• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "KBV-Vertreterversammlung: Die umfangreiche Arbeit geht 2012 weiter – ohne Vorstand Müller" (16.12.2011)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "KBV-Vertreterversammlung: Die umfangreiche Arbeit geht 2012 weiter – ohne Vorstand Müller" (16.12.2011)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 50

|

16. Dezember 2011 A 2691 KBV-VERTRETERVERSAMMLUNG

Die umfangreiche Arbeit geht 2012 weiter – ohne Vorstand Müller

Harmonischer als sonst so häufig diskutierten die Vertreter der Länder-KVen die politische Jahres- bilanz. Das Versorgungsstrukturgesetz muss 2012 umgesetzt werden, die Reform der Bedarfspla- nung steht an. Alles ohne Carl-Heinz Müller: Der KBV-Vorstand geht – wegen der Familie.

D

r. med. Carl-Heinz Müller hat seinem Amtskollegen Dr.

med. Andreas Köhler in der Öffent- lichkeit häufig sehr souverän den Vortritt gelassen. Und so verfuhr er auch am 9. Dezember: Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung (KBV) wartete die Jahres - bilanz des Vorstandsvorsitzenden Köhler ab und würdigte dann eben- falls erst das zurückliegende Jahr mit seinen Verhandlungserfolgen für die Vertragsärzte und -psycho- therapeuten, bevor er ankündigte, Anfang 2012 sein Amt aufzugeben.

Vor der KBV-Vertreterversamm- lung (VV) erklärte Müller, er wolle künftig mehr Zeit mit seiner Fami- lie verbringen und auch wieder ver- stärkt in seiner Hausarztpraxis tätig sein. Müller bat die VV um Ver- ständnis für seine „sehr persönliche Entscheidung“, die er endgültig erst am Vorabend der Veranstaltung, an seinem 56. Geburtstag, getroffen habe. Müller ist seit Juli 2007 im KBV-Vorstand für den hausärztli- chen Versorgungsbereich zuständig und kümmerte sich zudem um Fra- gen der Arznei- und Heilmittelver- ordnung und die elektronische Ge- sundheitskarte.

Müller: Wir haben viel erreicht

Dass er gerade jetzt seinen Rückzug verkündete, kam für alle überra- schend. Denn er hatte in seinem Be- richt an die KBV-Vertretersamm- lung selbst erklärt, 2011 sei ein ins- gesamt erfolgreiches Jahr gewesen.

„Wir haben Dinge erreicht, die ich mir noch im Sommer nicht hätte träumen lassen“, sagte er mit Blick auf Regelungen im GKV-Versor- gungsstrukturgesetz (VStG). Dazu gehörten vor allem Erleichterungen für die Ärzte bei der Arznei- und

Heilmittelverordnung. Künftig, so Müller, fallen Langzeitverordnun- gen von Heilmitteln nicht mehr un- ter die Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Zwar sei es nicht gelungen durchzusetzen, dass die Ärzte bei ihren Verordnungen ganz aus der Wirtschaftlichkeitsverantwortung entlassen würden. Doch werde der Grundsatz „Beratung von Regress“

deutlich gestärkt. Außerdem sieht das VStG vor, dass das von der ABDA – Bundesvereinigung deut- scher Apothekerverbände und der KBV gemeinsam entwickelte Zu- kunftsmodell für die Arzneimittel- verordnung in Modellvorhaben er- probt werden kann. „Damit ist mei- ner Ansicht nach die Tür geöffnet zur endgültigen Abschaffung der Richtgrößenprüfungen“, erklärte Müller bei der Vertretersammlung.

Über die Umsetzung der Be- standteile des Konzepts – Wirk- stoffverordnung, Medikationskata- log und Medikationsmanagement – wollen die Kassenärztlichen Verei-

nigungen (KVen) noch diskutieren.

Denn das Zukunftsmodell trifft nicht überall auf ungeteilte Zustim- mung. Manche KV-Vertreter fürch- ten um die ärztliche Therapiefrei- heit. Eine Rolle spielt sicher auch, dass im Rahmen des Modells die Spielräume für Selektivverträge kleiner würden. Bisher gehören Ab- sprachen über den Arzneimittelbe- reich zur Verhandlungsbasis.

Verhältnis zu Kassen: gestört

Als Erfolg bezeichnete Müller es auch, dass sich die Gesellschafter- versammlung der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Ge- sundheitskarte (Gematik), der Ver- treter der KBV und des GKV-Spit- zenverbandes angehören, am 5. De- zember auf ein gemeinsames stu- fenweises Vorgehen beim Online- Rollout einigen konnten. Es sieht vor, in der ersten Stufe das Versi- chertenstammdatenmanagement in Verbindung mit der qualifizierten elektronischen Signatur des Arztes Herzlicher Abschied:

Mit der Ankündigung seines Rücktritts über- raschte KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller (M.) die Versammlung.

