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Karolina Karlovna Pavlova

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Slavistische Beiträge ∙ Band 50

(eBook - Digi20-Retro)

Verlag Otto Sagner München ∙ Berlin ∙ Washington D.C.

Digitalisiert im Rahmen der Kooperation mit dem DFG-Projekt „Digi20“

der Bayerischen Staatsbibliothek, München. OCR-Bearbeitung und Erstellung des eBooks durch den Verlag Otto Sagner:

http://verlag.kubon-sagner.de

© bei Verlag Otto Sagner. Eine Verwertung oder Weitergabe der Texte und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlages unzulässig.

Barbara Lettmann-Sadony

Karolina Karlovna Pavlova

Eine Dichterin

russisch-deutscher Wechselseitigkeit

(2)

S l a v i s t i c h e B e i t r ä g e

Unter Mitwirkung von M. Braun, Göttingen • t P. Diels, München ־ J. Holthusen, München ־ E. Koschmieder, München ־ W. Lettenbauer, F re iburg /B r.־ J. Matl, Graz

F. W. Neumann, Mainz ־ K.־H. Pollok, Regensburg * L. Sadnik-Aitzetmüller, Graz * J. Schütz, Erlangen

HERAUSGEGEBEN VON + A. SCHMAUS, MÜNCHEN Technische Redaktion: P. Rehder, München

Band 50

(3)

46990

BARBARA LETTMANN-SADONY

KAROLINA KARLOVNA PAVLOVA EINE DICHTERIN RUSSISCH-DEUTSCHER

WECHSELSEITIGKEIT

VERLAG OTTO SAGNER • MÜNCHEN

1971

(4)

ISBN 3

8769

O 060 3

C opyright by V erlag Otto Sagner, München 1971 A bteilung der Fa. Kubon & Sagner, München

D ru ck: Alexander Großmann 8 München 19, Y senburgstr. 7/1

(5)

INHALTSVERZEICHNIS

E in le itu n g 7

E rs te r T e il B iographie

B io g ra p h isch e r A b riß 15

1. K a p ite l

M o i vosp om in an ija 21

2. K a p ite l P a rtn e r

1. Adam M ic k ie w ic z 27

2. N ik o ła j F ilip p o v ič Pavlov 33

3. B o ris Isaakovič Ú tin 45

3. K a p ite l

Salon 49

4. K a p ite l

Zeitgenossen

1. F rühe Jahre (b is z u r H e ira t m it N .F . Pavlov) 53 2. M ittle re Jahre (b is zur Ü bersiedlung nach Deutschland) 62

3. Späte Jahre (während der D resdener Z e it) 75

Z w e ite r T e il

W e rk 85

1. K a p ite l

Eigene D ichtungen 87

1. Gedichte über den D ich te r 95

2. Gedichte zu anderen Themen 115

3. E rzählungen in V ersen und in Prosa 135

4. F rem d spra chig e Gedichte 141

2. K a p ite l

Übersetzungen 143

1. L y r ik 149

2. D ra m a tik 160

Zusam m enfassung 163

L ite ra tu rv e rz e ic h n is 165

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E in le itu n g

D ie U rte ile über Leben und W e rk K a ro lin a K a rlo vn a P a v lo v a s reichen von uneingeschränkter Bewunderung b is zu entschiedener A b le h - nung. An V ersuchen, sie in eine Reihe m it den hervorragenden G estalten des ru ssisch e n G eisteslebens in der e rste n H ä lfte des 19. Jah rh un derts zu s te lle n , hat es so w enig gefehlt w ie an V ersuchen, sie a ls belanglose Randerscheinung abzutun. In den L ite ra tu rg e s c h ic h te n hat sich die B e - w ertung auf 'M itte lm a ß ' eingependelt; K a ro lin a Pavlova w ird - wenn ü b e r- haupt - nur 'd e r V o lls tä n d ig k e it h a lb e r' erw ähnt.

Ob und in w ie w e it diese so gegensätzlichen B eu rte ilu ng en r ic h tig oder fa ls c h sind , w ird sich e rs t nach e in e r eingehenden A nalyse des v o r - liegenden M a te ria ls sagen lassen. Zu d ie se r Untersuchung so lle n einige Überlegungen über m ögliche U rsachen der ko n tro ve rse n Meinungen h in - fü h re n . D araus w erden sich d ie Fragen an K a ro lin a Pavlovas W e rk e rg e - ben.

D ieses W e rk is t, gemessen an d e r langen Schaffenszeit von m ehr a ls fü n fz ig Ja h re n , ve rg le ich sw e ise bescheiden. Zu den A rb e ite n d e r d r e i- ßiger und frü h e n v ie rz ig e r Jahre lie g e n nur Äußerungen von Freunden und Bekannten v o r. D er lite ra ris c h e Geschmack dieses K re is e s hatte sich an den Bemühungen Puškins und seiner P lejāde um die Vollendung des r u s s i-

sehen V erse s ausgebildet; der ge istig e Standort w ar d e r Irra tio n a lis m u s , in dem sich nationale Besinnung und ro m a n tisch e U n iv e rs a litä t, S elbstbe- w ußtsein und Bewußtsein d e r Grenzen überwindenden G em einsam keiten w id e rsp ru ch slo s ve re in ig e n ließ en. Bezeichnend fü r e in M itte ilu n g s b e - d ü rfn is aus gewonnener S e lb stsich e rh e it sind solche sym bolischen T ite l w ie "D as N o rd lic h t" - die e rs te P u b lika tio n der Pavlova (1833) - oder

"N o rd lic h te r11 - eine A nthologie p o ln isch e r D ichtungen (1 8 3 4 )*. D ie A r -

N o rd lic h te r. Eine Sammlung p o ln isch e r D ichtungen, in 's Deutsche ü b e rtra g e n von Ludw ig N abielak und J . B . W e rn e r. Bd. 1, S tu tt- 1

(8)

beiten K a ro lin a Pavlovas fügten sich fo rm a l und in h a ltlic h in diese Konzep- tio n ; der B e ifa ll ih re r Freunde w ar ih r gewiß.

D ie m aßgebliche zeitgenössische L ite r a tu r k r itik jedoch - re p rä s e n - tie r t durch Polevoj und B el in s k ij - hatte ih r Augenm erk auf Zeitgem äßeres g e ric h te t. D ie L y r ik hatte ih re n Höhepunkt m it Puäkin ü b e rs c h ritte n und bot - tro tz ih re r F ü lle - n ich ts Neues m ehr. Hinzu kam , daß die Pavlova n ich t eben zu den p ro d u ktivste n K ü n stle rn gehörte. So fe h lte ganz einfach der Anstoß zu ständiger Auseinandersetzung; einm al g e fä llte U rte ile d ro h - ten sich zu V o ru rte ile n zu ve rfe stig e n .

D ie einzige Sammlung ih re r Gedichte, die zu ih re n Lebzeiten in Rußland e rsch ie n , brachten Freunde 1863 in ih re m A ufträg e heraus. Sie selbst lebte schon s e it Jahren in Deutschland. Zu e in e r Z e it, in d e r sich die tonangebenden D ich te r, L ite ra te n und K r itik e r der U m w elt zugewendet h a tte n ,tra t K a ro lin a Pavlova m it e in e r Auswahl von Gedichten h e rv o r, die fa s t ausnahm slos p e rsö nliche s E rleben zum Gegenstand hatten. D iese Be- fangenheit in d e r S e lb stre fle xio n mußte von dem T e il die se r G eneration, der W egb ereite r s o z ia le r Umwälzungen sein w o llte , a ls Anachronism us empfunden w erden.

V o r 1863 hatte die Pavlova fü n f geschlossene V eröffentlichungen vo rg e le g t; nur "D vo jn a ja ž iz n '" (1848) und "R azgovor v K re m le " (1854) e r-

schienen in Rußland. In Deutschland w ar 1833 "D as N o rd lic h t. Proben der neueren ru ssisch e n L itte r a tu r " herausgekom men. In F ra n k re ic h fo lg te n 1839 "L e s p ré lu d e s" und eine vo llstä n d ig e Ü bertragung von S ch ü le rs "Jung- fra u von O rle a n s" in s F ranzösische. Sowohl das "N o rd lic h t" a ls auch "L e s p ré lu d e s" en thielten in der M ehrzahl Übersetzungen, daneben aber auch einige O rig in a lg e d ich te in deutscher und fra n zö sisch e r Sprache.

