• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "KBV-Vertreterversammlung: Freiraum für die ärztliche Selbstverwaltung" (30.05.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "KBV-Vertreterversammlung: Freiraum für die ärztliche Selbstverwaltung" (30.05.2014)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 982 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 22

|

30. Mai 2014

KBV-VERTRETERVERSAMMLUNG

Freiraum für die ärztliche Selbstverwaltung

Vertretbare Wartezeiten auf Termine beim Facharzt, ein haltbarer Interessenausgleich zwischen Haus- und Fachärzten, sinnvolle Delegation statt Substitution – die Ärzte wollen selbst Lösungen für diese Aufgaben entwickeln. Immer engere Vorgaben des Gesetzgebers lehnen sie ab.

D

ie Atmosphäre bei der ersten öffentlichen Vertreterver- sammlung (VV) der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV) nach der Wahl des neuen Vorstands- vorsitzenden, Dr. med. Andreas Gassen? Ruhig. Streit blieb aus bei der Zusammenkunft, die am 26.

Mai in Düsseldorf – traditionell im Vorfeld des Deutschen Ärztetags – stattfand. Das überraschte manche nach den heftigen Auseinanderset- zungen, die es monatelang zwi- schen Haus- und Fachärzten in den Gremien und im Vorstand der KBV gegeben hatte, wie die anschließen- de Pressekonferenz zeigte. Ob es etwa Beruhigungstabletten für die

Delegierten gegeben habe, fragte ein Journalist.

„Wir haben nichts in den Kaffee getan“, gab Gassen zurück. Es habe sich gezeigt, „dass es in wesentli- chen Punkten eine einheitliche Li- nie gibt“. KBV-Vorstand Dipl.- Med. Regina Feldmann ergänzte, man habe merken können, dass die Hausärzte in der VV das System nicht spalten wollten, wie immer wieder behauptet, sondern „an an- gemessener Repräsentanz“ interes- siert seien. Zu Beginn der VV hatte deren Vorsitzender, Dipl.-Psych.

Hans-Jochen Weidhaas, angemerkt:

„Das Schiff KBV hat die Stürme der vergangenen Monate überstan- den und steuert in ruhigerem Fahr- wasser. Die Sacharbeit steht wieder im Vordergrund.“

Regionale Lösungen für die Probleme mit Wartezeiten

Für die ärztlichen Körperschaften geht es zurzeit darum, immer engere Vorgaben des Gesetzgebers zu ver- hindern. Gassen forderte deshalb Bundesgesundheitsminister Her- mann Gröhe (CDU) auf, den Hand- lungsspielraum der ärztlichen Selbstverwaltung zu erhalten. Der Minister habe immer betont, dass er Lösungen aus der Selbstverwaltung heraus den Vorzug geben wolle, sag- te Gassen vor den 60 Mitgliedern der Vertreterversammlung und zahl- reichen Gästen. Das sähen aber nicht alle Politiker so.

Vor allem beim Wartezeiten-Ma- nagement und der paritätischen Be- setzung der Gremien von KBV und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) durch Haus- und Fachärzte favorisiert Gassen interne Lösun- gen. Zwar bezweifelte er erneut, dass es sich bei den Wartezeiten ge- setzlich Krankenversicherter auf ei- nen Facharzttermin um ein großes

Problem handelt. Dennoch werde die KBV – „mit Bauchschmerzen“

– eine eigene Lösung erarbeiten.

Man wolle aber keine bundes- weit einheitliche Vorgabe. „Viel- mehr wollen wir den Regionen weitgehende Gestaltungsmöglich- keiten einräumen, damit sie ihre Angebote auf die jeweiligen Gege- benheiten vor Ort abstimmen kön- nen“, erklärte Gassen. Für den Fall, dass die Politik das Problem gesetz- lich regeln wolle, kündigte er Wi- derstand an: „Es gibt eine Freiheit, die andere einem zugestehen, und es gibt eine Freiheit, die man sich nimmt. Dazu gehört auch die Frei- heit, Nein zu sagen, wenn man et- was als nicht vernünftig erachtet.

Im Übrigen: Es ist nicht Aufgabe der Körperschaften, den Koalitions- vertrag vorauseilend umzusetzen.“

Bundesgesundheitsminister Grö- he hatte allerdings im Interview mit der „FAZ“ bekräftigt, dass er an einer Vierwochenfrist für einen Facharzttermin festhalten will. „Sie kommt mit einem der nächsten Ge- setze, konkretisiert den gesetzli- chen Sicherstellungsauftrag und wird von der Selbstverwaltung or- ganisiert“, sagte er dort.

