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Archiv "PARAGRAPH 218: Der Öffentlichkeit Probleme klar machen" (13.06.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

PARAGRAPH 218

Zur Abtreibungsdiskussion im Deutschen Ärzteblatt:

Besondere Verantwortung

In Anbetracht von zirka 90 000 öffentlich gebilligten und finanzierten Schwanger- schaftsabbrüchen fällt der Ärzteschaft eine besondere Verantwortung zu, da sie wie kein anderer Berufsstand Einfluß bei der Beratung und Durchführung dieses Ein- griffs ausübt. Die Ärztin und der Arzt sind hierbei in ihrer Meinungsbildung auf fundier- te Informationen angewie- sen . . .

In meiner Sicht kann das Deutsche Ärzteblatt seiner besonderen Verantwortung in diesem Punkt auf folgende Weise gerecht werden: zum einen durch erstklassig re- cherchierte fachliche Infor- mationen und zum anderen durch die Darstellung von Meinung.

Ich halte die Darstellung von sachlich fundierter Mei- nung für legitim, nur sollte dabei Ausgewogenheit ange- strebt werden. Das Tot- schweigen eines bestimmten Standpunkts hat, glaube ich, grundsätzlich noch nie bei der Bewältigung eines Problems geholfen, und ich vermisse zum Beispiel eine sachliche Darstellung des Standpunkts der Lebensrechtsgruppen.

Abzulehnen ist allerdings ei- ne wissenschaftlich verbrämte Meinungsmache, wie sie uns zum Beispiel in dem Artikel von Dr. B. Wahrig-Schmid:

Sichtbarmachung des Unge- borenen, Deutsches Arzte- blatt 17/1991, begegnet. Mit dem Satz „Der öffentliche Fetus bedroht aufs Neue das Selbstbestimmungsrecht der Frau" wird suggeriert, daß es dieses Recht der Frau auf Abtreibung selbstverständlich gibt beziehungsweise schon immer gegeben hat. Ein Standpunkt, der sicherlich die Meinung vieler widerspiegelt, nur deshalb allerdings lange noch nicht richtig ist.

Positiv würde ich den Arti- kel im gleichen Heft: Pflicht- beratung: Meinungsvielfalt in

den neuen Ländern, von Dr.

G. di Pol, einschätzen. Hier wurde der Versuch unter- nommen, eine Vielzahl von Meinungen zu Wort kommen zu lassen und die Stimmung zu einer Veränderung in den gesetzlichen Regelungen in den neuen Bundesländern darzustellen. Meine letzte kritische Äußerung bezieht sich auf den Artikel von R. Gatzweiler: Schwanger- schaftsabbruch im internatio- nalen Vergleich, Deutsches Ärzteblatt 12/1991. Ihr prä- sentiertes statistisches Mate- rial weist zumindest in der Behandlung von England und Wales erhebliche Mängel auf.

Tatsächlich wurden in England und Wales 1989 et- was über 170 000 Schwanger- schaftsabbrüche offiziell regi- striert (Hansard, 28. 1. 91, das ist eine offizielle Verlaut- barung des House of Com- mons). Das bedeutet bei etwa 50 000 000 Einwohnern — die letzte Volkszählung in Eng- land und Wales war 1981 — zirka 15 Abbrüche pro tau- send Frauen, wobei ich fairer- weise davon ausgehe, daß Frau Gatzweiler mit ihren 1,3 sicherlich ein Druckfehler un- terlaufen ist. Ergänzt man al- lerdings, daß in England und Wales die Abtreibung in der Praxis doch deutlich liberaler gehandhabt wird als in der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland, so erwächst doch der Eindruck, als wenn eine liberale Abtreibungspra- xis die Häufigkeit der Abbrü- che fördert, obwohl der ge- setzliche Rahmen sicherlich nur ein Faktor neben ande- ren, wie soziale Hilfen, Selbstverständnis der Frau, Haltung des Partners usw.

darstellt.

Dr. med. W. Kranzusch, 3, Peache Way, Bramcote, Not- tingham, England

Der Öffentlichkeit Probleme klar machen

Frauenärzte sind aktiv am Schwangerschaftsabbruch be- teiligt, damit aber auch für den Eingriff verantwortlich.

Ihre — im übrigen durchaus

unterschiedliche — Meinung darf in der Auseinanderset- zung nicht fehlen. Ich halte die Veröffentlichungen in Zeitschriften für eine Her- ausforderung, auf die wir ant- worten müssen, sowohl ein- zeln als auch durch den Be- rufsverband. Bei den meisten Fällen von Indikationen, so- gar medizinischen Indikatio- nen, besteht nur eine Wahr- scheinlichkeit. Die Indika- tionsstellung bürdet aber dem Arzt eine Verantwortung auf, die er nicht tragen sollte.

