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Archiv "Deutscher Apothekertag/Herbsttagung des BPI: Diskussionen um die Arzneimittelauswahl durch die Apotheker" (05.11.1993)

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POLITIK TAGUNGSBERICHTE

Deutscher Apothekertag/Herbsttagung des BPI

Diskussionen um die Arzneimittelauswahl

durch die Apotheker

Der Arzt verschreibt ein Medikament, der Apotheker stellt es her oder händigt es aus — diese Arbeitsteilung reicht den Apothekern nicht mehr aus. Sie streben, wie es jüngst auf dem Deutschen Apotheker- tag deutlich wurde, mehr Einfluß in allen Fragen der Arzneimittelver- sorgung an. Ein Beispiel dafür ist der Änderungsentwurf zur Apothe- kenbetriebsordnung. Danach soll zukünftig unter bestimmten Um-

ständen die Abgabe eines mit dem verschriebenen Präparat ver- gleichbaren Medikaments im Notdienst möglich sein (vgl. Heft 33).

Da die Vorstellungen der Apotheker auch die Pharmaindustrie be- treffen, lautete das Thema der diesjährigen Tagung des Bundesver- bandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in Dresden: „Arznei- mittelauswahl — Eine Aufgabe für den Apotheker?"

Z

entrales Thema des Deut- schen Apothekertages in Ber- lin sei die verbesserte Positio- nierung des Apothekers im Gesundheitswesen, erklärte zu Be- ginn der Veranstaltung der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Klaus Stürzbecher. Als Beispiel einer bes- seren Regelung für die Zukunft nannte Stürzbecher ein aut-idem- Gebot im Nacht- und Notdienst. Da- neben schlug er ein Auswahl-Recht der Apotheker bei wirkstoffgleichen Arzneimitteln vor. Voraussetzung hierfür sei die Transparenz der Arz- neimittelqualität; diese solle durch Schaffung einer Qualitätsdatenbank in Regie der Apotheker und durch gemeinsame Qualitätszirkel mit Ärz- ten gesichert werden.

Darüber hinaus wollen sich die Apotheker verstärkt der Beratung der Patienten zuwenden. Sie streben eine umfassende pharmazeutische Fürsorge und Betreuung an, die über die reine Arzneimittelabgabe hinaus- geht. Dazu wollen sie in Gesprächen mit den Krankenkassen nach Wegen suchen, wie das Problem mangelnder

„Compliance" durch verstärkten Ein- satz apothekerlicher Kompetenz ge- löst werden kann. Langfristig würden die Apotheker für derartige Leistun- gen auch ein Beratungshonorar for- dern, sagte Stürzbecher.

Weitere Beratungsmöglichkei- ten sah der ABDA-Präsident infolge des wachsenden Stellenwertes der

Selbstmedikation. Darüber hinaus sollen zusätzliche Dienstleistungen angeboten werden: Prävention, Er- nährungsberatung, Blutuntersuchun- gen, Reiseberatungen: „Der Bedarf ist groß, und die Möglichkeiten für die Apotheke sind vielfältig".

Schließlich forderte Stürzbecher Mit- sprache und Mitbestimmung der Apotheker in allen Fragen der Arz- neimittelversorgung. Er reklamierte eine aktive Mitwirkung der Apothe- ker im Bundesausschuß Ärzte/Kran- kenkassen und regte die Bildung ei- nes Ausschusses Apotheker/Kran- kenkassen an.

Das GSG habe die Apotheker, so Stürzbecher, überproportional be- lastet. So sei Ende Juli in einer Durchschnittsapotheke der Gewinn vor Steuern in den alten Bundeslän- dern um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die Apotheker forderten daher Kompensationen:

Der fünfprozentige Zwangsrabatt an die Krankenkassen müsse auf das handelsübliche Skontoniveau von zwei Prozent gesenkt werden. JK

Kritische Worte von BPI und KBV

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung hatte im Vorfeld an die De- legierten des Apothekertages appel- liert, die Forderung auf Ermögli- chung eines Austausches verschrie- bener Medikamente nicht weiter zu

vertreten. In Dresden, während der BPI-Veranstaltung, hatte Dr. med.

