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Archiv "Informationslogistik am Arbeitsplatz: Mehr Zeit für Patienten durch bessere Information" (18.07.2005)

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T H E M E N D E R Z E I T

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A2008 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 28–29⏐⏐18. Juli 2005

D

as medizinische Arbeitsumfeld ist gekennzeichnet durch eine papier- gebundene und digitale Informati- onsüberflutung einerseits und eine quali- tative Informationsunterversorgung an- dererseits, durch heterogene Informati- onskanäle in Verbindung mit Medien- brüchen und durch die Einführung neuer Informationstechnologien (Telemedizin, E-Learning und anderes). Gleichzeitig mangelt es an fundierten Analysen zum Informationsbedarf und -verhalten von Ärzten, verbunden mit Anforderungs- analysen an Lösungen. Vor diesem Hin- tergrund ist das Projekt „Bedarfsgerech- te Unterstützung von Ärzten an ihrem Arbeitsplatz über informationslogisti- sche Anwendungen“ (Kasten) gestartet.

Auf Basis einer empirischen Untersu- chung (Expertengespräche und schriftli- che Befragung) sollen Konzepte für den Einsatz von informationslogistischen Technologien zur Verbesserung der In- formationsversorgung von Ärzten ausge- arbeitet und im Rahmen eines Pilotbe- triebs in der Modellregion Bochum-Es- sen bei Ärzten implementiert werden.

Im Rahmen der ersten Projektphase wurde gemeinsam mit den Ärztekam- mern und Kassenärztlichen Vereinigun- gen Nordrhein und Westfalen-Lippe, dem Hartmannbund, dem Marburger Bund und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ein Fragebogen konzipiert, der das Informationsverhal- ten und den -bedarf von Ärzten an ihrem Arbeitsplatz ermittelt. Zentrale Aussagen der Befragung:

Aussage 1: Der jeweils aktuelle Schritt im Behandlungsverlauf (Befundung, Diagnose, Therapie, . . .) bestimmt maßgeblich den durchweg hohen In- formationsbedarf der Ärzte.

Den Bedarf an patientenbezogenen Informationen bei Befundung, Dia- gnose und Therapie bewerten die Ärz- te als hoch. Drei Viertel der Ärzte greifen mehrmals täglich auf patien- tenbezogene Informationen zu. Kran- kenhausärzte tun dies häufiger als nie- dergelassene Ärzte. 53 Prozent der Befragten geben an, dass sie patien- tenbezogene Informationen sofort im Zugriff haben wollen. 68 Prozent der Ärzte antworten, in der Diagnose-Si- tuation einen sehr hohen Bedarf zu haben, in der Therapie-Situation sind dies 58 Prozent.

Für die meisten Ärzte ist der Patient selbst die wichtigste Informationsquelle für Befundinformationen (83 Prozent) und Verlaufsinformationen (79 Pro- zent). Zweitwichtigste Quelle für Be- fund- (74 Prozent) und Verlaufsinforma- tionen (65 Prozent) ist der Kollege. Das wichtigste Informationsmedium ist das persönliche Gespräch. Darüber hinaus spielen in dieser Reihenfolge Fax, Print- medien, Krankenhausinformationssy- steme (KIS) und Praxisverwaltungs- software (PVS) eine bedeutende Rolle.

Sowohl patientenbezogene als auch nichtpatientenbezogene1 Informationen werden hauptsächlich durch eigene Akti- vität, also „Pull-Recherche“, beschafft.

Knapp die Hälfte der Krankenhausärzte und der niedergelassenen Ärzte bezieht mindestens 80 Prozent der patientenbe-

Informationslogistik am Arbeitsplatz

Mehr Zeit für Patienten durch bessere Information

Eine Studie zum Informationsbedarf und -verhalten von Ärzten liefert Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Informationsversorgung.

