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Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte

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DER RAHMEN DER

RECHTSGEWOHNHEITEN

Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte

Böhl au Ver l ag Wien · Köln · Weim ar

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-205-78291-9

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Über- setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Daten ver- arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.

© 2009 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG, Wien · Köln · Weimar http://www.boehlau.at

http://www.boehlau.de

Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier Druck: Prime Rate Kft., 1047 Budapest

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Vorwort . . . 11

Einleitung . . . 12

I. Das Recht als Normensystem . . . 19

(1) Das Recht als System . . . 20

Wurzeln des juristischen Systembegriffs . . . 20

Der juristische Systembegriff im 19. Jahrhundert . . . 32

Die analytische Wende im juristischen Systembegriff im 20. Jahrhundert . . 40

(2) Das Recht als Norm . . . 56

Die Sphäre des ›Sollens‹ . . . 56

Imperativtheorie des Rechts und ›objektive Rechtfertigung‹ . . . 68

Syntaktischer, semantischer und pragmatischer Normbegriff . . . 82

Antagonismen in der Auffassung der Norm . . . 96

(3) Das Recht als System bedingter Normen (Rechtsregeln) . . . 103

Die Verknüpfung von System- und Normbegriff . . . 103

Der Rechtspositivismus als Gestalt . . . . 111

Einwände und Korrekturen . . . 126

II. Anwendung des modernen Rechtsbegriffs auf frühmittelalterliche Verhältnisse . . . 135

(4) Wirksamkeit des Rechts durch organisierten Zwang . . . 137

Der Bußprozeß im Frühmittelalter . . . 139

Die Fehde als organisierte Gewalt und als Rechtszustand . . . 152

Strafrecht, Gottesfrieden und gewillkürtes Recht . . . 158

Zwangsgewalt am Beispiel des ›Wormser Hofrechts‹ . . . 174

Ergebnis und Analyse der Strukturaufklärung . . . 179

(5) Erzeugung und Anwendung der Rechtsnormen beruhen auf ›Ermächtigung‹ 208 Ermächtigung im Mittelalter am Beispiel der ottonischen Verwaltung . . 209

Zur Rolle und Bedeutung mittelalterlicher Gesetzgebung . . . 220

Ermächtigung zur Rechtsanwendung . . . 234

(6) Legitimität als begriffliche Voraussetzung des Rechts . . . 248

Exkurs I : Phänomenologie der Herrschaftssymbole im 10./11. Jahrhundert 256 Exkurs II : Herrschaftstheologie und sakrales Königtum . . . 263

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III. Der Rechtsbegriff der Rechtsgeschichte . . . 273

(7) ›Rechtsgewohnheiten‹ . . . 279

Der Rechtsbegriff Karl Kroeschells . . . 279

Der Rechtsbegriff Gerhard Dilchers . . . 291

Der Rechtsbegriff Jürgen Weitzels . . . 312

IV. Vom Normensystemdenken zum Recht als ›interpretative Praxis‹ . . . . 356

(8) Rechtstheoretische Fundamentalkritik des Rechtspositivismus . . . 356

Ronald Dworkins Kritik des Rechtspositivismus . . . 356

Carl Schmitts Begriff der Rechtsbestimmtheit . . . 363

(9) Konkretes Ordnungsdenken . . . 370

Die Unterscheidung ›juristischer Denkarten‹ . . . 371

Normativismus, Dezisionismus und konkretes Ordnungsdenken . . . . 377

Die dialektische Grundstruktur des konkreten Ordnungsdenkens . . . 384

Das konkrete Ordnungsdenken als doppelter Theorierahmen . . . 395

Die Stellung der Regel im konkreten Ordnungsdenken . . . 418

Die Stellung der Entscheidung im konkreten Ordnungsdenken . . . 427

(10) Figurae ordinis . . . 441

Die Stellung der Ordnung im konkreten Ordnungsdenken . . . 441

Theorieangebote an die Rechtsgeschichte : Luhmann, Hayek, Hart . . . 461

Ordnungskonfigurationen . . . 479

(11) Conclusio . . . 530

Quellen und Literatur . . . 535

Personenregister . . . 583

Sachregister . . . 588

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ex necessitate fit mutatio legis

Ivo Carnotensis prologus in decretum Tabescunt leges, et iam pax defluit omnis ; Mutantur mores hominum, mutatur et ordo.

Adalberonis Laudunensis carmen ad Rotbertum regem

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Die Anregung zu dieser Arbeit entspringt lange zurückreichendem Interesse am Mittelalter und darin besonders der Ottonen- und Salierzeit. Nach der ursprüngli- chen Absicht hätte das Hauptaugenmerk der Untersuchung dem Begriff des Poli- tischen gelten sollen, jedoch war bald deutlich, daß der Begriff des Rechts in jener Zeit, der mit dem des Politischen nicht weniger verklammert war als heute, zuvor einer eingehenderen Klärung bedürfe. Diese Klärung konnte nicht in Angriff ge- nommen werden ohne Einbeziehung wesentlicher Ergebnisse heutiger Rechtstheo- rie. Deren Komplexität, mehr noch aber die tiefe Kluft zwischen modernem und mittelalterlichem Recht, hat es letztlich sinnvoll erscheinen lassen, eine thematische Einschränkung auf die Behandlung eines geeigneten Rechtsbegriffs für den Kon- text des 10. und 11. Jahrhunderts vorzunehmen ; die Entwicklung eines korrespon- dierenden Begriffs des Politischen bleibt also vorerst künftiger Beschäftigung mit dem Thema vorbehalten.

Der erhebliche Umfang des zu bearbeitenden Materials und der einer konzen- trierten Beschäftigung mit einem wissenschaftlichen Thema nicht eben förderliche Umstand, daß die gesamte Arbeit abseits der beruflichen Tätigkeit ministerialer Forschungsförderung stattfinden mußte, hat die Entstehungszeit sehr in die Länge wachsen lassen. Ich möchte mich deshalb bei Peter Koller für die Betreuung der Dissertation, deren überarbeitete und erheblich erweiterte Fassung hiemit vorliegt, und die dabei erwiesene Geduld bedanken, bei meiner Frau Erni für die zahllosen abgerungenen Abende und Wochenenden und die allmähliche Verwandlung großer Teile der gemeinsamen Wohnung in eine Lagerstätte für Sekundärliteratur (meist in Gestalt wenig attraktiver Stöße kopierter Zettel), sowie nicht zuletzt bei meiner Tochter Teresa für die weitestgehende Schonung derselben – trotz ihrer Neugier.

Danken möchte ich an dieser Stelle auch Stefan Weinfurter für die großzügig gebotene Möglichkeit, Thesen aus diesem Buch am Historischen Seminar in Hei- delberg vortragen und diskutieren zu dürfen.

Wien, im Juli 2008 Martin Pilch

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Wer sich rechtshistorischen Fragestellungen mit rechtstheoretischem Interesse nä- hert, dem mag als Unterfall der allgemein gehaltenen Frage ›Was ist Recht ?‹, die in eben dieser Allgemeinheit vielleicht niemals befriedigend zu beantworten sein wird, die konkretere und mehr Erfolg versprechende Frage nach dem zeitlichen Ursprung ins Blickfeld kommen, die Frage also, ab welchem Zeitpunkt oder Entwicklungs- stand in der Geschichte menschlichen Zusammenlebens sinnvollerweise von Recht oder Rechtszuständen gesprochen werden kann. Als Kriterium, wie vorgeschlagen wurde, auf das gesichert nachweisbare Vorhandensein verbindlicher Drittentschei- dungen zu verweisen, greift sicher zu kurz. Allzusehr verstellt hier das dem moder- nen Menschen vertraute Bild richterlichen Entscheidens die Unvoreingenommen- heit des Blicks, die nötig ist, um der komplexen Vielfalt sozialer Streitregelung in archaischen Gesellschaften, die die ethnologischen Disziplinen mannigfach durch Beispiele belegt haben, gerecht zu werden. Der Rechtsbegriff, der die Frühphase des Rechts bzw. den Übergang von ›vorrechtlichen‹ zu ›rechtlichen‹ Zuständen erfassen will, wird nun sehr wahrscheinlich eine ganz andere dihairetische Gestalt aufweisen müssen als einer, der modernen rechtsstaatlichen Verhältnissen genügt. Die dem Ju- risten geläufigen Differenzierungen zwischen privatem und öffentlichem Recht, zwi- schen subjektiven und objektiven, zwingendem und dispositiven, materiellem und prozessualem etc. haben möglicherweise kein sinnvolles Äquivalent beim Recht der Sühnemittlung, in stark formalisierten Rechtsgängen oder rudimentär ausgebildeten Rechtsfindungsverfahren. Auch wird eine saubere Trennung von Recht und anderen Quellen des Normativen wie Moral oder Religion mangels Ausdifferenzierung dieser als je eigene Normensysteme um so weniger gelingen, je weniger institutionellen Charakter Streitschlichtung noch hat.

