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Archiv "Apotheker: „Filterfunktion“" (26.02.1993)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT KURZBERICHTE

Ungewollt kinderlose Frauen, die an stark vermehrtem Bindegewe- be und an ausgeprägten Schleim- hautschäden im Bereich der Eileiter leiden, sollten einem mikrochirur- gisch operativen Eingriff die Be- fruchtung ihres Eis im Reagenzglas mit anschließendem Übertragen des Embryos in den eigenen Körper vor- ziehen. Diese Ansicht vertritt die Medizinerin Dagmar Valeska Mur- nik, Universität Köln, in ihrer Studie mit dem Thema „Schwangerschaft nach Operationen gegen Unfrucht- barkeit". Wichtig, so Dagmar Vales- ka, ist ein frühzeitiger Beginn der Beratung von ungewollt Kinderlo- sen, da die Fruchtbarkeit der Frau sowie die Erfolgsaussichten einer Behandlung mit zunehmendem Al- ter abnehmen. Psychologische Fak- toren oder eine Zeugungsunfähig- keit des Mannes sollten bei der Dia-

gnose von Kinderlosigkeit keinesfalls ausgeschlossen werden. Deshalb müssen beide Partner in derartigen Fällen an der Diagnostik und der Therapie teilnehmen.

Die Kölner Medizinerin legte ih- rer Arbeit eine Untersuchung von 156 Frauen zugrunde, die zwischen 1978 und 1988 mit Mitteln der Mi- krochirurgie wegen Unfruchtbarkeit durch funktionsgeschädigte Eileiter operiert wurden. Gruppe eins be- stand aus 92 Frauen, denen nach Entfernen des verschlossenen oder veränderten Eileiterendes ein neuer Eileitertrichter aus dem Stumpf ge- schaffen und am Eierstock fixiert wurde (Salpingostomie). In Gruppe zwei wurden die 64 Frauen zusam- mengefaßt, die nicht nur einmal, sondern mehrfach an den Eileitern operiert wurden. In beiden Gruppen liegt die Rate für eine Schwanger-

schaft nach der Behandlung unter 25 Prozent. Besonders bei ausgeprägten Schäden an den Eileitern und einem verstärkten Bindegewebe an den Ei- leiterwänden sind die Erfolgsaus- sichten für mikrochirurgische Ein- griffe zur Wiederherstellung der Fruchtbarkeit der Frau schlecht.

Darum sollte in diesen Fällen die Befruchtung eines Eis im Reagenz- glas (In-vitro-Fertilisation) dem mi- krochirurgischen Eingriff vorgezo- gen werden.

Die relativ neue Methode der In-vitro-Fertilisation, die im Jahr 1978 erstmals vorgestellt wurde, ist inzwischen als zusätzliche klinische Behandlungsmethode von Unfrucht- barkeit durch geschädigte Eileiter etabliert. Mikrochirurgische Techni- ken und die In-vitro-Fertilisation sollten in der Gynäkologie bei Un- fruchtbarkeit als einander ergänzen- de Maßnahmen genutzt werden.

Anschrift des Verfassers:

Dr. Wolfgang Mathias Universität zu Köln Alb ertus-Magnus-Platz W-5000 Köln 41

Chancen im Kampf gegen die Unfruchtbarkeit

Endlich ein Baby

■11•11.1•1■1

Apotheker: „Filterfunktion"

Der Berufsstand der Apotheker steht vor den größten funktionalen Veränderungen seit Einführung der Niederlassungsfreiheit. Diese Ein- schätzung vertrat der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Hans-Günther Friese, am Rande der 23. Internationalen Pharmazeuti- schen Fortbildungswoche in Davos.

Friese fordert seine Kollegen auf, die anstehenden Veränderun- gen aktiv anzunehmen: „Es gilt Pro- gramme zu entwickeln, die nicht nur die momentanen Probleme bewälti- gen, sondern vor allem die Zukunft gestalten. Das heutige Lamentieren über das Gesundheitsstrukturgesetz ist zwar verständlich, hindert aber die Entwicklung der Projekte von morgen".