Gerd Zimmermann ebendiese Hal- tung der Ärzteschaft verdeutlicht.

Zimmermann ist Mitglied im Bun- desvorstand des Berufsverbandes der praktischen Ärzte und Ärzte für All- gemeinmedizin Deutschlands. Er er- innerte an einen Modellversuch der Kassenärztlichen Vereinigung Hes- sen 1987. Damals waren eine Reihe von Wirkstoffen ausgewählt worden, bei deren Verordnung der Arzt dem Apotheker die Auswahl des konkre- ten Medikaments überlassen konnte.

Zimmermann wies darauf hin, daß damals (wie heute) Dauermedika- mente das Problem gewesen seien.

Werde jedes Mal ein anders ausse- hendes Präparat abgegeben, sei die Compliance des Patienten gefährdet.

„Die Freigabe des Substitutions- rechtes bei Akuttherapeutika unter der Auflage ,aut idem` hingegen ist in der Regel unproblematisch und wird auch ohne gesetzlichen Anstoß schon, seit es Ärzte gibt, praktiziert", meinte das BPA-Mitglied. Für eine Ausweitung gebe es allerdings keinen plausiblen Grund. Im Extremfall könne ein Apotheker sonst ja einen wegen einer Hypertonie verordneten ACE-Hemmer gegen einen ß-Rezep- torenblocker austauschen. Was die Lagerhaltung anbelange, so sei ein Apotheker nach der Betriebsord- nung verpflichtet, notwendige Medi- kamente für den Wochenbedarf vor- rätig zu halten.

A1 -2898 (18) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993

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POLITIK

Gerade an diesem Punkt wider- sprach Prof. Dr. Henning Blume, Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker. Von manchen Wirkstoffen würden heute mehr als 150 generische Versionen angeboten.

„Daher sind die Apotheken heute nicht mehr in der Lage, alle wirk- stoffgleichen Präparate auf Lager zu halten", argumentierte Blume.

Außerdem müsse man davon ausgehen, daß nicht alle verfügbaren Präparate qualitativ identisch seien.

Deshalb sei eine generische Substitu- tion zwar zu befürworten, aber es müsse schon pharmazeutischer Sach- verstand eingebunden werden.

Deutliche Aussagen zu den Plä- nen der Apothekerschaft kamen von Dr. Ulrich Vorderwülbecke, Ge- schäftsführer Wirtschafts-, Gesund- heits- und Sozialpolitik im BPI. „Die pharmazeutische Industrie sieht die Aktivitäten der Apotheker höchst kritisch", gab Vorderwülbecke zu.

Denn bei größerer Marktmacht müß- ten sich die Pharmahersteller darauf einrichten, daß die Apotheker Ra- batte verlangten und die Präparate desjenigen Unternehmens orderten, das die höchsten Rabatte gewähre.

Vorderwülbecke ging darüber hinaus kritisch auf das Argument pharmazeutischen Sachverstandes ein. Selbst im Fall der Auswahl unter wirkstoffgleichen Arzneimitteln sei zweifelhaft, ob der Apotheker „vor Ort" sich tatsächlich ein Bild von der Qualität der verschiedenen Präpara- te machen könne. Er sei vielmehr auf Arbeiten anderer Institutionen ange- wiesen. Wenn aber in Veröffentli- chungen die Qualität bestimmter Präparate belegt sei, bedürfe es kei- ner qualitativen Auswahl mehr. Es genüge dann, in einer Liste nachzu- schauen. Vorderwülbecke: „Das kann indessen auch der Arzt."

Der BPI-Geschäftsführer äußer- te sich auch zu Überlegungen inner- halb der Apothekerschaft, eine Än- derung der Arzneimittelpreisverord- nung zu erreichen. Darin sind be- kanntlich die Gewinnspannen für den pharmazeutischen Großhandel und die Apotheken festgelegt. Für teure Medikamente ist der Zuschlag relativ niedriger als für billigere. Er nannte zwei Argumente für die Wün- sche nach einem fixen Aufschlag:

TAGUNGSBERICHTE

Zum einen würden sich die Apothe- ker so von Preissenkungen abkop- peln, wie sie zum Beispiel aufgrund von Festbeträgen entstehen. Zum an- deren sei ein fixer Aufschlag wichtig als Argument für mehr Einfluß bei der Arzneimittelauswahl. Erst dann könnte es jedem Apotheker wirklich einerlei sein, ob er ein billiges oder ein teures Präparat verkauft.