Man w ird in d e r V ie ls e itig k e it und der dadurch bedingten V ie lfa lt k ritis c h e r Ansatzpunkte eine w esentliche Ursache fü r die u n te rsch ie d lich e Bew ertung suchen müssen. K a ro lin a Pavlova beherrschte außer R ussisch, F ra n zö sisch und Deutsch auch P o ln isch , E nglisch, Ita lie n is c h und D änisch.

Wenn die geistige D urchdringung eines so umfassenden K u ltu rb e re ic h s n ic h t g e lin g t, dann d ro h t V ie ls e itig k e it in O b e rflä ch lich ke it um zuschlagen, D ichtung u n ve rb in d lich zu bleiben und L ite ra tu r-V e rm ittlu n g auf Über tr a -

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gung des G efälligen re d u z ie rt zu werden. M it ih re n Bemühungen, auch in anderen L ite ra tu re n Fuß zu fassen, verschob die Pavlova ih re n Standort in d e r ru ssischen L ite ra tu r an die P e rip h e rie . Sie w o llte aber auch m it den zen tra len A nliegen, die aus der k u ltu re lle n und sozialen Situation e r - wuchsen, m it der R e a litä t ־ auch als V orlage fü r eine überhöhte d ic h te r!-

sehe W irk lic h k e it ־ w enig zu tun haben.

D ie le tzte n d re iß ig Lebensjahre ve rb ra ch te K a ro lin a Pavlova in Deutschland. Auch h ie r fand sie kaum Anschluß an das lite ra ris c h e L e - ben. W ohl erschienen za h lre ich e A rb e ite n in Z e its c h rifte n sowie v ie r

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Bändchen T o ls to j- Über Setzungen , aber le tz tlic h b lie b sie aus den schon genannten Gründen is o lie rt. Ih re Ü bersiedlung von D resden in das e n tle - gene D o rf H o ste rw itz scheint s in n fä llig e r A usdruck d e r R esignation und Absage an eine g le ich g ü ltig e U m w elt, aber w ohl auch Zeichen der b itro - v e rs io n und nachrom antischen Sehnsucht nach W e ltfe rn e zu sein.

3

Am 14. Dezem ber 1893 sta rb K a ro lin a Pavlova; von ih re m Tod w urde in Deutschland und Rußland kaum N otiz genommen . Sie hatte i h r e 4

Z e it um m ehrere lite ra ris c h e G enerationen, um ein halbes Jahrhundert ü b e rle b t.

Nach ih re m Tode erschienen bisla ng d re i Ausgaben ih re r W erke:

In d e r Hinwendung zum Ich und dem Streben nach Vollendung d e r re in e n

Es handelt sich um Übersetzungen der beiden h is to ris c h e n D ram en

"S m e rt' Ioanna Groznogo" und "C a r' Fedor Io a n n o vič", des d ra m a - tischen G edichts "Don Zuan" sowie e in e r G edichtauswahl A lekse j

T o ls to js .

Nach ru s s is c h e r Zeitrechnung sta rb sie am 2. D ezem ber. W ird in dieser A rb e it nur e in Datum angegeben, so is t es ste ts n e u e n S tils . In Deutschland erschienen keine N achrufe; dagegen brachten fü n f ru s - sische Z e its c h rifte n eine W ürdigung:

R usskie vedom osti, M . 1893, N r. 339;

M oskovskie vedom osti, M . 1893, N r. 335 (5 ./ 1 7 . 1 2 .);

Novoe v re m ja , SPb. 1893, N r. 6386;

Is to rič e s k ij ve stn ik, SPb. 1894 (fe v ra l');

R usskij a rc h iv , 1894, B u c h i, S. 119-123.

N .N . G olicyn hatte in seinem 1888 erschienenen " B ib lio g ra fič e s k ij s lo v a r' ru s s k ic h p is a te l'n ic " a ls Todesjahr "1 8 8 ? " angegeben (S. 189) ! S .I. Ponomarev sch re ib t 1891 ( !) im "S b o rn ik o td e le n ija russkogo jazyka i s lo v e s n o s ti": "E s is t m e rkw ü rd ig und tra u rig , daß niemand

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Kunst fanden d ie S ym bolisten b e i d e r Pavlova e in ihnen verw andtes S elbst- V erständnis. 1903 e rin n e rte V a le rij B r j u s o v in einem A ufsatz in den

"E źem esjaćnye s o ć in e n ija "

5

an die fa s t vergessene D ic h te rin . D iese k u r - ze M onographie s te llte e r dem 1915 von ihm herausgegebenen "S obranie s o ć in e n ij" vo ra n . Sein p o s itiv e s U rte il w urde u n te r anderen von A nd rej B e l y j g e te ilt, d e r sich besonders m it den fo rm a le n M e rkm a le n ih re r Gedichte beschäftigte

Im Zuge d e r A u fa rb e itu n g d e r ru ssisch e n L ite ra tu r brach te die B ib lio te k a poéta 1939 und 1964 je ein "P olnoe sobranie s tic h o tv o re n ij"

heraus.

M it diesen einleitenden Bem erkungen s o ll angedeutet w erden, daß sich K a ro lin a P avlova einem generellen W e rtu rte il en tzieh t. Es is t zu e r - w a rte n , daß sie a ls Ü b e rs e tz e rin und L ite r a tu r v e r m ittle r in einen anderen

P la tz e in n im m t a ls d u rch ih r eigenes d ic h te ris c h e s Schaffen, daß ih r eigenes W e rk w ie d e ru m , absolut genommen, anders eingeordnet w ird a ls in R ela tion zu r 'ze itg e m ä ß e n ', engagierten D ichtung oder im V e rg le ic h zu PuSkin und seinen E rben. Es e m p fie h lt s ic h , b e i den Übersetzungen die F rage nach den A u s w a h lk rite rie n gesondert von d e r Frage nach d e r Q u a litä t zu behandeln.

Entsprechend is t b e i den eigenen D ichtungen d ie Staffwahl v o r a lle m im H in - b lic k auf die Z e it und deren g e istig e und lite ra ris c h e Ström ungen von der B e- u rte ilu n g der V e rs ifik a tio n und des S tils zu trennen. Ohne d e r W erkanalyse v o rg re ife n zu w o lle n , kann schon je tz t gesagt w erden, daß s ic h h ie r D is k re - panzen auftun. W e se n tlich is t fe rn e r die F ra g e , ob und in w ie w e it der Pavlova die k ü n s tle ris c h e O b je k tiv ie ru n g und Überhöhung des eigenen E rlebens gelang.

V . B rju s o v , K a ro lin a Pavlova; in : Eźem esjaćnye scxüinenija, o .O . 1903, N r. 1 1 -1 2 , S. 273-290.

A . B e ly j, S im vo lizm . M . 1910; bes. S. 358-360, 628.

D ie s ta tis tis c h e n V e rg le ich e B e lyj s helfen b e i d e r Bew ertung der D ic h - tungen d e r Pavlova n ich t v ie l w e ite r, denn eine Ü bereinstim m ung e in - m al m it diesem , einm al m it je n e m , einm al m it D e rž a v in , einm al m it T ju tč e v , dann w ie d e r m it PuSkin - je nach dem F o rm k rite riu m , das gerade u n te rsu ch t w ird ־ besagt ja noch n ic h ts über den ta tsäch lich en Rang der D ic h te rin .

(11)

Zum Schluß noch einige Bem erkungen zum M a te ria l, auf das sich diese A rb e it s tü tz t. B iographische M itte ilu n g e n lie g e n n u r fü r einzelne Lebensabschnitte der D ic h te rin v o r und sind in ih re m A ussagew ert u n te r- sch ie d lich . So sind fü r die e rste n Lebensjahre b is 1820, fü r die Z e it von 1826 b is 1829 und w ieder von 1837 b is 1864 z a h lre ic h e N ach richte n und so- gar Selbstzeugnisse vorhanden. Dagegen is t über d ie Ja h re 1820 b is 1825, von 1829 b is 1836 und etwa von der M itte der sechziger Jah re an b is zu ih - re m Tode fa s t n ich ts bekannt. Über den V e rb le ib des N achlasses, der h ie r- über eventuell hätte A ufschluß geben können und d e r nach dem Zeugnis von A . F. K o n i aus 11zw ei großen Truhen m it B rie fe n und irgendw elchen ande-