Eine neue Verantwortung für die Pharmazeuten sieht der BAK- Präsident im Hinblick auf den rapide wachsenden Markt der Selbstmedi- kation, der durch Ausgrenzung gan-

zer Indikationsgebiete in Zukunft ei- ne weitere Ausdehnung erfahren werde. Als Konsequenz dieser Ent- wicklung würden Patienten immer häufiger mit einer Eigendiagnose in die Apotheke kommen. Die Pharma- zeuten seien daher mehr denn je ge- fordert, ihre Kunden intensiv zu be- raten, ob eine Selbstbehandlung noch vertretbar ist oder ob ein Arzt konsultiert werden sollte.

Kooperation mit den Ärzten Diese zusätzliche Dienstleistung (zu der die Pharmazeuten nach § 18 der Apothekenbetriebsordnung ge- setzlich verpflichtet sind) erfordert mehr Fachkräfte, erklärt Friese. Da- mit werde Minister Seehofers Emp- fehlung gegenstandslos, durch Perso- nalabbau Kosten zu sparen, um die zu erwartenden Ertragseinbußen der Apotheken zu kompensieren. Eine solche „Filterfunktion" des Pharma-

zeuten als Vorlaufstelle für den Arztbesuch setzt außerdem eine gute Ausbildung voraus.

Auf das Verhältnis zwischen Ärzten und Apothekern angespro- chen, erwidert Friese: „Da das GSG zu größerer Wirtschaftlichkeit zwingt, haben sich in den letzten Wochen viele niedergelassene Ärzte bei den Apothekern Rat geholt, wie die Arzneimittelspreu vom Arznei- mittelweizen zu trennen ist". Man könne durchaus von einer Koopera- tion beider Berufsstände bei der Umstellung auf eine rationale und rationelle Pharmakotherapie spre- chen.

Dennoch gebe es zahlreiche Ärzte, die Generika verordnen, ohne die Qualität dieser Arzneimittel zu beachten und ohne das Gesundheits- risiko ins Kalkül zu ziehen, das — auf- grund der unterschiedlichen Biover- fügbarkeit — bei der Umstellung ei- nes jahrelang erprobten Originalprä- parates zu einem Billigprodukt be- stehe. Die Apotheker könnten die Ärzte nicht nur durch eine neutrale, firmenunabhängige Bewertung von Ärztebl. 90, Heft 8, 26. Februar 1993 (29) A1-501 Dt.

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

TAGUNGSBERICHT

Arzneimitteln, sondern auch durch fachkundige Analyse von Kosten- Nutzen-Relationen unterstützen.

Zu den drängenden Fragen der Pharmazeuten gehört auch, ob die Ankoppelung der Apothekerhono- rierung an den Arzneimittelpreis noch zukunftsträchtig und sinnvoll ist. Der Berufsstand muß sich laut Friese Gedanken machen, wie einer- seits die wirtschaftliche Basis der Apotheker in Zukunft gesichert wer- den soll und andererseits die Kom- petenz der Pharmazeuten optimal — also im Einklang mit den finanziellen Ressourcen — im Gesundheitswesen eingebracht wird.

Dieses Ziel werde sicherlich nicht erreicht, indem man — so Über- legungen des Bundesgesundheitsmi- nisteriums — die Arzneimittelpreis- verordnung abschafft, um den Wett- bewerb unter den Apotheken zu för- dern. Ein Preiswettbewerb auf Apo- thekenstufe bedeutet nichts anderes als die Einführung eines Preiswett- bewerbs bei den Dienstleistungen ei- nes Heilberufs, erklärt Friese. „Ein abwegiges Ansinnen, wenn man sich vorstellt, daß bei den Arzten analog ein Wettbewerb bezüglich der Höhe der EBM-Werte stattfinden könnte".

Die Zukunft der Apotheker sieht Friese in jedem Fall in der Kon- zentration auf den Verkauf von Arz- neimitteln. „Die Apotheke soll und kann keine Konkurrenz zu Drugsto- re-Märkten sein. Nur Profil wird in Zukunft Profit bringen." Derzeit wird der Apothekenumsatz zu 70 Prozent aus Arzneimittelrezepten und zu 30 Prozent über Zusatzsorti- mente (OTC-Präparate, Verband- stoffe, Krankenpflegemittel, Kosme- tika) erzielt. Friese wünscht sich eine verstärkte Einbindung der apothe- kerlichen Kompetenz in politischen Entscheidungsgremien: „Der Apo- theker muß überall mit Sitz und Stimme eingebunden werden, wo in Zukunft über den Arzneimittelmarkt entschieden wird". Der BAK-Präsi- dent spielt mit dieser Forderung auf die geplante personelle Besetzung des (im GSG vorgeschriebenen) Arz- neimittelinstituts in der Krankenver- sicherung an. In dem elfköpfigen Gremium soll nur ein Pharmazeut vertreten sein!