1fachmedizinische, allgemeinmedizinische, medizinisch- technische, pharmazeutische und berufspolitische Infor- mationen, Informationen der Ärztekammern und KVen, Informationen aus Forschung und Entwicklung, juristi- sche Informationen, Informationen der Krankenkassen und Berufsverbände

Oliver Koch Rossitza Kaltenborn

Grafik 1

Welche Wichtigkeit und welchen Nutzen verbinden Sie mit folgenden Ausprägungen einer optimierten Informationsversorgung?

medizinische Qualitätssteigerung optimierter Behandlungsprozess Beschleunigung der Abläufe in der Praxis/im KH mögliche Fallzahlsteigerung Imagegewinn/

Wettbewerbsvorteil mehr Zeit für Patienten mehr Zeit für persönliche Belange allgemeine wirtschaftliche Aspekte

1 2 3 5

sehr wichtig/ unwichtig/

sehr hoher Nutzen sehr geringer Nutzen

Wichtigkeit Nutzen

1,6 1,7

1,6 1,7

3,0

2,6 1,8

2,1 2,3 1,4

1,7

2,7 2,5

1,8

2,0

2,2

. . .

(2)

zogenen Informationen auf diesem Weg.

38 Prozent der Informationen wird ihnen geliefert („Push-Services“).

Aussage 2: Patientenbezogene In- formationen werden häufig ad hoc benötigt.

50,9 Prozent der Ärzte geben an, dass sie patientenbezogene Informationen häufig unmittelbar benötigen. Eine mangelhafte Informationsbeschaffung wirkt sich daher negativ auf den Be- handlungsprozess aus.

Die wichtigste Informationsquelle zur Beschaffung patientenbezogener Informationen ist das persönliche Ge- spräch mit dem Patienten beziehungs- weise dem ärztlichen Kollegen. Dabei nutzen Krankenhausärzte (31 Prozent) den Arzt gleicher Fachrichtung als In- formationsquelle intensiver als nieder- gelassene Ärzte (17 Prozent). Nach Einschätzung der Krankenhausärzte wird sich dies nicht ändern. Auch Ärzte anderer Fachrichtungen werden von Krankenhausärzten (25 Prozent) häu- figer als von niedergelassenen Ärzten (13 Prozent) als Gesprächspartner für Rückfragen beansprucht. Entspre- chend schätzen beide Gruppen die Si- tuation, in welcher der Kollege nicht er- reichbar ist, als problematisch für die einrichtungsübergreifende Kommuni- kation ein.

Aussage 3: IT-gestützte Fachdaten- banken und das Internet sind als Wis- sensquellen in der Ärzteschaft mitt- lerweile etabliert.

Bei der Informationsbeschaffung fach- und allgemeinmedizinischer In- formationen nutzen 40 Prozent der Ärzte einmal bis mehrmals täglich in- ternetbasierte Fachdatenbanken. Sehr intensiv werden auch medizinische Fachpresse, persönliche Informations- sammlungen, Ärzte gleicher oder ande- rer Fachrichtung sowie Web-Seiten ge- nutzt. Die hohe Nutzungsintensität die- ser Quellen wird nach Ansicht der mei- sten Ärzte auch in Zukunft beibehalten und bei internetbasierten Quellen und Leitlinien sogar zunehmen (Grafik 3).

Aussage 4: Die Informationsbeschaf- fung ist für Ärzte mit hohem Zeitauf- wand verbunden.

36 Prozent der Ärzte benötigen so- wohl für die Recherche als auch für die Durchsicht der Informationen jeweils zwischen drei und sechs Stunden in der

Woche. Nur zehn Prozent der Ärzte brauchen weniger als eine Stunde für die Informationsbeschaffung von pati- entenbezogenen Informationen. 40 Prozent der Ärzte geben an, dass sie deutlich mehr als sechs Stunden mit In- formationsbeschaffung verbringen.

