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Archiv "Der Arzt verordnet, der Apotheker „wählt“" (01.10.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

D

ie Apotheker nutzen die Gunst der Stunde. Ein Ne- beneffekt der Kostendämp- fung auf dem Arzneimittelmarkt befördert nämlich ihren alten be- rufsständischen Wunsch, als der eigentliche Fachmann in allen Arzneimittelfragen und als der eigenständige Berater von Arzt und Patient anerkannt zu sein.

Die Apothekerschaft folgt indes nicht blind der Linie frohgemu- ter Kostendämpfer. Schlichte Gemüter glauben ja, man brau- che dem Arzt lediglich die Ver- ordnung des Wirkstoffes zu überlassen, die Auswahl des Präparates dem Apotheker anzu- vertrauen und dieser werde dann schon das billigste Produkt, im Zweifel ein Generikum, heraus- suchen und fortan werde sich

"Kostendämpfung" einstellen.

Eine solche Handlangerfunktion lehnen die Berufspolitiker der Apotheker ab. Es gehe nicht an, einfach das billigste Generikum zu wählen, betont der Präsident der Bundesvereinigung Deut- scher Apothekerverbände — AB- DA, Klaus Stürzbecher. Der Apo- theker müsse auf die Qualität des abzugebenden Arzneimittels achten.

Auf eine Kurzformel gebracht:

Die ABDA und mit ihr wohl die überwiegende Mehrheit der Apothekerschaft strebt dahin,

die Arzneimittelabgabe via Apo- theker nach Preis und Qualität zu optimieren. Zugleich bleibt

Auf dem Deutschen Apothe- kertag — in Düsseldorf vom 18. bis zum 19. September — wurde über die Aktuali- sierung des Berufsbildes und das künftige Aufgaben- feld des Apothekers in der Bundesrepublik beraten.

Damit war auch die Aufga- benverteilung zwischen Arzt und Apotheker angespro- chen. Bei aller Freundschaft.

die ABDA damit bei ihrer alten Strategie, den Apotheker als Heilberufler zu profilieren, das Apothekensortiment entspre- chend eng und damit fern vom drugstore zu halten. Diese Stra- tegie hat zwar innerhalb der Apothekerschaft ihre Gegner, doch scheint es so, als habe die ABDA, die durch kräftige Gegen- stimmen in früheren Jahren et- was verunsichert schien, inzwi- schen wieder Terrain gewonnen.

Die Weiterentwicklung der Apo- theke zu einem drugstore, die von rein ökonomisch argumen- tierenden Apothekern verfoch- ten wird, hat offensichtlich bei der Mehrzahl der Apotheker (nämlich bei 80 Prozent, schät- zen die Berufspolitiker) keine Freunde. Das ist bemerkenswert

genug, könnte doch die wirt- schaftliche Entwicklung der Apotheken manchen Apotheker dazu verleiten, in das Nicht- Apotheken-Sortiment zu flüch- ten, um auf diese Weise Umsatz- einbußen und Gewinnschmäle- rungen, resultierend aus dem Apothekenboom, auszuglei- chen. Die Zahl der Apotheken- neugründungen ist nach wie vor beachtlich. 1985 wurden 294 Apotheken neu eröffnet, 73 wur- den geschlossen.

Freilich — der Anstieg ist nicht mehr so dramatisch, wie noch vor wenigen Jahren, als doppelt soviele Apotheken neu ihre Tü- ren öffneten. Seit 1958, als das Bundesverfassungsgericht den Apotheken die Niederlassungs- freiheit bescherte, hat sich die Zahl der Apotheken mehr als ver- doppelt. Umgekehrt das wirt- schaftliche Ergebnis: Zwischen 1975 und 1985 sank es von 5,6 Prozent auf 1,6 Prozent des Um- satzes. Der Durchschnittsumsatz (1,3 Millionen) wird erheblich von Großapotheken bestimmt.

Etwa zwei Drittel der Apotheken erreichen diesen Wert nicht. Sie kommen auch nicht auf die Durchschnittszahlen des be- triebswirtschaftlichen Ergebnis- ses. Angeblich sind mehr als 40 Prozent der Apotheken, kauf- männisch gerechnet, defizitär.

Von daher also der Druck auf den Apotheker, sich neue Aufga- ben — die aber seinem Verständ- nis vom Arzneimittelfachmann entsprechen sollen — zu suchen.

Von daher wiederum das Interes- se, bei der Arzneimittelauswahl nach Preis und Qualität mitzu- machen. Hinter dieser Offerte der Apotheker dürfte auch die stille Hoffnung stehen, dereinst den „gerechten Lohn" für eine solche Dienstleistung zu erhal-

Der Arzt verordnet,

der Apotheker "wählt"

Deutscher Apothekertag 1986 in Düsseldorf

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 40 vom 1. Oktober 1986 (17) 2665

(2)

Umsatzstruktur der öffentlichen Apotheken

Heil- und Hilfsmittel 3 oj

apothekenpflichtige

Arzneimittel —....0111111011111 92 '0

freiverkäufliche Arzneimittel 2 %

Ergänzungssortiment 3 °A

Vom drugstore ist die bundesdeutsche Apotheke — noch? — weit entfernt. Nur drei Prozent des Umsatzes einer durchschnittlichen Apotheke entfallen auf das Ergän- zungssortiment. (Quelle: ABDA-Geschäftsbericht 1986)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Deutscher Apothekertag

ten. Die gute Nachbarschaft zum Arzt soll freilich nicht getrübt werden. Ja, Apothekensprecher hoffen auf einen neuen Frühling unter den Heilberufen. Über das Fertigarzneimittel hätten sich Arzt und Apotheker entfremdet, mit den neuen Aufgaben werde man sich wieder treffen, lockt Dr.

