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Archiv "AIDS in der kassenärztlichen Versorgung" (13.04.1989)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT KURZBERICHTE

Die mit der AIDS-Erkrankung zusammenhängende Problematik wird angesichts der bekannten epi- demiologischen Daten in der kassen- ärztlichen Versorgung einen zuneh- mend breiteren Raum einnehmen.

Bereits im Jahre 1987 haben daher die Kassenärztliche Bundesvereini- gung und die Spitzenverbände der Krankenkassen eine gemeinsame Kommission eingesetzt, die sich in den vergangenen beiden Jahren zum einen mit leistungsrechtlichen Aspekten der HIV-Infektion und der AIDS-Erkrankung befaßt hat und zum anderen der Frage nachgegan- gen ist, wie der weitere Ablauf der Verbreitung der AIDS-Erkrankung im Hinblick auf das kassenärztliche Versorgungsangebot einzuschätzen ist. Die Arbeitsergebnisse und Fest- stellungen der Kommission sind nachfolgend in gekürzter Form wie- dergegeben.

Leistungsrechtliche Feststellungen

Der Ansteckungsverdacht Während im Rahmen der AIDS- Aufklärung und der AIDS-Vorsorge die Initiative in der Regel vom öf- fentlichen Gesundheitsdienst, von den Ärzten oder auch von den Kran- kenkassen ausgeht, ist dies im Zu- sammenhang mit subjektiven Be- fürchtungen des einzelnen Patienten nicht der Fall. Hier sind Konsulta- tionsanlässe überwiegend in einer durch teilweise unseriöse Berichte geschürten, unbestimmten Furcht begründet. Wenn dann auch noch unspezifische Befindlichkeitsstörun- gen oder Krankheitssymptome be- merkt werden, befürchten viele Pa- tienten — teilweise trotz jeglichen

Fehlens anamnestischer Anhalts- punkte —, mit HIV infiziert worden zu sein. Kann in derartigen Fällen nach exakter ärztlicher Befragung und gegebenenfalls klinischer Unter- suchung der Verdacht des Patienten nicht bestätigt werden, so ist — von Fällen mit regelrechter AIDS-Pho- bie abgesehen — ein HIV-Antikör-

Die KBV

informiert

per-Test nicht zu Lasten der gesetzli- chen Krankenkassen durchführbar.

Dagegen sind die im Rahmen der Klärung des Verdachts erfolgenden Beratungen und klinischen Untersu- chungen nach den Bestimmungen der Vertragsgebührenordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkas- sen berechnungsfähig.

Eine Zuständigkeit der Kran- kenkasse hinsichtlich der Durchfüh- rung von HIV-Antikörper-Tests liegt allerdings immer dann vor, wenn die Klärung des Verdachts einer HIV- Infektion medizinisch-ärztlich indi- ziert ist. So kann zum einen der Arzt aufgrund bestimmter anamnesti- scher Angaben oder bestimmter Be- funde die Notwendigkeit erkennen, einen HIV-Antikörper-Test durch- zuführen. Zum anderen liegt die ge- forderte medizinisch-ärztliche Indi- kation auch dann vor, wenn der Ver- sicherte einer Krankenkasse auf- grund eines konkreten Verdachts, HIV-infiziert zu sein, den Arzt auf- sucht und der Arzt den Verdacht auf das Vorliegen einer HIV-Infektion

nicht alleine aufgrund von Anamne- se und klinischem Befund ausschlie- ßen kann.

Diese auf den ersten Blick will- kürlich anmutende Differenzierung ist aufgrund der leistungsrechtlichen Gegebenheiten notwendig und stellt gegenüber der bisherigen Auffas- sung sowohl des Bundesarbeitsmini- sters als auch der Spitzenverbände der Krankenkassen einen bedeutsa- men Fortschritt dar. Diese gingen nämlich davon aus, daß ausschließ- lich der HIV-Test aufgrund einer entsprechenden klinischen Sympto- matik eine Leistungsverpflichtung der Krankenkassen auslöse.

