte Gesund- heitsaufklärung und Beratung auf individueller und kollektiver Ebene als zentrale Aufgabe der modernen Medizin gefordert. Ihre Bedeutung ergibt sich aus dem Wandel des Krankheitsspektrums und der Tatsa- che, daß 44 Prozent der Bevölke- rung ab 18 Jahren an Informationen über Gesundheitsfragen stark inter- essiert sind.

Hier zeigt sich, daß Gesund- heitsberatung auf einem partner- schaftlichen Patienten-Arzt-Verhält- nis basiert und auf Einsicht in die in- dividuelle Risikogefährdung baut.

Dabei sind die Determinanten prä- ventiven Verhaltens zu beachten.

Die zu impfende Person muß über- zeugt sein, daß sie für die Krankheit empfänglich ist, die Krankheit eine erhebliche negative Beeinträchti- gung verursacht und eine effektive Impfmaßnahme vorhanden ist. Das setzt voraus, daß die Eltern oder die zu impfende Person über das Ge- sundheitsproblem unterrichtet ist.

Obwohl im Gegensatz zu den meisten präventiven Programmen bei den Impfungen ein vergleichs- weise klares Interventions-Wir- kungs-Verhältnis vorausgesetzt wer- den kann, ist auch hier die Inan- spruchnahme niedrig. Das reine An- gebot von Impfungen scheint daher um weitere Maßnahmen erweite- rungsfähig zu sein, um zum ange- strebten Erfolg zu kommen.

In Ländern oder Regionen mit hohen Durchimpfungsraten nahe 100 Prozent — abgesehen von einigen sozialistischen Ländern, in denen ein solches Ergebnis ausschließlich durch Druckmittel erzielt werden konnte — wurden umfangreiche Auf- klärungs- und sonstige Aktionen durchgeführt. In der Literatur wird über eine Fülle von Modellen und Projekten weltweit berichtet. Davon sind direkt in der Bundesrepublik Deutschland sicherlich nur wenige umsetzbar. Trotzdem können Ein- zelaspekte und bestimmte Kompo- nenten von Programmen hilfreich

Impfungen gegen Masern, Mumps oder Röteln werden in der Bun- desrepublik Deutschland für den Versicherten und dessen Ange- hörige kostenlos und flächendeckend durch den niedergelasse- nen Arzt durchgeführt und auch von Gesundheitsämtern angebo- ten. Der Nutzen dieser Impfungen ist unbestritten hoch. Trotzdem ist die „Durchimpfungsrate" bei den meisten Impfungen noch im- mer unbefriedigend niedrig, wobei dies vor allem für die Röteln- impfung oder besser für den Schutz vor Röteln zu gelten scheint.

Projekte zur Verbesserung der „Durchimpfungsrate"

Peter G. Allhoff, Günter Flatten

A-898 (28) Dt. Ärztebl. 84, Heft 14, 2. April 1987

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für Aktivitäten auch in unserem Land sein.

Dabei handelt es sich vor allem um die Entwicklung, Durchführung und Erprobung folgender Pro- gramme:

1. Aufklärung der Öffentlich- keit, insbesondere der zur Impfung anstehenden Personen beziehungs- weise Sorgeberechtigten.

2. Information der Anbieter von Impfungen (hauptsächlich Ärzte und andere Medizinalberufe) und

3. ein "Follow-up-System" zur geziehen Motivierung von solchen Personen, die zur Impfung anstehen oder die bisher die Impfung ver- säumt haben.

Faktoren für Erfolg eines Impfprogramms

Folgende Faktoren wurden als besonders wesentlich für den Erfolg eines Impfprogramms identifiziert:

...,. Nutzung bestehender Struk- turen im Gesundheitswesen und im Umfeld der Zielgruppen;

...,. ausreichende Bekanntma- chung des Angebots bei den Ziel- gruppen (einschließlich Auslän- dern);

...,. je enger der Kontakt zu der aufklärenden Person beziehungswei- se Institution, desto wirksamer ist die Aufklärung;

...,. Integration sowie Koordinie- rung aller Aktivitäten und Informa- tionen für die Betroffenen, die Öf- fentlichkeit und die , ,Professio- nals";

...,. Schaffung eines ausreichen- den, leicht erreichbaren Angebots von Stellen, die Impfungen durch- führen;

...,. Sicherstellung der Kontinui- tät in Aufklärung und Angebot.