Das Besondere des hier gewählten Schwerpunkts im Untersuchungszeitraum (10.

und 11. Jahrhundert) liegt darin, daß die abendländische Rechtskultur den Über- gang von archaischen zu rechtlichen Verhältnissen gewissermaßen zweimal durchlau- fen hat, ein erstes Mal in der Antike und ein zweites Mal in der Phase nach der Völ- kerwanderung durch die Vermengung spätantiken Vulgarrechts mit germanischen Rechtsvorstellungen, in deren Folge insbesondere die Schriftförmlichkeit des Rechts fast verschwunden ist. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Zeit unmittelbar vor dem zweiten dieser Übergänge, eine Epoche, die doch so weit durch schriftli- che Zeugnisse dokumentiert ist, daß darin die überwiegend nichtschriftlich geprägte Rechtswelt sich widerspiegelt. Der eigentliche Reiz der Aufgabe besteht darin, ein

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begriffliches Instrumentarium für das Vordringen in rechtstheoretisches Neuland zu suchen, im Bewußtsein, daß weder ein simpler Rückgriff auf Quellenbegriffe of- fensteht noch die unmodifizierte Inanspruchnahme des am modernen Schriftrecht entwickelten Begriffskanons vom Recht als Norm und System. Zweck ist es also, eine kategoriale Annäherung an eine im Innersten fremdgewordene Welt zu versu- chen, d.h. in concreto Rechtsbegriffe auf ihre Brauchbarkeit hin zu prüfen, die dem Umstand Rechnung tragen muß, daß die Rechtspraxis, um die es geht, untergegan- gen ist und weder zeitgenössische theoretische Reflexionen zum Rechtsbegriff und Rechtsdenken überliefert sind (geschweige denn ausgearbeitete Theorien des Rechts) noch die modernen Disziplinen, die dafür in Frage kämen, die Rechtsgeschichte und die Rechtstheorie in systematischer Form dieses Problems sich angenommen haben.

Daß die Entstehung der modernen westlichen Rechtstradition einer vom Reform- papsttum initiierten ›Revolution‹ in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts zu verdanken ist – die These wurde durch Harold J. Berman popularisiert unter explizitem Rückgriff auf Ideen, die in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts von Eu- gen Rosenstock vertreten wurden1 –, soll hingegen weitgehend außerhalb des Untersuchungsrahmens bleiben. Außerhalb des Rahmens bleiben damit auch die Entwicklung des kanonischen Rechts und die wissenschaftliche Wiederbehandlung des Römischen Rechts in dieser Phase. Unabhängig davon, wie die bekanntlich nicht unumstrittenen Thesen Bermans zu beurteilen sind oder inwiefern einzelne Wur- zeln modernen Rechtsverständnisses rückverfolgbar sind und wie scharf der Bruch zwischen der frühmittelalterlichen Rechtswelt und dem Beginn dieser ›Moderne‹

in zeitlicher Hinsicht tatsächlich gewesen ist, besteht doch weitgehende Überein- stimmung, daß die Zeit ›davor‹ (die jedenfalls noch geschlossen das 10. Jahrhundert umfaßt) in einem Ausmaß von archaischen und vormodernen Rechtsvorstellungen geprägt war, daß weithin in der Beurteilung von der ›Fremdartigkeit‹ dieser Rechts- vorstellungen gesprochen werden kann bis hin zur Feststellung des Versagens aller uns geläufigen Kategorien des Rechtlichen.

Die vorliegende Untersuchung trachtet ihr Ziel, einen Rechtsbegriff für den Kon- text des 10. und 11. Jahrhunderts zu konzipieren, dadurch zu erreichen, daß – man- gels theoretischer Alternative – zunächst an den positiv vorfindbaren Rechtsbegriff der Gegenwart angeknüpft wird, der zugleich der Rechtsbegriff des Positivismus ist ; diesen gilt es zuallererst ausführlich darzustellen bzw. zu rekonstruieren, da dieser Begriff ja selber eine geschichtliche Größe darstellt. Ausgangspunkt ist deshalb die

1 H.J. Berman – Recht und Revolution, S. 144 ff.; E. Rosenstock-Huessy – Die europäischen Revolutio- nen und der Charakter der Nationen, S. 131 ff.; siehe auch K. Leyser – Am Vorabend der ersten europäi- schen Revolution.

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Vorstellung vom Recht als Normensystem, die – mehr oder minder reflektiert – so ziemlich allen juristischen, philosophischen, soziologischen und logischen Unter- suchungen der jüngeren Vergangenheit zugrundegelegt wird. Diese Rekonstruktion greift (im ersten Abschnitt der Arbeit) die einzelnen Komponenten des Begriffs heraus und betrachtet demgemäß das Recht als System, sodann als Norm und, um die mo- dernen positivistischen Konzeptionen des Rechtsbegriffs möglichst genau zu cha- rakterisieren, in der Kombination dieser beiden Aspekte zuletzt das Recht als System bedingter Normen (Rechtsregeln). Der Systembegriff wird dabei bis in die Zeit der Scholastik zurückverfolgt und dessen ungebrochener Entwicklung bis ins 19. Jahr- hundert hinein nachgegangen. Während für diesen Zeitraum die Systematisierung vornehmlich in didaktischer Absicht auf Rechtssätze sich bezieht oder auf die Ent- wicklung von juristischen ›Begriffspyramiden‹, wird für das 20. Jahrhundert von ei- nem paradigmatischen Wechsel auszugehen sein, nach welchem unter dem Einfluß des aus der Mathematik stammenden abstrakten System- bzw. Klassen- oder Men- genbegriffs erstmals Normen und nicht Sätze oder Begriffe als Elemente der Systema- tik des Rechts auftauchen.

Im zweiten Kapitel wird der Normcharakter des Rechts expliziert an Hand der Differenzierung von Sozialnormen im allgemeinen und Rechtsnormen als Spezialfall derselben. Der allgemeinere Begriff führt zur Betrachtung von Sollsätzen, als deren Sinn bzw. Bedeutung Normen gerne definiert werden, und von dort zur Diskussion sprechakttheoretischer Probleme der Abgrenzung von Normsetzung im Verhältnis zu anderen Sprechakten. Zurückgewiesen wird die Identifizierung von Normen mit Imperativen. Zum besseren Verständnis des Normcharakters des positivistischen Rechtsbegriffs wird eine Unterscheidung zwischen einem syntaktischen, einem se- mantischen und einem pragmatischen Normbegriff vorgeschlagen. Im Rahmen des semantischen Normbegriffs wird eine Theorie mehrstufiger deontischer Operatoren entwickelt, die von einer verallgemeinerten Parallelstruktur von Aussage- und Norm- sätzen ausgeht.

Im den ersten Abschnitt abschließenden dritten Kapitel wird die Kernvorstellung des positivistischen Rechtsbegriffs untersucht, Recht als eine Menge bedingter Nor- men (Rechtsregeln) zu verstehen, die auf konkrete Fälle angewendet werden. Im Vor- dergrund steht dabei die mangelnde Eignung von Normen unmittelbar, d.h. ohne den Umweg über eine geeignete Repräsentation durch Normsätze oder Komplexe von Normsätzen, als Elemente von Normensystemen zu dienen. Der Übergang von der Analyse der isolierten Rechtsregel (z.B. einer Strafrechtsnorm), in deren beding- ter Normgestalt die Rechtstheorie eine wesentliche Strukturkomponente von Recht zu fassen glaubt, zur Auffassung, das Recht bestehe aus einer systematisch geordneten Vielheit eben solcher Regeln, erfolgt i.d.R. ohne die notwendige Aufstellung eines

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Kriteriums zur Bestimmung des Umfanges der Einzelnormen im System. Überle- gungen von Robert Walter und Joseph Raz zeigen, daß es schwierig sein dürfte, so ein Kriterium überhaupt anzugeben. Läßt man die Lösung dieser Problematik – wie es weithin geschieht – außer acht, dann kann allenfalls in einem metaphori- schen Sinn von Recht als Normensystem gesprochen werden. Angesprochen werden weiters die Grundnormproblematik sowie der erstaunliche Umstand, daß just die als typisches Basiselement aller Normensysteme fungierende bedingte Norm besondere und bis heute ungelöste Probleme im Rahmen der deontischen bzw. der Normen- logik bereitet, die doch als ›logisches‹ Fundament vor der Anwendung des Modells außer Streit stehen sollte. Nun läßt sich zwar argumentieren, daß auch in der Mathe- matik die ungelösten Grundlagenfragen einer Anwendung mathematischer Modelle nicht im Wege stehen, das Faktum der Inkonsistenz kann aber zumindest als deut- licher Hinweis dafür genommen werden, daß das positivistische Erklärungsmodell des Rechts auch aus immanenten Gründen einer Modifikation bedarf. Ein anderer diskutierter Einwand gegen das rechtspositivistische Regelmodell betrifft dessen Un- vollständigkeit, weil es Rechtsprinzipien nicht darzustellen vermag. Als Abschluß des ersten Abschnitts wird eine an der mathematischen Gruppentheorie orientierte

›Darstellungstheorie‹ für Normensysteme skizziert, mit deren Hilfe der erstgenannte Mangel der Normensystemkonzeption behebbar scheint.

Der zweite Abschnitt behandelt die Rechtsverhältnisse vornehmlich im 10. und 11. Jahrhundert, und zwar in Konfrontation mit einem Repräsentanten des heraus- gearbeiteten modernen Rechtsbegriffs (in Gestalt der Rechtsdefinition von Peter Koller). Es wird jedes Element der Definition auf seine Tauglichkeit zur Erfas- sung der Besonderheiten mittelalterlichen Rechts hin geprüft mit der Erwartung einer zweifachen Aufklärung : erstens die Bestätigung der vermuteten mangelnden Eignung positivistischer Normensystemkonzepte und zweitens das Sichtbarwerden der Besonderheiten und Strukturmerkmale des mittelalterlichen Rechts durch die Konfrontation mit dem sich sperrenden Rechtsbegriff, um daraus Anhaltspunkte zu gewinnen, welche Modifikationen allenfalls vorgenommen werden könnten.

