"Blaues Papier"
es Ansätze dazu gegeben. Anlässe waren z. B. ein Referat von Gerd Muhr - dem Sozialpolitiker im DGB-Vorstand- vor der Hauptver- sammlung des NAV, in dem Muhr praktisch das spätere WSI-DGB- Programm in Kurzform vorwegver- kündete, sowie ein Referat von Horst Ruegenberg, damals Vor- standsvorsitzender des BdO, auf
dem "Krankenhaustag 1971 sei-
nes Verbandes, in dem Ruegen- berg, obgleich von Hause aus Ar- beitgebervertreter, die Ärzte im Tenor ähnlich dem DGB kritisierte.
Die Kassenärztliche Bundesver- einigung fühlte sich hiervon in be- sonderer Weise berührt, verständ- lich, war und ist der BdO doch einer ihrer wichtigsten Verhand- lu ngspartner. KBV-Vorsitzender Dr. Hans Wolf Muschallik hatte da- her schon früh eine Vorwärtsstra- tegie zu überlegen gegeben. Auf der Vertreterversammlung der KBV in Westerland (vor Beginn des Ärztetages) hat er sich für eine sinnvolle Weiterentwicklung im Rahmen des bestehenden Sy- stems ausgesprochen. Die KBV hat auch bei den folgenden Arbei- ten am "Blauen Papier" eine nicht unwesentliche Rolle gespielt.
Die Bundesärztekammer wurde mit der Empörung vieler Ärzte über die anhaltende Kritik an ihrer Arbeit (und ihren Einkommen!) sehr direkt konfrontiert: bei ihren Fortbildungskongressen in Davos, aber auch in Badgastein - insge- samt waren einige tausend Ärzte vertreten -wurden die Repräsen- tanten der BÄK 1972 gedrängt, öf- fentlich etwas zu unternehmen.
Die Ärzte fühlten sich vornehmlich durch die "Spiegei"-Serie heraus- gefordert, die gerade während der Kongreßzeit lief. Die. Bundesärzte- kammer selbst agierte daraufhin zwar nicht, wohl aber ihre Reprä- sentanten: sie gründeten die "Ak- tion Freiheit für Arzt und Patient", eine Parallele zur früheren Ak- tionsgemeinschaft der deutschen Ärzte, die in Abwehr der Blanck- schen Reformpläne entstanden war.
Bericht und Meinung
Vertreterversammlung der KBV mit Partei-Repräsentanten
Auf der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung am 12. Mai - die KBV tagt traditionsgemäß kurz vor Beginn des Ärztetages, eine weitere Vertreterversammlung findet im Herbst statt- werden Repräsentanten der vier im Deutschen Bundestag vertrete- nen Parteien Stellungnahmen zu aktuellen gesundheits- und sozialpolitischen Fragen ab- geben.
Im Rahmen eines einleitenden Referates mit "Bericht zur La- ge" wird der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung, Dr. Hans Wolf Mu- schallik, die Vertreter der Par- teien um die Beantwortung von Grundsatzfragen bitten, denen im Hinblick auf die Anforderun- gen an die ambulante kassen- ärztliche Versorgung in den 80er Jahren besondere Bedeu- tung zukommt.
Diese Fragen betreffen die Themen
..,.. Ambulante Krankenversor- gung durch freiberuflich tätige Kassenärzte,
..,.. Vertragsfreiheit zwischen Ärzten und Krankenkassen,
Die "Aktion Freiheit" war vor-
nehmlich unter jüngeren Ärzten nicht unumstritten, der Marburger Bund übte Kritik, machte aber schließlich - genau wie die ande- ren großen Ärzteverbände - mit.
Die Gründungserklärung der Ak- tion macht die Absicht, program- matisch nach außen zu wirken, deutlich: "Zweck der Aktion ist es, mit den Mitteln und Möglichkeiten der Information die Öffentlichkeit - und insbesondere über die ärztli- chen Wartezimmer die Patienten- über Bedeutung und Vorzüge ei- nes freiheitlichen Gesundheitssy- stems für die deutsche Bevölke- rung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufzuklären, gegen- teilige Auffassungen zu widerle- gen und für das Vertrauensver-
..,.. Formen der Teilnahme an der ambulanten kassenärztli- chen Versorgung,
..,.. Sicherung einer qualitativ hochstehenden kassenärztli- chen Versorgung,
..,.. Datenschutz für Arzt und Patient.
ln Kurzreferaten werden zu die- sen Fragen Stellung nehmen:
C> für die Christlich Demokrati-
sche Union: Staatsminister Dr.
Georg Gölter (Rheinland-Pfalz).
C> für die Sozialdemokratische
Partei Deutschlands: Senator Olaf Sund (Berlin).
C> für die Christlich-Soziale
Union: Staatsminister Dr. Fritz Pirkl (Bayern),
C> für die Freie Demokratische
Partei: Bundestagsabgeordne- ter Hansheinrich Schmidt (Kempten) MdB.
Im Anschluß daran wird der Konstanzer Sozialwissen- schaftler Prof. Dr. Horst Baier über Probleme der Freiberuf- lichkeit und der zunehmenden Bürokratie sprechen. Die Ver- treterversammlung beginnt um
10.00 Uhr. PdÄ/DÄ
hältnis zwischen Arzt und Patient gefährliche unsachliche Kritik an der ärztlichen Tätigkeit zurückzu- weisen."
Das Zusammenwirken aller we- sentlichen ärztlichen Organisatio- nen (oder doch deren Repräsen- tanten) verdeutlichte zudem: das künftige Programm würde unter wesentlicher Mitwirkung aller ärzt- licher Organisationen zustande kommen. Das zeigte sich an der Zusammensetzung des Sonder- ausschusses, der auf der Basis des Beschlusses von Westerland eingesetzt wurde: eine Konferenz von Verbandsvertretern, ergänzt um einen "Redaktionsausschuß"
(der dann allerdings später im we- sentlichen die Arbeit machte); die-