68 Prozent der Befragten meinen, dass der Zeitaufwand für die Informati- onsbeschaffung hoch ist, und mehr als die Hälfte geht davon aus, dass er künf- tig zunehmen wird. Umso wichtiger ist die Aussage von 59 Prozent der Ärzte, dass sie ein gleiches Informationsange- bot von gleich hoher Qualität bei sin- kendem Zeitaufwand der Beschaffung bevorzugen. Diese Präferenz ist bei den niedergelassenen Ärzten (62 Prozent) stärker ausgeprägt als bei den Kranken- hausärzten (56 Prozent) und hängt mit der selbst eingeschätzten Höhe des Ver- sorgungsgrades zusammen beziehungs- weise damit, für wie gut informiert sich Ärzte halten. 44 Prozent der niederge- lassenen Ärzte bewerten ihren Versor- gungsgrad als „gut“, bei den Kranken- hausärzten sind dies nur 38 Prozent.

Das erklärt, warum die niedergelasse- nen Ärzte ein gleiches Informationsan- gebot bei sinkendem Zeitaufwand, und die Niedergelassenen „ein Mehr an In- formationen“ bei gleichem Zeitauf- wand bevorzugen.

Aussage 5: Unzureichende Informati- onsversorgung wirkt sich negativ auf die Abläufe bei der Patientenbehand- lung aus.

Der hohe Zeitaufwand für die Informa- tionssuche, fehlende Informationen und der Aufwand für die papierbasierte Doku- mentation führen zu einer deutlichen Un- zufriedenheit der Ärzte sowie zu längeren Wartezeiten und potenziellen Mehrfach- untersuchungen der Patienten. So geben die meisten Ärzte an, dass es durch fehlen- de Informationen zu längeren Wartezeiten und Mehrfachuntersuchungen der Patien- ten kommt (Grafik 2). Nur drei Prozent der Befragten zeigen sich zufrieden mit ihrer Situation bei der Informationsbe- schaffung, dagegen sind 64 Prozent damit mehr oder weniger unzufrieden.

Nach Ansicht der meisten Ärzte wird der durchschnittliche Zeitaufwand für Recherchen künftig noch steigen. Der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass mehr Informationen internetbasiert verfügbar sein werden. Das birgt aller- dings das Risiko einer Informations- überflutung. Um dieser Gefahr zu entge- hen, sind 48 Prozent der Befragten be- reit, einen individualisierten Informati- onsbeschaffungsdienst zu nutzen.

Aussage 6: Bisherige Lösungen zur Informationsrecherche werden als zu komplex und schwer bedienbar eingestuft.

Die häufigsten Probleme bei der In- formationsrecherche sind:

> das unübersichtliche Informati- onsangebot (79 Prozent),

> die häufig ungenauen Suchergeb- nisse (74 Prozent),

> die unsichere Qualität der Ergeb- nisse (70 Prozent),

> die lange Beschaffungsdauer (70 Prozent).

Die Abbruchquote von Recherchen liegt im Durchschnitt bei 30 Prozent der Fälle.

Aussage 7: Einrichtungsübergreifende Kommunikation wird durch mangel- hafte organisatorische Rahmenbedin- gungen eingeschränkt oder verhindert.

Knapp drei Viertel der Ärzte geben als häufigsten Grund für Kommunika- tionsprobleme an, dass ein Kollege nicht erreichbar ist, 58 Prozent, dass der geeignete Gesprächspartner fehlt. Die E-Mail-Kommunikation wird nicht als problematisch empfunden.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 28–29⏐⏐18. Juli 2005 AA2009

Hintergrund der Befragung

Das Fraunhofer-Institut für Software- und System- technik, die Mortsiefer Management Consulting GmbH und das Zentrum für Telematik im Gesund- heitswesen haben in Kooperation mit dem Lan- desgesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen (NRW) und gefördert durch die Staatskanzlei NRW im Rahmen des Projektes „Bedarfsgerechte Unterstützung von Ärzten an ihrem Arbeitsplatz über informationslogistische Anwendungen“ eine schriftliche Befragung zum Thema Informations- bedarf und -verhalten von Ärzten an ihrem Ar- beitsplatz in der Modellregion Bochum-Essen durchgeführt.

