Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007 A2977
A K T U E L L
An der Spitze der Ärztegewerk- schaft Marburger Bund (MB) bahnt sich ein Wechsel an: Dr. med. Frank Ulrich Montgomery hat angekün- digt, bei der 112. MB-Hauptver-
sammlung am 9. und 10. November in Berlin nicht mehr für das Amt des Ersten Bundesvorsitzenden zu kan- didieren. Nach 18 Jahren im Amt sei es an der Zeit, den Stab weiterzurei- chen, sagte Montgomery (55). Er wolle sich auf andere Aufgaben vor-
bereiten. Dabei ist es ein offenes Ge- heimnis, dass der Hamburger Radio- loge danach strebt, Prof. Dr. med.
Jörg-Dietrich Hoppe als Präsident der Bundesärztekammer nachzufol- gen. Dessen Amtszeit endet 2011.
Als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Montgomerys beim MB gilt Rudolf Henke (53).
Der Aachener Internist ist Vorsitzen- der des größten MB-Landesverban- des Nordrhein-Westfalen/Rheinland- Pfalz. Dadurch dürfte ihm bereits ein großer Teil der Delegierten- stimmen bei der Hauptversamm- lung sicher sein. Als langjähri- ger Zweiter Bundesvorsitzender hat Henke zudem das Wissen und die Erfahrung, um die Ärztegewerk- schaft zu führen.
In der Ära Montgomery hat sich die Zahl der MB-Mitglieder auf inzwischen rund 110 000 mehr als verdoppelt. In seiner Amtszeit pro- filierte sich der MB als eigenständi- ge Ärztegewerkschaft. JF
Die 261 ist keine Jubiläumszahl.
Gleichwohl feierte der Walter-de- Gruyter-Verlag neulich – die 261.
Auflage des Pschyrembel. Streng genommen ist es die 43. des Klini- schen Wörterbuchs, das 1894 zum ersten Mal erschien. Denn bis in die 50er-Jahre wurden Nachdrucke als Neuauflagen gezählt.
Doch so oder so ist de Gruyter stolz. Fünf bis sechs Millionen Ex- emplare des Pschyrembels wurden
bislang verkauft, jedes Jahr kom- men rund 150 000 hinzu. Die ak- tuelle Ausgabe umfasst mehr als 2 000 neue Fachbegriffe wie Wundmanagement oder Hausarzt- system, Abbildungen und Grafi- ken wurden modernisiert. Eine Umfrage ergab unlängst, dass so gut wie jede Ärztin und jeder Arzt hierzulande den grün-gelben Wäl- zer kennt. Zudem genießt er bei Laien einen guten Ruf. 60 Prozent der Käufer sind Privatleute, darun- ter so bekannte wie Harald Schmidt. „Da dürfte der Anteil der Hypochonder hoch liegen“, mut- maßt Prof. Dr. Klaus G. Saur, ge- schäftsführender Gesellschafter bei de Gruyter.
Am Nachschlagewerk arbeiten acht Redakteure und rund 130 Au- toren. Kaum vorstellbar, dass Dr.
phil. Dr. med. Willibald Pschyrembel es rund 50 Jahre lang allein verant- wortete. 1931 übernahm er die Her- ausgabe des Dornblüthschen Wör- terbuchs, das längst seinen Namen trägt. Anschaulich sollte das Werk sein und nur unbedingt zuverlässige Angaben machen.
Dennoch belegen die verschie- denen Auflagen den Wandel von Wissen und Zeitgeist. Unter „Täto- wierung“ findet man heute knappe Informationen zu Farbauftrag und -entfernung. Früher las man: „ab- norme Neigung bei Verbrechern“.
RANDNOTIZ
Sabine Rieser
Tätowierung im Wandel
ÄRZTESCHAFT UND POLITIK
Kühler Schlagabtausch
Warm wollte die Atmosphäre zwi- schen Ärzteschaft und Politik beim Parlamentarischen Abend der Bun- desärztekammer (BÄK) und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) am 23. Oktober in Ber- lin nicht recht werden – und das lag nicht an den niedrigen Außentempe- raturen. „Jetzt kommt die Zeit, in der wir massive Veränderungen spüren werden“, kritisierte Prof.
Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Prä- sident der BÄK, die Auswirkungen des im April in Kraft getrete- nen GKV-Wettbewerbsstärkungsge- setzes und prophezeite: „Viele Ärz- tinnen und Ärzte werden ihren Be- ruf nicht mehr so engagiert ausüben wie früher.“
Dr. Klaus Theo Schröder, Staats- sekretär im Bundesgesundheitsmi- nisterium, warf im Gegenzug der Ärzteschaft vor, in der Diskussion über das Gesundheitswesen beson- ders dessen Schwächen hervorzuhe-
ben. Der jüngste EU-Vergleich zei- ge aber, dass Deutschland bei der medizinischen Versorgung eine Spitzenposition einnehme.
Kritik übten Ärzte und Abgeord- neten aus allen Fraktionen (außer der SPD) an der geplanten Neurege- lung der Telekommunikationsüber- wachung. Birgitt Bender (Grüne) sprach von einer „Denunziantenre- gel“. Auch Dr. med. Hans Georg Faust (CDU) teilte die Sorge, dass Patienten ihrem Arzt möglicherwei- se kein Vertrauen mehr schenken.
Erfreut zeigten sich die Par- lamentarier über die Einigung im Erweiterten Bewertungsausschuss zum EBM. Ärzteschaft und Kran- kenkassen hätten Handlungsfähig- keit bewiesen, sagte Dr. Carola Rei- mann (SPD). Für den KBV-Vorsit- zenden, Dr. med. Andreas Köhler, ist die Einigung nur ein „Meilenstein zur Vergütungsreform“ der nieder- gelassenen Ärzte. Er appellierte an die Politik: „Wir brauchen jetzt Ver- lässlichkeit, sonst wird die Unzu- friedenheit größer.“ ER
Foto:Bernhard Eifrig
MARBURGER BUND
Montgomery tritt nicht mehr an
Aussichtsrei- cher Kandidat:
Rudolf Henke (rechts) will Montgomerys Nachfolger werden.