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re n H a n d sch rifte n " bestanden haben s o ll, konnte b is heute n ich ts fe stg e - s te llt w erden. E in e rs e its so lle n sich 137 G edichte, B rie fe und Telegram m e A . K. T o ls to js an die Pavlova und 15 B rie fe d e r D ic h te rin an ihn in der Hand-

schriften ab teü un g des " In s titu t ru s s k o j lite r a tu r y (Puäkinskogo doma) A ka - о

d e m ii nauk SSSR" befinden , a n d e re rs e its k la g t G a jd e n k o v , das P a vlo - g v a -A rc h iv sei b is heute "n ic h t entdeckt und v ie lle ic h t fü r im m e r v e rlo re n " . D ie F rage , ob es sich b e i den von K oni genannten S ch riftstü cke n eventuell doch um einen T e il des N achlasses handelt, konnte ich tro tz a lle r N a ch fo r-

schungen nich t k lä re n . F ra g w ü rd ig is t außerdem die Behauptung des deut- sehen H a n d sch rifte n sa m m le rs W a lth e r K i t t l e r , e r b e sitze den Nachlaß der P avlova, d e r aber zum T e il noch in D re sd e n , zum T e il schon auf einem Schloß in W estdeutschland zusam m en m it etwa z w e i- b is dreihunderttausend anderen Stücken - n ich t k a ta lo g is ie rt! - in K is te n la g e re . N a tü rlic h is t die M ö g lic h k e it, daß der Nachlaß in der D resdener Gegend geblieben is t, nich t von der Hand zu w eisen. D er Enkel d e r D ic h te rin , der in Rußland lebte und dem das ganze E rbe zugefallen sein s o ll* ^ , h a t, außer e in e r klein en A rb e it,

A . F . K o n i, K a ro lin a Pavlova; in : E vropa, o .O . 1918, N r. 4 -5 , S. 24;

da d ie s e r A ufsatz n ich t g re ifb a r w a r, h ie r z it ie r t nach K . K. Pavlova 1964, S. 546.

A . K . T o lá o j, Sobranie s o č in e n ij, Bd. 4 - 1964, S. 524. M ehrfache A nfragen beim " In s titu t ru s s k o j lite r a tu r y AN SSSR" blieben le id e r ohne A n tw o rt.

K . Pavlova 1964, S. 546.

9 10

(12)

nichts daraus v e rö ffe n tlic h t* * . A ber die wenigen Stücke, die der Sam m ler m ir zugänglich gemacht hat (ein R ezept, d re i Einladungsschreiben und e in i- ge fa s t u n le s e rlic h e W idm ungsgedichte), sind belanglos und a ls Beweise s e i- ner Behauptung n ich t überzeugend. O ffe n s ic h tlic h sind le d ig lic h einige lose B lä tte r aus einem A lbum der jungen K a ro lin a Jaenisch m it W idmungen, die Max V a s m e r 12 a ls echt erkannt hat, in den B esitz des Sam m lers gelangt.

D ie Lücken in der B iog rap hie lassen sich nur te ilw e is e durch V e rm u - tungen schließen. A ber es kam m ir in d ie se r A rb e it auch w eniger darauf an, eine B iographie im Sinne e in e r C h ro n ik zu schreiben und die ganze F ü lle d ie ־ ses Lebens v o r Augen zu fü h re n , sondern m ir schien es n ü tz lic h e r zu sein, in diesem Lebensbild c h a ra k te ris tis c h e L in ie n nachzuzeichnen, um den U m - r iß der P e rs ö n lic h k e it und des Wesens d e u tlich zu machen. Und das is t auf Grund d e r vorhandenen Zeugnisse m ö g lich . Um aber auch die V erfle chtung der von m ir is o lie rte n Stränge aufzuzeigen, habe ich den biographischen K a- p ite ln einen chronologischen Ü b e rb lick v o ra n g e ste llt.

Es gibt keine annähernd vo llstä n d ig e W erkausgabe der D ic h te rin . Das Bändchen von 1863 enthält 90 O rig in a lg e d ich te , 6 Übersetzungen und eine d ra - m atische Szene. D ie s e r Bestand w urde von V . B rjusov e rh e b lich e rw e ite rt:

hinzu kamen 10 eigene Gedichte (nun 100), 19 Übertragungen (nun 25), die b e i- den Poeme 11 Kadr i l ' 11 und "F a n ta s m a g o rii11, d e r Roman "D vo jn a ja ż iz n '" , eine E rzählung "Z a ćajnym sto lo m " sowie "M o i vospom inanija" und "V ospom ina- n ija ob Ivanove" und zw ei B rie fe . D iese Ausgabe gibt tro tz v ie le r D ru c k - und D a tie ru n g sfe h le r im m e r noch den besten Ü b e rb lick über das gesamte Schaffen K a ro lin a Pavlovas. D ie beiden "P olnoe sobranie s tic h o tv o re n ij11 ve rzich te n - schon vom T ite l her - sowohl auf die E rinnerungen und die E rzählung a ls auch auf die B rie fe . D er ü b rig e Bestand der Sammlung von 1915 is t 1939 um 36 O r i- ginalgedichte (auf 136) und um 2 Übersetzungen (auf 27) e rw e ite rt worden. - 1964 kam en w e ite re 8 eigene und 10 übertragene Gedichte hinzu.

Es handelt sich um "F a n ta s m a g o rii", v e rö ffe n tlic h t in : Russkoe obozrenie, 1894, N r. 12, S. 964-970.

Max V a sm e r, R ussische und polnische Gedichte im Nachlaß von K a ro lin a P avlova, a .a .O ., S. 35.

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Wenn d ie Herausgeber es schon fü r notwendig erachten, das Fehlen b e s tim m te r D ram enübersetzungen anzum erken, dann müßte die Aufzählung aber auch v o lls tä n d ig sein 13. Daß die frü h e n V erö ffe ntlichu ng en "D as N o rd - lic h t" und "L e s préludes" n u r m it e in e r u n m o tiv ie rte n kle in e n Auswahl v e r- tre te n sind und die Ü bertragungen von T o ls to j-G edichten sowie fa s t a lle in Deutschland erschienenen A rb e ite n n ich t einm al a ls fehlend v e rm e rk t sind, lä ß t sich m it dem Anspruch eines "P olnoe sobranie s tic h o tv o re n ij" n ic h t v e r- einbaren.

D ie von m ir zusam m engestellte B ib lio g ra p h ie d e r W erke kann a ls na-

/ 14

hezu lückenloses V e rze ich n is der v e rö ffe n tlic h te n A rb e ite n angesehen w e r- den. Abgesehen von B rie fe n , w ürde wohl auch der ve rsch o lle n e Nachlaß nicht m ehr v ie l W esentliches e rb rin g e n .

So w ird der E in d ru ck e rw e ckt, daß A . K. T o ls to js "D on Zuan" und S c h ille rs "Ju n g fra u von O rle a n s" die einzigen Dram enübersetzungen der Pavlova seien. Sie hat aber außerdem , w ie b e re its angem erkt, die beiden Zarendram en von T o ls to j, "W a lle n ste in s Tod" von S c h ille r sowie unter dem T ite l " G a rrik vo F ra n c ii" eine Kom ödie Adam G o tt- lie b O ehlenschlägers (1779-1850) ü b e rs e tz t. (D er O rig in a ltite l d ie se r Kom ödie um den englischen Shakespeare-Schauspieler und L u s ts p ie l- d ic h te r D avid G a rric k (1716-1779) w a r weder in d e r m ir zugänglichen W erkausgabe (21 B d e ., d t . , B re s la u 1839) fe s ts te llb a r noch in der

״ n iu s tre re t dansk L itte ra tu rh is to rie " von C a rl S. P etersen und V ii- heim A ndersen, København 1 9 2 4 ff. ).

D ie den Herausgebern der W erkausgaben o ffe n s ic h tlic h unbekannten G edichte habe ich in "D ie W e lt d e r S laven", J g .X V , H. 1 (1970), S. 77-86 v e rö ffe n tlic h t.

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ERSTER T E IL B iographie

B io g ra p h isch e r A b riß

D e r Lebenslauf K a ro lin a P avlovas, der sich aus dem vorliegenden M a te ria l e rg ib t, lie s t sich streckenw eise w ie ein z w e itk la s s ig e r Roman.

Jahre bedrückender E in tö n ig ke it w echseln m it Z eiten e in e r geradezu auf- d rin g lic h e n E rle b n is fü lle . Im V e rla u fe die se r A rb e it w ird sich im m e r w ie - der die F ra g e s te lle n , in welchem Maße es der D ic h te rin gelang, sich dem

Z u g riff d e r E re ig n isse zu entziehen, a n d e re rse its die Spannung fü r ih r Schaf- fen fru c h tb a r zu machen.

