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Archiv "Kontroverse um die Magnetfeld-Therapie" (05.02.1981)

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Die Information:

Bericht und Meinung THEMEN DER ZEIT

Kontroverse

um die Magnetfeld-Therapie

Der „Ausschuß für Untersu- chungs- und Heilmethoden" bei der Kassenärztlichen Bundesver- einigung (KBV) hat sich wieder- holt mit der sogenannten Magnet- feld-Therapie beziehungsweise der Behandlung mit elektrodyna- mischen Potentialen befaßt. Er hat mehrfach kompetente Sachver- ständige gehört und alle wissen- schaftlich fundierten Veröffent- lichungen bei seiner Beurteilung berücksichtigt, daß nämlich die Behandlung mit Geräten zur elek- tromagnetischen Spulenbehand- lung, auch mit dem „Magnetodyn- System", derzeit das Stadium von Forschung und Lehre noch nicht verlassen hat und daß daher diese Behandlungsmethode im kassen/

vertragsärztlichen Sektor nicht zu Lasten der Krankenkassen durch- geführt werden kann. Das hat ein- zelne Interessenten dazu veran- laßt, die Zeitschrift „Bild der Wis- senschaft" zu einem heftigen An- griff auf diese Entscheidung zu benutzen.

Bereits das Einladungsschreiben der Redaktion von „Bild der Wis- senschaft" (Stuttgart) zu einer Pressekonferenz in Bonn (am 17.

Dezember 1980) gab die Marsch- richtung vor: Es wurde apodik- tisch festgestellt, daß der Münch- ner Physiker Werner Kraus diese neue Heilmethode entwickelte, daß Ärzte ihre Patienten damit er- folgreich behandelt haben, daß die Kassenärztliche Bundesver- einigung (KBV) diese Methode nicht als „zweckmäßig und ausrei- chend" anerkennt und daß somit die gesetzlichen Krankenkassen die Behandlung nicht bezahlen dürfen. — Wie kommt es zu diesen einseitigen Darlegungen?

Der bei der KBV eingerichtete Aus- schuß für Untersuchungs- und Heilmethoden hat am 6. Februar 1980 eine Stellungnahme abgege- ben und diese am 29. Oktober

1980 bestätigt. „Nach Auffassung des Ausschusses erlauben die vor- liegenden wissenschaftlichen Un- tersuchungen und praktischen Er- fahrungen keine ausreichende Be- urteilung der Magnetfeld-Therapie beziehungsweise der Behandlung mit elektrodynamischen Potentia- len. Die Voraussetzungen nach § 368 e RVO sind daher zur Zeit als nicht erfüllt anzusehen. — Eine Überprüfung der Stellungnahme bleibt vorbehalten, sofern sie nach dem Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen und dem Vorlie- gen weiterer praktischer Erfahrun- gen angezeigt sein sollte."

1. Worum handelt es sich bei die- ser Behandlungsmethode?

2. Welche Anstrengungen hat die Kassenärztliche Bundesvereini- gung gemeinsam mit den Spitzen- verbänden der Krankenkassen un- ternommen, diese Behandlungs-, methode hinsichtlich der in § 368 e RVO verankerten Bedingungen zu beurteilen?

Zur Information der Wortlaut des § 368 e RVO: Anspruch auf aus- reichende ärztliche Versorgung:

„Der Versicherte hat Anspruch auf die ärztliche Versorgung, die zur Heilung oder Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend ist.

Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, kann der Versicherte nicht beanspru- chen; der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt darf sie nicht bewirken oder ver- ordnen, die Kasse darf sie nicht bewilligen."

Von 1977 bis 1980 ist die KBV wie- derholt gefragt worden, nach wel- cher Gebührenordnungsposition die Magnetfeldbehandlung ab- rechnungsfähig sei. Sie hat unver- züglich wissenschaftliches Mate-

rial dazu vorgelegt, aus dem her- vorgeht, daß nicht nur das von dem Physiker Werner Kraus, Mün- chen, vertriebene „Magnetodyn"- Gerät auf dem bundesdeutschen und internationalen Markt vertre- ten ist, sondern mehrere ähnlich wirkende Apparaturen am Patien- ten angewandt werden. Auf Fragen an Sachverständige und Fachge- sellschaften wurde die KBV dar- über informiert, daß die Wirkungs- weise dieser Therapie auch unter Verwendung von implantierten Elektroden fragwürdig sei.