Hinsichtlich der Bedeutung des Nachweises einer HIV-Infektion sei auf die entsprechenden Empfehlun- gen des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer hingewie .- sen (siehe DÄ Heft 4/1988 und DA Heft 41/1988).

Die asymptomatische Infektion

Unter leistungsrechtlichen Ge- sichtspunkten ist festzustellen, daß Maßnahmen im Zusammenhang mit der medizinisch notwendigen ärzt- lichen Betreuung von Patienten mit asymptomatischer Infektion in die Zuständigkeit der gesetzlichen Kran- kenversicherung fallen. Die Tatsa- che, daß die HIV-Infektion über ei- nen mehr oder weniger langen Zeit- raum lediglich zu labormedizinisch nachvollziehbaren Veränderungen führt, ist für den Status der HIV-In- fektion als Krankheit im Sinne von

§ 27 SGB V ohne Bedeutung.

Aus diesem Grund kann die ärztliche Betreuung des HIV-Infi- zierten zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt wer- den. Diese Betreuung umfaßt auch die Durchführung von Untersuchun- gen, die über eine Aufdeckung der immunologischen Veränderungen ggf. prognostische Aussagen bezüg- lich der Progression der Erkrankung zulassen.

Weitergehende Maßnahmen, insbesondere medikamentöser Art, die geeignet sein sollen, die HIV-In- fektion selbst zu bekämpfen, sind nur dann zu Lasten der gesetzlichen

AIDS in der

kassenärztlichen Versorgung

Feststellungen der gemeinsamen AIDS-Kommission der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Kran- kenkassen zur AIDS-Problematik

Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (23) A-1015

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Die räumliche Zuordnung wurde nach der Portfeitraumzahl des Wohnortes vorgenommen. Ausgeschlossen werden mußten 33 Fälle. bei denen keine räumliche Zuordnung möglich wer.

Hamburg

13 256

2 H, I 9

Zentren der Prävalenz Räume mittlerer Prevelenz Räume mit geringer Primalen:

256

30 7

Fallzahlen kleiner 2 sind in der Graphik nicht berücksichtigt.

Kiel

Bremen

r

11 25

10 10 /

1.

• — 531 26 LL

23 .• "

Düsseldorf 10

,126 . [ 23 20

5

181"-

18

23 15

36

• Frankfurt' 8

Hannover 42 •

16

571

Berlin (Wert)

15

17

30 s''-• 24 17

22

6

Quelle: AIDS - Zentrum im Bundesgesundheitsamt

Verteilung aller seit dem 01.01.1982 registrierten AIDS-Fälle in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West). N = 2779 (Stand: 31.12.1988)

INSTITUT FUR ENTWICKLUNGSPLANUNG UNO STRUKTURFORSCHUNG HANNOVER

Krankenkassen durchführbar, wenn es sich hierbei um Heilverfahren handelt, die im Hinblick auf die Be- handlung von HIV-Infizierten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspre- chen. Dies gilt in analoger Weise auch für das manifeste Immunman- gelsyndrom (AIDS) und die behand- lungsbedürftigen HIV-Krankheits- symptome.

Feststellungen zur kassenärztlichen Versorgung

von AIDS-Kranken und HIV-Infizierten

Die Versorgung von AIDS- Kranken und Patienten mit behandlungsbedürftigen HIV-Krankheitssymptomen Was die weitere Entwicklung der AIDS-Prävalenz in der Bundes- republik angeht, so kann für die nach derzeitigem Stand überschaubaren Jahre 1989 und 1990 aufgrund des sich seit einigen Monaten abzeich- nenden Trends zu geringer werden- den Zuwachsraten davon ausgegan- gen werden, daß sich die Zahl der gemeldeten Fälle etwa alle 15 Mona- te verdoppeln wird. Dies bedeutet, daß bis Ende 1990 mit maximal 10 000 gemeldeten AIDS-Fällen zu rechnen ist, wovon erfahrungsgemäß etwas weniger als die Hälfte verstor- ben sein wird.