K a ro lin a Pavlova w urde am 1 0 ./2 2 . J u li 1807 15 in J a ro s la v l' a ls ä l- teste T o ch te r des A rz te s K a rl Jaenisch geboren (den Namen der M u tte r konn- te ich nich t fe s ts te lle n ). Im folgenden Ja h r b e rie f ihn die M oskauer M e d iz i- n is c h -C h iru rg is c h e Akadem ie auf den L e h rs tu h l fü r P hysik und Chem ie.

1809 w urde die einzige Schwester K a ro lin a Pavlovas geboren. D urch die E re ig n isse des Jahres 1812 änderte sich die Lage der F a m ilie von Grund

auf. Am 27. 8 ./ 8 . 9. flohen die E lte rn m it beiden K in d e rn v o r den anrücken-

A ls G e bu rtsjah r w ird etwa b is zu r Jahrhundertwende fa s t durchweg 1810 angegeben, so z. B. in den Nachschlagewerken

B o rS a ja e n ciklo p ē d ija , Bd. 14 ־ SPb. 1896, S. 597,

Ē nciklop ed ičeskij s lo v a r', Bd. 23 ־ SPb. 1897, S.560 re /5 6 1 l i , R usskij b io g ra fič e s k ij s lo v a r', Bd. 13 - SPb. 1902, S. 82f.

D ie s e r F e h le r w ie d e rh o lt sich sogar noch im

Großen B rockhaus, Bd. 14 - L e ip z ig 1933, S. 265 re und im Lexikon der F ra u , Bd. 2 ־ Z ü ric h 1954, Sp. 862.

K. K . Pavlova selbst gib t an, Napoleons Rußlandfeldzug 1812 a ls Fünf- jä h rig e e rle b t zu haben (M oi vospom inanija, S. 222).

V . B rju s o v v e rm u te t, daß sie a ls 'sp ä te s M ädchen' selbst ih r A lte r re to u c h ie rt habe: 11Es is t m ö g lich , daß der F e h le r von d re i Jahren von K a ro lin a selbst h e rrü h rt, die zu e in e r gewissen Z e it ih re s L e - bens, a ls a lte s Mädchen, ih r A lte r v e rrin g e rn w o llte 11 (Eżem esjaćnye

so ä in e n ija , S. 273, Anm . 1).

(16)

den fra n zö sisch e n Truppen nach J a ro s la v l'. Ih r M oskauer Haus fie l dem großen B rand zum O p fe r, das Gut im Sm olensker G ouvernem ent w urde z e rs tö rt. Um ih re n bescheidenen W ohlstand gebracht, mußten d ie Jaenischs sich über zw ei Jahrzehnte m it sehr beschränkten w irts c h a ftlic h e n V e rh ä lt- nissen abfinden und w aren im m e r w ieder auf die H ilfe von Freunden ange- w iesen.

Nach der Rückkehr aus J a ro s la v l' im F rü h ja h r 1813 v e rb ra c h te die F a m ilie ja h re la n g die Somm erm onate auf den G ütern von Bekannten;

fü r d ie W in te r w urde in Moskau ein Haus gem ietet. A ls jedoch 1816 die jü n g e re T o ch te r s ta rb , w urde den E lte rn der A ufenthalt in diesem Hause u n e rträ g lic h . F ü r einige Z e it fanden sie Aufnahm e b e i e in e r a lte n F re u n - d in d e r F a m ilie , N a ta l'ja Andreevna K arpova. A ls diese zu Anfang des Ja h re s 1820 s ta rb , nahm F ü rs t P. P. O doevskij die Jaenischs auf.

Seit 1825 oder 1826 v e rk e h rte K a ro lin a Jaenisch, d ie in d ie se r Z e it ih re e rste n Gedichte s c h rie b , im Salon d e r F ü rs tin Z in a id a A le ksa n - drovna V olkonskaja. D o rt begegnete sie A . S. PuSkin, B a ra ty n s k ij, Sevyrev, Jazykov, V ja z e m s k ij, C yprian D aszkiew icz und Adam M ic k ie w ic z 16. Eine tie fe Zuneigung verband schon bald Adam M ic k ie w ic z und K a ro lin a Jaenisch.

D ie V erlobung, die - in w elch er F o rm auch im m e r - 17 v e rm u tlic h im N o- vem ber 1826 sta ttfan d, lö s te heftige K o n flik te aus. Hätten d ie E lte rn aus L ie b e z u r T o ch te r e in e r H e ira t m it dem m itte llo s e n Polen noch zug estim m t, so droh te d e r Erbonkel ־ ein B ru d e r K a rl Jaenischs, von dem das Schicksal der F a m ilie abhing ־ einfach m it Enterbung. Lange schwankte das junge Mädchen zw ischen Liebe und P flich tg e fü h l und gab s c h lie ß lic h dem D ruck der Verw andten nach. Zu d ie se r Entscheidung mag beigetragen haben, daß die Leide nsch aft Adam M ic k ie w ic z s bald nachließ. Im A p r il 1829 trennte sich das P aar endgültig.

Zeugnisse sind W idm ungsgedichte im A lbum des jungen Mädchens;

sie w urden - m it Ausnahme d e r von Jazykov - von M ax V asm er in d e r " Z e its c h rift fü r slavische P h ilo lo g ie " v e rö ffe n tlic h t (1959 - Х Х Ѵ П , S. 35-49).

V g l. h ie rz u S. 27f .

(17)

H ie r brechen die biographischen M itte ilu n g e n w ieder ab, b is zum Jah r 1836. V e rm u tlic h lebte K a ro lin a Jaenisch, die die Enttäuschung ih re r e rste n großen L ie b e nur schwer überwinden konnte, in d ie se r Z e it sehr zu- rückgezogen, zum al sich auch der K re is um die F ü rs tin Volkonskaja nach deren Ü bersiedlung nach R alién aufgelöst hatte. Sie scheint die Jah re zu eingehender Beschäftigung m it in - und ausländischer L ite ra tu r genutzt zu haben; sie ü b e rse tzte v ie l und sch rie b auch wenigstens ein Dutzend eigener Gedichte. 1833 e rsch ie n "D as N o rd lic h t” ; 1835 fo lg te n Auszüge aus e in e r Ü bertragung von S c h ille rs '1Jungfrau von O rleans" 18

Im Ja h re 1836 änderte sich durch den Tod des O nkels die W irts c h a ft- lie h e Lage d e r F a m ilie Jaenisch v ö llig . D ie N ichte erbte außer e in e r ansehn- liehen Geldsum m e ein Haus in Moskau und ein Gut m it tausend Seelen im Gouvernement R jazan' 19; aus dem unvermögenden 'späten Mädchen' w ar p lö tz lic h eine gute P a rtie geworden. Noch in dem selben Jah r w ar die H e ira t m it dem S c h rifts te lle r N iko ła j F ilip p o v ič Pavlov beschlossene Sache; die Hochzeit fandAnfang 1837 s ta tt. Das Ehepaar bezog das geerbte Haus. Ende 1837 oder Anfang 1838 w urde das einzige K ind, Ip p o lit N ik o la e v ič , geboren 20

In d e r e rste n Schaffensperiode (etwa 1829 b is 1839) tr a t das o rig in a le d ich te risch e Schaffen K a ro lin a Pavlovas h in te r e in e r regen Ü bersetzungstä- tig k e it zu rü ck. U nter anderen w urden PuSkin, Z u k o v s k ij, Jazykov und B a ra - ty n s k ij, M ic k ie w ic z , Scott, S c h ille r, Goethe und Heine, P e tra rc a und Dante übertragen 21. U nter dem E influß ih re s Mannes wandte sich K a ro lin a P avlo - va dann aber m ehr und m ehr eigener D ichtung zu. Ih re neuesten A rb e ite n

Revue germ anique. - T ro is iè m e s é rie . Tome qu atrièm e . 12 1T1G

num éro. P a ris 1835, S. 319-326.

V g l. dazu 1 .1. Panaev, L ite ra tu rn y e vospom inanija, S. 177 und N .A . M el'gunov, P is 'm a Gercenu; in : L ite ra tu rn o e nasledstvo, 1955 ־ Bd. 62, S. 354f f .

1844 w ird e r a ls sie b e n jä h rig bezeichnet (Ć iC erin, V ospom inanija, Bd. 1, S. 3). bi säm tlichen Nachschlagewerken fe h lt das G e b u rts- ja h r.

V g l. h ie rz u die Ü be rsicht auf S. 146-148.

