A-959 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 15, 11. April 1997 (19)
P O L I T I K NACHRICHTEN
Aus Bund und Ländern
In den 2325 Kran- kenhäusern fielen 1995 Betriebsko- sten in Höhe von 101,7 Milliarden DM an (15,5 Pro- zent gegenüber 1994). Bei den Sachkosten – sie machen etwa ein Drittel aller Kosten aus – fiel die Stei- gerungsrate mit 5,9 Prozent etwas höher aus als bei den Personalkosten (5,4 Prozent). Die Anzahl der Behand- lungsfälle stieg um 2,6 Prozent ge- genüber 1994.
Morbiditätsrisiko zurück an die Krankenkassen
DÜSSELDORF. In einem jetzt vorgelegten Gutachten vertritt der Verfassungsrecht- ler Professor Dr. Karl Hein- rich Friauf die Auffassung, daß die Übertragung des Morbiditätsrisikos von den Krankenkassen auf die Kas- senärzte verfassungswidrig sei. Friauf, emeritierter Di- rektor des Instituts für Staats- recht der Universität zu Köln, hatte das Gutachten im Auf- trag der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein er- stellt.
Unter dem Morbiditätsri- siko versteht man das Risiko einer Zunahme der Zahl und Schwere von Erkrankungs- und Behandlungsfällen. Im Zusammenhang mit der bud- getierten Gesamtvergütung hat dies bei den niedergelas- senen Ärzten zu einem er- heblichen Verfall der Punkt- werte geführt. Die neuen Ver- träge mit den Krankenkassen sollten nach Friaufs Auffas- sung das Morbiditätsrisiko wieder zurück auf die Kassen verlagern. JM
Verbot von Frischzellen vorläufig aufgehoben
KARLSRUHE. Das Bun- desverfassungsgericht hat das Verbot der Frischzel- lentherapie durch die Bun- desregierung mit einer einst- weiligen Anordnung vorläu- fig aufgehoben. Wie das Ge- richt Mitte März in Karlsruhe mitteilte, gab es damit dem Antrag mehrerer Sanatori- umsärzte statt, die in dem Verbot eine Verletzung ihres Grundrechts auf Berufsfrei- heit und der Eigentumsga- rantie sahen. Das Gericht setzte das Verbot bis zum 20.
September aus, um bis dahin zu prüfen, inwieweit die Be- schwerden berechtigt sind.
Mit dieser Entscheidung hätten die Richter keine Wer- tung der Frischzellentherapie vorgenommen, betonte das Gericht. Die einstweilige An- ordnung werde erlassen, weil die Kläger sonst schon bis zur endgültigen Entscheidung in ihrer beruflichen Existenz ge- schädigt würden. Den Patien- ten drohe durch eine vorläufi- ge Fortsetzung der Frischzel- lenkuren offenbar keine übermäßige Gefahr. Aller- dings müßten sie schriftlich versichern, über die Beden- ken gegen die Therapie infor- miert zu sein.
Das Bonner Gesundheits- ministerium macht für sein Verbot geltend, daß die Ku- ren gesundheitlich riskant und dabei wirkungslos sind.
Zudem sei zu befürchten, daß durch die Frischzellen- kuren die Schafskrankheit Scrapie, die der Rinder- krankheit BSE entspricht, auf den Menschen übertra- gen werden könne. afp
Ermäßigter Steuersatz bei Veräußerung von Freiberufler-Praxen
BONN. Der Bundesver- band der Freien Berufe (BFB) begrüßt den Verzicht der Bundesregierung, den ermäßigten Steuersatz auf Veräußerungen von Frei- berufler-Praxen, -Kanzleien und -Büros anzuheben. „Da- mit kommt die Bundesregie- rung ihrem Anliegen wieder näher, die Eigenverantwor- tung zu stärken“, betonte BFB-Präsident Dr. med.
Ulrich Oesingmann. Die geplante Bestrafung der jahrzehntelangen privaten Altersversorgung vieler Frei- berufler sei vorerst ent-
schärft. EB
Arzneimittelbudget:
KV Sachsen und Kassen vor der Einigung
DRESDEN. Nach mona- telangem Tauziehen stehen die Kassenärztliche Vereini- gung Sachsen und die sächsi- schen Krankenkassenverbän- de nun vor einer Einigung über das Arzneimittelbudget.
Die Höhe des Budgets für 1995 ist festgelegt. Danach er- gibt sich ein Überschreitungs- betrag von rund 49 Millionen DM, der im jetzt laufenden Jahr eingespart werden soll.
Für 1996 gehen KV und Kassen von einer Überschrei- tung in Höhe von rund 200 Millionen DM aus. Dieser Betrag soll durch entspre- chende Einsparungen in 1998 ausgeglichen werden. Die Vertragspartner verständig- ten sich schließlich auf die Erarbeitung eines Maßnah- menkataloges zur Sicherung einer bezahlbaren, medizi- nisch notwendigen und quali- tativ hochwertigen Arznei- mittelversorgung. JM
Privathonorare:
Zahlentricks
KÖLN. Nach Auffassung von Dr. med. Karsten Vilmar dienen die „Zahlentricks der privaten Krankenversiche- rung (PKV) zur Ausgaben- entwicklung vor allem im am- bulanten Bereich der Stim- mungsmache, um eine erneu- te Änderung der GOÄ zu La- sten der Ärzteschaft durchzu- setzen“.
Der Präsident der Bun- desärztekammer kritisierte die Zahlen der PKV zur Ent- wicklung der Ausgaben für die ärztliche Behandlung von 1996. Unglaubwürdig werde die PKV, wenn sie über Jahre hinweg eine stärkere Verlage- rung der Versorgung in den ambulanten Bereich verlan- ge, das dort steigende Ho- norarvolumen aber publi-
kumswirksam beklage. Statt die Entwicklung der Gesamt- ausgaben aufzuzeigen, wür- den nur einzelne Ausgaben- steigerungen überzeichnet.
So werde unterschlagen, daß die GOÄ-Novelle von 1996 den Ärzten nur ein Ho- norarplus von rund zwei Pro- zent gebracht habe – das Bun- desgesundheitsministerium hatte ein Plus von 6,5 Prozent vorgesehen. Auch die Dar- stellung der Ausgabenent-
wicklung im ambulanten Bereich ist nach Berechnun- gen der Bundesärztekammer falsch. Die Arzthonorare seien zwar um rund acht Pro- zent gestiegen. Demgegen- über mußten die liquidations- berechtigten Ärzte im sta- tionären Bereich aber Ein- bußen von durchschnittlich 15 Prozent hinnehmen. Diese Entwicklung widerlege, daß erneut Eingriffe in die GOÄ notwendig seien. BÄK