Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 10|
9. März 2012 A 461Über geneti- sche Risiken
dürfen seit 1. Februar nur noch besonders qualifizierte Ärzte beraten.
Das Gendiagnostikgesetz (GenDG) sorgt erneut für Unmut. Deshalb haben die Bundesärztekammer (BÄK) und die Deutsche Gesell- schaft für Humangenetik (GfH) nochmals die grundlegenden Pro- bleme bei der Umsetzung des Ge- setzes sowie Optimierungsvor- schläge im Verfahren der Wissens- kontrolle erörtert. „Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik er- klärte ihre Bereitschaft, an einer Verbesserung des Verfahrens mit- zuwirken“, betonte BÄK-Präsident
Dr. med. Frank Ulrich Montgom- ery im Gespräch mit dem Deut- schen Ärzteblatt. Auch wenn BÄK und GfH an ihrer grundsätzlichen Kritik an den gesetzlichen Vorga- ben festhielten und nicht erkennen könnten, dass durch das Gesetz tat- sächlich eine Verbesserung der ge- GENETISCHE BERATUNG
Umstrittene Qualifikationen
netischen Beratung erreicht werde, gelte es nun, die Vorgaben entspre- chend der Richtlinie der Gendia - gnostikkommission praxistauglich umzusetzen.
Anlass für das Gespräch war die Kritik der GfH daran, wie Ärzte die Qualifikation zur fachgebundenen humangenetischen Beratung erhalten können. Die meisten Landesärzte- kammern bieten seit Januar Wissens- kontrollen für die genetische und die vorgeburtliche Risikoberatung an, in deren Vorfeld freiwillige Refresher-
Kurse stattfinden. Diese Qua- lifikationsmaßnahmen sind nötig, weil nach § 10 GenDG seit dem 1. Februar nur dieje- nigen Ärzte eine genetische Beratung vornehmen dürfen, die sich dafür qualifiziert ha- ben. Darunter fällt auch die von den meisten Gynäkolo- gen bislang routinemäßig vorgenommene vorgeburt - liche Beratung.
Eine entsprechende Richt- linie veröffentlichte die Gen- diagnostikkommission am Robert-Koch-Institut im Juli 2011. Da sich die Sozialministerien der Länder jedoch erst sehr kurz- fristig mit der Umsetzung der Richtlinie beschäftigten, half die BÄK mit einer praktikablen Über- gangslösung, über die das Deutsche Ärzteblatt in einer der nächsten Ausgaben berichten wird. ER
RANDNOTIZ
Vera Zylka-Menhorn
Nur 0,1 Gramm Beckenknochen der Tiroler Eiszeit-Mumie Ötzi reichte aus, um sein komplettes Erbgut zu entziffern. Jetzt hat ein 41-köpfiges Forscherteam die Rohdaten der DNA-Sequenzierung auf verschiede- ne Aspekte hin ausgewertet (Nature Communications 3, doi:10.1038/
ncomms1701). Danach litt Ötzi vor
etwa 5 300 Jahren an Laktoseinto- leranz und an einer genetisch be- dingten Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Damit konnte die Ursache für eine bereits bekannte Arteriosklerose der Bauchaorta aufgeklärt werden, ob- wohl Ötzi seinerzeit nicht den heute bekannten Risikofaktoren wie Über- gewicht oder Bewegungsmangel ausgesetzt war, betonte Albert Zink vom EURAC-Institut für Mumien und den Iceman in Bozen.
Die Milchzuckerunverträglichkeit war nach Einschätzung der Untersu- cher für den Tiroler Eismann hinder- lich. „Auf dem Weg zur Sesshaftwer- dung mit Ackerbau und Viehzucht wird es für ihn schwierig gewesen sein, dass er keine Milch vertragen konnte“, sagte Carsten Pusch, der die genetischen Untersuchungen an der Universität Tübingen geleitet hat.
Zudem haben die Forscher Spu- ren von Borrelia burgdorferi ent- deckt. „Dies ist der älteste Beleg für die Lyme-Borreliose“, so Pusch.
Auch bei der Suche nach Ötzis ge- netischen Verwandten wurde das Forscherteam fündig – auf Sardinien und Korsika, obwohl Ötzi die Alpen- region nie verlassen hat.
Bereits im Herbst 2011 hatten die Wissenschaftler erste Ergebnisse ihrer DNA-Analyse öffentlich ge- macht. Dabei zeigte sich, dass Ötzi braune Augen, braune Haare und die Blutgruppe 0 hatte. Bekannt waren zudem Bandscheibenverschleiß, Ka- ries, leichte Parodontose und drei Gallensteine.
Anamnese des Patienten Ötzi
Foto: Your Photo Today
Beim Aufbau der sektorenübergrei- fenden Qualitätssicherung ist der Ge- meinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Schritt weitergekommen. Er hat die korrekte Umsetzung der Vor- gaben für die Pseudonymisierung von Daten bestätigt.
Um Behandlungsabläufe in Kli- niken und Praxen im Ganzen zu be- urteilen, müssen für einzelne Pa- tienten die Daten verschiedener Leistungserbringer über größere Zeiträume erfasst und bewertet wer- QUALITÄTSSICHERUNG
Pseudonymisierung von Daten kann beginnen
den. Das Sozialgesetzbuch schreibt vor, diese zu pseudonymisieren.
Dies geschieht durch eine Vertrau- ensstelle, die die Daten dann an die Bundesauswertungsstelle weiterlei- tet. Die Vertrauensstelle kann nach dem Beschluss des G-BA nun ihre Arbeit aufnehmen. Voraussichtlich bis April werden erste Daten aus den Bereichen Geburtshilfe, Neo- natologie sowie Erst- und Reim- plantation von Endoprothesen ver-
arbeitet werden. JW