Für eine angemessene Interes- senvertretung von Haus- und Fach- ärzten in den Gremien von KBV und KVen setzt Gassen ebenfalls auf eine interne Lösung. „Wir soll- ten uns nicht von außen gestalten lassen, sondern eine Lösung im Rahmen der Satzung der KBV fin- den“, sagte er. Daran werde intensiv und konstruktiv gearbeitet. „Ich bin zuversichtlich, dass wir eine ge- meinsame Lösung hinbekommen“, meinte Gassen. Feldmann bekräf- tigte vor der Presse: „Die Hausärzte wollen die KBV nicht spalten. Wir haben immer zu einem einheitli- chen KV-System gestanden.“

Handlungsbereit- schaft ja, Unter- würfigkeit nein – Andreas Gassen betonte: „Es ist nicht Aufgabe der Körperschaften, den Koalitionsvertrag vorauseilend umzusetzen.“

Fotos: Lajos Jardai

P O L I T I K

(2)

Im Koalitionsvertrag hatten Uni- on und SPD angekündigt, eine pari- tätische Besetzung der ärztlichen Gremien gesetzlich zu regeln, so dass jede Fachgruppe jeweils eigen- ständig über ihre Belange entschei- den kann. Abgesehen davon, dass man dafür den Rechtsrahmen än- dern müsse, führe diese Art der Pa- rität zu einer Sektionierung des Systems, hielt der KBV-Vorsitzen- de Gassen dem entgegen. „Hierzu müsste das Sozialgesetzbuch V um- geschrieben werden“, erläuterte er.

„Der Bundesmantelvertrag würde seine Geltung verlieren, und der Si- cherstellungsauftrag hat sich damit im Prinzip auch erledigt.“

Strenge Parität würde das System „zerfleddern“

Eine wortgetreue Umsetzung der Parität würde „die Versorgung in Deutschland zerfleddern“, warnte Gassen. Einige kleine, spezialisier- te Facharztgruppen könnten viel- leicht lukrative Versorgungsverträ- ge schließen. Verlierer wären grundversorgende Haus- und Fach- ärzte – und die Patienten. Er selbst, betonte Gassen, halte das Thema Hausarzt-Facharzt in erster Linie für eine Funktionärsdebatte. Für die Kollegen an der Basis seien andere Dinge viel entscheidender.

Die jüngste Umfrage des Ärzte- monitors belege das. Dort hätten fast drei Viertel der Befragten kritisiert, dass es keine finanzielle Planungssi- cherheit gebe. Etwa ebenso viele meinten, die Praxis habe ihre Funkti- on der Altersvorsorge verloren. Das

sei ein Skandal, sagte Gassen. Zu den wichtigsten Zielen der KBV ge- höre es deshalb nach wie vor, mit den Krankenkassen feste und kos- tendeckende Preise zu vereinbaren.

Hier habe man mit der Ausbudgetie- rung der Richtlinien-Psychotherapie einen ersten Erfolg erzielen können.

Jetzt gelte es, weitere Leistungen aus der morbiditätsorientierten Gesamt- vergütung auszubudgetieren.

Attraktivere Rahmenbedingun- gen, so hofft man bei der KBV, ma- chen die Niederlassung in eigener Praxis auch für den Nachwuchs wieder attraktiv. Je früher die nach- rückende Ärztegeneration die Ar- beit in der Praxis kennenlernt, desto besser, lautet die Devise. Deshalb will die KBV die fachärztliche Wei- terbildung in den Praxen stärker als bisher fördern. „Wir müssen den jungen angehenden Kolleginnen und Kollegen alternative Wege auf- zeigen, und wir müssen dafür sor- gen, dass sie diese alternativen We- ge auch gehen können“, sagte KBV-Vorstand Feldmann.

In dem Zusammenhang verwies sie auf eine Umfrage des Marburger Bundes unter jungen Ärzten zu de- ren Erfahrungen mit der Weiterbil- dung. Danach wächst beim Nach- wuchs der Wunsch, einen Teil der Weiterbildung im ambulanten Be- reich zu absolvieren. Viele Befrag- te, so Feldmann, versprächen sich so eine bessere Vorbereitung auf das Berufsleben und eine bessere Grundlage für die Entscheidung, ob man später im Krankenhaus oder in der Niederlassung arbeiten wolle.

