A
ls die beiden Baseler Pharmakonzerne CIBA und Sandoz am 7. März 1996 die bis dahin größte Un- ternehmensfusion aller Zei- ten bekannt geben, entsteht ein neuer Riese: Novartis.Der Name, abgeleitet vom la- teinischen „novae artes“, be- deutet neue Fertigkeiten, neue Künste. Letzteres passt.
In den Folgejahren gelingt dem Unternehmen jeweils neu das Kunststück, ein Re- kordergebnis vorzulegen – im Jahr 2002 das sechste in Folge.
Im Geschäftsjahr 2002 er- höhte sich der Novartis-Rein- gewinn um vier Prozent auf 7,31 Milliarden Schweizer Franken (4,97 Milliarden Eu- ro). Der Konzernumsatz stieg um zwei Prozent auf 32,41 Milliarden Schweizer Fran- ken (22,05 Milliarden Euro).
Die Dividende soll um sechs Prozent auf 0,95 Schweizer Franken (0,65 Euro) je Aktie angehoben werden.
Bei der Bilanzpressekonfe- renz Ende Januar in Zürich wurde mitgeteilt, dass Novartis seinen Anteil an Roche um 11,4 auf 32,7 Prozent aufge- stockt hat. Damit fehlen nur noch 0,6 Prozent für eine Sperrminorität, mit der Ent- scheidungen des Roche-Ma- nagements blockiert werden könnten. Für den jüngsten Zu- kauf bezahlte Novartis 2,9 Mil- liarden Schweizer Franken (1,97 Milliarden Euro). Dies sei eine langfristige Anlage mit strategischem Hintergrund, sagte Finanzvorstand Ray- mond Breu.
Mit rund 32 Milliarden Schweizer Franken Jahres- umsatz gehört Novartis zwar zu den größten Pharmakon- zernen der Welt, den Sprung nach ganz oben werden die Baseler aber nicht aus eigener Kraft schaffen. Ein Zusam-
menschluss mit Roche käme da gerade recht. Daraus macht Novartischef Dr. Daniel Vasella kein Geheimnis.
Roche ist, gemessen am Jahresumsatz (rund 30 Milli- arden Schweizer Franken), et- was kleiner als Novartis. Fu- sioniert würden die beiden Unternehmen hinter dem US- Konzern Pfizer Platz zwei auf dem Weltmarkt einnehmen.
Roche lehnt die Offerte bis- lang ab. Vasella sagt, er wolle eine Fusion nicht erzwingen.
Deutschland: schlechte Rahmenbedingungen
In Deutschland erzielten die Novartis-Gesellschaften im Geschäftsjahr 2002 einen Um- satz von 1,2 Milliarden Euro.
Das entspricht einem Um- satzwachstum von einem Pro- zent gegenüber dem Vorjahr.
„Die Rahmenbedingungen für die Pharmazeutische Indu- strie verschlechtern sich in Deutschland zunehmend“,kri- tisierte Silvio Gabriel, Präsi- dent der Novartis Deutsch- land GmbH. Es sei falsch, dass die meisten Einsparungsmaß- nahmen im Gesundheitssy- stem im Arzneimittelsektor ansetzten. Dabei ist dem No- vartis-Deutschland-Chef vor allem die Begünstigung der Parallelimporte ein Dorn im
Auge. „Da der erzielte Ge- winn hauptsächlich den Im- porteuren zufließt und nicht im Interesse der Patienten in Forschung und Entwicklung neuer Arzneimittel investiert wird, sind die Importe kontra- produktiv“, sagt Gabriel.
Die Mindereinnahmen für Novartis infolge einzelner po- litischer Maßnahmen schätzt das Unternehmen wie folgt:
„Freiwilliger“ Solidarbei- trag der Pharmaindustrie in Höhe von 205 Millionen Euro zur Abwehr einer Zwangs- Preissenkung (wirksam seit Januar 2002): 16,6 Millionen Euro.
Festbetrags-Absenkung (wirksam seit Januar 2002):
7,8 Millionen Euro.
Mindestquote für Apo- theken beim Parallelimport in Höhe von 5,5 Prozent (wirksam seit April 2002):
41,2 Millionen Euro.
Aut-idem-Regelung (wirk- sam seit Juli 2002): 2,1 Millio- nen Euro.
6 Prozent Rabatt auf alle GKV-Umsätze (wirksam seit Januar 2003): 34,6 Millionen Euro.
Anhebung der Mindest- quote für Apotheken beim Parallelimport auf sieben Pro- zent (wirksam seit Januar 2003): 32,4 Millionen Euro.
Ausweitung der Aut- idem-Regelung (ab April 2003):
8,9 Millionen Euro.
Positivliste (eventuell ab Juli 2003): 2,8 Millionen Euro.
Die vermeintlichen Novar- tis-Verluste summieren sich auf 67,7 Millionen Euro in 2002 und 78,7 Millionen Euro in 2003. Im Gegenzug dürfte al- lerdings das Generikageschäft des Konzerns angekurbelt wer-
den. Dieses firmiert übrigens wieder unter einem alten Namen: Novartis Generics Deutschland – bisher tätig un- ter den Firmennamen Azu- pharma und BC Biochemie Pharma – heißt jetzt Sandoz Deutschland. Jens Flintrop V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 928. Februar 2003 AA573
Novartis
Auf Expansionskurs
Das Schweizer Pharmaunternehmen erzielt ein Umsatzplus und greift nach Roche.
Internet-Apotheke
Hohe Nachfrage
Die niederländische Internet- Apotheke „Doc Morris“ kann nach eigenen Angaben die Flut von Aufträgen nicht mehr bewältigen.Kunden,die auf die Arzneimittel nicht direkt ange- wiesen seien, würden an ande- re Apotheken verwiesen und bekämen ihre Rezepte zurück.
Das Unternehmen beschäf- tigt derzeit rund 100 Mitar- beiter, wovon etwa die Hälfte Pharmazeuten oder pharma- zeutisch-technische Assisten- ten sind. Europaweit kaufen etwa 150 000 Kunden bei Doc Morris; drei Viertel aus Deutschland. Das Sortiment hat die 60 000-Stück-Grenze erreicht. Geliefert werden al- le europäischen Arzneimittel.
Außereuropäische Produkte, Tierarzneimittel und Kosme- tika sind nicht im Sortiment.
Für 2003 will Doc Morris seine Kunden besonders an- locken: Von dem Betrag, den die Kunden für verschrei- bungspflichtige, aber aus eige- ner Tasche zu bezahlende Arzneimittel ausgeben, erhal- ten sie jährlich 1,5 Prozent per Scheck zurückerstattet.
Liegt der Betrag unter 15 Eu- ro, so wird er fürs nächste Jahr gutgeschrieben. rco Wirtschaft