Obwohl über das Verhältnis von AIDS-Kranken zu Patienten mit be- handlungsbedürftigen HIV-Krank- heitssymptomen nichts Genaues be- kannt ist, gehen Schätzungen davon aus, daß Ende 1990 auf jeweils einen der vermutlich nicht mehr als 5000 lebenden AIDS-Kranken drei Pa- tienten mit behandlungsbedürftigen HIV-Krankheitssymptomen kom- men werden. Auf diese Weise läßt sich für Ende 1990 eine Zahl von ma- ximal 20 000 AIDS-Kranken und Pa- tienten mit behandlungsbedürftigen HIV-Krankheitssymptomen abse- hen.

Angesichts dieser Zahlen ist da- von auszugehen, daß die ambulante Versorgung der betroffenen Patien-

ten aufgrund der vorhandenen Strukturen zumindest bis zum Ende dieses Hochrechnungszeitraums si- chergestellt ist, und zwar auch dann, wenn die angestrebte Verlagerung der Behandlung vom stationären in den ambulanten Bereich zunehmend Platz greift. Neben den derzeit in den Ballungsbereichen mit hoher

AIDS-Prävalenz (siehe Abbildung) bereits bestehenden Schwerpunkt- praxen und Spezialambulanzen wird aufgrund der zur Zeit laufenden Mo- dellvorhaben in Zukunft eine erheb- lich größere Zahl entsprechend fort- gebildeter Ärzte zur Verfügung ste- hen. Darüber hinaus werden sich zu- nehmend auch solche Ärzte nieder- A-1016 (24) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

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lassen, die aufgrund ihrer klinischen Weiterbildung mit den Problemen der AIDS-Erkrankung vertraut sind.

Kassenärztliche Sorgen

Bonner und Wiener Varianten

Die Versorgung von HIV-Infizierten ohne behandlungsbedürftige HIV-Krankheitssymptome Die Laborberichtspflicht erlaubt es, Aussagen über die Zahl der be- kannten HIV-Infektionen zu ma- chen. Aus Befragungen ergibt sich, daß etwa 50 Prozent der Drogen- abhängigen und 30 Prozent der ho- mosexuellen Männer bereits getestet wurden. Unterstellt man, daß der nicht getestete Anteil etwa in glei- chem Umfang infiziert ist, ergibt sich eine Abschätzung für die Zahl der Infizierten von 50 000 bis 100 000.

Diese Zahl könnte deutlich niedriger sein, wenn es sich bei den Meldun- gen von derzeit ca. 30 000 Infizierten in größerem Umfang um Mehrfach- meldungen handeln sollte.

Die Betreuung von HIV-Infi- zierten setzt nicht nur eingehende Kenntnisse Ihrer psychosozialen Si- tuation voraus, sondern erfordert auch einen nicht unerheblichen Be- ratungsaufwand. Aus diesem Grun- de sind insbesondere in Regionen mit hoher AIDS-Prävalenz Modell- vorhaben angelaufen, in denen be- sonders geschulte Ärzte die Versor- gung von HIV-Infizierten überneh- men. Insofern kann davon ausgegan- gen werden, daß die Versorgung von Infizierten ohne behandlungsbedürf- tige HIV-Krankheitssymptome auf- grund der bestehenden ambulanten Strukturen sichergestellt ist.

