384 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2016. Mai 2008
M E D I Z I N
Ergänzungen
Die Hemmung der Cyclooxygenase (COX) wird zu- treffend als ursächlich für die Intoleranz auf Acetylsa- licylsäure (ASS) und andere nicht steroidale Antirheu- matika (NSAR) beschrieben. Der Begriff „Salicylatin- toleranz“ wird diesem Pathomechanismus jedoch nicht gerecht. Nicht die chemische Struktur sondern der Wirkmechanismus als COX-Hemmer ist den auslösen- den Pharmaka gemein (1). Im Gegensatz zur ASS, ei- nem starken und irreversiblen Inhibitor von COX-1 und COX-2, hemmen die nicht acetylierten Salicylate die beiden COX-Isoenzyme nur sehr schwach und reversi- bel (2). Dies hat unmittelbare klinische Bedeutung: Pa- tienten mit schwerer ASS-Intoleranz, entwickeln unter nicht acetylierten Salicylaten wie zum Beispiel der in den USA gebräuchlichen Disalicylsäure (Salsalat) kei- ne oder nur geringgradige Symptome (3).
Der Autor empfiehlt „Vor allem COX-1-Hemmer müssen gemieden werden“. Dem ist zuzustimmen, es sollte jedoch explizit erwähnt werden, dass die Intoleranzreaktion durch Hemmung der COX-1 her- vorgerufen wird (3). Die hochselektiven COX-2- Hemmer („Coxibe“) erwiesen sich in Studien an Pati- enten mit ASS/NSAR-Intoleranz als sicher und stellen für solche Patienten eine Therapieoption dar (1, 3).
Aus pharmakolegaler Sicht ist dabei zu beachten, dass die für alle NSAR bestehende Kontraindikation
„ASS/NSAR-Intoleranz“ aus Vorsichtsgründen wei- terhin auch in den Fachinformationen der Coxibe an- geführt wird. DOI: 10.3238/arztebl.2008.0384a
LITERATUR
1. Randerath WJ, Galetke W: Differenzialdiagnose der rezidivierenden Polyposis nasi: Das Analgetika-Asthma-Syndrom. Dtsch Arztebl 2007;
104(46): A 3178–83.
2. Frölich JC: A classification of NSAIDs according to the relative inhi- bition of cyclooxygenase isozymes. Trends Pharmacol Sci 1997;
18: 30–4.
3. Stevenson DD, Szczeklik A: Clinical and pathologic perspectives on aspirin sensitivity and asthma. J Allergy Clin Immunol 2006; 118:
773–86.
Prof. Dr. med. Dirk O. Stichtenoth Vu Vi Pham
Institut für Klinische Pharmakologie
Medizinische Hochschule Hannover, 30623 Hannover E-Mail: Stichtenoth.Dirk@mh-hannover.de
Interessenkonflikt
Prof. Stichtenoth hat Reisekostenerstattung und Vortragshonorare von den Firmen Abott, MSD, Novartis und Pfizer erhalten.
Vu Vi Pham erklärt, das kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.
Schlusswort
Prof. Stichtenoth hat mit seinen Hinweisen recht. Sie sollten überall Eingang finden. So betrachtet ist frei- lich die weit verbreitete Bezeichnung „Analgetika-In- toleranz“ falsch. Gerade in der Medizin, die vielfach als Kunst und nicht als Naturwissenschaft empfunden wird, ist es wichtig, klare Definitionen zu verwenden, wo immer es möglich ist.
Im medizinischen Alltag gelingt dies leider nicht im gewünschten Maße. Es gibt immer „den besonde- ren Fall“, und so wird, worauf Prof. Stichtenoth eben- falls hinweist, aus „Vorsichtsgründen“ die Kontrain- dikation weiterhin in der Fachinformation der Coxibe aufgeführt.
Da der Beitrag eine Übersicht des Arachidonsäure- Eicosanoid-Komplexes auch jenseits der Intoleranz sein sollte, bleibt noch zu erwähnen, dass sich die auf- geführten Besonderheiten bis in die Proliferations- Problematik vor allem des Magen-Darm-Traktes fort- setzen. DOI: 10.3238/arztebl.2008.0384b
Prof. Dr. med. Hanns-Wolf Baenkler Medizinische Universitätsklinik 3 Krankenhausstraße 12 91054 Erlangen
Interessenkonflikt
Der Autor hält das Patent auf den funktionellen Eikosanoidtest.
zu dem Beitrag
Salicylatintoleranz
Pathophysiologie, klinisches Spektrum, Diagnostik und Therapie
von Prof. Dr. med. Hanns-Wolf Baenkler in Heft 8/2008
DISKUSSION
AUTORENHONORAR IN DER RUBRIK MEDIZIN
Mit dem Jahr 2008 hat die Medizinisch-Wissen- schaftliche Redaktion des Deutschen Ärzteblattes begonnen, ihren Autoren Original- und Übersichtsar- beiten zu vergüten. Das Honorar beträgt 1 000 Euro.
Es wird an alle korrespondenzführenden Autoren ausgezahlt, deren Beiträge in der Rubrik Medizin erscheinen. Die Regelung ist mit Heft 1–2 in Kraft
getreten. MWR