18 19

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21

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tru g sie zunächst den Besuchern ih re r Donnerstagabende v o r. In diesem Salon v e rk e h rte n hervorragende V e rtre te r verschiedener g e is tig e r R ich tu n - gen. Gegen Endeder v ie rz ig e r Jah re hatte sich diese In s titu tio n jedoch d u rch die zunehmende V erh ärtun g der Standpunkte ü b e rle b t.

Nach einigen harm onischen Jahren machten sich in d e r Ehe der P av- la v s wachsende Spannungen b e m e rkb a r. N ik o ła j F ilip p o v ič v e rs p ie lte das Geld sein e r F ra u und b e tro g sie m it ih re r C ousine, die a ls 'a rm e V erw andte' von der F a m ilie aufgenommen w orden w a r. D er K o n flik t b lie b dem großen B e- kan ntenkreis nich t verborgen. K a ro lin a rä ch te sich dadurch, daß sie ih re n Mann bei je d e r Gelegenheit zu dem ütigen suchte; durch ih r ü b e rste ig e rte s G eltungsbedürfnis v e rs c h e rz te sie sich die Sympathien gem einsam er Be- kannter. 1852 beschw erte sich K a rl Jaenisch, wohl im A u ftra g seiner T o ch - te r , beim M oskauer G eneral-G ouverneur über seinen Schwiegersohn, w e il d ie se r das ihm a n ve rtra u te Verm ögen K a ro lin a Pavlovas ve rsch le u d e re . Das w ar dem Gouverneur ein w illk o m m e n e r Anlaß, N ik o ła j Pavlov wegen seiner p o litisch e n E in ste llu n g nach P erm " zu verbannen (1853), aber er w urde noch im selben Jah r begnadigt. Seine F ra u entzog sich den A n fe in - dungen der M oskauer G esellschaft du rch ausgedehnte R eisen, auf die sie ih re E lte rn und den Sohn m itnahm . D ie w ich tig ste n Stationen der nächsten v ie r Jahre w aren P e te rsb u rg , wo im Ju n i 1853 K a rl Jaenisch an der Cho- le ra s ta rb , D orpat (1853/54) und w ieder P e te rsb u rg . D o rt b lie b K a ro lin a

Pavlova knapp zw ei Ja h re , b is Anfang 1856. A ufenthalte in Ita lie n und Kon- stantinopel fo lg te n . Aus den Jahren 1857 und 1858 lieg en Zeugnisse aus der Schweiz sow ie aus W e im a r, B e rlin und D resden v o r, wo sie sich im Novem - b e r 1858 fü r einige Jah re n ie d e rlie ß ; der Z eitpunkt ih re r Ü bersiedlung nach 22 C ič e rin b e ric h te t: 11D onnerstags tr a f sich bei ihnen die ganze za h l-

re ic h e lite ra ris c h e G esellschaft der H auptstadt" (V ospom inanija, Bd. 1, S. 5).

Dagegen nennt L . G rossm an schon im T ite l seines Buches den D ien- stag a ls Em pfangstag: "V to rn ik u K a ro lin y P avlo voj. - Sceny iz

ž iz n i m oskovskich lite ra tu rn y c h salonov 40-ch godov". (Odessa 1915, 2. A u fl. M oskva 1922) D ieses Buch w a r m ir tro tz a lle r Bemühungen n ich t zugänglich. - V e rm u tlic h is t die M itte ilu n g des Zeitgenossen C ič e rin zutreffend.

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H o ste rw itz is t n ic h t bekannt. M oskau besuchte sie nur noch zw e im a l: im Sommer 1858, um V erm ögensfragen zu re g e ln , und 1866 auf Einladung des "O bščestvo lju b ite le j R o ssijsko j slove sno sti p r i Im p e ra to rsko m M os- kovskom U n iv e rs ite te " 23, dessen E h re n m itg lie d sie s e it F e b ru a r 1859 w a r, zu einer Lesung aus ih re r W allen stein -Ü be rsetzu ng .

D ie e rs te Z e it nach d e r Ü bersiedlung w a r sehr schwer fü r sie : die M u tte r w ar bald nach dem V a te r gestorben, der Sohn, um den sie e r - b itte r t gekäm pft h a tte , b lie b b e i ih re m Manne; das Verm ögen, durch die S pielleidenschaft N ik o ła j P avlovs ohnehin s ta rk geschm olzen, w a r durch die Reisen v o lls tä n d ig aufgezehrt. So mußte sie von den geringen E inkünf- ten aus ih re r A rb e it leben. W ie in ih re r e rste n Schaffensperiode w idm ete sich die D ic h te rin auch in der le tz te n fa s t a u ssch lie ß lich der L ite r a tu r v e r - m ittlu n g . Sie ü b e rse tzte S c h ille r in s R ussische, A . K. T o ls to j und Chom - jakov ins Deutsche. - E rs t 1864 besserte sich die w irts c h a ftlic h e Lage.

D urch die V e rm ittlu n g A le kse j T o ls to js w urde ih r von d e r G ro ß fü rstin Elena Pavlovna eine Pension b e w illig t.

Am 2 9 .3 ./ 1 0 . 4.1864 s ta rb in M oskau N iko ła j F ilippoviC Pavlov, In den sie b zig e r Jahren w erden die M itte ilu n g e n über K a ro lin a Pavlova im m e r s p ä rlic h e r. Den einzigen F reund, A lekse j T o ls to j, v e rlo r sie im September 1875. - 1882 sta rb ih r Sohn Ip p o lit, an dem sie sehr ge- hangen hatte 24, obgleich sie sich wegen se in e r le ich tsin n ig e n H e ira t m it

In der B eilage zum Jubiläum sheft des "O b š č e s tv o .. . S. 37 is t die Pavlova m it Datum vom 11 .2 .1 8 5 9 eingetragen.

W ie sehr sie sich ihm verbunden gefühlt hatte, ze ig t z .B . ein offen- s ic h tlic h an ihn g e rich te te s G edicht in deutscher Sprache, das etwa M itte der sie b zig e r Jahre entstand (K. Pavlova 1964, S. 490):

О rede n ich t vom Scheiden und Entsagen, Von dem Gebot der unbarm herz'gen P flic h t!

Den feuchten B lic k seh' ich d ich nieder schlagen Ich glaube nur was deine T räne s p ric h t.

О rede n ic h t!

Du b le ib e st m ein, was auch die Lippen schwören, Du h ö rs t dein H erz sie e in e r Lüge zeihn;

Du fü h ls t es tie f, daß w ir uns angehören, Du w eißt es w oh l, es kann n ic h t anders sein,

Du b le ib e st m e in ! 23

24

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Ihm überw orfen hatte . D a m it w aren die le tz te n Verbindungen zu r Gegen- w a rt abgerissen, sie spann s ic h ein in die E rinnerungen an ih re Ju g e n d lie - be; ih re le tz te A rb e it w ar eine M ic k ie w ic z -Ü b e rtra g u n g : "D ie d re i Söhne des L ith a u e rs Budr is . Von Adam M ic k ie w ic z . U ebersetzt von K a ro lin a v . Paw l o ff im 81. Jahre ih re s Lebens"

1891 begann die D ic h te rin , ih re W erke zu sam m eln, um sie neu h e r- auszugeben. Da sie jedoch schon bald k rä n k e lte , w urde der Plan n ich t m e h r ausgeführt. K a ro lin a K a rlo vn a Pavlova s ta rb am 2 ./1 4 . 12. 1893 in H o s te r- w itz b e i Dresden.

V ie le E inzelheiten dieses Lebens kann m an a ls typ isch ansehen fü r d ie Epoche und die dam alige G e sellscha ft. Es is t die Häufung solch c h a ra k - te ris tls c h e r Episoden ln e in e m Leben, die diese B iographie ungewöhnlich m acht, ih r einen beinahe m elodram atischen Grundzug v e rle ih t. Das M o tiv d e r L ie b e zwischen dem a rm e n , begabten Mädchen und dem genialen D ic h - te r fe h lt ebensowenig w ie das d e r G e ld h e ira t nach e in e r unerw arteten E rb - schaft; d e r Ehemann v e rs c h le u d e rt n ich t nur das Verm ögen seiner F ra u , e r b e trü g t sie auch noch; die kla ssisch e B ild u n g sre ise nach Ita lie n is t so u n v e r- me id i ich w ie im A lte r die Zurückgezogenheit in strenge E insam keit. U n v e r- kennbar is t, daß der durch äußere Umstände bedingte rom anhafte Zug von ih r se lb st überzeichnet w urde.

