deute ein Durchbrechen der Schwei- gepflicht, damit der Apotheker die richtige Zuzahlung ermitteln kann.
Kritische Worte richtete Stürzbe- cher auch an die SPD: Die in ihrem So- fortprogramm „Solidarische Umver- teilung“ geforderte Erhöhung des Zwangsabschlages der Apotheken an die Krankenkassen sei „alles andere als solidarisch“. „Weiß denn die SPD nicht, daß schon ein halber Prozent- punkt Kassenabschlag für die Apothe- ken einen fünfprozentigen Rückgang ihres zu versteuernden Einkommens bedeutet?“, so Stürzbecher in Leipzig.
Sorge im Hinblick auf die Arz- neimittelsicherheit bereitet den Apo- thekern die Einfuhr von Medikamen- ten durch den Versandhandel via In- ternet. Nach Einschätzung der AB- DA werden auf diese Weise Medika- mente nicht mit der Absicht eines Preisvorteils an-
geboten, sondern um die Verschrei- bungspflicht von Arzneimitteln mit einer äußerst schmalen thera- peutischen Breite zu unterlaufen.
Auch die Deutsche Post AG, vertreten durch die Abtei- lung PostMed, sieht eine günstige Er- werbsquelle im Ver- sand von Arznei- mitteln. Der AB- DA liegen Infor- mationen vor, wo-
nach die PostMed die Versandlogistik für 18 Prozent des Warenwertes anbie- ten will – sofern es sich um Arzneimit- tel der oberen Preisklasse handelt.
Zum „behutsamen Umgang“ mit der neuerworbenen, vom Bundesver- fassungsricht stattgegebenen Werbe- freiheit im Randsortiment forderte Stürzbecher seine Kollegen auf, da- mit sich die Apotheke auch äußerlich vom Erscheinungsbild eines „drug- store“ unterscheide. Mit Unbehagen registrierte die ABDA-Spitze, daß das Bundesverfassungsgericht die Apotheker auch zu Kaufleuten er- klärt hatte. „Wir sind keine halben Kaufleute, sondern vor allem anderen Heilberufler“, erklärte Stürzbecher in Leipzig. Dr. Vera Zylka-Menhorn A-2912
P O L I T I K LEITARTIKEL
(20) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 45, 8. November 1996
Der Gesetzgeber wurde vom Deutschen Apothekertag in Leipzig aufgefordert, die eingeschränkten In- formationsmöglichkeiten der Arznei- mittelkommissionen der Heilberufe durch eine Änderung des Arzneimit- telgesetzes wieder aufzuheben. Nach dem „Cordichin-Urteil“ des Oberver- waltungsgerichts für Nordrhein-West- falen Ende 1995 sei es kaum noch möglich, die Fachkreise in einem Stu- fenplanverfahren sachgerecht über Arzneimittelrisiken zu informieren.
Auch vor einer endgültigen Beurtei- lung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte müsse die Infor- mation über even- tuelle neue Risi- ken ermöglicht werden.
Darüber hinaus wird ein Verbot der Zulassung für diejenigen Arznei- mittel angestrebt, die bei nur ge- ringfügiger Ände- rung des Arznei- mittelnamens eine völlig andere Wirk- stoffzusammenset- zung aufweisen.
Der Gesetzgeber solle hier tätig werden. Für Arzt, Apotheker und Pa- tient sei wegen der häufig nicht ein- deutigen Zusätze zum Präparatena- men oft nicht erkennbar, daß es sich um neue Inhaltsstoffe handele.
Der Apothekertag plädierte zu- dem für ein Verbot von Ärztemu- stern im Generikabereich in Abstim- mung mit den ärztlichen Organisatio- nen. Akzeptiert werde die Musterab- gabe bei Originalpräparaten wegen der erforderlichen Erprobung der Wirkstoffe. Diese sei jedoch bei Sub- stanzen, die die Ärzte zum Teil be- reits seit Jahrzehnten verordneten, unnötig.
Nach langer Diskussion wurde die Änderung rechtlicher Bestim- mungen gefordert, die eine enge Zu-
sammenarbeit zwischen niedergelas- senen Onkologen und Pharmazeuten über rezepturmäßig hergestellte Zy- tostatika wie in den Kliniken ermögli- che. Dahinter steht der Gedanke, daß künftig nicht mehr jede öffentliche Apotheke alle Aufgaben überneh- men kann.
Angesichts der Budgetüber- schreitungen warnten sie die Ärzte vor einem Unterlassen medizinisch indizierter Verordnungen. Das Arz- neimittelbudget müsse allerdings so- fort nach oben angepaßt werden. Die gestiegene Zahl der GKV-Versicher- ten müsse ebenso berücksichtigt wer- den wie die wachsende Zahl älterer Menschen sowie neue innovative Arz- neimittel. Die Pharmazeuten boten den Ärzten zahlreiche Hilfen an.
Einsparpotential
Weitreichende Vorschläge hatte überraschend der zweite Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Heinz-Günter Wolf, dazu un- terbreitet. Er stellte als Sofortplan, der allerdings nicht mit dem DAV ab- gestimmt war, die Erstellung arztbe- zogener Verordnungsauswertungen durch die Apothekerrechenzentren vor. Einmal monatlich könnten mit Zustimmung der Ärzte die effektiven Kosten der medikamentösen Thera- pie aufgelistet werden. Aufgrund die- ser Basis sollten Arzt und Apotheker gemeinsam nach Einsparpotentialen bei den Arzneiverordnungen suchen.
Dagegen erhoben sich zum Beispiel wegen der Haftungsfrage erhebliche Bedenken.
Der Beschluß des Bundesverfas- sungsgerichts, einige Werbebeschrän- kungen für das Randsortiment zu lockern, wurde von den Apothekern mit unterschiedlichen Reaktionen aufgenommen. Kritisch werteten sie, daß das Ergänzungssortiment von den Juristen überbewertet worden sei. Im Vordergrund stehe nach wie vor die pharmazeutische Beratung des Apo- thekers. Susanne Imhoff-Hasse
Wie die Apotheker im einzelnen entschieden
Abbildung: Gert Österreicher/Pharmazeutische Zeitung