Fotos: Georg J. Lopata

P O L I T I K

(2)

A 2692 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 50

|

16. Dezember 2011 einzuführen. Der zeitliche Abstand

zwischen dem Testbeginn für das Stammdatenmanagement und dem für die Signatur darf dabei Müller zufolge maximal zehn Monate be- tragen. „Dieses stufenweise Vorge- hen schafft Planungssicherheit“, bekräftigte der KBV-Vorstand. Au- ßerdem werde so sichergestellt, dass die medizinischen Anwendun- gen nicht hintenan stünden.

Zugleich ging Müller jedoch hart mit dem GKV-Spitzenverband und dessen Vorstandsvorsitzender, Dr.

Doris Pfeiffer, ins Gericht. Der Ver- band habe neun Monate lang die Verhandlungen verschleppt, um im Geheimen seine „Alternative 2012“

zu entwerfen, die einzig auf die On- line-Abgleichung der Versicherten- daten abziele. Das sei durch die Ei- nigung vom 5. Dezember zwar zum Glück vom Tisch. Das Vertrauens- verhältnis zum Kassenverband und insbesondere das zu Pfeiffer ist für Müller jedoch nachhaltig gestört.

„Klauen von Lebenszeit“

„Diese unnötigen Sitzungen waren ein Klauen von Lebenszeit“, sagte Müller. Ähnliches wolle er sich nicht mehr antun, betonte er: „Mir ist es wichtig, diese Zeit für meine Familie zu haben.“ Müller ist mit einer Zahnärztin verheiratet und hat zwei Kinder, zwei und vier Jahre alt. Die Familie lebt in Trier, wo er seit 1987 als Hausarzt niedergelas- sen ist. Nach seiner Ankündigung wurde die VV abgebrochen.

Zuvor hatte der KBV-Vorstands- vorsitzende, Dr. med. Andreas Köh- ler, noch die Grundzüge eines Kon-

zepts zur Neugestaltung der Be- darfsplanung vorgestellt. Die heuti- gen Planungsregeln, geschaffen, um die „Ärzteschwemme“ der 90er Jahre zu regulieren, haben ange- sichts des sich abzeichnenden Ärz- temangels nach Meinung vieler Ex- perten inzwischen ausgedient.

Die Politik hat diese Kritik auf- gegriffen und im Versorgungsstruk- turgesetz die Grundlagen für eine Neuregelung geschaffen. Bis Mitte 2012 muss der Gemeinsame Bun- desausschuss (G-BA) Konzepte entwickeln, „mit denen Versor- gungslücken geschlossen werden können“. Darauf verwies Köhler

vor der Vertreterversammlung. Da weder die Krankenkassen noch die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Patientenvertreter im G-BA bislang eigene Konzepte vor- gelegt hätten, gehe er davon aus, dass die Vorschläge der KBV Grundlage der Beratungen würden.

Zwar betonte Köhler, dass die Qualität der Versorgung und die Er- reichbarkeit von Ärzten und Psy- chologischen Psychotherapeuten im internationalen Vergleich sehr gut sei. Er benannte aber auch die Defizite: Der Zuschnitt der Pla- nungsräume sei nicht für alle Pla- nungsgruppen angemessen. Die re-

Wer bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an führender Stelle arbeitet, muss hohen Einsatz zeigen und die Geduld für stundenlange Sitzun- gen mitbringen, nicht zuletzt für solche mit den Verhandlungspartnern. Die Sinnfrage wird selten hörbar gestellt, selbst wenn Vorhaben zurückge- zogen werden müssen (ambulante Kodierrichtlini- en), Aufgaben niemals enden werden (Honorarre- form) oder Projekte sich schier endlos hinziehen (elektronische Gesundheitskarte).

Gerade die Verhandlungen darüber mit dem GKV-Spitzenverband in den letzten Monaten wa- ren Müller offenbar zu viel. „Das war Zeitver- schwendung durch Hinterhältigkeit“, sagte er bei der Ankündigung seines Rücktritts. Ähnliches will er sich nicht mehr antun: „Mir ist es wichtig, die- se Zeit für meine Familie zu haben.“ Die Familie lebt in Trier, wo er seit 1987 als Hausarzt nieder- gelassen ist.