Die KBV fordert deshalb, künf- tig ein größeres Angebot an ambu- lanten Abschnitten in der Weiter - bildung vorzusehen. Um genü- gend Weiterbildungsstellen schaf- fen und ausreichend finanzieren zu können, schlägt sie ein Stiftungs- modell vor. Denn die Weiterbil- dungsassistenten müssten im ambu- lanten Bereich die gleichen tarif - lichen Konditionen vorfinden wie im Krankenhaus.

Ambulante Weiterbildung durch Stiftung fördern

Wie Feldmann ausführte, sollen alle wichtigen Akteure in die Stiftung einbezogen werden. Ausdrücklich wandte sie sich an den Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr.

med. Frank Ulrich Montgomery, der bei der VV zu Gast war, und sagte: „Wir möchten dies der Bun- desärztekammer vorschlagen und bitten Sie, sich aktiv an der Umset- zung des Konzepts zu beteiligen.“

Alternative Wege will Regina Feld- mann in der Weiter- bildung ebnen – und dafür sorgen, dass sie auch begehbar sind. Für eine Sack- gasse hielt die VV Vorstöße zur Sub- stitution ärztlicher Leistungen und votierte dagegen.

P O L I T I K

(3)

A 984 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 22

|

30. Mai 2014 Vor Journalisten ergänzte Feld-

mann noch, dass eine Förderung nur für diejenigen Weiterbildungs- inhalte fließen solle, die im Kran- kenhaus nicht vermittelt werden könnten. An Details einer Definiti- on dieser Inhalte arbeite die KBV.

Als gesamte Fördersumme werde man jährlich maximal 500 Millio- nen Euro benötigen, so Feldmann:

„Der Erfolg des Förderprogramms Allgemeinmedizin zeigt, dass es sich lohnt.“ Die Zahl der damit ge- förderten Ärztinnen und Ärzte sei bundesweit von 3 258 im Jahr 2010 auf 4 337 im Jahr 2013 gestiegen.

Ebenfalls ums Geld ging es bei einer Bilanz über die Effekte der Reformen am Hausarztkapitel des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM). Diese fielen unterschied- lich aus, erläuterte Feldmann. Im vierten Quartal 2013 rechneten die Hausärzte offenbar weniger Leis- tungen ab als erwartet, mit Ausnah- me von Hamburg, Berlin, Mecklen- burg-Vorpommern und Sachsen- Anhalt.

Dieser Trend gelte jedoch nicht für die geriatrie- und palliativmedi- zinischen Leistungen, schränkte Feldmann ein. Hier lasse sich er- kennen, „dass in allen KVen die zur Verfügung gestellten Gelder nicht ausreichend sind“. Die Auswertun- gen zeigten eine Unterfinanzierung

zwischen 109 Prozent (Berlin) und 337 Prozent (Saarland). „Dies zeigt, dass die Finanzierung bei der Ein- führung der Leistung zu niedrig be- messen war“, urteilte Feldmann.

Bei den Gesprächsleistungen schöpf- ten allerdings die Hälfte bis drei Viertel der Hausärzte das Ge- sprächsbudget bislang nicht aus.

Handlungsbedarf gibt es offenbar auch bei den Chronikerpauschalen.

Im Vergleich zum Vorjahresquartal war der Abrechnungsumfang im vierten Quartal 2013 niedriger.

„Der empirische Leistungsbedarf liegt gut zehn Prozent unter der Simulation“, erklärte Feldmann. Sie ist jedoch davon überzeugt, dass sich die Abrechnung noch positiv verän- dern wird. Als Argumente führte sie an, dass bereits eine Erhöhung der Bewertung der Chronikerpauschale zum 1. Juli mit dem GKV-Spitzen- verband vorgesehen sei. Auch wür- den im zweiten Quartal 2014 sicher mehr Gespräche abgerechnet.

Trotz einzelner Unmutsäußerun- gen im Saal diskutierte die VV nur kurz und sachlich über die EBM- Ergebnisse. Dr. med. Wolfgang Krombholz, Vorstandsvorsitzender der KV Bayerns und Mitgestalter der Veränderungen am EBM, ver- wies darauf, dass man nun manche Unterfinanzierung der hausärztli- chen Versorgung besser als vorher

zu Zeiten einer stärkeren Pauscha- lierung erkennen könne: „Die Pau- schale war eine Tarnkappe. Da ist einiges drunter versteckt worden.“

Gefahr der Substitution:

VV lehnt Vorstöße ab

Intensiv und teilweise emotional diskutierten die Delegierten über die Ausbildung und den Einsatz von nichtärztlichem akademischem Per- sonal im Gesundheitswesen. Anlass sind Studiengänge privater Hoch- schulen, deren Absolventen den Ankündigungen zufolge in der La- ge sein sollen, Patienten zu versor- gen, beispielsweise in Form von Erstanamnesen, der Ausarbeitung von Verdachtsdiagnosen oder dem Aufstellen von Behandlungsplänen bis hin zu kleineren operativen Ein- griffen. Per Antrag lehnten die De- legierten jede Substitution ärztli- cher Leistungen ab. Sie sprachen sich aber dafür aus, dass Bundes- ärztekammer (BÄK) und KBV ent- sprechende Rahmenvorgaben für die Ausbildung und den Einsatz entsprechender Berufe schaffen sollten, um eine sinnvolle Delegati- on zu ermöglichen. Der BÄK-Prä- sident unterstützte den Antrag; über das Thema wird auch auf dem Deutschen Ärztetag diskutiert (Be-

richt folgt).

Heike Korzilius, Sabine Rieser

Mehr als 100 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben bei der Vertreterversammlung (VV) der KBV Rückendeckung für ihre Forde- rungen nach mehr Honorargerechtigkeit gefordert. Sie bemängelten, dass die Psychotherapiehonorare sich seit Jahren am untersten Ende der Einkommensskala der Niedergelassenen befänden.

Die Leistungen müssten künftig so vergütet werden, dass Fachärzte und Psychotherapeuten bei gleichem Arbeitseinsatz ein vergleichbares Honorar erzielten könnten, heißt es in einer Presseerklärung der Lan- desgruppe Nordrhein der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung (DPtV). Dem Appell schlossen sich der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten NRW, die Vereinigung der analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten NRW und der Berufsver- band der Vertrags psycho therapeuten Nordrhein an. Sie demonstrierten mit Transparenten und T-Shirts, auf denen Slogans prangten wie „Rückt die Honorare gerade!“.

„Die Kollegenschaft erwartet, dass die neue Verhandlungssituation auch genutzt wird“, erklärte einer der Organisatoren, Andreas Pichler, Vorstandsmitglied des DPtV, dem Deutschen Ärzteblatt. Seit 2013 wer-

den wesentliche Leistungen wie genehmigungspflichtige Psychotherapie und probatorische Sitzungen extrabudgetär vergütet. Damit führt eine Honorarsteigerung für Psychotherapie nicht mehr zu einer Kürzung der übrigen fachärztlichen Honorare.

Der KBV-Vorstandsvorsitzende ging in seiner Rede auf die Protestie- renden ein. Er empfinde die Aktion als gegen die Krankenkassen gerich- tet, erklärte Dr. med. Andreas Gassen, und ergänzte „Wir unterstützen Ihre Forderungen nach Honorargerechtigkeit in vollem Umfang.“

MEHR HONORARGERECHTIGKEIT

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Eckart Fiedler einschaltete, waren die Gründe für die — in Übereinstimmung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen der Län- der — getroffene Entscheidung der KBV, vor den und

Durch die Bereitschaft der Kassenärzte, im Gesundheitswe- sen Mitverantwortung für eine Dämpfung der.Kosten zu überneh- men, haben Sie einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung

Die ärztlichen Standesorganisa- tionen sind sich hingegen sicher, dass der Ärztemangel in Deutsch- land zunehmend zu einem ernsten Versorgungsproblem wird: Die Zahl der

Der KBV-Vorstand soll sich dafür einsetzen, dass es nur noch finanzielle Anreize für die Arbeit in unterver- sorgten Regionen gibt, nicht aber Abzüge bei

Die Prozentzahl berücksichtigt Prognosen des Zentralinstituts für die kassenärztli- che Versorgung, nach denen bei einer Steigerung des Lebenshal- tungskostenindex 1979

Die Bundesärztekammer wurde mit der Empörung vieler Ärzte über die anhaltende Kritik an ihrer Arbeit (und ihren Einkommen!) sehr direkt konfrontiert : bei ihren

„Sollte der geplante Vertrag für eine flächendeckende haus- arztzentrierte Versorgung ohne Be- teiligung der KVen stattfinden und die Bereinigung der Gesamtvergü- tung

Umsetzung vieler belastender Regelungen zu sorgen hätten. „Wenn wir als Vertreter der Vertragsärzte und -psychotherapeuten deren Interessen wirksam wahrnehmen wollen,müssen