25

V g l. h ie rzu C ič e rin , V ospom inanija, Bd. 1, S. 121: D o rt w ird be- ric h te t, daß Ip p o lit le ic h ts in n ig , ohne L ie b e und ohne Berechnung geheiratet habe. D ie Ehe se i g e sch e ite rt. Daten sind unbekannt.

in : F e u ille to n der Deutschen R om an-Z eitung, B e rlin 1890, Sp. 57.

(21)

1. K a p ite l

"M o i vospom inanija"

D ie Erinnerungen K a ro lin a Pavlovas erschienen 1875 im "R u sskij a r - c h iv " ^ , nieder geschrieben w urden sie in den späten sechziger Jahren^®.

U rs p rü n g lic h so llte n sie ih r ganzes Leben um fassen, blieben aber ein F ra g - m ent, das schon 1820 a b b ric h t 29. D er große z e itlic h e Abstand e rk lä rt, daß die D ic h te rin w eniger A ufschluß über Tatsachen a ls v ie lm e h r eine nachträg- lie h e Deutung ih re r K in d h e it b ie te t. Insgesam t sieht sie diese Jahre so:

"U nse r häusliches Leben w ar s t ill und e in fö rm ig . D ie M ädchenjahre v e r - gingen fü r m ich ohne Spuren. Es gab fü r m ich n ich ts besonders Angeneh- mes und F ro h e s, es gab auch n ich ts besonders L ä stig e s" 30.

Von ih re n E lte rn e rz ä h lt sie nur w enig. Ih re M u tte r w ird a ls eine herzensgute, aber unselbständige und etwas fa rb lo s e F ra u g e s c h ild e rt, die

in w ille n lo s e r Liebe an der Tochter hing. Dagegen scheint der V ater eine ausgeprägte P e rs ö n lic h k e it gewesen zu sein 31. E r entstam m te e in e r deut-

R usskij a rc h iv , M . 1875, N r. 10, S. 222-240.

D ie Pavlova se lb st sc h re ib t am 1 1 ./ 2 3 . 6.1868 an M . M . S ta sju le vič, sie habe gerade m it der N ie d e rs c h rift begonnen und w äre sehr g lü ck- lie h , wenn e r e in ige Auszüge in sein e r Z e its c h rift ve rö ffe n tlich e n könne (S tasjulevič i ego sovrem e nn iki v ich p e re p iske , S. 455).

Über ein Jahr sp ä te r, am 7 ./1 9 .10.1869, sc h re ib t A .K . T o ls to j dem - selben A dressaten, K. Pavlova habe ihm ih re Aufzeichnungen v o rg e - lesen; sie sei d e r schw ierigen Aufgabe, o b je ktiv, gleichsam von außen her zu b e rich te n , durchaus gewachsen (T o ls to j, Sobranie so čin e n ij, Bd. 4, S. 311 f . ) .

In dem B rie f d e r Pavlova an S tasju levič (sh. Anm . 28) heißt es: "E s so lle n übrigens n ic h t nur E rinnerungen aus den v ie rz ig e r und fü n fz i- ger Jahren w erden, sondern E rinnerungen m eines ganzen Lebens, m it der K indheit beginnend" (ib . ).

K. Pavlova, M o i vospom inanija, S. 236.

V g l. 1.1. Panaev, L ite ra tu rn y e vospom inanija, S. 1 8 0 f. und B .N . Č ič e rin , V ospom inanija, Bd. 1 , S. 4.

27 28

29

30 31

(22)

sehen F a m ilie , d ie aber schon lange in Rußland ansässig w a r. Sein M e d iz in - studium hatte e r in L e ip z ig a b s o lv ie rt; e r p ra k tiz ie rte jedoch n ic h t, w o llte n ic h t "am Tode eines Menschen schuldig" 32 sein. D ie L e h rtä tig k e it an d e r M oskauer A kadem ie entsprach sein e r m ehr th e o re tisch e n Begabung. Neben seinem B e ru f tr ie b e r astronom ische Studien, bei denen seine T o ch te r a s s i- s tie re n mußte; d ie s e r V e rp flic h tu n g versuchte sie b e i je d e r s ic h bietenden Gelegenheit zu e n trin ne n. Über ih re A usbildung b e ric h te t K a ro lin a P avlova fa s t nichts; aber aus einigen Bem erkungen ih re r Bekannten lasse n sich R ück-

schlüsse ziehen. Rapgof behauptet, daß sie b e i den E lagins ih re e rste n V e r- se vorg e tra g e n habe 33. Adam M ic k ie w ic z bewundert n ich t n u r ih r Z eichen- ta le n t 34, sondern auch ih re Belesenheit und Sprachbegabung. In einem B rie f an K a rl Jaenisch s c h re ib t e r: "M a d e m o ise lle hat in d e r polnischen Sprache F o rts c h ritte gem acht, die a lle in Erstaunen setzen, ausgenommen d ie , die ih re außergewöhnliche Begabung fü r jede A r t von Studien kennen. In m einer Eigenschaft a ls ih r ehem aliger L e h re r d ie se r Sprache b in ich s to lz , eine solche S chülerin gefunden zu haben" 35. Wenn sich die A chtzehn- b is Zwan- z ig jä h rig e schon durch so ausgeprägte Fähigkeiten auszeichnete, so muß d e r V ater ih r w ohl von K in d h e it an eine s o rg fä ltig e A usbildung geboten haben.

K a ro lin a Pavlova s p ric h t nur davon, daß ih r m it fü n f Jahren neben dem R us- sischen auch das F ranzösische geläufig gewesen sei. V a le rij B rju s o v s B e- hauptung, sie habe in diesem A lte r b e re its v ie r Sprachen b e h e rrs c h t 36, is t zw ar nicht b e le g t, aber v e rm u tlic h zu tre ffe n d : Deutsch und E n g lisch ,

K. P avlova, M o i vospom inanija, S. 225.

B. Rapgof, K . Pavlova. M a te r ia ły ..., S. 7.

Es w ird belegt durch zw ei erhaltene P o rtra its von Adam M ic k ie w ic z und K onstantin Aksakov. Das e rs te la g m ir a ls A b d ru ck v o r (in :

"W iadom oàci lite r a c k ie " , W arszawa 1929, N r. 36). M ic k ie w ic z schätzte ih r Können so, daß er K a ro lin a Jaenisch in den za h lre ich e n B rie fe n an D aszkiew icz im m e r nur "m a la rk a " nannte.

B rie f (fra n z .) vom 2 3 .1 2 .1 8 2 8 /4 .1 .1 8 2 9 aus P e te rsb u rg ; in : A . M ic k ie w ic z , D z ie ła , Bd. 14, S. 4 4 0 f.

V. B rju s o v , K . Pavlova; in : Ežem esja6nye so čin e n ija , S. 274.

32 33 34

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36

(23)

die Sprachen ih re r E lte rn , mögen bald neben R ussisch und F ranzösisch getreten sein.

Über die 2 4 jä h rig e sc h re ib t N .M . Jazykov: "S ie kennt außergewöhn- lie h v ie le Sprachen: die ru s s is c h e , fra n zö sisch e , deutsche, polnische, spa- nische, ita lie n is c h e , schwedische und holländische, - a lle diese Zungen (W o rtsp ie l m it " ja z y k i" ) s tre c k t sie fo rtw ä h re n d heraus und p ra h lt m it ih - nen"1.38

B re ite n Raum in der Schilderung d e r K ind he it nehmen die E re ig n is - se des Jahres 1812 ein. V o r diesem H in te rg ru n d ve rsu ch t K a ro lin a Pavlova das Denken und Em pfinden des Kindes nachzuzeichnen. Sie lä ß t die Fünf jä h - rig e während des Napoleonischen Feldzuges schon das Besondere des ru s s i- sehen Menschen erkennen. Pauschal w ird das G em einschaftsgefühl d e r R us- sen und das Zusam m enrücken zu einer großen F a m ilie im U nglück gerühm t:

"D ie allgem eine Not b ra ch te die Menschen einander nahe: Nachbar sorgte fü r Nachbar; besonders die M oskauer F lü ch tlin g e begegneten einander w ie

Verw andte11 39. Dagegen w ird das V e rh a lte n ebenfalls v o r den Franzosen geflohener A usländer - d a rg e s te llt am B e isp ie l eines naiven deutschen Ge- le h rte n und e in e r fra n z ö s is c h -e n g lis c h e n F a m ilie - a ls dum m , anmaßend und e g o istisch gekennzeichnet.