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Katastrophen und Seuchen be- drohen alle und erschüttern darum die Gesellschaft, so Dr. med. Aart van Soest, Tübingen. Die Pest verän- derte Besitzverhältnisse und besei- tigte die Leibeigenschaft. Katastro- phen lassen auch die Struktur der Medizin nicht unverändert. In West- europa fühlt sich der Arzt in norma- len Zeiten dem Wohl des einzelnen verpflichtet. Bei Seuchen verändert sich diese Einstellung aufgrund der Zahl der Kranken und der Bedroh- lichkeit der Krankheiten, es kommt zu einer Minimalversorgung der Pa- tienten. In den Vordergrund tritt die Bekämpfung der Seuche; die Kran- ken sind nicht mehr nur die Leiden- den, sondern auch Teil und Vertre- ter der Seuche, und werden damit zum Feind, dem man entgegentreten muß. Der Arzt bekommt Direktiven, wie er die Kranken zu behandeln hat, was das Verhältnis Arzt-Patient verändert. Das geschieht bereits, wenn der Arzt die Krankheit melden muß, da die Meldung nicht dem Wohl des Patienten, sondern dem Schutz der andern dient. Außerdem wird bei Seuchen das Vertrauensver- hältnis zwischen Arzt und Patient dadurch verletzt, daß der Patient zu einer Behandlung gezwungen wird,

die er möglicherweise gar nicht will.

Hinzu kommt eine Beschränkung der körperlichen Freiheit.

Es gab Ärzte und Pfleger, die im Zusammenhang mit dem Golfkrieg erklärten, sie würden die Verwunde- ten nicht behandeln, weil sie gegen diesen Krieg seien. Das führt zur Frage, so der Krankenpfleger Paul- Werner Schreiner, Stuttgart, ob eine solche Verweigerung von Arzten und Pflegern zu rechtfertigen ist, da sie in Widerspruch steht zur elementaren Pflicht zur Hilfeleistung. Nach Schreiners Überzeugung dürfen sich Ärzte zwar gegen den Krieg stellen und verhindern, daß ärztliches Wis- sen als Werkzeug der Verletzung von Menschenrechten gebraucht wird, nicht aber Kriegsopfern die nötige Behandlung verweigern.

Mit der Frage, wem der Arzt bei Drogenmißbrauch verpflichtet ist, setzte sich Prof. Dr. med. Ambros Uchtenhagen, Zürich, auseinander.

Drogengebrauch ist heute en- demisch, er ist nicht mehr nur ein

„Unglücksfall", sondern es soll damit ein bestimmter Zustand erreicht werden, in manchen Fällen psychi- sche Stabilität. Das Spektrum des Drogengebrauchs reiche von einma- liger über gelegentliche, regelmäßige

Symposium „Wem ist die Medizin verpflichtet?"

Konflikt um Gehorsam und

Widerstand in den Heilberufen

Ein Arzt stellt fest, daß ein Patient HIV-positiv ist. Der Patient ist nicht bereit, es seiner Partnerin zu sagen, mit der er weiterhin unge- schützten Geschlechtsverkehr hat, und verbietet auch dem Arzt, mit seiner Frau darüber zu sprechen. Wie soll der Arzt sich hier verhal- ten? „Wem ist die Medizin verpflichtet? Konflikte um Gehorsam und Widerstand in den Heilberufen" war das Thema eines Symposions, das die Akademie für Ethik in der Medizin in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Biomedizinische Ethik in Frei- burg veranstaltete. Der Fall eignet sich gut zur Diskussion der Fra- ge, wem ein Arzt an erster Stelle verpflichtet ist: In seiner klassi- schen Rolle ist er dem einzelnen Kranken verpflichtet, in der ge- nannten Situation muß er aber auch Anwalt anderer und der Ge- samtheit sein. Die Frage wurde in Beziehung zu drei Konfliktfeldern diskutiert, nämlich: Seuchen, Krieg und Drogen.

.A1 -504 (32) Dt. Ärztebi. 90, Heft 8, 26. Februar 1993

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