Dort begann auch seine berufspolitische Karrie- re. Seit 1997 war er Mitglied der Vertreterver- sammlung der KV Trier, deren Vorstand er von 2001 bis 2004 vorsaß. Von 2005 bis September 2007 bekleidete er das Amt des Vorstandsvorsit- zenden der fusionierten KV Rheinland-Pfalz. Da- nach wechselte er in den Vorstand der KBV, wo er sich erst am 11. März 2011 zur Wiederwahl stellte.

Seither hatte er bereits zweimal mit dem Gedanken an einen Rücktritt gespielt: zum einen in Verbin- dung mit dem Zukunftskonzept zur Arzneimittelver- ordnung, zum anderen beim Online-Rollout.

FAMILIE STATT VORSTAND

Wenig Diskussi- onsstoff: Im Großen und Ganzen zeigten sich die Delegierten zufrieden mit dem Versorgungsstruk- turgesetz.

P O L I T I K

(3)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 50

|

16. Dezember 2011 A 2693 gionalen Verflechtungen, sprich die

Mitversorgung von Patienten aus anderen Planungsräumen, würden nur unzureichend berücksichtigt.

Außerdem sei die Spannbreite der Verhältniszahlen zum Teil zu groß.

Das Konzept der KBV sieht nun vor, neue Arztplanungsgruppen zu bilden und diese verschiedenen Planungsbereichen zuzuordnen:

der hausärztlichen Versorgung, der wohnortnahen fachärztlichen Ver- sorgung (zum Beispiel Kinderärzte, Augenärzte, Frauenärzte) und Son- derbereichen der fachärztlichen Versorgung (zum Beispiel Anästhe- sisten, Radiologen, Neurochirur- gen). Dabei soll mit zunehmendem Spezialisierungsgrad der Ärzte und Psychotherapeuten auch die Größe der Planungsregion wachsen. Die starre Orientierung an den Stadt- und Landkreisen wäre damit hin- fällig.

Bedarfsplanung ohne Tabus

Nach Ansicht Köhlers darf es bei der Neuregelung der Bedarfspla- nung keine Tabus geben. So müsse man auch darüber diskutieren, ob Versorgungsgrade neu festgelegt oder Zulassungen vermehrt befris- tet werden sollten. „Und ist es nicht auch an der Zeit, einmal darüber zu sprechen, welchen Versorgungsbei- trag Ärzte und Psychotherapeuten wirklich leisten?“, fragte Köhler.

Arbeiteten alle Vertragsärzte wirk- lich 40 Stunden in der Woche? Sei der Hausarzt auch tatsächlich haus- ärztlich tätig? „Solche Fragen ber- gen viel politischen Sprengstoff, doch wir müssen sie stellen“, er- klärte der KBV-Vorsitzende.

Zuvor hatte er das zurückliegen- de Jahr gewürdigt: „In Zeiten von Sparrunden, Schuldenbremse und Haushaltssperren ist es uns gelun- gen, die ambulante Versorgung si- cher durch die Krise zu bringen.

Deutschland steht auch in diesem Bereich besser da, als viele andere Länder in Europa.“ Die ambulante Versorgung habe gegenüber dem stationären Bereich an Bedeutung gewonnen, ergänzte Köhler.

Köhler würdigte ausdrücklich, dass das VStG die Kassenärztlichen Vereinigungen „nicht nur als nach- geordnete Verwaltungs- und Regu-

lierungsinstanz begreift, sondern als aktive Gestalter der Versor- gung“. Er regte deshalb an, sich vom nächsten Jahr an nicht nur über Versorgungsfragen im engeren Sinn Gedanken zu machen, sondern sich mit eigenen Konzepten, sei es zu Finanzierungsfragen oder zu The- men wie Prävention, als KV-Sys- tem in die politische Debatte einzu- bringen. Dies sehen nicht alle so, sagte Köhler, aber: „Gerade weil wir Ärzte am besten wissen, wie es in der Praxis wirklich läuft, sollten wir eigene Konzepte entwickeln,

statt zu warten, bis uns die Politik die ihren vorwirft.“

Ein wichtiges Thema könnten die Finanzierungsgrundlagen des Gesundheitssystems sein, erläuterte Köhler. Er verwies in diesem Zu- sammenhang auf die Debatte, die die SPD durch eine Überarbeitung ihres Bürgerversicherungskonzepts in den letzten Wochen erneut ange- stoßen hat. Es sei doch bemerkens- wert, so Köhler, dass sich selbst pri-

vate Krankenversicherungskonzer- ne insgeheim bereits vom Ge- schäftsmodell einer Vollversiche- rung verabschiedeten. Der KBV- Vorstand ergänzte: „Entscheidend wird sein, dass die Basis der Finan- zierung verbreitert wird. Und natür- lich, dass den niedergelassenen Ärzten, die künftig noch mehr Pa- tienten behandeln werden, keine Nachteile entstehen.“

