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Archiv "Informationsinitiative: KBV klärt über Arzneimittel auf" (18.10.2002)

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D

er Druck auf die Kassenärzte hält an: Die aktuelle Ausgabenent- wicklung weist zwar darauf hin, dass die Regelungen des Arzneimit- telbudget-Ablösungsgesetzes (ABAG) und des Arzneimittelausgaben-Begren- zungsgesetzes (AABG) vom Beginn die- ses Jahres zu einer Verringerung des Aus- gabenanstiegs geführt haben. Die zwi- schen Krankenkassen und Ärzten ver- einbarten Ausgabenvolumen konnten bei einer bedarfsorientierten, qualitati- ven Versorgung aber nicht erreicht wer- den. Entscheidend für die missliche La- ge der Vertragsärzte ist nach Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV), dass die im ABAG und im AABG vorgesehenen erweiterten Infor- mationsrechte der ärztlichen Körper- schaften und der Kassen nicht ausrei- chend greifen. Immer noch hindere die Pharmaindustrie mit wettbewerbsrecht- lichen Klagen die Kassenärztlichen Ver- einigungen (KVen) daran, den Ver- tragsärzten konkrete Hinweise zur wirt- schaftlichen Verordnung von Arzneimit- teln zu geben. „Enttäuscht sind wir von den Krankenkassen. Sie machen keine Anstalten, ihrer Aufklärungspflicht nach- zukommen“, kritisierte der Zweite Vor- sitzende der KBV, Dr. med. Leonhard Hansen. Es sei eine gemeinsame Aufga- be von Kassen und Kassenärzten, Ein- sparungen bei Arzneimitteln zu erzielen.

„Bisher scheint bei den Kassen aber die Sorge vorzuherrschen, dass solche not- wendigen Informationen mit Mitglieder- verlusten verbunden sein könnten.“

KBV und KVen haben sich von da- her entschlossen, ihrer Informations- pflicht alleine nachzukommen. Wie es

§ 73 Abs. 8 des SGB V vorsieht, wollen sie die Kassenärzte vergleichend über verordnungsfähige Leistungen, ein- schließlich der jeweiligen Preise und Entgelte, informieren sowie Hinweise

zu Indikationen und therapeutischem Nutzen nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse geben.

„Wir liefern Informationen über die Austauschbarkeit von Generika, die Verordnung von Nachahmerprodukten im unteren Preisdrittel, über Analog- präparate und den notwendigen Versor- gungsbedarf der Bevölkerung“, erklärte Hansen zum Auftakt der Arzneimittel- Informationsinitiative von KBV und KVen Anfang Oktober in Berlin. An- sprechen wolle man mit der Aktion vor allem die Kassenärzte. Aber auch den Patienten müsse man vermitteln, dass die Arzneimitteltherapie wirtschaftli- chen Zwängen unterliege.

Defizite in der Versorgung

Trotz aller Einsparbemühungen und nachweisbarer Einsparerfolge dürfte es nach Ansicht der KBV jedoch kaum ge- lingen, die Gesamtausgaben für Arznei- mittel nachhaltig zu senken. So hat der Sachverständigenrat der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen 2001 in ei- nem Gutachten Defizite in der Versor- gung benannt. Er listete unter anderem die Sekundärprävention bei ischämi- schen Herzkrankheiten, die medika- mentöse Behandlung depressiver Er- krankungen oder Schutzimpfungen bei Kindern auf. Diese Versorgungslücken kostenneutral zu schließen ist aus Sicht der KBV unmöglich.Will man Unterver- sorgung beseitigen und die Versorgung qualitativ verbessern, führt dies zu stei- genden Arzneimittelausgaben, die die Ärzte nicht durch Einsparungen kom- pensieren können. Denn auch eine leitli- niengerechte Versorgung hat – wie die Behandlung von Diabetes mellitus im Rahmen verschiedener Diabetes-Verträ- ge belegt – in vielen Bereichen wachsen-

de Arzneimittelausgaben zur Folge. Die Zahlen sprechen für sich. Derzeit betra- gen die Arzneimittelausgaben für die In- dikation Demenz 174 Millionen Euro.

Würden alle Alzheimer-Kranken, bei de- nen eine Therapie indiziert und wirksam ist, mit den beiden Präparaten behandelt, die die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft empfiehlt, belie- fen sich die Kosten auf gut das Doppelte.

Zahlreiche Beispiele belegen, dass man mit Einsparungen allein den Ver- sorgungsbedarf nicht finanzieren kann.