Zur Therapiemethode: Es wird an- genommen, daß eine Wirkung elektrischer und elektromagneti- scher Felder in der Therapie von Verletzungen oder Erkrankungen der Stütz- und Bindegewebe auf dem Vorhandensein pyroelektri- scher und piezoelektrischer Ei- genschaften des Kollagens beruht und daß sich Größe und Richtung elektrischer Potentiale an den Grenzflächen kollagener Struktu- ren und Stützgewebe in gesetzmä- ßiger Weise unter dem Einfluß thermischer (Pyroelektrizität) und mechanischer (Piezoelektrizität) Belastung verändern. Diese Phä- nomene steuern angeblich unter physiologischen Bedingungen Wachstum, Aufbau, Umbau und Regeneration der Binde- und Stützgewebe. Sie sollen am wach- senden Skelett des Menschen und bei regenerativen Vorgängen der Frakturheilung und funktionellen Adaption knöcherner Strukturen nachzuweisen sein.

Im Februar 1978 fand ein Exper- tengespräch in Gravenbruch bei Frankfurt über die Beeinflussung der Knochenbildung durch elek- tromagnetische Potentiale statt.

Namhafte Wissenschaftler stellten dort fest, daß diese Behandlungs- methode das Stadium von For- schung und Lehre noch nicht ver- lassen hat. (Näheres dazu Heft 3 der Schriftenreihe des Berufsge- nossenschaftlichen Forschungs- institutes für Traumatologie).

Am 6. Februar 1980 hat sich der

„Ausschuß für Untersuchungs- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 6 vom 5. Februar 1981 215

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Die Information: · Bericht und Meinung Magnetfeld-Therapie

und Heilmethoden" schließlich mit der Frage befaßt, ob die elek- tromagnetische Spulenbehand- lung beziehungsweise die Be- handlung mit elektrodynamischen Potentialen das Stadium von For- schung und Lehre verlassen habe und die Forderungen des § 368 e RVO erfülle. Der Bundesverband der Ortskrankenkassen (BdO) hat- te am 6. November 1979 darum gebeten, die Frage in diesem Aus- schuß klären zu lassen.

Über die rechtliche Relevanz der Stellungnahmen des "Ausschus- ses für Untersuchungs- und Heil- methoden" läßt sich feststellen:

..,._ Gemäß § 368 n Abs. 1 RVO ist es eine gesetzliche Aufgabe der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenärztlichen Vereini- gungen der Länder, die ärztliche Versorgung der in den reichsge- setzlichen Krankenkassen Versi- cherten und ihrer Familienange- hörigen entsprechend den gesetz- lichen und vertraglichen Erforder- nissen zu gewährleisten.

Ein wesentliches Erfordernis der ordnungsgemäßen ärztlichen Ver- sorgung ist in § 368 e RVO festge- legt. Zur Durchführung der kas- senärztlichen Versorgung ist im einzelnen zwischen den Bundes- verbänden der Krankenkassen und der KBV gemäߧ 368 g Abs. 2 RVO der Bundesmantelvertrag vom 1. August 1959- Neufassung vom 1. Juli 1978- abgeschlossen worden.

Nach § 23 Abs. 1 dieses Vertrages ist der "Ausschuß für Untersu- chungs- und Heilmethoden" gebil- det worden, der auf Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung oder eines Bundesverban- des der Krankenkassen begutach- tet, ob für eine Untersuchungs- und Heilmethode, insbesondere für neue Methoden, die in§ 368 e RVO bezeichneten Voraussetzun- gen vorlie_gen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die in Frage stehende Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in ihrem therapeutischen Nutzen gesichert

ist und sich daher nicht mehr im Versuchs- beziehungsweise For- schungsstadium befindet.