Die auftretenden Unstimmigkeiten sollen jeweils strukturelle Eigenschaften deut- lich zum Vorschein bringen. Am Leitfaden der Definitionsmerkmale Kollers wird im vierten Kapitel der Frage nachgegangen, inwieweit die Wirksamkeit des Rechts auf organisiertem Zwang beruht. Näher betrachtet werden dazu der mittelalterliche Bußprozeß, die Fehde, das Strafrecht, die Normierungen der Gottesfrieden und der frühen städtischen Kommunen sowie eingehend die Regelung der Zwangsgewalt im sog. Wormser Hofrecht. Als Ergebnis dieser ›Strukturaufklärung‹ wird eine wesentli- che Fragmentierung des Rechts im Frühmittelalter festgehalten, die Wilhelm Ebel und Jürgen Weitzel folgend mit der Trias recht – Gebot – Willkür beschreibbar

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ist, womit drei wechselseitig nicht aufeinander rückführbare Typen des Rechtlichen bezeichnet werden. Breiten Raum nimmt dabei die Auseinandersetzung mit einigen Thesen aus Weitzels Dinggenossenschaft und Recht ein. Mit der zweiten Kompo- nente der Rechtsdefinition Kollers (»Erzeugung und Anwendung der Rechtsnor- men beruhen auf ›Ermächtigung‹«) wird in gleicher Weise verfahren (Fünftes Kapi- tel). Gegenstand der Untersuchung bilden der Aufbau der ottonischen Verwaltung, Erscheinungsformen der Gesetzgebung und Beispiele für ›atypische Normanwen- dung‹ in der mittelalterlichen Rechtspraxis Spaniens.

Die dritte und abschließende Definitionskomponente (»Legitimität als begriff- liche Voraussetzung des Rechts«) wirft Licht auf eine Strukturebene des Rechts, die Überschneidungen mit der Sphäre des Politischen aufweist und grob mit dem von Gerd Althoff, Hagen Keller und anderen herausgearbeiteten Symbolhandeln identifiziert werden kann. An Hand zweier Exkurse (»Phänomenologie der Herr- schaftssymbole« und »Herrschaftstheologie und sakrales Königtum«) wird auf einige Aspekte dieser vierten Rechtsschicht eingegangen (Sechstes Kapitel).

Der dritte Abschnitt (Siebentes Kapitel) wendet sich dem ›Rechtsbegriff der Rechtsgeschichte‹ zu und enthält exemplarisch am Leitfaden des Begriffs der Rechts- gewohnheit ausführliche Analysen zu den Rechtsbegriffen Karl Kroeschells, Gerhard Dilchers und Jürgen Weitzels. Bei letzterem wird besonders auf sein Verhältnis zur Rechtslehre Gerhart Husserls und deren potentielle Leistungsfä- higkeit für die mittelalterliche Rechtsgeschichte eingegangen. Auf zwei geplante Un- terkapitel im Vorfeld, eine nochmalige Behandlung der Rechtslehre Fritz Kerns und eine Darstellung des paradigmatischen Wandels des Verfassungs- und Rechts- begriffs bei Otto Brunner wurde letztlich verzichtet, bei ersterem, weil seine Be- urteilung in der Rechtsgeschichte gegenwärtig zu einhellig ablehnend ausfällt, bei letzterem, weil die kontroversielle Behandlung und der neuerdings intensiver geäu- ßerte Ideologieverdacht ein zu weites Ausholen notwendig gemacht hätten.

Der vierte und abschließende Abschnitt versucht einen Weg zu alternativen Rechts- konzepten zu weisen, indem wieder auf Ergebnisse der Rechtstheorie zurückgegriffen wird, und zwar auf solche, die die Fundamentalkritik am Rechtspositivismus zum Thema haben. An Hand der von Ronald Dworkin entwickelten prozeduralen Theorie des Rechts und gewisser Positionen Carl Schmitts abseits von dessen dezi- sionistischen Thesen wird im achten Kapitel versucht, einen Rahmen aufzuspannen, in dem das fundierende Verhältnis von Norm und Institution, von rechtlicher Ord- nung und rechtlicher Regel die umgekehrte Struktur aufweist wie im Rechtspositi- vismus. Ausgangspunkt dafür ist der Befund aus dem zweiten Abschnitt, der es gänz- lich ausgeschlossen scheinen läßt, mittelalterliches Recht erfolgreich als System von Normen zu beschreiben, das in irgendeiner Form angewendet würde im Bewußtsein,

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daß das nicht gleichbedeutend ist mit der Abwesenheit von Recht. Das Recht wird vielmehr als normative Ordnung zu verstehen sein, die weder systemische Einheit noch logische Geschlossenheit, noch durchgehenden Delegationszusammenhang für sich in Anspruch nimmt, sondern als nicht scharf abgrenzbare Ordnung die Glie- derung in Normen, wenn überhaupt, nur in der kleinräumigen lokalen Umgebung konkreter Rechtsfälle erlaubt, keinesfalls aber als Darstellung des Rechtsganzen. Der Grund dafür liegt wesentlich im oralen oder zumindest semioralen Charakter der frühmittelalterlichen Rechtswelt, die eine Verknüpfung anderen Stils zwischen nor- mativer Prämisse und konkretem Sachverhalt voraussetzt als die moderne Vorstellung der rechtslogischen Anwendung eines Konvoluts von Normen auf Sachverhalte. Die Rechtsregel gewinnt (soweit sie überhaupt zur Formulierung gelangt) ihre Gestalt aus der vorausgehenden gelebten und erinnerten rechtlichen Ordnung, und es wird nicht umgekehrt die Ordnung aus den Regeln erst konstituiert – dies wäre ein normativisti- sches Mißverständnis. Recht verdankt seine Existenz gewöhnlich weder autoritativer Setzung noch der konstitutiven Übung i.S.d. Gewohnheitsrechts, sondern einer von Mündlichkeit dominierten Rechtsfindungspraxis, die ihren Schwerpunkt im Gericht hat und mit dem von Rechtshistorikern geprägten Begriff der Rechtsgewohnheit be- grifflich vom Gewohnheitsrecht abgesetzt wird. Ronald Dworkins prozedurale Rechtstheorie und Carl Schmitts Konkretes Ordnungsdenken könnten eine rechts- theoretische Basis für die Erfassung dieser Formen »nichtnormativen Rechts« (Karl Kroeschell) bilden. Das konkrete Ordnungsdenken wird dabei als rechtswissen- schaftlicher Schematismus von Schmitt entlehnt, erfährt aber im Hinblick auf die Erfordernisse der zu beschreibenden Objektsphäre des mittelalterlichen Rechts, die Schmitt nicht primär vor Augen stand, nicht unerhebliche Modifikationen.

Konkretes Ordnungsdenken wird so im neunten Kapitel zur Rahmentheorie (oder zum Theorierahmen) für Rechtsgewohnheiten entwickelt und das sich daraus ergebende Verhältnis von Ordnung, Regel und Entscheidung ausführlich betrachtet.

Der Rahmen, der so entsteht, erfährt seinerseits eine Einrahmung durch allgemeine zeittypische Ordnungsvorstellungen, die jüngst unter dem Begriff ›Ordnungskon- figurationen‹ (Stefan Weinfurter) diskutiert wurden. Kontrastiert wird das so in gewandelter Gestalt als Theorieangebot an die Rechtsgeschichte verstandene konkrete Ordnungsdenken mit drei anderen von Joachim Rückert empfohlenen Rechtskonzeptionen, die mit den Namen Niklas Luhmann, Friedrich August von Hayek und H. L. A. Hart verbunden sind. Die im Umfang den Analysen zum Rechtsbegriff der Rechtsgeschichte gleichkommende kritische Auseinanderset- zung mit dem Begriff der Ordnungskonfigurationen und der Rolle des Funktiona- lismus bei Stefan Weinfurter bilden architektonisch den Abschluß der Unter- suchung.

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Die Absicht, die mit vorliegender Arbeit verbunden ist, ist eine vierfache : der erste Abschnitt will eine Darstellung des positivistischen Rechtsbegriffs geben, die dem Rechtshistoriker vor Augen führt, auf welche Begriffe mit welchen theoretischen Implikationen und Abgründen er sich einläßt, wenn er Vokabel wie ›Norm‹ oder

›Normensystem‹ verwendet. Der zweite Abschnitt bedingt einen Perspektivenwech- sel und soll umgekehrt dem Rechtstheoretiker oder allgemein jedem, der den posi- tivistischen Rechtsbegriff für das letzte Wort hält, die Grenzen der Anwendbarkeit desselben verdeutlichen und darüber hinaus einen Eindruck von der Fremdartigkeit des Mittelalters und der mit ihm untergegangenen Rechtswelt vermitteln (vor al- lem in den beiden lockerer gestalteten Exkursen). Die dritte Absicht liegt darin, eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Rechtsbegriffen dreier der wichtigsten Vertreter der deutschen Rechtsgeschichte aus der Perspektive des Rechtstheoretikers anzustrengen, nicht zuletzt, um zu einem Brückenschlag zwischen den Disziplinen beizutragen. Der vierte und letzte Zweck, der verfolgt wird, ist es, den Versuch zu unternehmen, Carl Schmitts Gedankengänge jenseits des heute dominierenden ideologiekritischen, philologischen und bisweilen rein archäologischen Umgangs mit ihnen als das aufzugreifen, als was sie verstanden werden wollten, nämlich als ge- danklicher Beitrag zur Rechtswissenschaft, um zu sehen, inwieweit sie dem theoreti- schen Instrumentarium der Rechtsgeschichte auch 80 Jahre nach Otto Brunners Rückgriff auf sie als Armierung zu dienen vermöchten.