Die Datenerhebung fand bei 2 543 Ärzten der Modellregion Bochum-Essen statt, darunter circa 1 500 niedergelassene Ärzte, 1 000 Kranken- hausärzte, 40 Ärzte für Arbeits- und Betriebsmedi- zin. Mit 240 beantworteten Fragebögen beträgt die Gesamtrücklaufquote 9,4 Prozent. Bezüglich der Berufserfahrung und damit der Altersstruktur der antwortenden Ärzte lässt sich kein signifikan- ter Schwerpunkt, zum Beispiel bei jüngeren Ärz- ten, erkennen. 43 Prozent der antwortenden Ärz- te haben mehr als 15 Jahre Berufserfahrung.

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Für 69 Prozent der Ärzte besteht ein Kommunikationsproblem darin, dass der Befund nicht richtig beziehungswei- se nicht umfassend genug dokumentiert ist. Ein möglicher Grund dafür ist, dass immer noch viele Ärzte papierbasiert dokumentieren (53 Prozent der Ärzte) und dadurch die Informationen schwer weiterverarbeiten und kommunizieren können.

Aussage 8: Mangelhafte technische Rahmenbedingungen verhindern ein- richtungsübergreifende Kommunika- tion.

Die Ärzte (sowohl Krankenhausärz- te als auch Niedergelassene), die sehr in- tensiv KIS/PVS, papierbasierte Quellen dagegen weniger intensiv nutzen, mei- nen, dass die elektronische Lieferung der Information im gewünschten Datei- format sehr wichtig ist. Knapp die Hälf- te der Befragten betont, dass oft inkom- patible Dateiformate die Weiterverar- beitung verhindern. Dies hängt stark von den technischen Bedingungen ab.

Bei der Nutzung von Informationen werden sehr unterschiedliche Anbieter und Systeme von KIS/PVS genutzt.

Durch die Heterogenität der IT-Infra- struktur wird das Problem verschärft.

Aussage 9: Ärzte wünschen sich eine größere Benutzerfreundlichkeit der Systeme zur Informationsbeschaffung.

Hinsichtlich der Weiterverarbeitung der Informationen ist für 40 Prozent der Krankenhausärzte und 30 Prozent der niedergelassenen Ärzte die Zuverläs- sigkeit/Verlässlichkeit der Informatio- nen entscheidend. Für 36 Prozent der

Krankenhausärzte und elf Prozent der niedergelassenen Ärzte ist die Vorse- lektion und Verdichtung von Informa- tionen wichtig bis sehr wichtig.

60 Prozent der Ärzte wünschen sich eine einfache und intuitive Bedienbar- keit von Datenbanken. Davon verspre- chen sie sich eine signifikante Senkung der hohen Abbruchquote bei der Re- cherche. Als sehr wichtig empfinden das vor allem die Ärzte, die mehrmals täg- lich Patienteninformationen im Bereich Befund beziehen (51 Prozent). Kran- kenhausärzte (58 Prozent) haben eine höhere Abbruchquote als niedergelas- sene Ärzte (42 Prozent). Für sehr wich- tig halten die einfache Bedienbarkeit auch 45 Prozent der Ärzte mit hohem Bedarf an Ad-hoc-Informationen im Bereich der Diagnose. Sie beurteilen die Suche nach geeigneten Recherchequel- len als problematisch. In dieser Gruppe ist die Wichtigkeit der Bedienbarkeit und der Aktualität der Informationen

bei den Krankenhausärzten (65 Pro- zent) stärker ausgeprägt als bei den nie- dergelassenen Ärzten (35 Prozent).

Aussage 10: Ärzte wollen notwendige Informationen zum Zeitpunkt des Bedarfs verfügbar haben.

