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Archiv "Apotheker: Zur Demontage freigegeben" (23.05.2003)

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arte Zeiten für die Apotheker:

Wenn sich Bundesgesundheitsmi- nisterin Ulla Schmidt mit ihren Re- formplänen zur Arzneimittelversorgung durchsetzen kann, ist die Einführung des Arzneiversandhandels und die Aufhe- bung des Mehrbesitzverbots beschlos- sene Sache. Damit wird aus Sicht der Apotheker die bewährte Struktur der Arzneimittelversorgung zerstört. „Un- ter dem Stichwort ,Große Reform‘ wer- den alle ordnungspolitischen Grundzü- ge unseres Systems, das sich bei manch berechtigter Kritik zu einem der besten in der Welt entwickelt hat, nicht nur hin- terfragt, sondern geradezu zur Demon- tage freigegeben“, kritisierte der Präsi- dent der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Hans- Günter Friese, am 12. Mai in Berlin.

Das Argument der Kostenersparnis durch den Arzneiversand hält Friese für wenig plausibel. Die INIFES-Studie des ehemaligen SPD-Abgeordneten Prof.

Dr. Martin Pfaff habe 2001 ein Einspar- potenzial von 200 bis 300 Millionen Euro errechnet, wenn sich die Versandapothe- ke auf den höher- bis hochpreisigen Chronikermarkt beschränkt und 15 Pro- zent Marktanteil erreicht. Allein durch das Arzneimittelausgabenbegrenzungs- gesetz und das Beitragssatzsicherungs- gesetz seien aber bereits rund 1,5 Mil- liarden Euro aus den Margen von Großhandel und Apotheken herausge- schnitten worden. „Dem Gesetzgeber geht es offenbar weniger um eine Ko- stenreduktion als vielmehr um eine ge- nerelle Strukturveränderung“, betonte Friese. Gestützt sieht er diese Vermu- tung durch die Pläne, den Mehrbesitz von bis zu fünf Apotheken zu erlauben.

Zum einen sei diese Regelung verfas- sungsrechtlich problematisch, denn die Beschränkung auf fünf Apotheken sei rein willkürlich. Zum anderen befürch-

tet Friese, dass dadurch Klagen auf Fremdbesitz provoziert werden. Der Apothekeneigentümer selbst könne nur eine Apotheke eigenverantwortlich im Sinne des Apothekengesetzes leiten. Bei allen weiteren Apotheken habe er ledig- lich die Funktion eines Kapitaleigners, und die könne auch ein Nichtapotheker übernehmen. Damit werde der Weg be- reitet, dass künftig Kapitalinteressen die Arbeit des Apothekers dominieren.

Kritisch beurteilte der ABDA-Präsi- dent auch das Vorhaben, nicht verschrei- bungspflichtige Medikamente – von we- nigen Ausnahmen abgesehen – aus der Erstattungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen:

„Das ist eine reine finanzpolitische Ent- scheidung, die nicht zur Qualitätsverbes- serung beitragen wird.“ Friese rechnet mit hohen Substitutionseffekten zugun- sten verschreibungspflichtiger Medika- mente mit einem höheren Nebenwir- kungsprofil. „Das heißt“, so der ABDA- Präsident, „es wird häufig mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden.“ Außer- dem würden viele Versicherte in medi- zinisch bedenklicher Weise auf eine Arz- neimitteltherapie verzichten.

ABDA ist für ein Kombimodell

Alarmiert haben die Apotheker auch Pläne des Bundesgesundheitsministeri- ums, die Arzneimittelpreisverordnung zu ändern. Das genaue Procedere ist Friese zufolge jedoch noch offen. Die ABDA ist jetzt mit einem eigenen Vor- schlag in die Offensive gegangen, der das Apothekerhonorar weitgehend vom Arzneimittelpreis abkoppelt. Danach soll künftig bei verschreibungspflich- tigen Arzneimitteln ein preisunabhän- giger Festzuschlag von 8,55 Euro je Packung zuzüglich eines preisabhängi-

gen Festzuschlags in Höhe von drei Pro- zent des Großhandelspreises festgesetzt werden. Der Bundeswirtschaftsmini- ster, der für die Arzneimittelpreisver- ordnung zuständig ist, passt den Festzu- schlag jährlich entsprechend der Verän- derung der Betriebskosten an. Den Krankenkassen gewähren die Apothe- ken einen Abschlag in Höhe von einem Euro je Packung – zu Kassenrabatten sind sie gesetzlich verpflichtet. „Die überwiegende Zahl der Arzneimittel sind betriebswirtschaftlich betrachtet ,Zitronen‘, die von wenigen ,Rosinen‘

subventioniert werden müssen. Und ge- nau dies ruft ,Rosinenpicker‘ auf den Markt, die sich anbieten, die ,Rosinen‘

günstiger als öffentliche Apotheken ab- zugeben, und gleichzeitig natürlich die ,Zitronen‘ bei den öffentlichen Apothe- ken belassen wollen“, begründete der Vorsitzende des Deutschen Apotheker- verbandes, Hermann Stefan Keller, den ABDA-Vorschlag.

Für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt die derzeitige preisab- hängige Vergütung unverändert weiter, wobei den Kassen ein Rabatt in Höhe von fünf Prozent gewährt wird. „Inso- fern ergibt sich mit unserem Kombimo- dell keinerlei Verteuerung der Selbst- medikation“, erklärte Keller. Entgegen den Plänen des Gesundheitsministeri- ums, die Preisbindung von Arzneimit- teln zur Selbstmedikation aufzugeben, beharrt die ABDA auf einem einheitli- chen Abgabepreis. Es gebe keine Bele- ge dafür, dass eine Preisfreigabe auf Dauer kostensenkend wirke, so Keller.

Das Kombimodell der ABDA sieht weiter vor, die Preise für Rezepturen und die Notdienstgebühr anzuheben, die nach der geltenden Arzneimittelpreis- verordnung nicht kostendeckend sind.

Danach sollen die Rezepturzuschläge auf 4,50 Euro, neun Euro und 14 Euro verdreifacht werden. Die Notdienst- gebühr soll von bisher 1,53 Euro auf fünf Euro bis 22 Uhr und zehn Euro ab 22 Uhr angehoben werden. Neue Dienstleistungen beispielsweise im Rah- men von Hausapothekenmodellen oder Disease-Management-Programmen sol- len nach dem Willen der ABDA eben- falls in der Arzneimittelpreisverordnung verankert werden. Grundlage des Kom- bimodells ist Keller zufolge der Apothe- kenrohertrag von 2002. Heike Korzilius P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2123. Mai 2003 AA1409

Apotheker

Zur Demontage freigegeben

Versand- und Mehrbesitzverbot sollen fallen. Auch an der

Arzneimittelpreisverordnung will die Politik rütteln. Mit einem

eigenen Preismodell will die Zunft Schlimmeres verhindern.

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