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Wenn man − vor die Aufgabe gestellt, einen propädeutischen Begriff vom Recht zum besseren Verständnis früh- und hochmittelalterlicher Verhältnisse zu entwerfen − zu- allererst in den reichhaltigen Fundus kontemporaner rechtstheoretischer und rechts- philosophischer Konzeptionen zu greifen versucht ist, dann darf es nicht überraschen, daß die zur Auswahl stehenden Begriffe und Definitionen überwiegend an der Struk- tur, Eigenart und Komplexität moderner Rechts- und Lebensverhältnisse ausgerichtet sind und nicht auf die hier interessierende Epoche des frühen Mittelalters. Der von ethnologischen Randlagen einmal abgesehen gegenwärtig regelmäßig ›staatliche‹ Hin- tergrund der verschiedenen Erscheinungsformen von Recht, das mit seinen Instru- mentarien die im ›Staat‹ als ›Gesellschaft‹ zusammengefaßten Individuen rechtlich organisieren und das zwischen diesen vorhandene Konfliktpotential hegen und neu- tralisieren soll, prägt damit auch die Hauptmerkmale jedes wissenschaftlichen Rechts- begriffs. Recht wird darum begrifflich in systemfähiger Weise konzipiert, regelmäßig als System von Normen1, wobei der Begriff ›Norm‹ als fundamentaler Baustein von Rechtsordnungen fungiert und mit dem Begriff ›System‹ eine grundsätzliche Form- entscheidung getroffen wird. Der Vorzug liegt in einem Gewinn an theoretischer Ela- stizität, die notwendig scheint, um all das an komplexer Vielfalt einzuholen, was das Phänomen ›Recht‹ heute bietet. Es gilt dabei die ganze Bandbreite, beginnend von Gesetz, Verfassung, Grundrechtsanspruch bis hin zu richterlichem Urteil, Verwal- tungsakt und privatautonomer Rechtssetzung samt dem raumzeitlichen Entstehen und Verschwinden dieser Erscheinungsformen und den systemimmanenten Inter- pretationstechniken in einen kohärenten theoretischen Zusammenhang zu bringen, vom Verlangen nach inhärenten moralischen Qualitäten und damit verbundenem Widerstandsrecht oder gar einer Widerstandspflicht ganz zu schweigen. Einem ›Nor- mensystem‹ wird – theoretisch wie praktisch – viel abverlangt2.

1 Anstelle von ›Normensystem‹ wird auch in der gleichen systematisierenden Absicht von Recht als einem

›System von Regeln‹ gesprochen, wie es z.B. im Titel eines Buches von Werner Krawietz (Recht als Re- gelsystem) anklingt ; Norm und (Rechts-)Regel werden darum hier als weitestgehend synonyme Begriffe behandelt, auch wenn dem Regelbegriff als Konnotation eine nichtnormative Bedeutung zukommt im Sinne einer rein deskriptiven Regelmäßigkeit.

2 Es gibt auch grundsätzliche Zweifel an der Durchführbarkeit einer solchen systematisierenden Leistung, weil von manchen Autoren in erkenntnisskeptischer Manier die Erkennbarkeit von Recht – weder als Naturrecht noch als positives Recht – ausgeschlossen und darum Rechtstheorie qua ›Wissenschaft vom Recht‹ als unmöglich erachtet wird.

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Bei alledem wurde nicht die eine unbestrittene Theorie des Normensystems ausge- bildet, sondern deren viele : je nach Einordnung in die rechtswissenschaftliche Theo- rietradition liegt der Schwerpunkt auf der systemtheoretischen oder auf der normen- theoretischen Komponente. An den Rändern des sichtbaren Theoriespektrums findet sich auf der einen Seite die ›Systemtheorie‹ als immer noch zur Soziologie gerechnete Disziplin, die durch die forcierte Übernahme von kybernetischen und aus der Biolo- gie stammenden Vorstellungen auch das Recht zu beschreiben für sich in Anspruch nimmt3. Auf dem anderen Ende des Spektrums konzentriert sich die auf der Grund- lage analytischer Philosophie und deontischer Logik operierende Rechtstheorie auf die logische und sprachphilosophische Analyse der ›Norm‹. Zwischen den Extremen findet der ewige Zwist zwischen naturrechtlichen Positionen und Rechtspositivis- mus4 genügend theoretischen Raum zur Entfaltung – im apeiron des nichtsichtbaren Spektrums wiederum kündet derweilen vernehmliches Raunen von der postmoder- nen Auflösung aller zuvor gewonnenen Rechtsbegriffe.

(1) Das Recht als System Wurzeln des juristischen Systembegriffs

»Der Systemgedanke war in der Rechtswissenschaft ein Erbe der Naturrechtslehre«5, heißt es bei Karl Larenz am Beginn seiner Darstellung der Systembildung in der Historischen Rechtsschule. Dieses Erbe, das das 19. Jahrhundert vom vorangehenden neuzeitlichen Natur- bzw. Vernunftrecht übernommen hat, war nun teilweise selbst ererbt. Systembildung steht am Anfang schon der mittelalterlichen Auseinanderset- zung mit den wiederentdeckten Digesten und ebenfalls bei der zeitgleichen Um- und

3 Namentlich im Werk Luhmanns findet sich ein derart verallgemeinerter Systembegriff, daß die Juristen geläufige Vorstellung vom Normensystem als geordneter Zusammenfassung von Rechtsnormen damit nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Das Rechtssystem ist ihm ein Subsystem des alle Kommunika- tionen umfassenden Gesellschaftssystems ; als solches gehört es zum allgemeinen Typus sozialer Systeme und schließt es alle auf den Code Recht/Unrecht bezogene Kommunikation im Gesellschaftssystem ein.

Normen sind demgegenüber sekundäre abgeleitete kommunikative Gebilde und bilden gerade kein System.

4 »Ebenso wie sich die grundlegenden philosophischen Probleme einer definitiven Lösung zu entziehen scheinen, besteht wenig Grund anzunehmen, daß der Konflikt zwischen Naturrecht und Rechtspositi- vismus jemals zu einem Ende kommen wird, weil es eine endgültige und allgemein überzeugungskräf- tige Antwort auf die ihm zugrundeliegende Frage, was das Recht in seinem Wesen sei, offenbar gar nicht gibt.« P. Koller – Meilensteine des Rechtspositivismus im 20. Jahrhundert, S. 129, unter Berufung auf einen Diskussionsbeitrag von Hans Kelsen aus dem Jahr 1927.

5 K. Larenz – Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 19.

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Neuformung des kanonischen Rechts6. »Daß bei der Behandlung des Rechtsstoffes sich der Einfluß der Scholastik geltend machte, versteht sich von selbst. Es handelte sich darum, die autoritären Regeln des Corpus iuris rational zu verstehen, indem man sie in eine Ordnung, in ein System brachte. […] Die systematische Rechts- wissenschaft ist vielmehr eine Schöpfung der mittelalterlichen Scholastik, mit der sie ebenso wie die Theologie organisch zusammenhängt. Denn beide arbeiten mit einem Stoff, der ihnen von einer autoritären Instanz als Gegenstand des Glaubens aufgegeben wird, einem Stoff, den sie in einem System verstandesmäßig zu entwik- keln und zu begreifen suchen. Das aber ist Scholastik«7. Mit diesem Zusammenhang von autoritär vorgegebenem Stoff und einer Methode »durch logisches Schließen und dialektische Deduktion Widersprüche zwischen divergierenden Autoritäten aufzulösen«8, der Theologie und moderne Rechtswissenschaft an ihrer Wurzel me-

6 »Das kanonische Recht, das erste moderne westliche Rechtssystem, wurde im 12. Jahrhundert als ein einheitliches, in der Zeit voranschreitendes Rechtssystem entworfen.« H.J. Berman – Recht und Revo- lution, S. 808. Bei der heftigen Kritik, die Bermans Buch erfahren hat, wurde zumindest sein Heraus- streichen der Bedeutung des kanonischen Rechts für die Entwicklung der westlichen Rechtstradition als gültige Ansicht anerkannt : »His [i.e. Bermans] description of canon law as the first modern western legal system is generally accurate.« P. Landau – Rezension zu ›H.J. Berman, Law and Revolution‹, S. 939 ; ebenso anerkannt wird seine Einschätzung des späten 11. und frühen 12. Jahrhunderts als entscheidende Wendezeit hin zur Entwicklung des modernen westlichen Rechts : »Berman seems justified in his peri- odization of legal history. Th e eleventh and twelfth centuries do mark a watershed in the history of west-The eleventh and twelfth centuries do mark a watershed in the history of west- ern law and western society, probably a more important watershed than the Reformation. In this period, our legal tradition was born.« A.a.O. S. 943. Siehe auch H. Fuhrmann – Rezension zu ›H.J. Berman, Recht und Revolution‹ ; dazu wiederum H. Jakobs – Kirchenreform und Hochmittelalter, S. 211, bzw.