Schlußbemerkung

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen werden die wei- teren epidemiologischen Verände- rungen und die Entwicklung der am- bulanten Versorgungsmöglichkeiten sorgfältig beobachten, um — falls er- forderlich — rechtzeitig gezielte Maß- nahmen zur Förderung dieses wichti- gen Bereichs der kassen- und ver- tragsärztlichen Versorgung treffen zu können. KBV

Aufgrund der jetzt schon vor- handenen und in Zukunft noch drän- gender werdenden Schwierigkeiten der Finanzierung wäre eine „Aktua- lisierung" des Gesundheitswesens notwendig, — mit diesen Worten hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Primarius Dr. Micha- el Neumann, die derzeitige Situation in Österreich gekennzeichnet. Sein Rezept: Österreichs Ärzte müßten mit den Krankenversicherungsträ- gern eine Diskussion mit dem Ziel beginnen, einerseits sämtliche „Glo- balsummen" und „Limite" abzu- schaffen, beziehungsweise zusätz- liche Finanzierungsquellen — wie zum Beispiel private Zusatzversiche- rungen, Selbstbeteiligung und frei- willige Höherversicherung der Versi- cherten — zu schaffen, und anderer- seits sämtlichen niedergelassenen Ärzten eine freie Zulassung mit Kas- senverträgen zu ermöglichen.

In Osterreich sollen also globale Begrenzungen möglichst abgeschafft werden, die Blüms „Reform" (Fest- beträge, Richtgrößen u. a.) jetzt nördlich der Alpen einführt.

Überdies sollte der österreichi- sche Gesetzgeber, so forderte Dr.

Neumann, den niedergelassenen Ärzten ermöglichen, neue Zusam- menarbeitsformen zu praktizieren.

Neumann: Solche wären die Anstel- lung von Ärzten bei Ärzten, die Gründung von Partnerschaften zwi- schen Arzten und die Schaffung von höherwertigen Versorgungseinrich- tungen, wie zum Beispiel der Praxis- klinik. Durch eine solche Verbreite- rung der Tätigkeit von niedergelasse- nen Arzten würde auch der Wiener Regierungserklärung entsprochen, in der von einer Stärkung der nieder- gelassenen Ärzteschaft die Rede ist.

Das Schlagwort ist bekannt; sei- ne Bonner Variante lautet: Stärkung der Selbstverwaltung...

So wurde in der Bundesrepublik Deutschland, beispielsweise, der Selbstverwaltung von Kassenärzten und Kassen durch das „Gesundheits- Reformgesetz" aufgeladen, Festbe-

tragsgruppen bestimmter Arznei- mittel festzusetzen; nur bis zu einer in DM festzulegenden Grenze sollen dann die Arzneimittelkosten zu La- sten der gesetzlichen Krankenversi- cherung getragen werden. Das Tau- ziehen um die Gestaltung dieser Festbeträge war im März noch offen, als Professor Dr. Dr. h. c. Hans-Joa- chim Sewering, der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, beim Berufspolitischen Kolloquium der deutsch-österreichischen Fort- bildungsveranstaltung in Badgastein die aktuelle gesundheitspolitische Si- tuation in der Bundesrepublik Deutschland analysierte, parallel zu Dr. Neumanns Analyse der österrei- chischen Verhältnisse.

Was alles noch auf die Praxis zukommt

Ein weiteres Problem in der Bundesrepublik Deutschland: die Erweiterung der sogenannten Nega- tivliste. Sewering: Schon bei der früheren Regelung, Mittel u. a. bei einfachen Erkältungen oder leichten Verdauungsstörungen nicht mehr zu Lasten der Kassen zu verordnen, ist nicht viel herausgekommen. Den- noch beließen es die Abgeordneten bei dem Vorhaben des Bundesar- beitsministeriums, die Negativliste zu erweitern, beispielsweise um

„Leberschutzpräparate", „Venen- mittel". Solche Negativliste kann man machen, wie Professor Sewering zugestand, aber man sollte die Aus- schlüsse nicht an einen Krankheits- begriff binden, sondern andere Kri- terien dafür finden.

Die sogenannten „Richtgrößen"

für die kassenärztlichen Verordnun- gen oder die kassenärztlichen Ein- weisungen — ebenfalls eine neue Zwangsaufgabe für die Selbstverwal- tungsgremien der Kassenärzte und der Krankenkassen. Noch besteht, so Prof. Sewering, keine konkrete Vor- stellung, wie diese festgesetzt und angerechnet werden könnten.

Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (25) A-1017

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