Aus Sicht der KBV müssen vier zentrale Faktoren bei der Bewertung der Ausga- benentwicklung berücksichtigt werden:

Gder medizinische Fortschritt, der hochpreisige Innovationen gegen Aids oder Krebs hervorgebracht hat;

Gdie Vertiefung vorhandener Thera- pien aufgrund epidemiologischer Er- kenntnisse über chronische Krankhei- ten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinsuffizienz;

Gdie Verlagerung von Therapien aus dem Krankenhaus in die Praxen nieder- gelassener Ärzte;

GVeränderungen in der Morbidität.

Hauptverantwortlich für den Ausga- benanstieg im vergangenen Jahr waren innovative Medikamente – ein Trend, der sich mit zweistelligen Zuwachsraten europaweit abzeichnete. Stark gestie- gen sind beispielsweise die Ausgaben bei den Indikationen rheumatoide Ar- thritis, Migräne, Morbus Parkinson, Epilepsie, Schizophrenie, Morbus Alz- heimer und Asthma bronchiale.

In der Gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) machten Innovationen be- reits im Jahr 2000 ein Viertel des Gesamt- umsatzes aus. Die Medikamente erset- zen vielfach alte Präparate, sind effizien- ter, haben aber auch oft einen höheren Preis. Dabei können hochpreisige Inno- vationen die GKV durchaus entlasten.

P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4218. Oktober 2002 AA2747

Informationsinitiative

KBV klärt über Arzneimittel auf

Angesichts steigender Arzneimittelausgaben will die Kassenärztliche

Bundesvereinigung über eine wirtschaftliche Verordnungspraxis infor-

mieren und zugleich den Versorgungsbedarf der Patienten offen legen.

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Studien belegen, dass der Einsatz solcher Präparate die Kosten im nicht medika- mentösen Bereich senken kann, indem beispielsweise Krankenhausaufenthalte vermieden werden oder die Verweildau- er verkürzt wird. Mehr als 300 neue Arz- neimittel befinden sich gegenwärtig in der letzten Phase der klinischen Prüfung oder kurz vor der Zulassung. Selbst wenn nur ein Drittel davon als innovativ zu bewerten ist und nur ein Teil sich am Markt durchsetzt, wird in absehbarer Zeit eine Vielzahl hochpreisiger Präpa- rate den Markt überschwemmen und zu weiteren Ausgabensteigerungen führen.

Einen wichtigen Teilbereich der In- novationen stellen die Spezialpräparate dar, zu denen es meist keine Alternati- ven gibt. Obwohl sie jeweils nur bei ei- ner kleinen Zahl von Patienten einge- setzt werden, machen sie aufgrund ihrer hohen Preise bis zu einem Fünftel der GKV-Arzneimittelausgaben aus. Bei- spiel multiple Sklerose: In Deutschland leiden rund 120 000 Menschen an dieser Erkrankung. Mit Interferonen können hier deutliche Therapiefortschritte er- zielt werden. Die Kosten liegen jedoch pro Patient bei 7 500 Euro jährlich.

Die Verordnung hochpreisiger Prä- parate wird darüber hinaus zunehmend aus dem Krankenhaus in den ambulan- ten Sektor verlagert. Dieser Effekt ist politisch gewünscht, da die GKV durch eine Reduktion der Krankenhaus- aufenthalte Geld spart. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die niedergelas- senen Ärzte angesichts leerer Kassen ihre Patienten nicht mehr ausreichend versorgen können.

Auch die Entwicklung der Morbidität fordert ihren Tribut. Obwohl in Deutsch- land die Einwohnerzahl infolge der Wie- dervereinigung gestiegen ist und sich die Altersstruktur weiter verschiebt, liegt die Zahl der Arzneimittelverordnungen un- ter dem Niveau von 1981. Diesem Trend sind jedoch durch die zunehmend ungün- stigere Morbiditätsstruktur der Bevölke- rung natürliche Grenzen gesetzt.