Köhler forderte aber, ebenso über die stärkere Lenkung der Ausgaben nachzudenken, konkret über einen Katalog von Grund- und Wahlleis- tungen. Eine einheitliche Gebühren- ordnung zur Abrechnung von Leis- tungen für alle Versicherten, wie sie die SPD vorgeschlagen hat, könne

„die leidige Diskussion um angeb- lich Versicherte erster und zweiter Klasse obsolet” werden lassen.

Wahlleistungen: sicher Streit

Die Diskussion fiel kurz aus, was si- cher maßgeblich daran lag, dass die Vertragsärzte und Psychologischen Psychotherapeuten im Fall des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes mehr ihrer Forderungen durchsetzen konnten als in zurückliegenden Ge- setzgebungsverfahren. „Ich habe es noch nie erlebt, dass die KBV derart detailreich und konstruktiv auf ein Gesetz hat einwirken können“, be- fand Walter Plassmann, Vorstand der KV Hamburg. Er hielt es nicht für falsch, in Zukunft zur Diskussion um Finanzierungs- und weitere Sys- temfragen beizutragen, warnte mit Blick auf ein Konzept der Grund- und Wahlleistungen aber: „Wir wer- den um jede Wahlleistung streiten, ob es eine sein soll oder nicht.“

Angelika Haus, Delegierte der KV Nordrhein, ging auf den neuen Bereich der ambulanten spezial- fachärztlichen Versorgung (ASV) ein. Dies sei ein Feld, dass die Nie- dergelassenen nutzen sollten, sagte sie, aber: „Die Verzahnung sehe ich nicht.“ Haus appellierte zudem an ihre Kollegen, sich weiter um Kon- vergenzregelungen zu bemühen.

Bekanntlich sieht das VStG keine Angleichung der Honorarunter- schiede zwischen den KVen vor.

Sicher habe man sich mit den ei- genen Positionen vergleichsweise gut durchgesetzt, räumte auch Wer- ner Baumgärtner ein, Delegierter der KV Baden-Württemberg. Als einen kritischen Punkt bezeichnete er es aber, dass nach wie vor keine festen Preise im gesamten Honorar- system vorgesehen seien. Deshalb würden sich viele Kollegen sorgen, dass die Bezahlung für den ASV- Bereich zulasten der anderen gehen

könne.

Heike Korzilius, Sabine Rieser

Es ist Zeit, darüber nachzudenken, welchen Versorgungsbeitrag Ärzte und Psychotherapeuten wirklich leisten.

Andreas Köhler, KBV-Vorstandsvorsitzender Politischen Sprengstoff sieht der KBV-Vorstands- vorsitzende Andreas Köhler in der Neu- regelung der Be- darfsplanung.

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Psychologe unterstrich die Bedeutung der Basis für die ärztlichen Gremien: „Die Stimme der Ehrenamtlichen sollte gehört werden.“ Dass sie nicht immer harmonisch klingen

Kaspar Roos schließlich (als NAV-Vorsitzender in der Sitzung mehrere Male zitiert und apostro- phiert) wies darauf hin, daß der (noch?) nicht vollzogene Zusam- menschluß

Eckart Fiedler einschaltete, waren die Gründe für die — in Übereinstimmung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen der Län- der — getroffene Entscheidung der KBV, vor den und

Durch die Bereitschaft der Kassenärzte, im Gesundheitswe- sen Mitverantwortung für eine Dämpfung der.Kosten zu überneh- men, haben Sie einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung

Bei einer ähnlichen Teilnahmerate in den Jahren 2009 bis 2012 rechnet das ZI damit, dass sich rund 30 Prozent der Versicherten, die im Jahr 2003 der Altersgruppe der 55-

Es sei schließlich sinnvoll, dass man sich als angehender Hausarzt auch in Fächern wie Kinderheilkunde oder Orthopädie weiterbilde.. „Das sind ja Fachgebiete, mit denen man als

Eins ist für Hansen jedenfalls klar: „Das Zeitfenster ist sehr eng; wenn bis zur Bundestags- wahl im September die Verträge nicht unter Dach und Fach sind, ist die Sa- che

Ich schäme mich für eine Standesvertre- tung, die immer nur nach mehr Geld schreit, damit sich der Patient dafür Qualität kaufen kann.“.. Munte streitet seit Längerem dafür,