Grundsätzlich sollten sich Ge- sundheitsbehörden und Ärzte im Hinblick auf Impfungen folgendes zur Pflicht machen:

• Gesundheitsbehörden sollten eine Informationspflicht gegenüber den Ärzten über die aktuelle epide- miologische und immunologische Si- tuation haben. Relevante For- schungsergebnisse und andere Da- ten müssen dabei so aufbereitet und

,,Impfen fürs Leben''

Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege!

Schon in den vergangeneo Jahren haben wir Sie über die von der Bun- desärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung geför- derte Vorsorge-Initiative der Aktion Sorgenkind ,,Gesunde Kinder- unsere Verantwortung" informiert.

Auch in diesem Jahre führen wir diese Aufklärungsinitiative fort unter dem Motto "Impfen fürs Leben". Dieser Aufruf gilt in erster Linie der Impfung von Säuglingen und Kleinkindern. Er soll ferner der in der Bundesrepublik Deutschland erkennbaren Impfmüdigkeit der Be- völkerung insgesamt entgegenwirken. Es ist notwendig, bestehende Verunsicherungen, die Angst vor Impfkomplikationen und Impfschä- den durch ärztliche Beratung abzubauen. Wir bitten daher alle Kolle- ginnen und Kollegen, die Bedeutung der Vorsorge für eine gesunde Entwicklung der Kinder zu unterstreichen, die Vorsorge-Initiative zu unterstützen und sich persönlich für eine Stärkung des Vorsorgebe- wußtseins in der Bevölkerung einzusetzen.

Eine für die Eltern von Impfkindern bestimmte Begleitbroschüre zu dieser Vorsorgekampagne "Impfen fürs Leben" kann bei der Vor- sorge-Initiative der Aktion Sorgenkind, Lesnerstraße 40, 6000 Frank- furt am Main, angefordert werden.

Mit freundlichen Grüßen J

Dr. med. Karsten Vilmar

L~

Prof. Dr. med. Siegfried Häußler Präsident

der Bundesärztekammer

Erster Vorsitzender der

Kassenärztlichen Bundesvereinigung

interpretiert werden, daß praktische Implikationen klar werden. Ein re- gelmäßig erscheinendes Informa- tionsblatt, kostenlos an alle beteilig- ten Ärzte verteilt, kann diese Aufga- be unterstützen.

• Ärzte sollten sich zur Infor- mation verpflichtet fühlen. Sie soll- ten vorbereitet sein, die Eltern oder andere Personen zu informieren und individuell auf Ängste und Fragen einzugehen. Sie sollten den offiziel- len Standpunkt zum Impfen darstel- len, ebenso wie sie in der Lage sein müssen, eventuelle eigene abwei- chende Meinungen begründen zu können.

Letztlich geht es nicht nur um die Verbesserung der Impfsituation,

sondern themenübergreifend um den Aufbau der bisher nur rudimen- tär ausgebildeten bundesdeutschen gesundheitserzieherischen Infra- struktur .

(Nach einem Referat anläßlich des Fach- presse-Seminars "Impfen" der Vorsorgeinitia- tive der Aktion Sorgenkind in Frankfurt/Main 30. 1. 87; Peter G. Allhoff, Arbeitsgemeinschaft für interdisziplinäre Gesundheitsforschung, Le- verkusen, und Dr. med. Günter Flatten, Ge- schäftsführer des Zentralinstituts für die kassen- ärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Köln.)

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Günter Flatten Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41 (Lindenthal) Dt. Ärztebl. 84, Heft 14, 2. April 1987 (31) A-899

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