G. Dilcher – Warum mittelalterliche Rechtsgeschichte heute ?, S. 9 ff. Zum anfänglichen Verhältnis zwi- schen römischer Rechts- und Kirchenrechtswissenschaft H. Fuhrmann – Das Reformpapsttum und die Rechtswissenschaft, S. 194.

7 P. Koschaker – Europa und das römische Recht, S. 90 f. Ähnlich H.J. Berman, a.a.O. S. 215 : »Diese Methode, die zuerst im frühen 12. Jahrhundert in der Theologie und der Rechtswissenschaft voll ent- wickelt wurde, geht von der absoluten Autorität bestimmter Bücher aus, die als Dokumente eines ein- heitlichen und vollständigen Lehrgebäudes zu verstehen waren ; paradoxerweise geht sie aber auch davon aus, daß der Text Lücken wie auch Widersprüche enthalten kann, und als ihre Hauptaufgabe betrachtet sie die Vollendung des Textes, die Schließung von Lücken und die Auflösung von Widersprüchen.«

Autoritativ vorgegebenes Normenmaterial, Notwendigkeit der Lückenschließung, Konstruktion einer einheitlichen Systematik, das sind im Recht unter den Stichworten Gesetzgebung – Rechtslücken – Ein- heit der Rechtsordnung bis heute präsente Themen. Vgl. zur scholastischen Grundlage mittelalterlicher Rechtswissenschaft G. Otte – Dialektik und Jurisprudenz ; siehe auch H. Siems – Adsimilare, S. 150 f., und G. Dilcher – Der mittelalterliche Kaisergedanke als Rechtslegitimation, S. 160 f.; ders. – Warum mittelalterliche Rechtsgeschichte heute ?, S. 10 f.

8 K. v. Eickels – Tradierte Konzepte in neuen Ordnungen, S. 98 ; vgl. A. Angenendt – Verschriftlichte Mündlichkeit, vermündlichte Schriftlichkeit, S. 22 f.; W. Hartmann – Autoritäten im Kirchenrecht und

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thodisch verbunden sieht, wird von Paul Koschaker aber nicht nur die Essenz scholastischer Methode als ein Stück Wissenschaftsgeschichte auf den Punkt ge- bracht. Die neuen Techniken – voran das Rubrizieren – werden im 11. Jahrhundert intensiviert nicht zuletzt aus dem Bedürfnis nach Legitimation divergenter politi- scher Positionen. Es entstand eine »neue logique de controverse, die der Investiturstreit im Kirchenrecht provozierte«9 : Ein und derselbe Rechtssatz konnte aus der Feder kaiserlicher oder päpstlicher Protagonisten zur Rechtfertigung kontradiktorischer politischer Forderungen herangezogen werden und zwar je nach der Systematik, in die der Satz plaziert wurde ; der neue politisch-pragmatische Zugang blieb insge- samt für den Umgang mit Rechtssätzen nicht ohne Folgen : »In dieser Kampfsitua- tion, die Stellungnahmen herausforderte, konnte ein bloßes Sammeln von Belegen allein keine befriedigende Lösung der aktuellen grundsätzlichen Streitfragen mehr herbeiführen. […] Mit ihren rubrizierten und systematisierten Rechtssätzen brach- ten die vorreformerischen Kanonessammlungen einen unübersehbaren Fortschritt […]«10. Dabei galt als wesentliches Prinzip die Unantastbarkeit des autoritativ über- lieferten einzelnen Rechtssatzes, wodurch einhüllende, deutende und verweisende Erweiterungskonstruktionen geradezu provoziert wurden : Die Nuancierungen und politisch motivierten Bedeutungsverschiebungen ereigneten sich im Kontext, in den zusammenfassenden Rubriken, die Kern der Systematisierung waren und zugleich Vorläufer der Glossen, die später zu umfangreichen Apparaten ausgearbeitet worden sind11.

Die Jurisprudenz des 16. bis 18. Jahrhunderts führt in gewisser Weise – soweit es das Verhältnis von Stoff und Ordnung angeht – nur fort, was scholastische Methodik vom Ausgang des 11. Jahrhunderts an nicht nur am theologischen, sondern auch und gerade am juristischen Rohmaterial demonstriert hat : Systematisierung durch einord- nendes Sammeln, Ausmerzen von Widersprüchen und vornehmlich didaktisch moti-

Autorität des Kirchenrechts in der Salierzeit, S. 434 ; C.M. Radding – The Origins of Medieval Jurispru- dence, S. 87 ff.

9 Ch.H.F. Meyer – Ordnung durch Ordnen, S. 319.

10 J.W. Busch – Vom einordnenden Sammeln zur argumentierenden Darlegung, S. 244 f. Busch führt die unterschiedliche politische Interpretation höchst illustrativ am Beispiel des berühmten Bibelzitats Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam (Mt. 16, 18) aus.

11 »Grundsätzlich galt nämlich bei der einordnenden wie bei der argumentierenden Verwendung von Be- legen, also in den Kanonessammlungen, wie in den Traktaten des 11. und frühen 12. Jahrhunderts, der einzelne Rechtssatz als unveränderbar. […] Der kurze, einen Begriff oder Sachverhalt bereits im Zitat erläuternde Zusatz kann dabei als Vorläufer der Glosse gelten […]«, a.a.O. S. 254. Zur Bedeutung der Rubrik als »Anfang moderner Systematik« siehe H.E. Troje – Wissenschaft und System in der Jurispru- denz des 16. Jahrhunderts, S. 72.

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viertes Zusammenstellen12. An der Wiege stand Hermeneutik, die zur Herstellung ei- ner unbestreitbaren kanonisch-rechtlichen Basis eine Methodik zur ›Harmonisierung‹

des Rechts hervorbingen mußte, eine consonantia canonum (Ivo von Chartres) bzw. concordantia discordantium canonum (Gratian) oder, wie Stephan Kuttner es bezeichnet hat, eine »harmony from dissonance« der kanonischen Rechtsquellen13.

Das rationale Gefüge, das auf diesem Weg konstruiert wird, tritt dem Material gewis- sermaßen ›von Außen‹ hinzu, das vielfältige Gewirr an Papstbriefzitaten, Konzilskano- nes, schriftlich zu fixierender Gewohnheit, biblisch fundiertem Gesetz, überlebendem römischen Recht, Textfragmenten der Kirchenväter usw. wird – um beim Beispiel der Kanonistik zu verweilen – integriert zum Korpus, zum corpus iuris, gewinnt im Decretum Gratiani klassische Gestalt14, wird glossiert15 und kommentiert, bis auch diese neuen Schichten in der glossa ordinaria16 klassische Form annehmen, ohne daß

12 Joachim Ehlers sieht eine Wurzel der neuen Methodologie in der Selbstbehauptungsstrategie von va- gierenden, nicht institutionengebundenen magistri im 12. Jh., die ihre Dienste auf dem ›freien Markt‹

anboten, von ihren Schülern bezahlt wurden und dabei – weil noch unorganisiert – weitgehend von Arbeitsbibliotheken abgeschnitten waren. Die Konkurrenzsituation und der Mangel an institutionellen Ressourcen bewirkte einen »milieuschaffenden Schub, der monastisch-meditative und materialgesättigte Studien von vorneherein ausschließen mußte« ; J. Ehlers – Die Ordnung der Geschichte, S. 47.

13 »Concordia discordantium canonum may indeed be considered a motto which sums up the signal achieve- ment of the medieval mind in organizing the law of the Church into a harmonious system out of an infinite variety of diverse, even contradictory elements.« S. Kuttner – Harmony from Dissonance, S. 3.

14 Nach einer These von Paolo Prodi war es für die künftige Entwicklung des kanonischen Rechts als eines eigenständigen juristischen corpus von entscheidender Bedeutung, daß die Entscheidung für den Aus- gangspunkt auf das Decretum Gratians fiel und nicht auf die einige Dezennien ältere Panormia des Ivo von Chartres, die zu einem einheitlich kanonisch-römischen Recht in systematischer Form hätte führen können ; P. Prodi – Eine Geschichte der Gerechtigkeit, S. 88 ff.

15 Die Glosse setzt den Prozeß der Widerspruchsreduktion des Materials fort und trägt auf ihre Weise bei

»zur solutio contrariorum. Die Glossatoren standen, nicht anders als Gratian und Abaelard bei ihrem Bemühen um die Harmonisierung der kanonistischen bzw. theologischen Quellen, vor der Aufgabe, eine schichtige Tradition als widerspruchsfrei zu erweisen.« G. Otte – Logische Einteilungstechniken bei den Glossatoren des römischen Rechts, S. 167 f.

16 Zur glossa ordinaria des Johannes Teutonicus siehe W.M. Plöchl – Geschichte des Kirchenrechts Bd.2, S. 509 f., bzw. R. Weigand – Die Naturrechtslehre der Legisten und Dekretisten von Irnerius bis Accur- sius und von Gratian bis Johannes Teutonicus, S. 255 f. Nicht nur das kanonische, auch das römische Recht kennt seine glossa ordinaria, die des Accursius ; dazu P. Koschaker – Europa und das römische Recht, S. 86 ; W. Sellert – Zur Rezeption des römischen und kanonischen Rechts in Deutschland von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit, S. 128 f. Im weiteren Prozeß wurden aufbauend auf die glossa ordinaria des Accursius »einzelne, oft aus dem Zusammenhang gerissene Rechtssätze des römischen Rechts […] zu ›Rechtsprinzipien‹ erhoben. Aus diesen heraus wurde wiederum ›deduktiv argumentiert‹.

