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Archiv "Gerinnungsstörungen Auf die Anamnese kommt es an" (17.07.2006)

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ie Diskussion um die Notwendig- keit einer Analyse der Blutgerin- nung vor einer geplanten operati- ven Entfernung der Gaumen- und/oder Rachenmandeln im Kindesalter ist ein Evergreen auf vielen Kongressen. Als

„Pro“-Argument werden weniger wis- senschaftliche Gründe angeführt, son- dern vielmehr Ängste vor forensischen Konsequenzen.Eine klare Stellungnahme vonseiten der Berufsgesellschaften schien längst überfällig. Diese sieht wie folgt aus:

>Die routinemäßige präoperative Bestimmung der Gerinnungsglobal- teste Quick und PTT sowie der Throm- bozytenzahl schließt Gerinnungsde- fekte nicht sicher aus.

>Eine sorgfältige Anamnese ist da- her zwingend und darf nicht nur aus der (einfachen) Frage nach früheren Blu- tungen bestehen.

>Die Blutungsanamnese von Vater und Mutter muss zusätzlich erhoben werden, da sich wesentliche Hinweise erst daraus ergeben.

Nach einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung (Klin Pädiatr 2005; 217:

20–24) hat die sorgfältige Anamnese eine höhere Sensitivität und Spezifität für die Aufdeckung bis dahin unbe- kannter Störungen der Blutgerinnung als eine routinemäßig durchgeführte Bestimmung von Quick, PTT und Thrombozytenzahl.

Viele pathologische Gerinnungswerte haben darüber hinaus ihre Ursache in technischen Problemen während der Ab- nahme, des Probentransportes und der späteren laborchemischen Analyse. Bei infektanfälligen Kindern finden sich – bedingt durch unspezifische Gerinnungs- inhibitoren – häufig pathologische Werte für die PTT, die aber klinisch nicht rele- vant sind. Durch eine Gerinnungsanalyse sind chirurgische Blutungen weder vor- herzusagen noch zu verhindern. Und die häufigste angeborene Gerinnungsstö- rung im Kindesalter, das Von-Wille- brand-Jürgens-Syndrom, ist durch globa- le Gerinnungstests wie Quick und PTT nicht sicher zu erfassen.

Die Experten wiesen darauf hin, dass die Anamnese gewissenhaft und struk- turiert erhoben werden muss, wenn sie eine laborchemische Analyse der Blut- gerinnung als Screeningverfahren er- setzen soll. Einen Leitfaden hierfür gibt die Tabelle wieder. Dieses Procedere wird ausdrücklich empfohlen. Die Ge- rinnungsanamnese sollte bei jedem Pa- tienten im Rahmen der präoperativen Vorbereitung durch den Operateur er- hoben werden. Erst bei einer auffälli- gen Anamnese erfolgt eine Basisdia- gnostik (Thrombozytenzahl, Quick- beziehungsweise Prothrombinzeitwert, partielle Thromboplastinzeit und Fibri- nogen sowie eine Diagnostik zum Aus- schluss eines Von-Willebrand-Jürgens- Syndroms). Zur Abklärung seltener De- fekte der Blutgerinnung durch eine dif- ferenzierte Diagnostik ist es sinnvoll, einen auf die Gerinnung spezialisierten Wissenschaftler hinzuzuziehen.

Prof. Dr. med. Jochen Strauß Dr. med. Karin Becke Dr. med. Jürgen Schmidt Für den Wissenschaftlichen Arbeitskreis Kinderanästhe- sie der DGAI

Anschrift für die Autoren:

Prof. Dr. med. Jochen Strauß

Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin HELIOS Klinikum Berlin

Hobrechtsfelder Chaussee 100, 13122 Berlin E-Mail: jstrauss@berlin.helios-kliniken.de M E D I Z I N R E P O R T

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A1948 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 28–29⏐⏐17. Juli 2006

Gerinnungsstörungen

Auf die Anamnese kommt es an

Normale Laborparameter vor HNO-Operationen im Kindesalter schließen Gerinnungsstörungen nicht aus.

Der Wissenschaftliche Arbeitskreis Kinderanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedi- zin (DGAI) hat nach Verständigung mit der Deutschen Ge- sellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKC) und der Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung (GTH) am 30. Sep- tember 2005 ein Expertensymposium in Weinböhla durchgeführt, auf dessen Basis die Empfehlungen zur Anamnese von Gerinnungsstörungen entstanden sind.

Eigenanamnese des Kindes

1. Hat Ihr Kind vermehrt Nasenbluten ohne erkennbaren Grund?

2. Treten bei Ihrem Kind vermehrt „blaue Flecke“ auf, auch am Körperstamm oder un- gewöhnlichen Stellen?

3. Haben Sie Zahnfleischbluten ohne erkennbare Ursache festgestellt?

4. Wurde Ihr Kind schon einmal operiert?

5. Kam es während oder nach einer Operation zu längerem und verstärktem Nachbluten?

6. Kam es im Zahnwechsel oder nach dem Ziehen von Zähnen zu längerem oder ver- stärktem Nachbluten?

7. Hat Ihr Kind schon einmal Blutkonserven oder Blutprodukte übertragen bekommen?

8. Hat Ihr Kind in den letzten Tagen Schmerzmittel, zum Beispiel Aspirin,ASS oder Ähn- liches genommen?

ja nein

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Familienanamnese, getrennt für Vater und Mutter 1. Haben Sie vermehrt Nasenbluten, auch ohne erkennbaren Grund?

2. Haben Sie bei sich Zahnfleischbluten ohne ersichtlichen Grund festgestellt?

3. Haben Sie den Eindruck, dass es bei Schnittwunden (Rasieren) nachblutet?

4. Gab es in der Vorgeschichte längere oder verstärkte Nachblutungen nach Operationen?

5. Gab es längere oder verstärkte Nachblutungen nach oder während des Ziehens von Zähnen?

6. Gab es in der Vorgeschichte Operationen, bei denen Sie Blutkonserven oder Blut- produkte erhalten haben?

7. Gibt es oder gab es in Ihrer Familie Fälle von vermehrter Blutungsneigung?

ja nein

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Zusatzfragen an die Mutter

8. Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Regelblutung verlängert oder verstärkt ist?

9. Kam es bei oder nach Geburt eines Kindes bei Ihnen zu verstärkten Blutungen?

ja nein

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Quelle: Eberl W et al.: Präoperatives Screening auf Gerinnungsstörungen vor Adenotomie und Tonsillektomie. Klin Pädiatr 2005; 217: 20–24

Anamnese vor geplanter Adenotomie oder Tonsillektomie bei Kindern

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