Kongreß der Kinderärzte

Etwa jede fünfte schwere Er- krankung bei Kindern und Jugendli- chen zwischen zehn und 18 Jahren bleibt unerkannt, weil die meisten jungen Menschen den Gang zum Arzt scheuen. Darauf wies Prof. Dr.

med. Dieter Palitzsch, Leiter des 21.

Herbstkongresses des Berufsverban- des der Kinderärzte Deutschlands, in Bad Orb hin. Weil sie erwachsen sein wollten, gingen Jugendliche ungern zum Pädiater. Wegen des in der Pu- bertät aufkommenden Schamgefühls wollten sie jedoch auch keinen neuen Arzt aufsuchen, sagte Palitzsch auf einer Pressekonferenz.

Der Gelnhausener Kinderarzt forderte deshalb seine Kollegen dazu auf, sich intensiver mit der Entwick- lung von Heranwachsenden zu be- schäftigen. Schließlich seien die Kin- derärzte die einzigen, die für sich den Anspruch erheben könnten, Krank- heiten und Störungen des Jugendal- ters zu erkennen, stellte Palitzsch fest. Die Pädiater sollten verstärkt auch den Eltern Rat anbieten und nicht erst warten, bis diese ihre Hem- mungen gegenüber Medizinern über- wunden hätten.

Da es in Deutschland zu wenig gezielte Beratungs- und Behand- lungsmöglichkeiten gebe, forderte der Präsident des Berufsverbandes der Kinderärzte, Dr. med. Wolfgang Meinrenken, die Einführung einer zehnten Vorsorgeuntersuchung (U 10) für Kinder zwischen dem zehnten und 13. Lebensjahr, bei der

Vorderwülbecke warnte aller- dings vor solchen Reformen: Den Krankenkassen erschienen Grossi- sten- und Apothekenspanne, vergli- chen mit denen in anderen europäi- schen Ländern, schon jetzt zu hoch.

Auch die Rabatte, die sich die Apo- theker von den Herstellern erhoff- ten, könnten die Begehrlichkeit der Krankenkassen wecken. th

eine „Bilanz des Kinderlebens" gezo- gen werden soll und mit deren Hilfe akuten und potentiellen Gefahren (Sucht, Aggressivität und besonders auch psychosoziale Störungen) bes- ser und früher als bislang vorgebeugt werden soll. Darüber hinaus könnte bei Risikofaktoren wie Übergewicht, Haltungsschäden oder Herz-Kreis- lauf-Störungen rechtzeitig eingegrif- fen werden. Die Pädiater hätten au- ßerdem die Aufgabe, chronisch kran- ke Heranwachsende „in die ständig wachsende Selbstverantwortung zu begleiten".

Die Einführung der U 10 sei auch ein Beitrag zur Bekämpfung der zunehmenden Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen. Heranwachsenden muß nach Ansicht von Palitzsch das Gefühl vermittelt werden, daß es

„Ansprechpartner für sie gibt, die be- reit sind, ihnen in ihren Nöten zu hel- fen".

Aufgrund der Deckelung der Ausgaben sei es derzeit allerdings kaum möglich, die — von den priva- ten Krankenversicherungen bereits finanzierte — Vorsorgeuntersuchung in der gesetzlichen Krankenversiche- rung durchzusetzen, stellte der Vor- sitzende des Honorarausschusses im Berufsverband der Kinderärzte, Dr.

Hans Blatt, bedauernd fest.

Die Organisatoren des Kongres- ses sowie weitere Wissenschaftler be- schlossen die Gründung einer bun- desweiten „Arbeitsgemeinschaft Ju- gendmedizin". Kli

Jugendliche scheuen den Gang zum Pädiater

Deutsches Arzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993 (19) A,-2899

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