Sowohl die Krankenhausärzte (41,4 Prozent) als auch die niedergelassenen Ärzte (42,9 Prozent), die drei bis sechs Stunden in der Woche mit Informati- onssuche beschäftigt sind, schätzen die Schnelligkeit der Informationsbeschaf- fung als sehr wichtig ein. 54 Prozent der Ärzte sind daher der Ansicht, dass eine orts-, zeit- und geräteunabhängige In- formationsversorgung ihre Arbeit sinn- voll unterstützen könnte. Eine opti- mierte Informationsbeschaffungsstruk- tur bewerten Ärzte als sehr wichtig und als nützlich für die Optimierung des Be- handlungsprozesses (50,9 Prozent) so- wie für die medizinische Qualitätsstei- gerung (50 Prozent) und den Zeitge- winn für Patienten (46,8 Prozent). Mög- liche Fallzahlensteigerungen haben da- gegen nur eine untergeordnete Bedeu- tung (Grafik 1).

Zu den Verbesserungsvorschlägen der Ärzte zählen die Anbindungsmög- lichkeiten ihrer KIS/PVS an externe Sy- steme, etwa an medizinische Datenban- ken mit Volltextdarstellung der Fachin- formation, Bedienungsfreundlichkeit, sichere und schnellere Online-Doku- mentation und -Datenübertragung, so- wie die Verbesserung der interkollegia- len und patientenbezogenen Informati- on/Kommunikation. Die qualifizierte Kompression der Informationen sowie eine einfache und preiswerte Literatur- verwaltung sind für die Ärzte ebenfalls sehr wichtig.

Fazit

Ärzte im ambulanten und stationären Sektor sind gleichermaßen unzufrieden mit der Versorgung und den Zugriffs- möglichkeiten auf patientenbezogene und nicht patientenbezogene Informa- tionen in ihrem Arbeitsumfeld. Ihre Er- wartungshaltung an eine verbesserte Lösung unterscheidet sich nach der Art der nachgefragten Informationen:

>Patientenbezogene Informationen müssen entlang dem Behandlungspro- zess direkt abrufbar und verfügbar sein.

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A2010 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 28–29⏐⏐18. Juli 2005

Grafik 2

Wie oft hat fehlende oder unvoll- ständige Information zu längeren Patienten-Wartezeiten/ Mehrfach-

untersuchungen geführt?

Wartezeiten Mehrfach-

untersuchungen

72 % 74 %

28 % 26 %

Grafik 3

Wie intensiv nutzen Sie folgende Informationsquellen und -medien zurzeit, und wie wird sich deren Nutzung durch Sie in Zukunft entwickeln?

KIS/PVS papierbasierte Quellen wissenschaftliche Bibliothek Informationsanbieter PC/Netzwerk Internet Handheld/PDA Fax (Mobil-)Telefon

Zukünftige Entwicklung

+

=

= + + +

=

sehr . . . mittel . . . gering

intensiv

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 28–29⏐⏐18. Juli 2005 AA2011

Verzögerungen durch Informationsre- cherche im Behandlungsprozess werden nicht geduldet. Sämtliche Patientendaten (auch Bild- und Labordaten) sollen nach Möglichkeit in einem System verfügbar sein. Es besteht ein großes Interesse, auf Befunde, Arztbriefe, Röntgenbilder und anderes von vorbehandelnden Ärzten oder Krankenhäusern direkt zugreifen zu können (einrichtungsübergreifende Patientenakten). Bezüglich der daten- schutz- und datensicherheitsrelevanten Aspekte eines solchen Datenaustausches herrscht jedoch noch Verunsicherung.

Außerdem fehlen die technischen Mög- lichkeiten.

>Für den Zugriff auf nichtpatienten- bezogene Informationen werden inte- grierte Lösungen mit einer Metasuche über die unterschiedlichen Datenbe- stände gewünscht („Google für Ärz- te“). Diese Lösung soll leicht bedien- bar sein und eine intuitiv gestaltete Recherche mit hoher Treffergenauig- keit ermöglichen. Inhaltlich besteht ein großes Interesse an Leitlinien, fach- medizinischen Informationen, medizin- technischen und pharmazeutischen In- formationen. Das Internet als Zugangs- medium zu solchen Informationen ist akzeptiert und wird häufig genutzt.