Eingehend w erden die Menschen g e s c h ild e rt, m it denen die E lte rn in J a ro s la v l' und M oskau ve rke h rte n . Zunächst w erden zw ei Frauen neben- einander g e s te llt, die G rä fin Stroganova und N a ta l'ja Andreevna K arpova, beide Zeitgenossinnen K a th a rin a s П. und ganz dem 18. Jah rh un dert v e r -

37

Nach P. P. G rom ov hat es in der F a m ilie d e r M u tte r eine englische und eine fra n zö sisch e L in ie gegeben (vg l. K . Pavlova 1964, S. 5).

P. B artenev behauptet, die M u tte r s e i, w ie d e r V a te r, deutscher H erkunft gewesen (R usskij a rc h iv , M . 1894, H. 1, S. 119).

B rie f ( r u s s .) vom 2 0 .l . / l . 2.1832 an die B rü d e r, vorhanden in : O tdel ru k o p is e j In s titu ta ru ssko j lite r a tu ry (P uS kinskij dom) A ka d e m ii nauk SSSR; h ie r z itie r t aus: Jazykov, Polnoe sobranie

s tic h o tv o re n ij, 1964, S. 639.

37

38

M o i vo sp om in an ija, S. 223.

39

(24)

haftet. D ie G rä fin schwelgt in E rinnerungen an ih re P a ris e r Z e it und an V o lta ire ; in Rußland um gibt sie sich am lie b s te n n u r m it A ris to k ra te n . Sie is t v e rw e ic h lic h t, eg oistisch und h y s te ris c h . Sie se i e in e r V e rs a ille r G rä fin am Hofe M a rie -A n to in e tte s ä h n lich e r gewesen a ls e in e r ru ssisch e n , heißt es in den E rinnerungen 40. ־ Ganz anders N ataT ja K arpova. N ie aus Rußland herausgekom m en, v e rk ö rp e rt sie in je d e r H in s ic h t die ru ssisch e

*b a ry n ja ' des 18. Jahrhunderts. O bgleich ih r rüdes V e rh a lte n gegenüber dem Gesinde das Kind abstößt, w ird sie später a ls guter M ensch gezeich- net: ih re sg le ich e n hatte sie ste ts fre u n d lic h behandelt! - V e rm e in tlic h echt R ussisches w ird p o s itiv gegen Frem des abgesetzt.

A ls d ritte F ig u r w ird Č e riko v v o rg e fü h rt, ein re ic h e r Kaufm ann, auf dessen L a n d sitz F ra u Jaenisch m it ih re r T o chte r einige Wochen v e r- brachte. H ie r e rle b te die N eunjährige, daß der Lebenssinn e in e r ganzen F a m ilie d a rin bestehen kann, von m orgens frü h b is spät abends zu essen;

daß sich a lle s Streben darauf ric h te n kann, die F u nktio n sfä h ig ke it des m enschlichen Magens so zu ve rvo llko m m n e n , daß e r fa s t ohne U n te rb re - chung Speisen aufnehmen kann.

D e r K re is w ird durch die Schilderung des F ü rste n P. P. O doevskij geschlossen. E r is t in je d e r H in sich t das G egenteil Č e riko vs. F e in fü h lig - k e it und Phantasie, lie b e v o lle A u fm e rksa m ke it und H ilfs b e re its c h a ft s i - ehern ihm die h e rzlich e D ankbarkeit se in e r M itm enschen. Seinem harten Schicksal zum T ro tz - er überlebte seine ganze F a m ilie - v e r lo r er seine h e ite re G elassenheit b is zum Lebensende n ic h t.

D ie s e r B e ric h t is t w eniger die B eschreibung eines doch im m e r - m ehr oder w eniger - zu fä llig e n B ekanntenkreises, sondern g ib t v ie lm e h r eine fa s t lückenlose Typologie der G esellschaft des frü h e n 19. Jahrhun- d e rts . A lle s paßt ein wenig zu gut zusam m en, w irk t ein w enig zu g la tt, - der V erdacht drängt sich auf, daß K a ro lin a Pavlova den B lic k des Kindes n a c h trä g lic h geschärft hat.

D iesen E indruck b e stä tig t der V ersuch der D ic h te rin , in einem B e ric h t über d re i Landaufenthalte die tie fe E m pfän glichke it des Kindes

(25)

00046990

fü r N a tu re rle b n isse zu veranschaulichen. 1813 hatte sie in B ra tco vo , auf dem Gute der G rä fin Stroganova, das Landleben kennengelernt. Über die Ankunft b e ric h te t s ie : " . . . s e it diesem Tage w a r das Landleben zum Gegen- stand m einer le id e n sch a ftlich e n L ie b e geworden11 41. In den Jahren 1814 und 1815 v e rb ra c h te sie d ie Som m erm onate in P etrovskoe-R azum ovskoe und "schw elgte noch sehr v ie l m e h r" 42 a ls in B ratcovo . In d e r Rückschau ve rsch w im m t a lle s z u r E rin n e ru n g an ein ■berauschendes G efühl grenzen- losen Genusses" 43. Das G edächtnis hat nur die B ild e r von A lle e n , T re ib - häusern m it üppigen F rüchten und von ku n stvo ll angelegten Rosenbeeten festgehalten. D ie N atur is t gezähm t, is t schön und poetisch; sie gib t den

passenden Rahmen fü r eine wohlbehütete K in d h e it ab.

D ie A u s fü h rlic h k e it, m it der sich K a ro lin a Pavlova in ih re n E r in - nerungen den beiden Them enkreisen Mensch und N atur w id m e t, täuscht einen ausgeprägten Sinn dafür nur v o r, w ir k t w ie die Kom pensation eines v ie lle ic h t nur unbewußt empfundenen M angels. Von M enschenkenntnis und N aturem pfinden zeugen Leben und W e rk der D ic h te rin gerade n ic h t. Von h ie r aus e rk lä rt sich auch in den "V o sp o m in a n ija " das T y p is ie re n , das K lischeehafte der Äußerungen zu diesen B ereichen. - N ur m it wenigen Z e ile n bedenkt sie dagegen das, was sie nach übereinstim m enden Aussagen ih re r Zeitgenossen auszeichnete: um fangreiche Sprachkenntnisse, B elesen- h e it, fe in es Stüem pfinden und das Zeichentalent.

- 25 -

ib . , S. 229f, ib . , S. 2 3 Í.

i b . , S. 230.

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(27)

2. K a p ite l P a rtn e r

1. Adam M ic k ie w ic z

1826 kam Adam M i c k i e w i c z , s e it zw e i Ja h re n - a ls p o litis c h V e rd ä c h tig e r - aus d e r H eim at ve rb a n n t, nach M oskau, wo e r sch n e ll zu den höchsten G e se llsch a ftskre ise n und z u r In te llig e n z Zugang fand. U num - s tritte n e r M itte lp u n k t des ge istige n Lebens w a r d e r Salon d e r F ü rs tin Z i- naida A leksandrovna V olko nska ja , in dem P ro fe s s o re n , S c h rifts te lle r und J o u rn a lis te n , D ic h te r, M u s ik e r und M a le r v e rk e h rte n . H ie r w a r K a ro lin a Jaenisch d u rch die E lagins e in g e fü h rt w o rd e n , und h ie r begegnete d ie Neun- ze h njä h rig e dem polnischen D ic h te r, d e r sie tie f be e in d ru ckte 44. Wenn sie auch ü b e re in stim m e n d a ls ein Mädchen g e s c h ild e rt w ird , das sich d u rch seine frü h h e rvo rg e tre te n e n und sorgsam ausgebfldeten T a len te v o r den A ltersg en ossin ne n auszeichnete, konnte sie in d ie s e r auserlesenen G e s e ll- schaft w ohl kaum seine A u fm e rk s a m k e it auf s ic h ziehen. So nahm sie ih re Z u flu ch t zu e in e r L is t: sie bat ih re n V a te r, w ie einige andere Dam en b e i M ic k ie w ic z P o ln is c h -U n te rric h t nehmen zu d ü rfe n . Schon bald entdeckte der L e h re r die ungewöhnliche Sprachbegabung und B elesenheit se in e r S chülerin;

ih r ze ich n e risch e s Können entzückte ihn . Schnell entstand e in sehr v e rtra u - te s V e rh ä ltn is zw ischen ihnen; gegen Ende des Ja h re s gestanden sie sich

gegenseitig ih re Zuneigung. Ob es ta ts ä c h lic h zu e in e r o ffiz ie lle n V erlobung kam , is t n ic h t re s tlo s zu k lä re n . K a ro lin a P avlova s p ric h t später in einem B rie f an W ładysław M ic k ie w ic z a u s d rü c k lic h von dem "g lü c k lic h e n T ag, an dem d e r Gegenstand m e in e r grenzenlosen L ie b e fra g te , ob ich seine F ra u w erden w o lle " 45. Dagegen b e te u e rt Adam M ic k ie w ic z in B rie fe n an seinen

Freund D a szkie w icz m ehrm als, e r habe k e in e rle i V e rsp re che n gegeben. Daß

Rapgaf und C h ra n e v il geben a ls D atum der B ekanntschaft 1825 an.