Die ›systematischen Kategorien‹, die dem römischen Recht in starkem Maße fehlten, wurden spätestens jetzt geschaffen.« A.a.O. S. 130 f.

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deshalb der Fluß des Kommentierens und Interpretierens abbräche. Später, ab der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, kann als Synonym für corpus auch syntagma oder systema stehen, das zugleich auch den Platz von summa einnehmen kann. Dieses

›System‹ ist vorerst dem Entwicklungsstand nach kein ›inneres‹ in der Sache, d.h.

dem Recht selbst gelegenes, sondern bezieht sich als Umgang mit Texten ganz auf die äußerliche Stoffordnung17. Die Systematisierungsmethodik als solche wird weiterent- wickelt, aber nicht grundsätzlich ersetzt. So ist, bei allem Bemühen des neuzeitlichen Rationalismus, von der allzugroßer Starrheit gescholtenen Scholastik als modern sich abzugrenzen, die Vermutung, eine der Wurzeln moderner Rechtssystematik in einer gewissen Kontinuität von der sic-et-non-Methode Abaelards18 über summa, Glosse, Postglosse zum systematischen Naturrecht im Zeitalter Grotius’ oder Pufendorfs zu sehen, so gewagt nicht19. Eine direkte, materiale Vermittlung scholastischen Na- turrechtsdenkens hin zu Grotius erfolgte überdies durch die spanische Spätschola- stik, namentlich die Schule von Salamanca20.

17 »›Systema‹ wird seit etwa 1600 in theologischen und philosophischen Buchtiteln beliebt und dient dabei zur Bezeichnung eines geordneten schriftlichen Vortrages eines beliebigen zusammenhängenden Wis- senschaftsgebietes. […] Das Wort ›System‹ [wird] also gleichzeitig allgemein für Ordnungsleistungen im Bereich wissenschaftlichen Behauptens gebräuchlich.« F. Kambartel – ›System‹ und ›Begründung‹ als wissenschaftliche und philosophische Ordnungsbegriffe bei und vor Kant, S. 104 f. Siehe auch M. Ro- driguez Molinero – Der Systembegriff im Recht, S. 340 ; J. Weitzel – Schriftlichkeit und Recht, S. 615.

Zum Unterschied eines bloß ›äußeren Systems‹ des Rechts von einem ›inneren‹, d.h. dem Recht als

»innerlich zusammenhängender Ordnung« C.-W. Canaris – Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 19 bzw. 90 f.

18 Die Rolle Abaelards und seiner Methode, Widersprüchliches aus dem autoritativ Überlieferten neben- einander zu stellen (sic et non), für die entstehende Rechtswissenschaft und namentlich das Werk Grati- ans zu überschätzen, davor warnt schon Martin Grabmann in ders. – Die Geschichte der scholastischen Methode, S. 215 ff.; Die schillernde Gestalt Abaelards soll hier darum auch nur stellvertretend für all die unbestreitbaren zur Moderne führenden Züge des 11. und frühen 12. Jahrhunderts stehen. Siehe zu Abaelards Bedeutung für die Entwicklung des Rechts auch S. Kuttner – Harmony from Dissonance, S. 8 ; F. Wieacker – Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 73 f.; P. Prodi – Eine Geschichte der Gerech- tigkeit, S. 44 ff.; H. Meinhardt – Die Philosophie des Peter Abaelard, S. 111 ff.; K.v. Eickels – Tradierte Konzepte in neuen Ordnungen, S. 98 f.

19 Ein Bild der Kontinuität zeichnet W. Krawietz – Recht als Regelsystem, S. 27 f. Helmut Coing hingegen sieht in seiner 1956 gehaltenen Rektoratsrede zum Systemgedanken im Recht in der scholastischen

»Harmonisierung der Texte mit Mitteln der Logik«, weil nach seiner Auffassung bloß auf Einzelpro- bleme gerichtet, gerade keinen Beitrag zur systematischen Jurisprudenz, sondern konstatiert eine große zeitliche Lücke zwischen der spätantiken Systematisierung und dem Wiederanknüpfen zur Zeit des Humanismus ; H. Coing – Geschichte und Bedeutung des Systemgedankens in der Rechtswissenschaft, S. 201 f.

20 Dazu K. Seelmann – Theologische Wurzeln des säkularen Naturrechts ; H. Welzel – Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, S. 89 ff.; B. Tierney – The Idea of Natural Rights.

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Freilich bleibt ein charakteristischer Unterschied und dieser tangiert die autoritative Eigenschaft des ›Rohmaterials‹. Während das in den scholastischen Texten sich nieder- schlagende Naturrecht zumindest bis Gregor von Rimini unbestritten fest veran- kert bleibt im göttlichen Willen21, ist dem jüngeren rationalen Naturrecht die Gott zunehmend substituierende Vernunft Materialquell und Systemschöpfer in einem : »Das natürliche Recht hört auf, einfach ein Teil der gottgleichen lex aeterna zu sein. Und die menschliche Vernunft ist als Rechtsvernunft demzufolge nicht mehr nur der Ort, wo jenes ewige Gesetz des Weltschöpfers ohne die Offenbarung nur bruchstückhaft auf- scheint, sondern vor allem das produktive Vermögen, die aus der Natur der Menschen und Dinge sich ergebenden Grundsätze des Zusammenlebens zu einem System der Rechtssätze zu entwickeln […]«22. Das ius naturale wird aus der lex aeterna gelöst23, oder zumindest letzteres dem göttlichen Willen soweit entfremdet, daß es auch für Gott selbst keine nach Willkür disponible Größe mehr ist. Systembildung wird damit produktive Leistung der Vernunft an dem von dieser selbst als natürlichen erkannten Rechtssatz ; in praxi hieß das natürlich weiterhin Systemweiterbildung vornehmlich an den beiden corpora iuris, dem überlieferten römischen und dem kanonischen Recht.

Das neuzeitliche Vernunftrecht offenbart abseits der ererbten Technik im Umgang mit Texten zugleich eine zweite Wurzel modernen Systemdenkens, den Hang des Zeitalters zu Mathematik und Geometrie. »Die Mathematik war die Leitwissenschaft des Jahrhunderts«, schreibt Michael Stolleis und weiter : »[…] ohne weiteres sprang der Gedanke, in mathematischen und geometrischen Figuren und Verhält- nissen den Schlüssel der Welt in der Hand zu halten, auf die Gebiete der Sozialphi- losophie und des Rechts über«24. Den mos geometricus auch in den Rechtsdisziplinen anzutreffen, darf darum nicht überraschen. Ansätze dazu finden sich bei Hugo Gro- tius25. Im Unterschied jedoch zum System als äußerer Ordnung eines Stoffes ist mit

21 In der realistischen Variante (Thomas von Aquin) scholastischen Naturrechtsdenkens ist der göttliche Wille dabei der göttlichen Vernunft unterworfen, in der voluntaristischen Gegenposition (Johannes Duns Scotus, William von Ockham) sind die Sozialnormen des Naturrechts direkt Ausdruck der poten- tia Dei absoluta ; dazu H. Welzel – Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, S. 57–89. Durch Gregor von Rimini wird ein bedeutender Schritt im Prozeß der Autonomisierung des Naturrechts gesetzt, indem

»die Geltung der sittlichen Werte hypothetisch von der Existenz Gottes – und zwar nicht nur von sei- nem Willen, sondern auch von seiner Vernunft, jedenfalls als göttlicher Vernunft – unabhängig gemacht [wird]« ; H. Welzel, a.a.O. S. 94.

22 H. Hofmann – Hugo Grotius, S. 74.

23 Zum Verhältnis beider im scholastischen Naturrecht H. Welzel, a.a.O.

24 M. Stolleis – Condere leges et interpretari, S. 191 f. mit weiterer Literatur.

25 W. Röd – Geometrischer Geist und Naturrecht, S. 70 ff. Zum Systemgedanken bei Grotius und Hobbes M. Riedel – Artikel ›System, Struktur‹ (Geschichtliche Grundbegriffe), S. 298 ff.

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dem mathematischen Vorbild eines axiomatischen Systems eine wesentlich intensi- vere Form von ›System‹ angesprochen26. Die zwingende Herleitung von Rechtssätzen mit Mitteln der Logik aus wenigen grundlegenden Begriffen ist ein anspruchsvolles Konzept, wenn auch offenbar dem Recht nicht wirklich angemessen27. Mathematisch inspiriert ist auch die der Deduktion vorangehende Methode der Analyse28, mit der das juristische Ausgangsmaterial quasi ›chemisch‹ aufgeschlossen wird, um nachfol- gender Synthese zugänglich zu sein. Die nachhaltige Vermittlung dieses Problemzu- gangs für mehr als ein Jahrhundert gelingt Samuel Pufendorf29 : für ihn »galten die ›moralischen Disziplinen‹ im allgemeinen als Wissenschaften im zeitgenössischen Sinne des Wortes, d.h. als Systeme von Sätzen, die aus evidenten Prinzipien nach einheitlicher Methode abgeleitet werden und die ebenso unzweifelhaft gewiß sind wie die Sätze der Mathematik«30. Die Nachhaltigkeit bezieht sich auf den Willen zum System und auf die axiomatische Struktur, die Idee einer juristischen Mathe- matik oder Geometrie des Rechts blieb indes Episode31 : das Naturrecht, so wurde resümiert, gelangte in eine Phase »unbedingten Systemwillens, der in Christian Wolff kulminierte und scheiterte«32. Das deduktive System ist dabei – wie betont werden muß – keines von Normen, weder naturrechtlichen noch positivrechtlichen, sondern immer noch eines von Sätzen und Begriffen und das bleibt grundsätzlich so bis ins 19. Jahrhundert33. Wir sind noch sehr weit entfernt von der Vorstellung, daß die

26 Die Frühzeit der juristischen Axiomatik im 16. Jahrhundert wird angesprochen in H.E. Troje – Wissen- schaftlichkeit und System in der Jurisprudenz des 16. Jahrhunderts, S. 86.

