DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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er neueste Stand unseres Wissens übere AIDS wird in diesem Heft von zwei kompetenten Wissenschaft- lern dargelegt (Seite 2560).Jeder Arzt — bisher schon durch die Bundesärztekam- mer und deren Wissenschaft- lichen Beirat sowie vom DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT auf dem laufenden gehalten — wird so in der Lage sein, hilfe- und ratsuchenden Patienten weiterhin ärztlich kompetent zu begegnen.
Kritik an der medizinischen Wissenschaft oder an der Ärz- teschaft in Klinik und Praxis, wie sie in einigen Medien an- klang, ist nicht angebracht.
Bundesärztekammer und DEUTSCHES ÄRZTEBLATT haben ihr Bestes getan und werden es weiterhin tun, den Wissensstand der Ärzte über AIDS auf den Kenntnisstand der Forschung zu bringen und auf ihm zu halten. Ungerecht- fertigte publizistische Vorwür-
AIDS, AIDS, AIDS
fe provozierten allerdings auch voreilige gesundheitspo- litische Folgerungen. So spu- ken durch Publizistik und Poli- tik Forderungen nach Reihen- untersuchungen ganzer Be- völkerungsgruppen oder gar aller Bundesbürger, nach Mel- depflicht, sogar nach „Isolie- rung" der AIDS-Virusträger.
In dieser Situation war es ver- dienstvoll, daß und wie Dr.
Karsten Vilmar als Präsident der Bundesärztekammer sich zu Wort gemeldet und in ei- nem Ende August in der all- gemeinen Presse weit ver- breiteten Gespräch mit der Presseagentur „ Associate d Press" die Dinge, die der Arzt weiß, auch der Öffentlichkeit gegenüber zurechtgerückt hat. Kernsätze: Er könne sich nicht vorstellen, wie bei einer
Inkubationszeit von fünf bis zehn Jahren eine „Isolierung"
aussehen solle. Reihenunter- suchungen könnten zwar eine statistische Momentaufnahme ergeben, aber die Eindäm- mung der Krankheit nicht ga- rantieren. Gegen die Einfüh- rung einer Meldepflicht für AIDS-Antikörper-Träger lie- ßen sich die guten Erfahrun- gen mit dem Wegfall der Mel- depflicht von Geschlechts- krankheiten anführen.
„Wenn sich die Menschen vernünftig verhalten und sich entsprechender Schutzme- chanismen bedienen, wie dies bei anderen gefährlichen In- fektionskrankheiten auch ge- schieht, besteht die Gefahr ei- ner Volksseuche nicht", er- läuterte Dr. Vilmar. Was jetzt not tut, ist statt publizistischer Panikmache eine sachliche Aufklärung nicht nur der so- genannten Risikogruppen, sondern der gesamten Bevöl- kerung. roe
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ie Krankenhäuser stehen wieder einmal vor einem Berg von Problemen.Durch das Krankenhaus-Neu- ordnungsgesetz ist die Kran- kenhausfinanzierung zwar verändert worden. Nach der Aufhebung der Mischfinan- zierung zwischen Bund und Ländern bleibt die getrennte Finanzierung der Investitions- und Betriebskosten aber be- stehen. Die geförderten Hospitäler haben auch in Zu- kunft Anspruch auf die Dek- kung ihrer — allerdings ab 1986 vorauszukalkulierenden
— Selbstkosten.
Mit dem umfangreichen Para- graphenwerk ist eine aufwen- dige „Anschlußgesetzge- bung" verbunden, deren er- ster Teil zumindest im parla- mentarischen Raum Mitte dieses Jahres abgehakt wur- de: Die neue Bundespflege- satzverordnung kann am 1.
Januar 1986 in Kraft treten.
Noch sind allerdings die lan- desrechtlichen Regelungen
Vakuumforschung
zur Investitionsförderung nicht erlassen. Die Länder sind im Begriff, die Landes- krankenhausgesetze zu über- arbeiten und die Bedarfspläne fortzuschreiben. Manche war- ten ab, was sich noch alles in der Krankenhauslandschaft tut und ob von Bonn Handrei- chungen zum Umsetzungsge- schäft gegeben werden.
Bei den Krankenhaus- und Kassenverbänden laufen die Arbeiten zur Beackerung des Neulandes auf Hochtouren.
Es ist aber fraglich, ob die Vertragskontrahenten in der Lage sein werden, rechtzeitig bis 1986 die weitreichenden Folgen für die Finanzierung, Organisation und Betriebs- führung zu realisieren. Die Umstellung auf das Vereinba- rungsprinzip, die prospekti- ven Pflegesätze, die Schieds- stellenverfahren erfordert viel
Kraft und ist mit hohen Kosten verbunden. Daß auch die Bonner Ministerialbürokratie ein empirisches Vakuum im neuen Pflegesatzrecht vermu- tet, darauf deuten acht vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ausge- schriebene Forschungspro- jekte hin: So sollen die Wis- senschaftler ran, um „Maßstä- be und Grundsätze für die Vergleichbarkeit von Kran- kenhäusern" zu entwickeln oder „typische Rationalisie- rungsre s erven" aufzeigen.
Auch an den übrigen Projek- ten haben sich bereits renom- mierte Wissenschaftler und Institute die Finger verbrannt.
Auch die Direktkontrahenten haben es bisher nicht fertig- gebracht, realistische An- haltszahlen für die Personal- besetzung, den Dreh- und An- gelpunkt des wirtschaftlichen Krankenhauses, zu entwik- keln.
Frage: Wird das Ersparnispo- tential etwa durch Vakuum- forschung verpulvert? HC
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 36 vom 4. September 1985 (1) 2509