Meine Intention geht da- hin, der Öffentlichkeit einige Probleme klarzumachen:

1. Kein Arzt kann ge- zwungen werden, einen Schwangerschaftsabbruch ge- gen seinen Willen durchzu- führen;

2. Beim Aufsuchen des Arztes ist die Entscheidung seitens der betroffenen Frau bereits gefallen, sie sucht nur

Bewußtseinsänderung vonnöten

Der Eid des Hippokrates, aber auch sein nicht ganz so alter Nachklang im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 25. Februar 1975 scheint von der Deutschen Gesell- schaft für psychosomatische Geburtshilfe und Gynäkolo- gie nicht sehr ernst genom- men und einer problemati- schen „Psychohygiene" der werdenden Mutter geopfert worden zu sein. Die Sätze:

„auch werde ich nie einer Frau ein Abtreibungsmittel geben" beziehungsweise „das sich im Mutterleib entwik- kelnde Leben steht als selb- ständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfas- sung . . . diese Schutzpflicht besteht auch gegenüber der Mutter . . . der Lebensschutz der Leibesfrucht genießt grundsätzlich Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und darf nicht für eine bestimmte Frist in Frage gestellt werden" — finden sich kaum im Text wie- der.

Logische Ungereimtheiten wie Entkriminalisierung einer

eine Rückendeckung durch die Indikation;

3. Die Indikation erfolgt durch den einweisenden Arzt, der ausführende Arzt trägt aber die Verantwortung ohne die Auflage, die Indikation zu überprüfen. Das schlägt allen ärztlichen Vorstellungen von Verantwortung ins Gesicht;

4. Die Übertragung der Aufgabe von Schwanger- schaftsabbrüchen in kommu- nale Häuser, große Kliniken oder Universitätskliniken lei- stet zur Ausbildung junger Ärzte im humanitären Den- ken keinen Beitrag. Man soll- te die Schwangerschaftsab- brüche in kleinen Einheiten konzentrieren, Einheiten, de- ren Personal bereit ist, diese schwierige Aufgabe zu über- nehmen einschließlich der Beratung.

Prof. Dr. Peter Stoll, F. I. A. C., Collinicenter 18/19, W-6800 Mannheim

Unrechtshandlung (Schwan- gerschaftsabbruch) durch grundsätzliche Straffreistel- lung helfen der werdenden Mutter kaum weiter. Das kann sie eigentlich selbst nicht wünschen. Es käme ei- ner Entmündigung für einen Teilbereich ihres Lebens sehr nahe und würde sie bei beste- hendem Wunsch zur Austra- gung der Schwangerschaft ei- nes wesentlichen Verteidi- gungsmittels gegen etwaige Nötigung zum Abbruch durch den Erzeuger oder die Fami- lie berauben.

In einem neuen Gesetz müßte versucht werden, den Vater ebenso wie die Mutter in die Verantwortung einzu- beziehen. Da eine wesentli- che Verminderung der Ab- treibungen nur durch eine all- gemeine Bewußtseinsände- rung erreicht werden kann, sollte in der Sexualerziehung nicht nur auf mechanische und hormonelle Prophylaxe gestarrt, sondern besonders unseren Jugendlichen eine Ethik der Verantwortung für das eigene Tun, hier also für das gezeugte Leben, beige- bracht werden. Wir alle soll- ten unsere ganze Fantasie

A-2130 (6) Dt. Ärztebl. 88, Heft 24, 13. Juni 1991

(2)

Verzeichnis der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen

Dienstauflage der

Kassenärztlichen Bundesvereinigung 32. Ausgabe, Stand 1.4.1991, 320 Seiten, broschiert,

DM 42,— (Abonnementpreis DM 34,—) ISBN 3-7691-5851-2

Das Verzeichnis enthält die Namen, Anschriften und abrech- nungstechnischen Kennzeichnungen aller Träger der gesetzli- chen Krankenversicherung in Deutschland. Außerdem sind die Anschriften der Kassenärztlichen Vereinigungen, ihrer Bezirks- und Abrechnungsstellen sowie die Bundes- und Lan- desverbände der Krankenkassen aufgeführt. Niedergelassene Ärzte mit EDV-gestützter Kassenabrechnung benötigen die Verkehrnummern der für sie relevanten Kostenträger. Das ist auch der Grund, warum dieses und das nachfolgende Ver- zeichnis, die zweimal jährlich erscheinen, auch zum Fortset- zungsbezug angeboten werden.

Verzeichnis Besondere Kostenträger im Abrechnungsverkehr mit

Kassenärztlichen Vereinigungen

Dienstauflage der

Kassenärztlichen Bundesvereinigung 31. Ausgabe, Stand 1.4.1991 220 Seiten, broschiert,

DM 42,— (Abonnementpreis DM 34,—) ISBN 3-7691-5852-0

Das Verzeichnis enthält die Namen, Anschriften und abrech- nungstechnischen Kennzeichnungen aller besonderen Lei- stungsträger (Sozialhilfeträger, Post-/Bundesbahnbeamten, Bundesgrenzschutz/Bundeswehr, Polizeidienststellen, Feuer- wehr usw.) im Abrechnungsverkehr mit Kassenärztlichen Ver- einigungen.