27 Zur Brauchbarkeit der Idee eines axiomatisch-deduktiven Systems des Rechts C.-W. Canaris – System- denken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 25 ff., bzw. K. Larenz – Methodenlehre der Rechtswis- senschaft, S. 166.

28 Th. Kobusch – Die Entdeckung der Person, S. 67 ff.

29 N. Hammerstein – Samuel Pufendorf, S. 176 ff.

30 W. Röd, a.a.O. S. 83. Siehe auch C.E. Alchourrón, E. Bulygin – Normative Systeme, S. 100.

31 »[…] hat Pufendorf das Programm des Grotius, ein allseitiges System des Naturrechts zu entwickeln, wirk- lich durchgeführt. Sein ungewöhnlich starker Systemwille […] wirkt in der starken Systemtendenz der deutschen Rechtswissenschaft noch heute nach […]«, H. Welzel – Naturrecht und materiale Gerechtig- keit, S. 140. »Rationalität, damit zugleich Berechenbarkeit nach der Art der Mathematik, wollte Pufendorf in die Jurisprudenz einführen. […] Sein Programm blieb Illusion. […] Auch Christian Wolff hat das ein Leben lang verfolgte Ziel : mos mathematicus für die Jurisprudenz nicht erreicht.« H.E. Troje, a.a.O. S. 68.

32 G. Dilcher – Gesetzgebungswissenschaft und Naturrecht, S. 2.

33 In der Beschreibung der Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts findet sich darum das komplementäre Urteil : »Es handelt sich um eine untergründige Weiterbildung des vernunftrechtlichen Systemdenkens more geometrico, wenn Puchta die Rechtssätze in einem systematischen Zusammenhang, einer Genealo- gie der Begriffe sieht ; durch Fortführung und Differenzierung der reinen Deduktion kann das wissen- schaftliche Denken des Juristen in diesem System produktiv, d.h. zur eigenen Rechtsquelle werden.« G.

Dilcher – Der rechtswissenschaftliche Positivismus, S. 509.

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Menge zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden positivrechtlichen Normen eines Staates, deren Einheit durch den gemeinsamen ›Stammbaum‹ konstituiert ist, ein ›Sy- stem‹ – ein ›Normensystem‹ – bilden könnten.

Hinzu kommt, daß der Charakter der Systembildung nicht nur der einer äu- ßeren, sondern dem typischen Sprachgebrauch des Zeitalters folgend auch der ei- ner hypothetischen Ordnung ist. Beispiel dafür ist der astronomische Vertreter der Systembildung, das Weltsystem (systema mundi), das für sich – egal ob nun in der ptolemäischen, der kopernikanischen Variante oder der Tycho de Brahes – nur in Anspruch nimmt, die Fülle phänomenaler Bewegungsdaten in eine hypothetische Ordnung zu bringen34. In dieser naturwissenschaftlichen Verwendung des Begriffs wird kein Bezug zur ontologischen Ordnung der Welt selbst hergestellt35. Diese Facette des Systemgedankens ist z.T. auch Merkmal des juristischen Systembegriffs und hat sich dort bis ins 20. Jahrhundert erhalten, wo eine erkenntnistheoretische Distanz der Rechtswissenschaft zu ihrem Gegenstand reflektiert wird und dieser Gegenstand in den positiven Normen gesehen wird, wie in der Reinen Rechtslehre von Hans Kelsen : »So wie das Chaos sinnlicher Wahrnehmungen erst durch die ordnende Erkenntnis der Wissenschaft zum Kosmos, d.h. zur Natur als einem ein- heitlichen System wird, so wird die Fülle der von den Rechtsorganen gesetzten ge- nerellen und individuellen Rechtsnormen, das in der Rechtswissenschaft gegebene Material, erst durch die Erkenntnis der Rechtswissenschaft zu einem einheitlichen, widerspruchslosen System, zu einer Rechts-Ordnung«36. In der Tradition des neu- zeitlichen Systembegriffs steht Kelsen auch dadurch, daß in die Systemeigenschaft des Rechts, wie überhaupt dessen Einheit als Leistung des vernünftig erkennenden Subjekts angesehen wird, die Rechtsgeltung nur als Hypothese eingeht37. Bei Pu-

34 Der Begriff findet sich z.B. im Titel der galileischen Schrift Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo von 1632. Zum systema mundi M. Riedel – Artikel ›System, Struktur‹ (Geschichtliche Grundbegriffe), S. 294 ff.; W. Krawietz – Recht als Regelsystem, S. 65 f.; W. Fikentscher – Methoden des Rechts in ver- gleichender Darstellung Bd. IV, S. 97 f.

35 »Das Wort ›System‹ verliert […] seinen real-kosmologischen Sinn. Es bedeutet nunmehr weniger Bau und Ordnung der Welt selbst oder die dem Kosmos ordnunggebende Konstruktion des Weltschöpfers, als vielmehr die in Rede und Bild vom Menschen entworfene Konstruktion zur Ordnung und ord- nungsstiftenden Beschreibung der phänomenalen Gestirnbewegungen.« F. Kambartel – ›System‹ und

›Begründung‹ als wissenschaftliche und philosophische Ordnungsbegriffe bei und vor Kant, S. 104.

36 H. Kelsen – Reine Rechtslehre, S. 74. Der angesprochene erkenntnistheoretisch distanzierte Blick auf den Gegenstand mangelt anderen Rechtstheorien vielfach, die wie z.B. H.L.A. Hart (The Concept of Law) oder Hans Nawiaski (Allgemeine Rechtslehre als System der rechtlichen Grundbegriffe) dem Recht umstandslos Systemcharakter als Sacheigenschaft zuschreiben.

37 »Das Sollen des positiven Rechtes kann stets nur ein hypothetisches sein. Und dies ergibt sich mit Not- wendigkeit aus der Natur des das positive Recht vom Naturrecht unterscheidenden Geltungsgrundes.«

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fendorf dagegen versteht sich das axiomatisch-deduktive System des rationalen Naturrechts als eines aus gesicherten Grundannahmen38. Da es sich beim positiven Recht, den leges humanae, nach dem Verständnis jener Zeit nur um ein das Natur- recht ergänzendes Recht handelt (so schon definiert bei Thomas von Aquin39), kann es auch nicht in die Systematik des deduktiven Zusammenhangs hineingenom- men werden ; es hat ja den Mangel, in der Beschränktheit der Zeit dort ersatzweise zu dienen, wo das eigentliche Recht sich dem Erkennen durch die Vernunft entzieht – das vorrangige Naturrecht mutiert aus der Perspektive des sich ausweitenden posi- tiven Rechts zum bloßen Verwerfungsmaßstab40.

Trotzdem verändert der Systemwille im Naturrecht, auch wenn die axiomatische Struktur nach ihrer Kulmination im 19. Jahrhundert (z.B. in Puchtas »Begriffspy- ramide«) wieder an Bedeutung verliert, auf lange Sicht die Systematisierungsmög- lichkeit des positiven Rechts, und zwar im Zusammenspiel mit einer Entwicklung, die als »révolution sémantique«41 bezeichnet wurde, nämlich die Erfindung des ›sub- jektiven Rechts‹. Die ursprüngliche Zuschreibung dieser Denkfigur an William von Ockham ist zwar zwischenzeitlich revidiert worden42 und die ›semantische

H. Kelsen – Die philosophischen Grundlagen des Naturrechts und des Rechtspositivismus, S. 285 f.

Die vom Menschen gesetzte Zwangsordnung deutet die Reine Rechtslehre »normativ, das heißt : als ein System von Sollvorschriften. Da ein Sollen letztlich wissenschaftlich nicht erkennbar ist, kann eine normative Deutung, das heißt, eine Behandlung der Anordnungen als Soll-Anordnungen nur erfolgen, wenn eine Hypothese zugrunde gelegt wird, wonach die Anordnungen der zu beschreibenden Ordnung gesollt sind. […] Jene Hypothese […] ist die Grundnorm.« R. Walter – Der Aufbau der Rechtsordnung, S. 14.

38 »Eine weitere Bedingung, die nach Pufendorf für jedes wissenschaftliche System gilt, bezieht sich auf die axiomatischen Voraussetzungen, aus denen die Sätze der betreffenden Wissenschaft abzuleiten sind.