Johannes Pieck, der Sprecher der ABDA-Geschäftsführung.

Der Apotheker könne dem Arzt individuelle, unabhängige und übersichtliche Arzneimittelinfor- mationen zur Verfügung stellen;

beim Patienten werde er Ver- ständnis für die Therapie des Arztes wecken, die Compliance fördern und zusätzlichen, mit- einander unverträglichen Arznei- mittelanwendungen entgegen- wirken.

An die Verordnungsfreiheit wol- len die Apotheker grundsätzlich nicht rühren. Das Substitutions- verbot solle nicht aufgehoben werden, betont Pieck („Das wür- de die Funktionsteilung von Arzt und Apotheker und die gute Nachbarschaft in Frage stel- len"). Aber: Der Apotheker sei nicht allein das Vollzugsorgan des Arztes, sondern auch Bera- ter des Patienten. Und: wo der Arzt nur den Wirkstoff verordne, werde das Arzneimittel nach Ent- scheidung des Apothekers abge- geben.

Gerade das letzte ist noch Zu- kunftsmusik. Fürs erste beginnt im Januar 1987 ein Modellver- such, bei dem Erfahrungen mit dieser Art der Arzneimittelabga- be gewonnen werden sollen (dazu „Arzneiverordnung: Ein Frankfurter ‚Modellversuch' ", Heft 28/29, Seite 2000). Im Rah- men dieses Modellversuchs, der auf lokale Initiativen zurückgeht und an dem die ABDA genauso- wenig beteiligt ist wie etwa die Kassenärztliche Bundesvereini- gung — im Rahmen dieses Mo- dellversuchs also bleibt dem ver- ordnenden Arzt zwar die Mög- lichkeit, ein bestimmtes Präparat zu verordnen; der Apotheker bleibt auch verpflichtet, es abzu-

geben. So ist ja auch die Rechts- lage. Doch abweichend — Kriti- ker sagen, neben der Rechtslage

— soll mit dem bisher geltenden aut-simile-Verbot experimentiert werden. Der Arzt gibt auf dem Rezept entweder nur den Wirk- stoff an oder er nennt ein Präpa- rat, kreuzt aber zugleich das

„aut simile" an. In beiden Fällen wählt dann der Apother aus—ge- gen eine Entschädigung von drei Mark. Den Verdacht, das sei gleichsam die erste „Gebühren- ziffer" einer künftigen Gebüh- renrechnung für Beratungslei- stungen des Apothekers, weist ein ABDA-Sprecher freilich zu- rück. Die ABDA beobachtet den Modellversuch offensichtlich mit wohlwollender Neugierde. In ih- rem Zentrallabor bietet sie zu- dem Kurse an, um die Apotheker in Sachen Arzneimittelvergleich zu trimmen.

Hier steht an sich eine zur Zeit kaum überwindbare Hürde für die optimale Auswahl von Arz- neimitteln nach Entscheidung des Apothekers. Bei der ABDA (und ihren Institutionen Zentral- labor, Arzneimittelkommission und Datenbank) steht zwar eine Fülle von Informationen abruf- bereit und mit der neuen Daten-

bank (dazu „Arzneimittelinfor- mationen aus der Datenbank", Heft 38, Seite 2510) eröffnet sie dem Apotheker, auf Wunsch auch dem Arzt, schnelle Zugriffs- möglichkeiten zu dem Informa- tionsbestand. Dennoch kann der Apotheker am Ort — selbst wenn er nach Beratung fiebert und auf Arzneimittelauswahl drängt —ein Originalprodukt mit einem Gene- rikum nicht vollständig verglei- chen. Denn die Apothekerschaft, bedauert der Präsident der Bun- desapothekerkammer, Hans Günter Friese, sei heute noch nicht in der Lage, Wirkprofile darzustellen. Das größte Pro- blem scheint zu sein, daß die Nachahmer nicht oder jedenfalls nicht alle und nicht vollständig ihre Unterlagen zur Verfügung stellen, so daß Angaben über die Bioverfügbarkeit vielfach fehlen oder unvollständig sind.

Beim Frankfurter Modellversuch zieht man sich notdürftig aus der Klemme: Der Versuch bezieht sich auf nur sechs Wirkstoffe (im übrigen wird weiterhin wie üb- lich verordnet), und für diese sechs wird den Apothekern in je- nen Intensivkursen die Möglich- keit geboten, Wirkprofile ken- nenzulernen. NJ 2666 (18) Heft 40 vom 1. Oktober 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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