Es besteht ein Bedarf an aktiver Infor- mationsbereitstellung über Push-Ser- vices. Wichtig ist hierbei, dass die Infor- mationen personalisiert und bedarfsge- recht (zum Beispiel orientiert an einer konkreten Fragestellung im Rahmen des Behandlungsprozesses) zusammenge- stellt werden. Dann sind die Ärzte auch bereit, für solche Dienste zu bezahlen.

Sowohl Krankenhausärzte als auch Nie- dergelassene hoffen, durch den Einsatz innovativer Technologien zur Informati- onssuche und -beschaffung mehr Zeit für den Patienten zu gewinnen und die Qua- lität der Behandlung zu verbessern.

Die Langfassung ist abrufbar unter www.aerzteblatt.de/

aufsaetze/0506

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2005; 102: A 2008–2011 [Heft 28–29]

Anschrift für die Verfasser:

Oliver Koch

Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik Emil-Figge-Straße 91, 44227 Dortmund

E-Mail: koch@do.isst.fraunhofer.de

E

in Gesundheitswesen kann auf Dauer nicht funktionie- ren, wenn hoch qualifizierte Ärzte ins Ausland abwandern.

Ausland – das war in diesem Fall nicht Großbritannien und Schweden, sondern die Bundes- republik Deutschland (BRD).

Für viele Ärzte in der Deut- schen Demokratischen Republik (DDR) war sie ein attraktives Ziel. Die DDR-Führung sah die zahlreichen Übersiedlungsersu- che (ÜSE) von Ärzten mit Sorge und wertete sie als Gefahr für das sozialistische Gesundheits- wesen. Schon vorbeugend über- prüften daher inoffizielle Mitar- beiter (IM) des Ministeriums für Staats- sicherheit (MfS) Ärzte auf ihre Ausrei- sewilligkeit.

Keine ehrliche Ursachenforschung

Eine ehrliche Ursachenforschung fiel den Verantwortlichen offenbar schwer.

Ärzte und anderes medizinisches Perso- nal seien „einer starken ideologischen Einflussnahme ehemaliger DDR-Bür- ger (Ärzte) ausgesetzt“. So lautete ein Erklärungsversuch von Hauptmann We- ber*, Kreisdienststelle Rostock. Neben der Ablehnung des sozialistischen Sy- stems gab es jedoch ganz pragmatische Gründe für den Wunsch nach einer Aus- reise. Die schlechten Arbeitsbedingun-

gen standen an erster Stelle: Dienste rund um die Uhr, wenig Urlaub und ein überholter medizinischer Standard, der deutlich hinter der BRD zurücklag.Wei- tere Motive für ÜSE oder Anträge auf ständige Ausreise (AstA) waren die höhere finanzielle Vergütung, mit denen die BRD „lockte“, außerdem die besse- ren Lebensbedingungen.

Das MfS ergriff Maßnahmen, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Die

„Hauptwaffe des Ministeriums“ war dabei der Einsatz von IM.

Auf welche menschenverachtende Weise das MfS gegen ausreisewillige Ärzte und anderes medizinisches Perso- nal vorging, verdeutlicht die Diplomar- beit von Hauptmann Weber zum Thema

„Erfahrungen und Erlebnisse im zielge- richteten Einsatz von IM zur Erkennung und vorbeugenden Verhinderung von Absichten zur Stellung von Anträgen auf ständige Ausreise nach dem nicht so- zialistischen Ausland (NSA) und zur Be- gehung von Straftaten des ungesetzli-

Ärzte als inoffizielle Mitarbeiter

Bestandssicherung für das DDR-Gesundheitswesen

Die Zahl an Übersiedlungsersuchen von Ärzten war hoch.

Ausreisewillige wurden „vorbeugend“ durch das Ministerium für Staatssicherheit überwacht.

Ärzte mit Ausreisewunsch wurden häufig „Zielobjek- te“ inoffizieller Mitarbeiter. (Titel DÄ 48/2004)

*Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem Han- nah-Arendt-Institut, Dresden, und basiert auf einer Ori- ginalarbeit. Alle Namen wurden jedoch geändert oder bleiben unerwähnt.

Referenzen

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