Forschung kann nicht zu Lasten der Krankenversicherung und da- mit der Versichertengemeinschaft gehen. Dies ist bei Arzneimitteln in den Arzneimittelrichtlinien des

"Bundesausschusses der Arzte und Krankenkassen" ausdrücklich festgelegt, gilt aber auch für je- de Untersuchungs- und Behand- lungsmethode.

Der aufgrund des Bundesmantel- vertrages tätige Ausschuß erfüllt lediglich Aufgaben zum Zwecke der kassenärztlichen Versorgung.

Es handelt sich somit nicht um einen allgemeinen Gutachteraus- schuß für Untersuchungs- und Heilmethoden schlechthin. Der Ausschuß hat nicht die Aufgabe, die Qualität von Geräten oder me- dizinischen Einrichtungen zu be- urteilen. Er beschränkt sich viel- mehr auf Stellungnahmen zu Un- tersuchungs- und Heilmethoden.

Dabei ist es unerheblich, welche Geräte zur Durchführung von Un- tersuchungs- und Heilmethoden von industriellen Herstellern ent- wickelt und vertrieben werden. Aus den Stellungnahmen des Aus- schusses kann insbesondere nichts darüber hergeleitet werden, ob ein Gerät brauchbar ist oder nicht. Zur Qualifikation dieser Art ist der Ausschuß nicht berufen, der Gerätehersteller deshalb auch nicht von den Ergebnissen der Ausschußarbeit betroffen. Da die Stellungnahmen des Ausschusses allein für den Bereich der kassen- ärztlichen Versorgung bestimmt sind und nur auf Antrag der Part- ner des Bundesmantelvertrages erstellt werden, scheidet eine Ein- beziehung von außenstehenden (interessierten) Dritten in das Ver- fahren des Ausschusses bei seiner Urteilstindung aus. Dies gilt aus den vorgenannten Gründen insbe- sondere für Gerätehersteller.

..,._ Der Ausschuß stellte am 6. Fe- bruar fest, daß die Behandlung mit Therapiegeräten zur elektroma- gnetischen Spulenbehandlung, 216 Heft 6 vom 5. Februar 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

auch mit dem Magnetodyn-Sy- stem, derzeitig das Stadium von Forschung und Lehre noch nicht verlassen hat und es sich daher verbietet, die Behandlungsmetho- de auf dem kassen/vertragsärztli- chen Sektor als Heilmethode ein- zuführen, da sie die Voraussetzun- gen des § 368 e RVO nic.ht erfüllt.

..,._ ln Heft 4 (vom August 1980) der

"Informationen des Berufsverban- des der Fachärzte für Orthopädie e. V." ist ebenfalls zur Magnetfeld- behandlung Stellung genommen worden. Darin wird festgestellt, daß der Nachweis der Wirksamkeit bei den vom Hersteller genannten Diagnosen "Kniegelenkserkran- kungen, Lähmungen, Coxarthro-

se, Zerrungen, Stauchungen, Prel-

lungen, Blutergüsse" bisher nicht erbracht worden ist.

Im Vordergrund stünden zur Zeit Forschungen um die Wirksamkeit bei \'erzögerter Knochenbruchhei- lung und Pseudarthrosenbildung, bei Lockerung von Gelenkendo- prothesen und zur Beschleuni- gung der Einheilungsphase von selbsthaftenden Totalendopro- thesen.

..,._ Resümee des Berufsverbandes für Orthopädie: Die Forschung zu dieser Behandlungsmethode ist noch nicht abgeschlossen!

..,._ Weder der KBV noch dem "Aus- schuß für Untersuchungs- und Heilmethoden" kann der Vorwurf gemacht werden, unkritisch oder gar leichtfertig über die Behand- lungsmethode geurteilt zu haben.

Insbesondere ist diese Stellung- nahme nicht unter finanziellen Aspekten abgegeben worden. Sie basiert vielmehr darauf, daß eine noch in der Forschung befindliche Behandlungsmethode nicht zu La- sten der Krankenkasse verordnet werden darf.

Dr. med. Günter Flatten, KBV -Vorsitzender des Ausschusses für Untersuchungs- und

Heilmethoden- Haedenkampstraße 3 5000 Köln 41 (Lindenthal}

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