Da M ic k ie w ic z aber e rs t e in J a h r später nach M oskau kam und

C hranevič a n d e re rs e its von d e r 'n e u n ze h n jä h rig e n ' K a ro lin a s p ric h t, is t das Bekanntwerden wohl e in w a n d fre i 1826 anzusetzen.

B rie f (poln. ) vom 20 .4 .18 90; in :W ł. M ic k ie w ic z , Żyw ot Adam a M ic k ie w ic z a , Bd. 1 , S. 271.

45

(28)

d e r D ic h te r aber zum indest die M ö g lic h k e it e in e r H e ira t angedeutet haben muß, e rs c h e in t m ir un zw eife lha ft; zw ei G edichte d e r Pavlova auf den '1 0 . N o v e m b e r', aus den Jahren 1840 und 1841, in denen sie an jenen g lü c k li- chen Tag e rin n e rt, sprechen d a fü r. W äre von e in e r Ehe nie die Rede gew e- sen, so w ä re auch der W id e rsta n d der F a m ilie Jaenisch n ich t re c h t zu be- g re ife n . Ih re r A n s ic h t nach hatte M ic k ie w ic z d re i entscheidende 'F e h le r ׳ : e r w a r P ole, e r w a r D ic h te r (also m itte llo s ) und e r w ar p o litis c h *u n zu ve r- lä s s ig '. T ro tz d ie s e r negativen E in s te llu n g der V erw andtschaft scheint das

E invernehm en d e r beiden Liebenden zunächst ungetrübt gewesen zu sein. Das b e w e ist der ü b e rm ü tig e Ton eines B rie fe s an K a ro lin a aus dem F rü h ja h r 1827, in dem d e r D ic h te r von einem sie g re ich e n S chachturnier gegen A le kse j Vene- v itin o v b e ric h te t: "P re m ie r b u lle tin de la Grande A rm é e , donné au champ des échecs 26 m a rs " 46. Schon bald is t eine Abkühlung auf sein e r Seite zu b e - obachten. In einem ku rze n Schreiben an P ro fe s s o r Jaenisch heißt es nur im N achsatz: "D e r L e h re r d e r polnischen Sprache e m p fie h lt sich d e r E rin n e ru n g

se in e r S ch ü le rin " 47. M it se in e r R eise nach P e te rsb u rg Ende 1827 b ric h t die V erbindung der beiden fa s t v ö llig ab. K a ro lin a Jaenisch e rfä h rt nur gelegent- lie h d u rch den gem einsam en Freund D aszkiew icz etwas über den Mann, a ls dessen B ra u t sie sich fü h lt. Über e in Ja h r dauert die U ngew ißheit, w ie sich ih r S chicksal gestalten w ird . W ährend sie in vo llko m m e n e r P a s s iv itä t w a rte t, ve rs u c h t M ic k ie w ic z in za h lre ich e n B rie fe n an C yp ria n D a s z k ie w ic z ^ ^ , sich über sein V e rh ä ltn is zu K a ro lin a k la r zu w erden. Im m e r w ie d e r betont e r, daß sie k e in e rle i A nsprüche auf ihn habe, nie se i von e in e r H e ira t d ie Rede gewesen; und doch gesteht e r e in , sich m anchm al in einem ihm se lb st unbe- g re iflic h e n Maße nach ih r zu sehnen. K o m p liz ie rt w ird d ie S ituation noch da- d u rch , daß D aszkie w icz sich se lb st h e ftig in K a ro lin a v e rlie b t hat. M ic k ie w ic z w a rn t e ife rs ü c h tig d a vo r, s ic h irgendw elchen Hoffnungen hinzugeben, solange

A . M ic k ie w ic z , D z ie ła , Bd. 14, S. 332f.

i b . , S. 336.

D e r B rie f (fra n z . ) is t u n d a tie rt, muß aber zw ischen dem 26. 3 . / 7 . 4.

und d e r A b re is e des D ic h te rs nach P e te rsb u rg im Novem ber 1827 geschrieben w orden sein.

Briefe (poln. ) aus den Jahren 1828/29; in : A . M ic k ie w ic z , D z ie ła , Bd. 14, N r. 174, 176, 180, 184, 188.

48

(29)

e r se lb st noch keine Entscheidung g e tro ffe n habe. Sein Z ögern hat zw ei G rtin - de: nachdem d ie anfängliche L e id e n sch a ft v e rflo g e n w a r, mußte ihm in sein e r Lage eine H e ira t a ls große B elastung erscheinen; die U nselbständigkeit K a ro - lin a Jae nisch s, ih re U n fä h ig ke it, sich n o tfa lls um s e in e tw ille n von d e r F a m ilie zu tre n n e n , lie ß e n ihn an d e r R ic h tig k e it d ie s e r V erbindung z w e ife ln und v e r - le tz te n n a tü rlic h auch seinen S tolz.

D ie drückende Ungew ißheit w ird fü r das junge Mädchen so u n e rträ g - lie h , daß d e r V a te r s ic h zu einem B rie f an M ic k ie w ic z e n tsch lie ß t 49. In s e i- n e r A n tw o rt vom 2 3 .1 2 .1 8 2 8 /4 .1 .1 8 2 9 s te llt d e r D ic h te r m it h ö flich e n , un- v e rb in d lic h e n W o rte n eine R eise nach M oskau in A u s s ic h t und erw ähnt auch K a ro lin a : "Ic h höre m it v ie l F re u d e , daß Ih re F ra u G em ahlin und F rä u le in C a ro lin e s ic h w ohl befinden und daß sie e in w enig E rin n e ru n g an m ich bewah- re n " 50. U n m itte lb a r darauf e rh ä lt e r von D aszkie w icz d ie N a c h ric h t, daß das junge Mädchen e rk ra n k t se i und re a g ie rt auf d ie " G r ille n " sehr h e ftig , d ie e r m it ih re r fa lsch e n E rziehung e r k lä r t. Anfang F e b ru a r w ill e r das V e rh ä ltn is endlich k lä re n : fa lls K a ro lin a d ie Trennung a llz u h a rt tre ffe n s o llte , so w äre e r z u r H e ira t b e re it. E r gib t seinem F reun d, d e r d ie V erbindung zw ischen M oskau und P e te rs b u rg a u fre c h te rh ä lt, die folgende A nw eisung:

"Beobachte die M a le rin k a ltb lü tig . F ü r den F a ll, daß Du sehen s o ll- te s t, daß sie ohne m ich ganz und gar n ich t leben kann, daß sie le id e t, e rk lä re ih r m einen P la n , aber v e rh e im lic h e auch n ic h t die le tz te n Z e ile n m eines B rie fe s , die m it einem F o rtg an g drohen, wenn sie es n ic h t b e i den G rille n hat bewenden la sse n . Wenn Du ih r m einen E n t- schluß b e re its m itg e te ilt ha st, mußt Du sie von dem A ugenblick an a ls m eine F ra u b e tra ch te n " 51.

D a ra u fh in wendet sich K a ro lin a Jaenisch in einem B rie f d ire k t an M ic k ie w ic z m it der B itte , zu e in e r A ussprache nach M oskau zu kom m en.

Ih re H e b e se i unw andelbar, dennoch wage sie n ic h t, an einen g lü cklich e n Ausgang zu glauben. E r habe sie g e lie b t - w elches U nglück könne die Größe d ie se r G lü c k s e lig k e it e rre ic h e n ? A m 1 6 ./2 8 .3 . v e rlä ß t M ic k ie w ic z Pe-

D e r B rie f is t n ich t e rh a lte n , aber d e r D ic h te r geht auf ihn ein.

B rie f an K a rl Jaenisch (fra n z .); in A . M ic k ie w ic z , D z ie ła , Bd. 1 4 ,S .440.

B rie f an D aszkiew icz (poln. ), F e b ru a r 1829; ib . , S. 457.

B r ie f (fra n z .) vom 1 9 .2 ./ 3 . 3 . 1829; in : W ł. M ic k ie w ic z , Żyw ot Adama

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