Es ist deshalb aus Sicht der KBV dringend geboten, die Diskussion um Einsparungen im Arzneimittelbereich um den Aspekt des Versorgungsbedarfs der Patienten zu erweitern. Ihre Infor- mationen für die Kassenärzte wird sie in loser Folge im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichen. Heike Korzilius/DÄ

P O L I T I K

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A2748 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4218. Oktober 2002

W

enn jährlich der Arzneiver- ordnungs-Report* vorgestellt wird, bekommen die Ärzte mehr oder weniger schlechte Beurtei- lungen von Prof. Dr. med. Ulrich Schwabe sowie Empfehlungen für bes- sere, rationalere Verordnungen. So war es auch am Montag bei der Vorlage des jüngsten Reports. Doch gleichzeitig gab es Verständnis und sogar Lob: Schwabe verwies darauf, dass die Ausgaben für umstrittene Arzneimittel von 4,8 Milli- arden Euro in 1992 auf 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2001 zurückgegangen sei- en. „Diese gewaltigen Einsparungen sind gegen den erbitterten Widerstand der pharmazeutischen Industrie von der Ärzteschaft ohne gezielte gesetzli- che Regelungen durchgesetzt worden“, erinnerte er. Dies und die Einsparun- gen bei den Generika hätten gezeigt, dass die Ärzteschaft aktuelle pharma- kologisch-therapeutische Empfehlun- gen umsetzen könne.

Dann wurde der Pharmakologe wie- der strenger. Zwar könne man für 2001 zusätzliche Arzneimittelausgaben von 1,3 Milliarden Euro darauf zurück- führen, dass therapeutisch bedeutsame Arzneimittel verordnet worden seien, erläuterte er. Davon entfielen aber nur 724 Millionen Euro auf echte innovati- ve Arzneimittel mit gesichertem thera- peutischen Zusatznutzen. Der Ausga- benzuwachs insgesamt (+ 2 Milliarden Euro gegenüber 2000) habe jedoch nicht nur medizinische Gründe gehabt, sondern sei vielmehr „Resultat von ge- schicktem Marketing der pharmazeuti- schen Industrie und planlosem Agieren der Gesundheitspolitik“.

Schwabe verwies auf Dänemark, wo die Krankenkassen lediglich die drei preisgünstigsten Generika eines Wirk- stoffs erstatten. Er bemängelte, dass für

Krankenhäuser keine Arzneimittel- Richtgrößen oder Zielvereinbarungen gelten würden. Als Drittes mahnte er eine Positivliste an. Theoretisch hätten sich im vergangenen Jahr 4,2 Milliarden Euro ohne Qualitätsverlust einsparen lassen, und zwar durch die Wahl preis- werterer Generika und den Verzicht auf hochpreisige Analogpräparate und um- strittene Arzneimittel. Damit habe man genug „Manövriermasse“, um sinnvolle innovative Medikamente zu bezahlen, so Schwabe.

Mit einem gänzlich ungewöhnlichen Vorschlag überraschte er am Schluss.

Ärzte und Krankenkassenvertreter sollten sich in Ruhe bei einem guten Wein zusammensetzen und Verbesse- rungen in ihren Bezirken angehen: „Die Standpunkte sind gar nicht so weit aus- einander.“ Dass die Ärzte „beratungs- resistent“ seien, finde er nicht.

Diesen Vorwurf hatte zuvor Klaus Kirschner (SPD) erhoben, Bundestags- abgeordneter und bisher Vorsitzender des Gesundheitsausschusses. Dr. med.

Leonhard Hansen, Zweiter Vorsitzen- der der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung, hatte daraufhin erbost gekon- tert: Es sei unerträglich, dass schon in der Mitte eines Jahres Politiker über die Ärzte herfielen und ihnen vorwerfen würden, falsch zu verordnen.Sabine Rieser

Arzneiverordnungs-Report

Lob und Tadel für die Ärzte

Der Ausgabenanstieg im Jahr 2001 (+ 10,4 Prozent gegenüber 2000) hatte medizinische Gründe – aber nicht ausschließlich.

Stichwort: Unterversorgung

Die Autoren des Reports sind in diesem Jahr auch der Frage nachgegangen, ob bestimmte Gruppen chronisch Kranker medikamentös unterversorgt sind. Nach ihrer Auffassung wird jedoch bei Pati- enten mit Tumorschmerzen, Diabetes oder Epilep- sie „nahezu eine Vollversorgung“ erreicht. Gebes- sert habe sich die Versorgung von Menschen mit Depressionen und multipler Sklerose. Lediglich bei Alzheimer-Patienten entspreche die Arzneimit- teltherapie nicht den heutigen Möglichkeiten, „da hier noch viele veraltete Mittel ohne nachweisba- ren Nutzen eingesetzt werden“. Rie

* Ulrich Schwabe, Dieter Paffrath (Hrsg.): Arznei- verordnungs-Report 2002, Springer-Verlag Berlin, ISBN 3-540-43624-3, 29,95 Euro

Referenzen

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