Diese Grundsätze oder Prinzipien (Axiome, ›erste Sätze‹) dürfen nicht als hypothetische Voraussetzun- gen (›non ex sola concessione aut ex hypothesi‹), sondern müssen als gesicherte Wahrheiten aufgefaßt wer- den.« W. Röd – Geometrischer Geist und Naturrecht, S. 85 ; siehe auch Th. Kobusch – Die Entdeckung der Person, S. 69 f.

39 Summa Theologiae Ia IIae 91,3 ; dazu H. Welzel, a.a.O. S. 59 ; S. Breuer – Sozialgeschichte des Natur- rechts, S. 67 f.; S. Gagnér – Studien zur Ideengeschichte der Gesetzgebung, S. 187 ff.

40 Diese Additionalität des positiven Rechts lebt selbst dort noch fort, wo das positive Recht längst dem Naturrecht den Rang abgelaufen hat, dadurch, daß bestritten wird, beide könnten ein gemeinsames Sy- stem bilden, nur mit dem Unterschied, daß ausgeschlossen nunmehr das Naturrecht ist. System ist jetzt allein das positive Recht, das Naturrecht findet sich in die mehr oder minder systematische Sphäre der Moral exiliert. Siehe H. Nawiaski – Allgemeine Rechtslehre als System der rechtlichen Grundbegriffe, S. 29.

41 M. Villey – La formation de la pensée juridique moderne, S. 261.

42 Aufgebracht von Michel Villey ist diese Zuschreibung (die sich z.B. in N. Luhmann – Subjektive Rechte, S. 55, übernommen findet) von Brian Tierney zurückgewiesen worden (B. Tierney – Villey, Ockham

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Revolution‹ einem allmählichen Entstehen gewichen, dennoch ist die neuzeitliche Wendung ins Subjektive in Verbindung mit der im Naturrecht erstarkten Systema- tisierung im Recht entscheidendes Vorspiel für späteres Rechtssystemdenken : die Konstruktion des bürgerlichen Rechts als ein System von ›Ansprüchen‹ (subjektiven Rechten43) wurde hier präfiguriert wie auch die Idee eines grundlegenden Systems subjektiver Menschenrechte (Naturrechte) als Fundament von Recht und Staat.

Für die Einbeziehung auch des positiven Rechts in den Prozeß der Systembil- dung ist ein Blick auf eine dritte Wurzel des Systemgedankens von Nutzen. Die im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit wachsende Bedeutung der Gesetzgebung führte zu einer veränderten Haltung des Juristen zum Recht, insbesondere zu den Normen positiven Rechts, und damit verbunden zum Verständnis seiner eigenen Tätigkeit. Zunächst ist zu beobachten, daß in Konkurrenz zur traditionellen Zuwei- sung des praktischen Umgangs mit Recht zur prudentia im Gefolge der Einteilung durch Aristoteles in der Nikomachischen Ethik die Vorstellung einer Rechts-Wis- senschaft (scientia) auftaucht44. Bedeutet dieser Gedanke für sich schon die Möglich-

and the Origin of Individual Rights), der zahlreiche Belege für eine subjektiv konnotierte Verwendung des Begriffs ius im 12. und 13. Jahrhundert liefert und auch für die Verklammerung von ius und potestas.

Ergänzen ließe sich hier, daß dem Früh- und Hochmittelalter vielschichtige Bedeutungen von ius geläu- fig waren, darunter auch die synonyme Verwendung von ius und potestas bzw. dominium in genau dem subjektivrechtlichen Verständnis, das lange erst dem 14. Jahrhundert zugeschrieben wurde (siehe dazu die Belege in G. Köbler – Das Recht im frühen Mittelalter). Wie anders, denn als subjektives Recht, soll im übrigen auch z.B. ein königliches ius regnandi zu verstehen sein ? So wird in der Rechtsgeschichte auch das gerade umgekehrte Verhältnis von objektiv und subjektiv im Begriff ius und der zeitliche, wie sachliche Vorrang des letzteren vertreten : ius ist z.B. nach Ansicht von Ruth Schmidt-Wiegand »wäh- rend des Mittelalters von einer Bezeichnung für das subjektive Recht zu einer Bezeichnung auch für das objektive, also das normative Recht [geworden]« (dies. – Recht und Gesetz im Spannungsfeld zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit im Mittelalter, S. 155) ; ähnlich die Reduktion objektiven Rechts auf eine Gemengelage subjektiver Rechte in der Auffassung Fritz Kerns ; ders. – Recht und Verfassung im Mittelalter, S. 72. Zur Existenz subjektiver Rechte im Mittelalter und zur Kontroverse Tierney/Villey : Th. Kobusch – Die Entdeckung der Person, S. 33 f.; P. Landau – Die ›Duae leges‹ im kanonischen Recht des 12. Jahrhunderts, S. 61 FN 20 ; K.W. Nörr – Zur Frage der subjektiven Rechte in der mittelalter- lichen Rechtswissenschaft ; K. Pennington – The History of Rights in Western Thought ; A. Guzmán Brito – Historia de la denominación del derecho-facultad como ›subjetivo‹.

43 »[Puchtas] System ist kein solches von Normen, sondern von subjektiven Rechten […]«, H. Coing – Der juristische Systembegriff bei Rudolf von Ihering, S. 151.

44 H.E. Troje – Wissenschaftlichkeit und System in der Jurisprudenz des 16. Jahrhunderts, S. 63 f. Die Gegnerschaft zu diesem Übergang von der prudentia zur scientia im Recht ist bis ins 20. Jahrhundert zu verfolgen (z.B. bei Eugen Ehrlich) : »So haben die Gegner des Systemdenkens denn in der Tat der Jurisprudenz teilweise in folgerichtiger Durchführung ihres Grundansatzes den Wissenschaftscharakter abgesprochen und ihr lediglich den Rang einer Art ›technischen Kunstlehre‹ zuerkannt.« C.-W. Canaris

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keit der Thematisierung von Recht außerhalb der praktisch-philosophischen Hand- lungstradition, so formt parallel zu dieser Entwicklung die Idee der Souveränität – da nach deren erstem großen Theoretiker, Jean Bodin, die effektive und von den Ständen unabhängige Herrschaft über die Gesetzgebung für den Souverän unab- dingbar ist45 – einen neuen Typus des modernen Juristen, »dessen Entscheidungen von persönlicher Haltung und Moral gelöst ausschließlich rational aus System und Gesetz abgeleitet sein wollen oder sollen«46. Das klassische Bild dieses durch fran- zösisches Souveränitätsdenken geprägten Juristentypus wurde von Carl Schmitt gezeichnet : »Der französische Legist ist danach der erste moderne Jurist überhaupt.

Er beseitigt die irrationalen, nämlich die charismatischen und traditionalistischen Arten der überkommenen religiösen, feudalen und patrimonialen Legitimität ; er ersetzt sie durch die rationale Berechenbarkeit generell vorbestimmter gleichmäßig funktionierender Zwangsnormen eines Gesetzgebers, verwandelt also, gemäß einer inneren Folgerichtigkeit dieses occidentalen Rationalismus, die Legitimität in bloße Legalität«47. Die Öffnung des positiven Rechts für die Systematisierung wurde auch außerhalb Frankreichs vorangetrieben durch die Reflexion über die Geltungsgrund- lage von Recht im usus modernus pandectarum48. Die Widerlegung der sogenannten

›Lotharingischen Legende‹49, der Behauptung, Kaiser Lothar III. habe 1137 das Römische Recht förmlich in Kraft gesetzt, durch Hermann Conring50, führte

– Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 14. Siehe auch C.E. Alchourrón, E. Bulygin – Normative Systeme, S. 102.

45 »Es zeigt sich also, daß das Wesen der souveränen Macht und absoluten Gewalt vor allem darin be- steht, den Untertanen in ihrer Gesamtheit ohne ihre Zustimmung das Gesetz vorzuschreiben […] Es ist also notwendig, daß der souveräne Fürst es ebenso in seiner Macht hat, die Gesetze von Fall zu Fall zu ändern, wie nach dem Rechtsgelehrten Sextus Caecilius der erste Steuermann das Steuer halten und nach seinem Gutdünken lenken können muß […]«, J. Bodin – Sechs Bücher über den Staat, I, 8, S. 222 f.; siehe auch Kap. I, 10. Dazu H. Quaritsch – Souveränität, S. 46 ff.; M. Stolleis – Condere leges et interpretari ; A. Cremer – Die Gesetzgebung im Frankreich des 16. und 17. Jahrhunderts ; W. Ebel – Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland, S. 69. H. Mohnhaupt – Gesetzgebung des Reiches und Recht im Reich vom 16. bis 18. Jahrhundert, S. 88 : »In den absolutistisch orientierten Monarchien Europas wird ›Absolutismus‹ dadurch definitionsfähig, daß der Herrscher alle die genannten gesetzgebe- rischen Einzeltätigkeiten allein in seiner Hand zu vereinigen sucht, also das Gesetzgebungsmonopol im Kampf mit den Ständen erobert, wie es Ferdinand II. (1627) in Böhmen gelungen war […]«.

46 H.E. Troje, a.a.O. S. 67.

47 C. Schmitt – Die Formung des französischen Geistes durch den Legisten, S. 189 f.

48 Zum usus modernus pandectarum F. Wieacker – Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 204 ff.

49 S. Gagnér – Studien zur Ideengeschichte der Gesetzgebung, S. 115.

50 G. Dilcher – Der mittelalterliche Kaisergedanke als Rechtslegitimation, S. 153 FN 4, mit weiterführen- der Literatur.

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