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_ Expl. Verzeichnis Krankenkassen...

Expl. Verzeichnis Krankenkassen/ im Abonnement - Expl. Verzeichn. Besondere Kostenträger ...

- Expl. Verzeichn. Bes. Kostenträger/im Abonnement

je DM 42,—

je DM 34,—

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Straße Datum, Unterschrift

Widerrufsrecht: Die Bestellung des Abonnements kann ich schriftlich innerhalb von 10 Tagen durch Mitteilung an die Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Postfach 400265, 5000 Köln 40, widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Den Bezug der Fortsetzungen kann ich jederzeit durch Mitteilung an den Verlag kündigen.

Datum, Unterschrift

und unser ärztliches und soziales Engagement einset- zen, um den durch eine Schwangerschaft in Not oder gar Verzweiflung geratenen Frauen zu helfen. Wir kön- nen ihnen aber nicht helfen, indem wir ihre Kinder töten.

Dr. Paul Emschermann, Virchowstraße 155, W-4300 Essen

Schizophrenie des Denkens

Es fehlt der Hinweis auf die von den Krankenkassen klaglos – darin bestätigt von unseren Gerichten – über- nommenen Kosten für die

„straffreie" Abtreibung nach

§ 218, dagegen Ablehnung der Kostenübernahme der Vorbeugung, zum Beispiel

„Pille" und Kondom (AIDS- Prophylaxe). Kollegen aus der ehemaligen DDR benut- zen gern den Ausdruck

„Schwangerschaftsunterbre- chung", als könnte man da- nach die Schwangerschaft fröhlich fortsetzen. Die Schi- zophrenie unseres Denkens ist uns nicht klar. An die ethisch-moralischen Proble- me der ausführenden Ärzte denkt ohnehin kaum jemand.

Dabei verpflichtet uns immer noch der in der Berufsord- nung und in der Deklaration von Genf (1949) enthaltene Hippokratische Eid: „Ich werde das menschliche Leben bedingungslos achten, von der Empfängnis an".

Dr. med. Lothar Schute, Südring 56, W-6453 Seligen- stadt

Entbehrliche Diskussion

Wegen der wohl schon nach Tonnen zu messenden Papiermengen, die in der letzten Zeit zu diesem Thema beschrieben wurden, muß ich doch an das Bibelwort den- ken: Deine Rede soll sein „ja, ja – nein, nein – alles darüber ist von Übel", und ich habe mir die derzeit gültige Fas- sung des StGB, Ausgabe 1991, gekauft, um diese ge- waltigen Turbulenzen viel- leicht doch zu verstehen.

Ich muß Ihnen schlicht sa- gen: ich verstehe sie nicht, denn die Formulierung insbe- sondere von Paragraph 218 a (2) Abs. 3 erlaubt einen völlig hinreichenden Spielraum für die ganz individuellen Gege- benheiten sowohl der Schwangeren als auch ihres Arztes.

Es ergibt sich, daß eine Lockerung im Sinne derzeiti- ger politischer Kräfte vor al- lem die Staatskasse entlastet, denn die Zumutbarkeit einer Schwangerschaft ist oft eben doch an die finanzielle Si- cherheit gebunden. Es kommt mir sehr heuchlerisch vor, bei einer Pflichtberatung alles mögliche in Aussicht zu stel- len, was dann mit der ge- fürchteten Mühe von den Ämtern erkämpft werden muß und eben doch auf ein Leben zweiter, wenn nicht ge- ringerer, Klasse hinausläuft, um damit die grundsätzliche Möglichkeit zur Abtreibung in den ersten drei Monaten als „gesetzliche Novität"

durchzusetzen: Die Pflicht, unzumutbare Hindernisse der Schwangerschaft auszuräu- men, hat die Gesellschaft nach dem derzeitigen Para- graph 218 viel unaussweichli- cher, und die angemessene gesetzgeberische Aufgabe ist die Definition dessen, was unzumutbar ist – statt den Weg des geringsten Wider- stands zu eröffnen.

Bevölkerungspolitisch paßt die geplante Liberalisie- rung überhaupt nicht mit Blick auf die immer kopflasti- ger werdende Alterspyrami- de, wirtschaftspolitisch auch überhaupt nicht bei täglich steigender Produktionsintelli- genz: für wen denn eigent- lich?

Ich vermisse auch Befra- gungen von tatsächlichen Müttern, welche wünchen, ihr Kind nicht geboren zu haben.

Das dürfte eine wirklich ver- schwindende Minderheit sein. Hingegen sind gerade in den ersten Monaten Gemüts- störungen häufig – es ist für die Mutter allein die denkbar ungünstigste Zeit zu entschei- den, ob sie ein Stück von sich selbst umbringen soll.

Irrtümer und Preisänderungen vorbehalten. DA 24/91 (033a) A-2132 (8) Dt. Ärztebl. 88, Heft 24, 13. Juni 1991

Referenzen

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